• ich bin neu hier und möchte einfach mal etwas zu meiner situation schreiben. möglicherweise kommt sie einigen von euch so oder ähnlich ja auch bekannt vor.

    ich bin seit ca. 4 jahren mit einer frau zusammen, die ein von mir lange zeit unterschätztes (oder vielleicht auch vedrängtes?) alkoholproblem hat. zwar merkte ich recht früh, dass der konsum von alkohol in den verschiedensten formen einen großen stellenwert in ihrem leben einnimmt, aber weitergehende gedanken machte ich mir zunächst nicht. wie das eben so ist: wenn man verliebt ist fallen einem manche dinge gar nicht wirklich auf oder man verharmlost sie. ich möchte hier auch gar nicht zu sehr auf die details oder auf die verschiedenen situationen eingehen. fakt ist: sie KANN abstinent sein und ist es auch, wenn sie z.B. arbeiten, wichtige termine wahrnemen oder auch auto fahren muss. treffen diese punkte nicht zu, gehören bier, wein, sekt und auch wodka und andere "harte" sachen zu ihren täglichen grundnahrungsmitteln. und ich rede hier nicht von einem oder zwei fläschchen bier beim fernsehen, von einem glas sekt oder einem schäpschen nach dem essen, sondern grundsätzlich vom trinken bis zum abwinken. was vorhanden ist, wird auch innerhalb kürzester zeit vernichtet.
    natürlich habe ich sie irgendwann darauf angesprochen und bekam dann zur erklärung: "das liegt bei mir in der familie. mein vater hat gesoffen, meine mutter hat gesoffen und auf dem land wo ich aufgewachsen bin, haben sowieso alle gesoffen. da wächst man eben rein! und ändern kann ich es nicht und ich will es auch gar nicht. saufen gehört zu meinem leben!" das fand ich schon recht hart, und ich konnte es auch nicht verstehen. aber was habe ich getan? nichts! ich habe versucht mich damit abzufinden und ich habe zahlreiche peinliche situationen in die sie uns gebracht hat einfach erduldet.
    in letzter zeit hat sich die situation jedoch dahingehend verschärft, das sich ihre im betrunkenen zustand oftmals aufbauende aggressivität zunehmend gegen mich richtet. wir leben nicht zusammen, haben getrennte wohnungen, weil ich aus meiner geschiedenen ehe drei kinder habe, von denen zwei bei mir leben. wir hatten kurzzeitig mal über eine gemeinsame wohnung nachgedacht, was sich jedoch aus dem grund zerschlug, dass sie (OT) "nicht mit so vielen menschen in einer wohnung leben kann". da ich auch keine lust auf kostspielige experimente in dieser hinsicht hatte, haben wir diesen plan verworfen. da unsere wohnungen recht nah beieinander liegen habe ich mich mit dieser situation arrangiert. ihr fällt es jedoch zunehmend schwerer. solange sie nüchtern ist... kein problem. doch sobald alkohol ins spiel kommt und ein gewisser pegel überschritten wird, geht's los. mir wird vorgeworfen ich hätte nie zeit für sie, alle anderen wären mir wichtiger als sie, insbesondere meine kinder. sie muss immer zurückstehen, sie muss immer rücksicht nehmen etc. etc. nun muss ich dazu sagen, dass meine kinder auch nicht wirklich mehr kinder sind. die beiden die bei mir leben sind inzwischen 18 und 20, dementsprechend also auch schon selbständig und weitgehend selbstversorgend, was zur folge hat dass ich weit mehr zeit bei ihr verbringe als in meiner eigenen wohnung. alle 14 tage besucht mich am wochenende mein jüngster sohn, der inzwischen 14 ist und bei seiner mutter lebt. an diesen wochenenden bin ich dann natürlich bei mir. genau das wirft sie mir aber nun immer wieder vor. und ganz schlimm wird es immer dann, wenn ich mich erdreiste mich mal mit einem guten freund zu verabreden, was vielleicht ein bis zweimal im monat der fall ist. ihr jüngster vorwurf lautet daher ich wäre ja ohnehin eigentlich schwul und würde mich viel lieber mit ihm treffen als zeit mit ihr zu verbringen.
    auch wenn ich weiss, dass diese vorwürfe haltlos sind, es tut weh! es tut weh sich von ihr als loser beschimpfen zu lassen, sich ständig dinge vorwerfen zu lassen die nicht stimmen, ständig nur auf unverständnis für meine situation zu stoßen, ständig meine kinder und meine freunde als hindernisse für unsere beziehung dargestellt zu bekommen. und das alles immer nur dann, wenn das eigentliche hindernis, der scheiss alkohol im spiel ist.
    ich habe geglaubt ich könnte mich damit arrangieren, aber es fällt mir von tag zu tag schwerer. und auch wenn ich sie noch liebe, so geht doch mit jedem vorwurf, mit jedem streit, mit jeder verletzung, ein stück meiner gefühle verloren. momentan weiss ich wirklich nicht was ich tun soll.

