Bin auf der Suche ... nach was? ... ich weiß es nicht mehr!

  • Hallo Zusammen.
    ich heiße Christel, bin 48 Jahre jung und lebe alleine. 1991 machte ich eine Langzeittherapie und war bis vor einigen Wochen absolut trocken. Und nun - hab ich in den letzten Wochen am Wochenende angefangen 1-2 Piccolos zu trinken. Ich fühl mich absolut beschissen! Und wenn ich in den Spiegel schau kommt mir das große K....en. Ich war bisher so stolz auf mich - selbst bei wirklich kritischen Situationen in der Vergangenheit (Trennung 1999 von meinem Freund - nach böser Auseinandersetzung) war für mich immer das oberste Gebot - Finger weg vom ersten Glas! Und nun?!?! Klar, mein Leben alleine ist nicht einfach - und das war es auch nie. Klar, auch ich mach mir Sorgen um das Morgen. Aber da bin ich doch nicht alleine und vorallem, ich hab ein Dach über dem Kopf und ich habe Arbeit, sprich meine monatlichen Ausgaben sind gesichert. Ich weiß nicht welcher Teufel mich reitet.
    Gestern hab ich es meiner langjährigen Freundin gesagt - also aufgemacht. Der erste Schritt wieder in eine andere, sprich bessere, Richtung. Ich will und muß etwas tun für mich - der Rückfall darf mich nicht wieder absolut zum Anfang zurückwerfen - es muß eine "Ausnahme" bleiben. Jetzt schreibe ich - meine innere Unruhe (nein, ich hab nichts getrunken - am Mittwoch vergangener Woche das letzte mal) wird immer größer.
    Aus meiner Langzeitherapie oder auch aus den anschließenden Besuchen in Selbsthilfegruppen kenne ich - theoretisch und auch praktisch - meine Hilfsmittel in solchen Situationen. Heute muß ich aber zugeben, dass mir das alles im Moment nicht weiterhilft. Ich möchte oder vielmehr, ich kann nicht hier in kein Meeting gehen - mir sind die Menschen zuviel. Ich weiß nicht ob ihr versteht was ich meine. Jede Begegnung mit Menschen ist mir zuwider und gleichzeitig weiß ich ganz genau, dass das ganz wichtig für mich wäre. Ach Sch... - vielleicht lese ich nachher hier etwas, was meine innere Unruhe etwas auflösen hilft. Danke für die Zeit.
    Christel
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  • Hallo Christel

    auch von mir ein Willkommen hier im Forum.

    Ich kann verstehen, dass für dich eine Welt zusammen gebrochen ist. Es ist nun mal so, je länger du trocken warst, je größer ist das Gefühl, versagt zu haben. Sieh es doch einmal von der anderen Seite, du warst 14 Jahre trocken. Das ist doch eine Leistung auf die du stolz sein kannst. Du schreibst, dass du letzten Mittwoch das letzte Mal getrunken hast, ist also fast schon wieder eine Woche her. Anstatt dich schlecht zu fühlen, kannst du doch froh sein, es wieder so weit geschafft zu haben.

    Die Zeit, in der du jetzt getrunken hast, ist eine neue Erfahrung für dich, aus der du doch nur lernen kannst. Du kennst also jetzt den Unterschied nicht nur von der Überlegung her, sondern auch aus der Praxis. Okay, es war sicher nicht das, was du dir erwartest hast, aber ein Weltuntergang ist es auch nicht. Versuche einfach da wieder weiterzumachen, wo du vor dem Ausrutscher warst, und als Ausrutscher ist es wohl eher, wie denn als Rückfall zu werten.

    Warum du dich schlecht fühlst, versuche ich nachzuempfinden, verstehe es aber trotzdem sicher nicht so richtig. Ist es, weil du diese kurze Trinkphase seelisch noch nicht verarbeitet hast? Oder denkst du, die anderen Leute würden dich verurteilen. Jeder der etwas von der Krankheit Alkohol kennt, wird es eher bewundern, dass du es wieder geschafft hast trocken zu bleiben. Also kein Grund, dich zu genieren oder gar zu schämen.

    wünsche dir noch einen schönen Tag.

