Marie83 - Vorstellung - EKA, Verwirrung, Schuldgefühle

  • Hallo, Ihr Lieben.

    Ich bin sehr froh, dieses Forum gefunden zu haben, da ich sehr unter den Folgen einer Jugend mit einem alkoholkranken Vater leide. Ich hoffe, hier Menschen zu finden, die meine Gefühle verstehen können.

    Am schlimmsten für mich ist das Thema Verwirrung und Misstrauen in meine eigene Wahrnehmung: Ich bin immer wieder unsicher, ob ich übertreibe und alles gar nicht so schlimm war. Insbesondere, wenn mein Vater längere Zeit nichts trinkt und freundlich ist, bin ich total unsicher, ob ich eigentlich das Problem bin und bekomme starke Schuldgefühle. Kennt das jemand?

    Liebe Grüße

    Marie

  • Hallo Marie83,

    schön, dass Du hierher gefunden hast.

    Unsicherheit und meine Schuldgefühle haben mich mein ganzes Leben begleitet. Du hast schon erkannt, dass Du bei Dir ansetzten kannst.

    Wenn Du Dich mit den anderen Angehörigen austauschen möchtest, klicke bitte auf den folgenden Link und bitte um Freigabe.

    Dann können wir Dich in den offenen Bereich des Forums verschieben, in dem der Austausch stattfindet.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Viele Grüße

    Alex

  • Hallo Marie,

    Du bist freigeschaltet und in den offenen Bereich für die EKAs verschoben.

    Ich selbst bin EKA und Alkoholiker. Aus dem Grund kenne ich beide Seiten. Diese Frage, ob ich meinen Wahrnehmungen selbst trauen kann, oder ob alles gar nicht so schlimm ist, kenne ich leider auch sehr gut.

    Bitte stelle Dich noch etwas vor, damit wir Dich besser kennenlernen können.

    VG Alex

  • Vielen Dank, Alex! :)

    Mein Vater hatte wohl schon immer recht viel getrunken. Meine Mutter meinte mal, als ich klein war hätte sie ihm mal gesagt, sie würde gehen, wenn er nicht aufhört, und dann hatte er auch für ein paar Jahre aufgehört.
    Ich glaub, gegen Ende der Grundschulzeit war mir bewusst geworden, dass er öfters sehr wütend und unfreundlich ist. Mir war nicht direkt klar, dass das was mit Alkohol zu tun hat.
    Auf dem Gymnasium hab ich dann eine Depression und Angststörung entwickelt, mit der ich mich immer noch rumschlage (ich bin jetzt 40). Lange dachte ich, "doch eigentlich keinen Grund" dafür zu haben, dass es mir so schlecht geht. Mein Vater hat mich ja nie geschlagen, er hat auch nie so viel getrunken, dass er zusammengebrochen ist oder so. Er hat keinen Führerschein, ich weiß also nicht, ob er betrunken Auto gefahren wäre. Und er war Freiberufler, es ist also nirgendwo im Job aufgefallen. Eigentlich hat meine Mutter das ganze Geld verdient. Sie schien mir auch oft überlastet und tat mir wahnsinnig leid.
    Mein Vater hat immer wieder phasenweise getrunken. Auch tagsüber. Wodka und so. Dann viel im Bett gelegen. Oder er ist wütend durch die Wohnung gegangen und hat vor sich hingeschimpft, meine Mutter "Arschloch" genannt etc. Es war zeitweise eine wahnsinnig bedrückende Atmosphäre.
    Aber er konnte auch sehr nett sein. Das macht es mir bis heute noch viel schwerer, weil ich mich dann immer frag, ob ich übertreibe, ob ich das Problem bin, ob ich die Familie zerstört habe.
    Er selbst denkt nicht, dass sein Trinken schlimm war/ist (im Moment scheint er nicht zu trinken, hat aber einen Vorrat in seinem Versteck). Und dementsprechend fühlt er sich von mir schlecht behandelt, wenn ich mit ihm nicht so locker und nett umgehen kann wie mit meiner Mutter. Das macht mir dann wieder schlimme Schuldgefühle.

    Kennt das jemand?

  • Hi Marie, ich kenne das absolut. Bei uns gibt es einige Ähnlichkeiten. Mein Vater war auch nicht gewalttätig und ich habe mir irgendwie immer gesagt, so schlimm kann meine Kindheit dann ja gar nicht gewesen sein.

