ich bin gerade aus dem krankenhaus gekommen

  • Servus Vesper,

    erst mal ein herzliches Willkommen, schön, dass Du hierher gefunden hast.
    Dein Vater ist momentan an einem guten Ort - er ist in der Klinik, wo medizinisch geschultes Personal um seine Alkoholsucht weiss und ihn bei der Entgiftung unter Kontrolle hat. Das ist schon mal ein sehr guter Ansatz!

    Dass Dich der Anblick aufwühlt, kann ich gut nachvollziehen. Aber sieh es für Deinen Vater als Chance - und glaube mir, wenn alles normal läuft, ist er Freitag nächster Woche schon wieder aus der Klinik zurück und hat die Möglichkeit, von seinem Suchtmittel loszukommen.

    Vesper, lies Dich hier im Forum mal in Ruhe durch. Frage, was Dich interessiert - irgendeiner weiss hier eigentlich immer Rat.
    LG
    Spdi

  • Servus Vesper,

    sehr gut, dass Du Dir auch Hilfe für Dich holst!
    Ja, was soll ich Dir zu Deinem Vater sagen? Du schreibst leider sehr wenig, so kann ich mir kein Bild von Deiner Situation machen.
    Vielleicht magst Du uns ein paar Anhaltspunkte geben, damit wir Dir weiterhelfen können?

    Interessant ist die Familiensituation (lebst Du noch zu Hause oder alleine, bist Du erwachsen oder nicht, ist Deine Mutter da und eingebunden in die Situation etc.) und die Trinksituation Deines Vaters.

    LG
    Spedi

  • hallo vesper,

    auch von mir ein herzliches willkommen hier.

    ja, das ist schlimm, ein elternteil so zu sehen, das ist mir auch so ergangen. plötzlich ist man als "kind" der stärkere teil, und das elternteil ist hilflos. kein wunder, dass du dich durch den wind fühlst.

    ja, wie geht es weiter? es geht überhaupt nur weiter, wenn dein vater will. vielleicht hat ihm der jetzige zustand solch einen schock versetzt, dass er jetzt endlich nicht mehr trinken will? das wirst du sehen, wenn er wieder ansprechbar ist. normalerweise bekommt man schon im krankenhaus die ersten infos, wie es weitergehen könnte, da gibt es ja verschiedene möglichkeiten. wenn nicht, dann sprich doch mal einen arzt oder eine schwester drauf an. aber all das funktioniert nur, wenn dein vater abstinenz lernen will, ansonsten klappt das nicht, auch wenn sich das hart anhört.

    was jetzt auch ganz wichtig ist: versuch, dir kleine oasen der ruhe am tag zu schaffen, bewusst. solch ein zustand zehrt viel mehr an den nerven, als man das in dieser situation merkt, ich hab das auch durchgemacht. also versuch zumindest, dir ab und zu was gutes zu tun, wenigstens mal ne badewanne oder kaffetrinken mit ner freundin. vergiss DICH nicht dabei.

    wünsche dir viel kraft, und wie spedi schreibt: frag ruhig. das macht es uns auch leichter, dir konkret zu helfen.

    wünsche dir viel kraft

    lavendel

  • Servus Vesper,

    Zitat von Vesper

    naja, montag saß er nach dem wochenende natürlich auf dem trockenen und meine mutter weigerte sich für ihn einzukaufen. der entzug machte ihn zu hause so verrückt, dass er mittwoch darum gebettelt hat ins krankenhaus gebracht zu werden.

    das ist das schärfste, was ich seit langem gelesen habe. Medizinisch etwas fragwürdig, aber vom Grundsatz her: Respekt, alle Achtung!!! Konsequent den Druck aufgebaut, nicht "eingebrochen", und als einzige Option die Hilfe durch den Arzt! Klasse, ich zieh' meinen Hut vor Euch! :D

    Vesper, wenn ihr "den Rest" genauso beherzt durchzieht, und Dein Vater den Wunsch hat, den unbedingten Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören, dann habt ihr eigentlich gute Voraussetzungen.