    Gruß Henri

  • Hallo Christel,

    das mit dem "schlecht" fühlen kann ich sehr gut verstehen, aus der Sicht derjenigen, die versagt hat.

    Aber in meiner SHG sagt man auch:" in jedem Rückfall liegt auch eine Chance".
    Versuch doch mal Ihn (den Rückfall) aus dieser Perspektive zu sehen.

    Vielleicht ist es ja ein Hinweis darauf, dass Du nicht gut genug für Dich gesorgt hast.

    Ich denke Du weisst, dass Dir eine Auffrischung Deiner Therapie (sowohl ambulant als auch stationär) zusteht.

    Wenn Dir eine Gruppe im Moment zu "gross" ist, könntest Du ein Gespräch mit einem Therapeuten suchen (Caritas, Diakonie oder Niedergelassener). Oder wenns das Alles noch nicht geht, dann z.B. hier.

    Wenn ich Stress habe, und den hast Du ja jetzt, werd ich auch fürchterlich unruhig und neige zu Depressionen. Eine Bekannte von mir ist Ärztin und und hat mir mal erklärt, dass viele Menschen unter Stress leicht unterzuckern, auch wenn sie sonst gesund sind. Vor allem wenn man dann(wie ich) auch noch schlecht isst. Sie hat mir mal den Rat gegeben in solchen Situationen entweder was leckeres, süsses zu essen oder wenn das auch nicht geht Traubenzucker zu nehmen.

    Ich wünsche Dir, dass Du die Ruhe findest die richtige Entscheidung/Strategie für Dein weiteres Vorgehen zu treffen.

    Mach Dich nicht selbst zusehr nieder

    Alles Liebe
    Käthe

    Vielleicht bilde ich mir das ja nur ein, aber bei mir hilft es, ich hab die Süssigkeitenorgien allerdings um eine Vitaminpille erweitert (gegen mein schlechtes Gewissen :wink: ).

    Alkohol ist nicht die Antwort, aber beim Trinken vergisst man die Frage.

  • Hallo Karsten, Hallo Henri,

    danke für Euren Willkommensgruß und die Worte, die Ihr für mich hattet.

    Mein erstes Posting war ein Einstieg gewissermassen zum Ausstieg.

    Am 4. Juni 1991 habe ich aufgehört zu trinken. Das sind nun - abgesehen von den nun seit Ende März verkonsumierten 20-30 Piccolos - 14 Jahre. Eine Zeit, auf die ich wahrlich auch stolz bin.

    Sorge macht mir oder "beschissen fühle ich mich" weil ich mir eingestehen muß, dass ich nicht auf mich aufgepasst habe und auch "Angst" habe es nicht mehr auf die Reihe zu bekommen.

    Ein Rückfall oder Ausrutscher - wie Du es, Henri ,genannt hast - ist wahrlich kein Weltuntergang und mir ist auch bewußt, dass dieser sich nicht von jetzt auf nachher eingestellt oder angekündigt hat, dass dieser nicht "einfach" passiert, sondern hier doch seit einiger Zeit etwas in mir, mit mir, bei mir verkehrt läuft.

    Meine psychische Verfassung ist seit einiger - oder nunmehr doch langer Zeit - nicht die beste.

    Am vergangenen Mittwoch - einen Tag vor Fronleichnam, bei uns in Hessen Feiertag - bin ich abends nach Büroschluß nach Hause gefahren und kurz vor meiner Haustür noch in den Schlecker um mir 2 Piccolos zu holen. Ich war unfähig diesem inneren Drang und diesem Gedanken, der mich auf der Heimfahrt begleitet hat, zu widerstehen. Zu Hause dann angekommen, hab ich diese beiden Fläschen sofort geleert. Kein Genuß, kein Entspannen - nein, ganz klar, benebeln und den Kopf ausschalten, die Gedanken betäuben. An jenem Mittwochabend hab ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Aber am Donnerstag dann. Es kam die Erinnerung an die Zeit vor dem 4. Juni. Da waren auf einmal die Parallelen da.
    Während all der Jahre nach Therapie habe ich viel gelernt und viel gemeistert - ich weiß oder wußte immer die wirklich wichtigen Hilfsmittel, die ein nüchternes Leben ermöglichen, einzusetzen in Notzeiten, mir rechtzeitig Hilfe zu holen.
    Diesmal nicht. Oder - wenn ich jetzt so schreibe, bin ich ja auf dem Wege genau das für mich zu tun.