    Ich habe aber auch in der Teenie-Zeit Probleme mit Angst und psychosomatischen Beschwerden bekommen.

    Bin dank Therapie (Verhaltenstherapie, meine Vergangenheit als EKA hat da kaum eine Rolle gespielt) da rausgekommen. Mich hat es aber nun wieder eingeholt da mein Vater per WhatsApp seit einigen Jahren schreckliche Nachrichten schreibt. Vor einer Woche habe ich ihn blockiert, da sich seine Wut direkt an mich (bisher andere Familienmitglieder) gerichtet hat. Er hat mir vorgeworfen ich würde ihn schon immer hassen.

    In meiner Kindheit habe ich laut meinen Tagebüchern (erinnern kann ich mich nicht) meinen Vater angefleht mit dem Trinken aufzuhören, worauf er wohl immer nur gefragt hat, warum das so schlimm sei und er doch gar nichts mache.

    Und dass er aufhören würde, wenn ich netter zu meiner Mutter und Schwester wäre.

  • Danke für Deine Antwort, nevermind!

    Puh, der letzte Satz von Deinem Vater war aber auch übel. Und die Nachricht. :( Sind Deine Eltern noch zusammen? Was hat Deine Mutter dazu gesagt?

    Ging es Dir durch die Verhaltenstherapie denn richtig gut oder hattest Du trotzdem Depressionen o.ä.?

  • Nein, meine Eltern sind zum Glück getrennt seit ich Teenie war. Ich habe meiner Mutter nur mitgeteilt, dass ich meinen Vater blockiert habe, damit sie vorgewarnt ist (er schickt auch ihr solche Nachrichten).
    Ich habe aber auch gar kein Interesse daran, mit ihr darüber zu sprechen. Ich glaube ich bin es so gewohnt darüber mit niemandem aus meiner Familie über den Elefanten im Raum zu reden dass es mir viel schwerer fallen würde, da plötzlich auszupacken.

    Mir ging es durch die Verhaltenstherapie wirklich gut. Ich glaube es hatte auch damit zu tun, dass ich relativ zeitgleich von zuhause in eine andere Stadt gezogen bin und irgendwie neu anfangen konnte. Meine psychosomatischen Beschwerden kamen zwar in speziellen Situationen immer wieder (zb Referat in der Uni halten) aber im Großen und Ganzen ging es mir in meinen 20ern gut. Depressionen hatte ich zum Glück nie.

    Mir ist jetzt nur im Nachhinein nochmal eingefallen, dass ich häufig wenn ich Besuch von meinem Vater hatte oder ihn besucht hatte ich auch wieder diese Beschwerden hatte. Sogar wenn ich Freundinnen, die ich aus meiner Kindheit schon habe getroffen habe, hat mein Körper eine bestimmte Reaktion abgefahren.

    Insbesondere die letzten 8 Jahre seit ich einen wundervollen Partner gefunden hatte ging es mir sogar extrem gut. Ich habe durchweg eine große Dankbarkeit für mein Leben gespürt (großes Glück mit meinem Mann und meinem Kind, keine beruflichen oder finanziellen Sorgen, tolle Freunde etc). Ich hatte keine Probleme und selbst wenn mal was aufkam (zb Fehlgeburt) konnte ich gut damit umgehen.

    Auch als es mit den Nachrichten von meinem Vater vor ca 3 Jahren losging konnte ich irgendwie damit umgehen, wobei ich rückblickend schon sehe, dass ich da ein ungutes Spiel mitgespielt habe (war stets ein Zyklus von - Vater schreibt schlimme Nachricht, ich komme in Gedankenkreise und habe schlechte Laune, sobald er wieder normale Nachrichten schreibt die große Erleichterung meinerseits und “alles wieder ok” Gefühl, nur damit es ein paar Wochen später wieder von vorne losgeht).

    Nur jetzt hat es mich vollkommen umgehauen und mir ist immer noch jeden Tag übel.

    Wie geht es dir momentan? Hast du schon mal eine Therapie gemacht?
    Da es bei unseren Geschichten ja einige Überschneidungen gibt würde mich wirklich interessieren wie du damit umgehst.

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