    Ich wünsch Dir viel Kraft, mach Dich kundig, und gehr Deinen Weg konsequent weiter!

    LG
    Spedi

  • klar hat er sich für das trinken selber entschieden, anfangs wars nur ablenkung, dann wurde es zur sucht und dann ist er krank. wie wenn du mit nassen haaren draußen rumrennst und krank wirst, da siehst du ja auch ein, dass der- oder diejenige krank ist, auch wenn die person selber schuld ist. das ist jetzt aber sehr vereinfacht dargestellt.

    eure familiensituation ist supi, genauso wie deine freunde, es ist ein schwerer schritt sich ihnen anzuvertrauen aber tut so gut. bin genauso alt wie du, kann ich alles voll nachvollziehn.

    wendet euch ans blaue kreuz, suchtberatung oder so, die kommen ins krankenhaus zu eurem dad, da klappt das oft schneller mit der therapie. mei mom is mit deren hilfe direkt von krankenhaus in therapie, bei ner bekannten wars genauso.

    aber erst muss er das auch wollen, wenn ihr weiter so zusammenhaltet, habt ihr große chancen ihm gut zureden zu können.

    viel glück & kraft

    - Dani -

    p.s. wie sind eigentlich deine gefühle ihm gegenüber, wenn er trinkt bzw. getrunken hat? wie geht es dir dabei?

  • Servus Vesper,

    das ist auch nicht einfach, in einem Menschen plötzlich den Kranken zu sehen - schließlich ist das Gebrechen ja nicht so augenfällig wie ein gebrochener Arm.
    Und Du hast auch recht: das Trinken hat er freiwillig angefangen.

    So, und jetzt zum großen ABER: es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Trinken (auch dem Missbrauch) und der Sucht. Das tückische ist, dass sich die Sucht nicht "ankündigt" (Methode: "Ihnen bleiben noch 21 Tage bis zur Sucht"), sondern sie ist plötzlich da. Und ab dann bestimmt sie das Leben. Und ab da ist Dein Vater einfach krank, ähnlich einem Diabetiker - die Krankheit selbst ist unsichtbar (nur die "äußeren Auswirkungen" sieht man - und die reichen).
    Ich hoffe, Du kannst das irgendwann einmal für Dich akzeptieren und findest zumindest in diesem Punkt Deinen "Frieden" mit Deines Vaters Sauferei. Für den großen Rest, der da noch an Unwägbarkeiten bleibt, wünsche ich Euch viel Kraft - und die Geduld, die es einfach braucht wenn ein süchtiges Leben nach Jahrzehnten umgestellt werden soll.

    LG
    Spedi

  • hallo vesper

    finde es schon mal gut, dass du deine gefühle in worte fassen kannst, wie ich das mal des erste mal von nem therapeuten gefragt worn bin, war ich da gehockt, hab dumm gschaut, überlegt und irgendwann mit der schulter gezuckt. mir ist einfach nix eingefallen, für mich war alles verwirrend.

    hm... deinem vater die gefühle sagen, ich weiß etz net so genau. wenn er sich nicht helfen lassen will, schmeiß es ihn hin und versuch dann abstand zu halten, aber wenn er sich helfen lassen will, würde ich das erstmal noch für mich behalten und es ihm sagen, wenn eine dritte neutrale person dabei ist z.b. ein therapeut oder so. ihm wird auf therapie auch selber aufgehn, was er euch damit angetan hat und das wird auch ein ganz schöner schock für ihn werden. das ist meine persönliche meinung, aber du musst selber wissen, was für dich am besten ist.

    grüßle

    - Dani -

  • Liebe Vesper,

    die Gefühle, die du jetzt hegst... von Hass bis hin zur Trauer, dass dir ein "normaler" Vater verwehrt war - sind normal.

    Mein Vater hat selbst auf der Intensivstation nach Bier gefragt. Völlig unverständlich - sicherlich - aber Teil der Krankheit. Ich hätte meinem Vater auch am liebsten ALLES vor den Kopf geknallt, aber ich habe immer einen Spruch vor Augen gehabt: "Sollte er morgen sterben, kannst du dann mit den letzten Worten an ihn leben?" Ich gebe zu, es hat lange gedauert, bis ich so weit war, aber ich habe es geschafft!