    Das eigentliche Problem heute ist nicht, daß ich etwas getrunken habe, sondern dass ich in mir so unruhig und unausgeglichen bin, dass ich mich gegen den Suchtdruck nicht abgrenzen konnte. Seit längerer Zeit hab ich mich wieder von den Menschen zurückgezogen - hab mein Süppchen gekocht oder vielmehr vor sich hinköcheln lassen.

    Mein "roter Faden" der sich durch mein ganzes Leben zieht - engagiert, weniger engagiert und dann in der Ecke verkriechen.
    Mich peu a peu immer weiter ins Dunkel hineinziehen anstatt Ausschau nach der Sonne zu halten.

    Mit meinem Posting hier im Forum - mit dieser Form der Kontaktaufnahme zu Menschen hier im Forum - beginnt die erneute Wende hin zu dem trockenen Weg, den ich auch künftig gehen möchte.

    Es wäre schön, wenn ich durch diese Zeilen hier ein, zwei oder mehrere Menschen kennenlernen dürfte, mit denen ich mich austauschen kann, denen ich meine Gedanken, Ängste - das mehr oder weniger Wichtige in meinem Alltag erzählen könnte. Ein erster Schritt wieder zurück zu den Menschen.

    Zum Schluß noch - in meinem direkten Umfeld ist wohl bekannt, dass ich Alkoholprobleme habe - sprich ich "trockene" Alkoholikerin bin - daraus hab ich nie ein Geheimnis gemacht. Von dem Rückfall, dem Ausrutscher hab ich am Sonntag meiner beste Freundin erzählt und gestern Abend einer mir sehr lieben guten Bekannten.

    So - nun werde ich mal wieder ein wenig arbeiten und danke Euch für die Zeit, die Ihr Euch für mich genommen habt.

    Christel

  • Hallo Christel

    Was soll ich jetzt nach deinem letzten Posting noch viel schreiben. Ratschläge, die ich dir geben könnte, führst du bereits aus. Trinkst seit Donnerstag nichts mehr, hast hier gepostet, mit deiner Freundin und mit deiner Bekannten gesprochen, also alles, was dazu führt wieder trocken zu leben.

    Wenn du das Gefühl hast, das Posten würde dir helfen, dann schreibe so viel hier, wie du willst. Aber vergiss dabei auch nicht, weiterhin mit deinen Bekannten zu reden.

    Du bist auf dem richtigen Weg, und ich bin mir sicher, dass du es schaffst.

    Wünsche dir und uns 24 trockene Stunden

    Gruß Henri

  • Hallo Christel,
    ich als Angehörige von jemand mit Alkoholkrankheit wünsche Dir, dass du nicht mehr mal eben zu den Getränkeflaschen greifst, wenn dir danach ist. Keine Ahnung was man machen kann, wenn man nervös wird. Ich weiss auch nicht, ob ich die richtigen Worte finde, aber vielleicht dann um den Block joggen? Oder ne Freundin anrufen? Trinken greift den Körper, Geist und Seele an. Du hast es solange geschafft, mach weiter so und bleib wieder trocken. Alles Gute und weiterhin gute trockene 24 Stunden,