    ich möchte noch eins anmerken: vor ca. 1,5 jahren hatte meine freundin einen magendurchbruch aufgrund eines magengeschwürs und musste notoperiert werden. die ärzte legten ihr damals natürlich nahe, das rauchen aufzugeben und auch den alkoholkonsum drastisch einzuschränken, da beide faktoren eine neubildung von geschwüren begünstigen. ich setzte damals große hoffnungen auf die zeit nach ihrer entlassung, da ich das gefühl hatte, das ganze wäre eine art heilsamer schock gewesen. aber weit gefehlt! es dauerte nur wenige wochen und sie war zu ihren alten gewohnheiten zurückgekehrt.

  • Hallo darkened,

    erst einmal ein herzliches Willkommen hier :D

    Was Du da so beschreibst, kommt mir sehr bekannt vor.

    Mein Partner litt auch unter Magengeschwüren und wurde wegen eines Durchbruchs notopiert. Auch ich habe damals gehofft, da er ja dem Tod sozusagen gerade noch von der Schippe gesprungen ist, dass ihn das zum Nachdenken bringt bzw. dass der Schock so tief sitzt, dass er die Trinkerei einfach bleiben lässt. Aber leider hat ihn das überhaupt nicht abgeschreckt, er lebt ja noch und es ist gutgegangen. Und ohne Magengeschwüre hat es sich ja auch wieder richtig gut gelebt.

    Auch die Beschimpfungen sind mir nicht fremd. Ich denke mal, wenn man anfängt sich zu distanzieren, dann sieht der trinkende Partner seine Felle wegschwimmen bzw. wenn er genug getrunken hat, ist jegliche Liebe oder Respekt usw. kurzfristig verloren gegangen.
    Manchmal habe ich mich auch gefragt, ob er gerade im trunkenen Zustand nicht die "Wahrheit" sagt - also da Dinge ausspricht die er denkt, aber im nüchternen Zustand sich nicht getraut zu sagen.

    Je höher der Alkoholkonsum wurde, desto agressiver war auch mein Partner. Vielleicht deswegen, weil auch ich merklich wütender wurde - ich denke mal, das ist wie eine Spirale - man schaukelt sich gegenseitig immer mehr auf.

    Was Du tun kannst ? Einen kleinen Vorteil hast Du. Ihr habt getrennte Wohnungen. Du könntest Ihr z. B. klar und deutlich erklären, dass Du für sie da bist, aber in Zukunft nur noch, wenn sie absolut nüchtern ist. Vielleicht regt es sie zum Nachdenken an, wenn sie merkt, dass Du ihr nicht mehr alle "Wege" offen hälst, wie z. B. ihr aus unangenehmen Situation raushilfst usw.

    Ich hoffe, Du findest einen guten Weg der Euch beiden hilft, aus diesem Teufelskreis rauszukommen.