    In klaren Momenten (soweit ein Korsakow-Patient klar sein kann) habe ich mit ihm geredet und glaub mir Vesper - er wusste, dass er sein Leben und seinen Körper zerstört hatte, aber er konnte nicht anders.

    Ich kann dir nur raten, dass ihr als Familie eure Hilfe und Unterstützung anbietet. Es ist dann an ihm, diese Hilfe anzunehmen - tut er es nicht, kannst du leider nur bei seinem Selbstmord auf Raten zusehen. Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen.

    Vielleicht sprichst du mal ruhig mit ihm. Sicherlich schwer, aber ich habe mir bei solchen Gesprächen immer o. g. Spruch vor Augen gehalten, um ruhig zu bleiben. Aus Erfahrung sage ich: Mache ihm bitte keine Vorwürfe und Vorhaltungen wie: Du musst aber jetzt, sonst..... (da macht er garantiert dicht!) Wegen dir habe ich......, Du bist Schuld, dass......

    Ich würde sagen: Ich bin traurig, dass...., Ich mache mir Sorgen...., ich wünschte mir (z. B.), dass du auf deine Gesundheit achtest, damit du deine Enkel noch kennen lernen kannst (oder was auch immer dir wichtig ist). Erzähle ihm, was du über die Alkoholkrankheit "gelernt" hast und welche Konsequenzen diese Krankheit hat (z. B. Korsakow Syndrom etc., auf der anderen Seite: Einsamkeit, weil sich Menschen - wie du z. B. - abwenden werden).

    Aber wie gesagt, jeder muss seinen Weg finden und gehen - ich kann nur sagen, wie ich es empfunden habe und wie ich damit klar kam. Vielleicht ein Denkanstoß.

    Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute auf deinem Weg

    Liebe Grüße

    Aileen

  • Servus Vesper,

    ist schon bedrückend, so eine Situation. Für jeden Schmarrn gibt es Ratgeber, und hier? Hier schreibt das Leben seine eigene Geschichte, und man ist ungefragt mitten drin.

    Ich will Dich zu nichts drängen, aber kannst du Dir vorstellen, dass es Deinem Vater -wäre er Herr seiner Sinne- leid täte, was er Euch und Dir angetan hat?

    Heute abend ist durch Zufall ein makaberer Thread eröffnet worden von einem Betroffenen, der kurz davor war, Brennspiritus als Ersatz für Alkohol zu sich zu nehmen.

    Sagt Dir das etwas aus über den Geisteszustand, in dem sich ein Alkoholiker befinden kann? Es sind z. Teil wirklich Wahnvorstellungen, in denen wir uns im nassen Zustand befinden. Das ist keine Entschuldigung, wohlgemerkt! Aber er soll Dir helfen zu verstehen, was in "so einem" vor sich gehen kann.

    Und vielleicht schaffst Du es ja mit diesem Wissen, Deinen Vater als das zu sehen, was er ist: ein kranker Mensch. Einer, der erst wieder lernen muss zu leben - wenn das seine Gesundheit noch zulässt.
    Also, wenn du kannst und magst: mach Deinen Frieden mit ihm. Nicht "für ihn", sondern für Dich - mach dir so den Weg frei, um Deine Vergangenheit aufarbeiten zu können und für Dich eine friedliche Zukunft zu erarbeiten.

    Denk mal drüber nach, auch wenn es mit Sicherheit sehr schwer fällt nach all den Demütigungen und Enttäuschungen.

    LG
    Spedi

  • Hallo liebe Vesper,

    ich glaube, dir kann in Bezug auf den kommenden Besuch im Krankenhaus keiner so richtig einen Rat geben - nur du alleine kannst entscheiden, ob du gehst oder nicht.