    Gruß, Anis

  • Hallo christel,

    ich finde aus auch klasse, das du nichts mehr seit tagen trinkst. durch die gruppe habe ich meinen besten freund kennen gelernt, er sagte mir, wenn irgendetwas sein sollte, ein "saufdrang", ein problem wo ich wieder anfangen könnte zu trinken, ruf mich lieber am tag oder aber auch in der nacht an und rede mit mir, statt zur flasche zu greifen.
    es ist sehr wichtig, das du jemanden zum reden hast.
    bleib weiterhin standhaft

    viel kraft und lg grüsse
    soul

    "Hurra, wir leben noch" **Milva**
    Wer Fehler findet, kann sie behalten ;)

  • Hallo Käthe,
    hab mich sehr über Deine Zeilen gefreut und danke Dir, für die aufmunternden Worte.
    Es hilft mir doch tatsächlich hier im Forum Kontakt aufzunehmen – das, bzw. einen Teil dessen was mir auf der Seele brennt niederzuschreiben und gewissermassen öffentlich zu machen. Raus aus meiner selbsterwählten Isolation.
    Dass ich nicht gut genug für mich gesorgt habe steht ausser Frage. Nur wie Sorge ich wirklich gut für mich. In den vergangenen 14 Jahren dachte ich eigentlich, dass ich mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehe, dass ich mich allen Problemsituationen angemessen gestellt habe und offen bin und war, mich auch darauf einzulassen. Dennoch – heute weiß ich, dass ich in alte Denk- und Verhaltensstrukturen zurückgefallen bin – die dann letztlich zugelassen haben, dass ich nach dem „ersten Glas“ gegriffen habe.
    Ergo – auf ein Neues.
    Ich spüre, dass ich alleine durch das Aussprechen gegenüber Menschen die mir wirklich Nahe sind – die ich nahe an mich herangelassen habe, soweit es mir möglich ist – schon wieder in mir mehr Kraft und Energie.

    Lieben Gruß und Danke
    Christel


    Hallo henri"

    Für jeden Tipp, für jedes Wort der Ermunterung bin ich immer zu haben – und Du weißt sicherlich auch, dass auch wenn man selbst sehr gut weiß was man sich gutes tun kann, kommt es vor, dass man es nicht tut.
    Aber wahrlich, das schreiben heute – das Lesen auch in den anderen Postings – hat mir gut geholfen.
    Es ist kein Suchtdruck da und wieder ein Tag den ich trocken ins Bett gehen kann.
    Ich habe mich heute auch mal auf den Internetseiten von AA umgesehen – es gibt Online-Meetings und ich hab mich dann auch gleich per E-Mail angemeldet – leider bis jetzt noch keine Rückmeldung. Dennoch, ich denke das würde mir erst mal auch weiterhelfen, damit ich nicht wieder mich ganz hängen lasse.
    Kennst Du Online-Meeetings? Hast Du damit Erfahrungen?

    Vielen Dank Christel


    Hallo Anis,

    lieben Dank für Deine aufmunternden Worte.
    Christel


    :):):)

  • Hallo Christel

    Ist ja schon mal erfreulich, dass du mit Saufdruck nichts zu tun hast. Wegen Online-Meetings habe ich eben auch mal gegooglt, finde aber auch nur Adressen von den AA. Erfahrung habe ich damit keine. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es mit der Antwort auf deine E-Mail etwas dauern kann.

    Aber noch etwas Anderes. Ich merke, dass du Einiges unternimmst um trocken zu bleiben. Setz dich aber bitte nicht selbst unter Druck. Trocken bleiben darf für dich nicht zum „Muss“ werden, weil es sonst auch wieder schwerer wird. Mach es wie in den 14 Jahren vorher, da hat es doch auch funktioniert. Aber das musst du merken und fühlen, was jetzt gut und richtig für dich ist.

    Gruß Henri

  • Hallo Christel (Du hast geschrieben )
    Aus meiner Langzeitherapie oder auch aus den anschließenden Besuchen in Selbsthilfegruppen kenne ich - theoretisch und auch praktisch - meine Hilfsmittel in solchen Situationen
    Die Antwort hast Du selbst gegeben
    nimm deinen mut zusammen, laß die falsche scham und tue was du gelernt hast.

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