    Lieber Gruß
    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • @yorkie:

    warum ich mir das antue frage ich mich seit einiger zeit auch immer öfter! vermutlich bin ich zu leidensfähig oder leidenswillig... keine ahnung. es dauert bei mir jedenfalls immer geraume zeit bevor ich endgültige entscheidungen treffe. aber du hast recht, ich sollte ihr in diesen fällen ebenfalls konsequent aus dem weg gehen bzw. ihre wohnung verlassen und heimgehen.

    ja, meistens entschuldigt sie sich. zur zeit begründet sie auch wieder vieles durch berufliche probleme, die ich ja auch durchaus nachvollziehen kann. dennoch kann das ja auch nicht als allround-entschuldigung gelten...

    was ich an ihr liebe? nun das ist die person, die sie ist, wenn sie nüchtern ist. dann ist sie die frau die ich damals getroffen und in die ich mich verliebt habe, mit der ich reden kann, mit der ich spaß haben kann, mit der ich irgendwelche unternehmungen machen kann usw. nur leider habe ich das gefühl, das ich diese person immer seltener zu sehen bekomme.


    Diandra :

    ja, es geht mir so wie dir. ich frage mich auch oft: wann sagt sie die wahrheit? wann sagt sie das was sie wirklich meint? wenn sie nüchtern ist oder wenn sie getrunken hat? und ja, von liebe und respekt ist in diesem zustand ab einem bestimmten punkt nichts mehr zu spüren.

    die frage ist natürlich wie sie reagieren wird, wenn ich mich häufiger von ihr distanziere, da sie mir ja jetzt schon vorwirft sie zu vernachlässigen und viel zu wenig zeit für sie zu haben... aber ich muss es wohl darauf ankommen lassen.

  • Hallo darkened,

    Zitat

    es dauerte nur wenige wochen und sie war zu ihren alten gewohnheiten zurückgekehrt.

    Deine Freundin ist alkoholabhänig. Leider handelt es sich nicht nur um eine schlechte Gewohnheit.

    So wie Du sie und ihr Trinkverhalten beschreibst, gesteht sie sich das nicht ein. Vorerst hat sie beschlossen, Saufen gehört/ist ihr Leben. Das muß nicht immer so bleiben, Alkoholismus ist in den Griff zu bekommen. Leider muß sie das aber auch unbedingt wollen. Davon scheint sie mir sehr weit entfernt.

    Ich kann Dir nur raten, denke jetzt unbedingt an Dich! Die Entscheidung mußt Du schon selbst treffen, entweder Du findest Dich damit ab, dass sie weitertrinkt und Dich weiter so verletzend behandelt, oder Du beendest diese Beziehung, um selbst nicht völlig daran zu zerbrechen.

    Helfen kannst Du ihr nur, wenn sie Deine Hilfe auch annehmen will. Ansonsten bleibt Dir nur warten und zuzusehen, wie sie sich und Dich mit dazu, kaputt macht.

    Ich wünsche Dir ganz viel Mut und Kraft eine Entscheidung für Dich zu treffen, die es Dir ermöglicht in Zukunft wieder zufrieden leben zu können, ohne in Abhängigkeiten verstrickt zu sein.

    lg
    Teufelchen

  • Hallo darkened und herzlich willkommen

    Darüber, dass dein Freundin abhängig ist, sind wir sicher einer Meinung und darüber, dass sie das nicht einsieht, auch. Wie du merkst, findet sie für sich immer eine Rechtfertigung für ihr trinken. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Selbst die Gespräche und die Vorwürfe an dich, sind doch wieder Anlass genug, weiterhin zu trinken. Es ist dann fast so etwas wie eine Bestätigung für sie. Daher ist zu überlegen, ob du ihr mit deinen Gesprächen über ihren Alkoholkonsum tatsächlich hilfst oder das Trinken sogar noch förderst. Genutzt hat es jedenfalls bis jetzt nichts.