    Ich persönlich wollte - trotz allem - immer über den Zustand meines Vaters Bescheid wissen. Es hat häufig weh getan "das Elend" zu sehen... es war häufig anstrengend mit ihm zu reden, weil er mit zum 3000sten x dasselbe erzählt hat, aber rückblickend muss ich sagen, dass ich froh bin, mir "das" gegeben zu haben! Denn in all den schrecklichen Momenten habe ich ihn auch mal "klar" erwischt und so habe ich über die Zeit gelernt, dass er einfach nicht anders konnte! Und irgendwann musste ich erkennen, dass er sich und sein Leben aufgegeben hat. Ich konnte nichts mehr tun, als ihn so gut es ging (ohne mein Leben komplett umzuwerfen)zu versorgen.

    Weißt du Vesper, es hört sich für manche Leute merkwürdig an, aber ich gehe häufig mit der Einstellung durch mein Leben: "Könntest du mit deiner Entscheidung oder mit deinen Worten leben, wenn der andere morgen plötzlich nicht mehr da ist!" Früher lag mein Herz noch häufiger auf der Zunge, als das heute der Fall ist und so habe ich manchmal einigen Leuten ziemlich vor den Kopf gestoßen.

    Persönlich kann ich nur sagen, dass ich rückblickend die Zeit nicht missen möchte, die ich seinerzeit augenscheinlich mit meinem Vater vertan habe, denn es hat mir - langfristig gesehen - die Augen geöffnet. Aber es ist für jeden anders.... diese Entscheidung muss man leider selbst treffen und somit seinen eigenen Weg finden.

    Ich wünsche dir ganz viel Glück und Mut für deine Entscheidungen

    Liebe Grüße

    Aileen

  • liebe vesper,

    ich kann da nur unterstützen, was aileen und auch spedi schreiben. mir ging es ja mit meinem vater auch so, ich hab ihn lange gehasst und für mein elend verantwortlich gemacht. aber irgendwann ist das vorbei, und als er todkrank war, hab ich regelmäßig mit ihm telefoniert und ihn auch (für meine verhältnisse) häufig besucht. ich hätte auch (für mich!!!) nicht haben wollen, mit solch einem hass im bauch herumzulaufen, und dass die letzten worte an ihn bittere, böse gewesen wären. wem hätte das genützt?

    wenn das gegenüber tot ist, wirds nämlich viel schwerer. ich hab ihn am ende auch nur noch als das gesehen, was er da auch noch war: ein bedauernswerter, alter, einsamer, verbitterter, todkranker mann. ich hab ihn auch da nicht "geliebt", wie man sich wünscht seine eltern zu lieben, aber es war irgendwie friede. den dämon von früher gabs einfach nicht mehr.

    meine beste freundin, deren vater auch am alokolmissbrauch gestorben ist, ein dreiviertel jahr vor meinem, hat mir nach dem tod ihres vaters gesagt: "du wirst deinen auch vermissen, du hast ja nur einen." und sie hat damit recht behalten. dieses vermissen eben auch nicht im sinne von "liebe", sondern in dem sinn, dass jetzt ein stück meines lebens weg ist.

    lieben gruß

    lavendel

  • hallo vesper

    nur weil du dich bei deiner mom nach ihm erkundigst, heißt das nicht das du nicht stark bist. es zeigt deine stärke, dass du daheim bleibst, wenn du merkst, dass dir die kraft fehlt ihn zu besuchen und das ist nur allzu verständlich. du musst in erster linie an dich denken.

    wenn du befürchtest, dass es dich wieder aufwühlt, wenn du ihn morgen oder die nexten tage besuchst, dann würde ich an deiner stelle zuhause bleiben. ihn nur aus pflichtgefühl zu besuchen ist nicht sinn der sache. außerdem merkt dein vater auch, wenn du nicht da bist und machst sich gedanken, auch wenn er auf den stand eines 3-jährigen ist, checkt er vielleicht trotzdem warum du so handelst.

    is ja schon mal gut, wenn er weiß er kommt die nexte zeit nicht heim. bestimmt werden auch die ärzte mit ihm reden und ihn perspektiven zeigen um sich helfen zu lassen.

    liebe grüße

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