Diskussionsthema: (Nicht) Erkennen, Alkoholiker zu sein

  • Huhu Thalia,

    Zitat

    Es ist offenbar ganz unterschiedlich, wie und wann das Erkennen der Erkrankung stattfindet. Hier fiel ja auch das Wort "Ehrlichkeit" (bei Slowly) und das hat mich angepiekt. Bin ich ein weniger ehrlicher Mensch, wenn ich nicht erkennen kann, dass ich alkoholabhängig geworden bin?

    Ehrlich gesagt ;) habe ich mir nicht so besonders viel Gedanken über Andere gemacht als ich meine Gedanken mitteilte und wahrscheinlich kommt das jetzt total arrogant rüber aber ich kann mir irgendwie überhaupt nicht vorstellen, dass ein einigermaßen interessierter, belesener und dadurch informierter Mensch, der nicht verdrängt ( was für mich auch eine Art Unehrlichkeit darstellt ) nicht schon ziemlich bald nach Eintreten der Abhängigkeit merkt, dass er in einer Sackgasse gelandet ist und ein Suchtproblem hat.

    Das merkt man doch spätestens dann, wenn man versucht nichts oder weniger zu trinken und das dann nicht schafft.

    Verdrängung beinhaltet ja schon den Ansatz einer Erkenntnis, sonst gäbe es ja nichts zu Verdrängen und wenn es diesen Ansatz gibt, dann ist es doch Unehrlichkeit sich selbst gegenüber, wenn man diesen Gedanken nicht weiterdenkt.

    Oder mache ICH da einen Denkfehler ?

    LG Slowly

  • Wir verdrängen, weil uns die Sucht daran hindert, ehrlich zu uns zu sein?

    Wir sind häufig nicht ehrlich zu uns, weil das verharren im Altgewohnten so bequem ist?

    Ich kann allein mit Gedanken, die tief sitzenden Probleme, die mich bewegen, die mich dazu gebracht haben, zu saufen, nicht einfach 'umdenken'?

    Bin ich heute -trocken- wirklich in allen Fragen meines Lebens ehrlich zu mir?

    Befinde ich mich nicht auf einem Lebensweg, an dem ich an machen Weg Kreuzungen, aus welchen Gründen auch immer, eine Entscheidung treffen sollte ?

    Die Entscheidung nicht den geraden Weg zu gehen, sondern den kleinen Pfad?
    Bin ich auch heute manchmal zu feige, Wahrheiten zu erkennen?

    Ich habe das als Fragen formuliert, weil ich es wirklich nicht weiß.

    Und ich denke, es ist nicht erheblich.
    Es passiert, manchmal, oder auch nicht.
    Ob ich wirklich frei bin in meiner Entscheidung, in den Entscheidungen, die ich in meinem Leben bereits getroffen habe, kann ich nicht sagen.
    Ich nehme die positive Entwicklung, heute ein trockenes Leben führen zu dürfen, mit Demut und Dankbarkeit hin.

    Hans

  • Guten Morgen,

    für mich gilt bislang: Selbstwahrnehmung ist emotionale Intelligenz, hieraus resultiert das Erkennen oder das Nichterkennen.

    Zudem gibt es Personen, die sicherlich erkannt haben, Alkoholiker zu sein, dies aber aus manipulativen Gründen nach außen leugnen, um also ihre Mitmenschen zu täuschen, schlichtweg zu faul sind, etwas zu ändern oder keine Notwendigkeit sehen. Die Übergänge sind sicherlich fließend.

    Bei meinen Bierbankgenossen allerdings habe ich oft beobachtet, dass sie emotional ungefestigt darauf reagierten, wenn sie mit der Alkoholikerfrage konfrontiert wurden und genau diese seltsame Emotionalität war oder ist mir bis heute rätselhaft. Sind diese Personen einfach zu schwach für das Leben?

    Es mag anklagend klingen, aber wenn man sich ihre sonstigen Probleme ansieht, würde dies meine Ansicht bestätigen, zumeist sind diese Personen auch nikotinabhängig usw., oft trotz gutem Verdienst finanziell schlecht aufgestellt, befinden sich in seltsamen Patchworkverhältnissen, geschieden, Eheprobleme, ohne Selbstbewusstsein uvm. Sich dann mit der Frage des Alkoholikerdaseins zu beschäftigen, dürfte das Kartenhaus vollständig zum Einsturz bringen? Das ganze Leben ist also ein Trümmerhaufen und der Alkohol ist die Betäubung, die einerseits den Ausweg behindert, aber das Dahinvegetieren wiederum erträglich macht?

    Grüße

  • Hallo,

    Zitat

    ich kann mir irgendwie überhaupt nicht vorstellen, dass ein einigermaßen interessierter, belesener und dadurch informierter Mensch, der nicht verdrängt ( was für mich auch eine Art Unehrlichkeit darstellt ) nicht schon ziemlich bald nach Eintreten der Abhängigkeit merkt, dass er in einer Sackgasse gelandet ist und ein Suchtproblem hat.


    Joa. Genau das trifft es für mich, denn genau diese Verdrängung beherrschen vermeintlich intelligente Wesen in derselben Qualität wie andere. Und so eben auch ich.

    Zitat

    Und ich denke, es ist nicht erheblich.


    Auch das sehe ich genauso.
    Heute ohne Alkohol leben zu dürfen, ist für mich ein Geschenk, das mir erlaubt, mein Leben wieder in meinen eigenen Händen zu tragen. Mit dem dazu gehörenden Maß an Selbstüberschätzung, Selbstzerstörung und verzerrter Selbstwahrnehmung. Meine Trockenheit machte mich nicht zum perfekten Menschen, sondern sie ermöglichte mir, heute meine Fehler trocken zu begehen, sie vielleicht auch mal zu erkennen und noch seltener, aber immerhin auch mal, zu beheben.
    Nass gab es diese Chance für mich gar nicht.
    Gruß, Penta

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