    Da ihr getrennte Wohnungen habt, ist eine vorläufige Trennung zu überlegen. Wenn ihr viel an dir liegt, wird sie wieder auf dich zukommen. Allerdings bist du dann in der Position, ihr deine Bedingungen zu stellen und eine davon wird sein, dass sie mit trinken aufhört.

    Es ist immer schwer so eine Entscheidung zu treffen und dann auch durchzuhalten. Aber in ihrem und auch in deinem Interesse halte ich es für das Beste, wenn du das so durchziehst.

    Wünsche dir dazu viel Kraft
    Henri

  • Zitat von darkened

    ja, es geht mir so wie dir. ich frage mich auch oft: wann sagt sie die wahrheit? wann sagt sie das was sie wirklich meint? wenn sie nüchtern ist oder wenn sie getrunken hat? und ja, von liebe und respekt ist in diesem zustand ab einem bestimmten punkt nichts mehr zu spüren.

    die frage ist natürlich wie sie reagieren wird, wenn ich mich häufiger von ihr distanziere, da sie mir ja jetzt schon vorwirft sie zu vernachlässigen und viel zu wenig zeit für sie zu haben... aber ich muss es wohl darauf ankommen lassen.


    Hi darkened,

    Du solltest es drauf ankommen lassen. Alles andere zieht Euch beide nur weiter runter. Du musst auch mal an Dich denken.

    Nachdem ich mich dazu durchgerungen hatte klare Abgrenzungen zu schaffen war ich erst mal eher erleichtert. Irgendwie hatte ich das Gefühl Verantwortung abzugeben. Natürlich habe ich mir auch große Sorgen gemacht und mir ging es erst gut, als ich wusste, dass er einen Entzug macht und dass er danach in einer Langzeittherapie geht.

    Vorwürfe macht sie Dir so oder so darkened. Wenn sie erst mal gemerkt hat, dass es Dir wirklich ernst damit ist und Du auch konsequent bleibst wird sie sicherlich eher verwirrt sein und anfangen über ihre Situation nachzudenken. Man muss den Partner nicht aufgeben - aber man sollte ganz klar sagen, dass man sich ein weiteres gemeinsames Leben nur ohne den Alkohol vorstellen kann.

    Vorwürfe, Gespräche, an die Vernunft appellieren, wütend sein usw. das alles treibt einen nur dazu, noch extremer zu reagieren. Und das trifft meist bei beiden zu - somit wird es mit der Zeit eher immer schlimmer.

    Ich wünsche Dir, dass Du es schaffst, Dich klarer abzugrenzen.

    Grüßle
    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • danke für eure antworten!

    ich denke, ich habe das problem von anfang an unterschätzt, und nun wächst es mir langsam aber sicher über den kopf. so kann es jedenfalls dauerhaft nicht weitergehen!

  • eines möchte ich noch hinzufügen:

    sie wirft mir auch vor, das ich mich in letzter zeit verändert hätte, auch und vor allem im umgang mit ihr. und das entspricht durchaus den tatsachen. zum einen bin ich selbstbewusster geworden, was sich natürlich auch darin äussert, dass ich nun öfter mal sage was mich stört, was ich nicht gut oder akzeptabel finde. zum anderen stören mich zunehmend dinge, die ich früher stillschweigend etragen habe, um den frieden nicht zu stören. so finde ich es momentan recht unerträglich, zu ihr im an- oder sogar betrunkenen zustand zärtlich zu sein, sie zu küssen, mit ihr sex zu haben usw. sie riecht und schmeckt nach alkohol, was mich zunehmend abstößt und so reagiere ich oft ablehnend bzw. starte selbst keine aktivitäten in dieser hinsicht, was dann für sie natürlich wieder ein grund ist, mir vorzuwerfen ich würde mich gar nicht mehr für sie interessieren und sie wäre mir ja eigentlich sowieso egal, und das wiederum ist dann für sie grund um noch mehr zu trinken. auch wieder ein teufelskreis :cry:

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