Nicht mehr "pflegeleicht"!

  • Ich bin jetzt seit 2 Jahren trocken und stolz darauf, mein Leben wieder auf die Reihe gebracht zu haben.
    Die letzten 20! Jahre waren ein Leben zwischen (wie ich heute weiß) Trinkpausen und Rückfällen.
    Ich denke heute, dass ich nie die Kurve kriegen konnte, weil meine ewigen Schuldgefühle mich eingeschüchtert hatten.
    Irgendwie glaubte ich, nicht das Recht auf einen eigenen Standpunkt zu haben. Ich ging Konflikten aus dem Weg, beruflich wie privat. Ich war angepasst, lieb und nett.
    Seit meinem letzten Rückfall, der mich fast umgebracht hätte, ist das anders.
    Ich setze alles auf eine Karte: die heißt trocken bleiben = überleben.
    Es gibt für mich keine Alternative. Ich kann keine Kompromisse machen.
    Das hat natürlich zur Folge, dass ich jetzt ein Mensch mit Ecken und Kanten bin.
    Meine Freunde können ganz gut damit leben, aber mein Mann hat damit wohl inzwischen ernste Probleme:
    Über eine größere Anschaffung gerieten wir in Streit, weil mein Mann mich einfach vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Ich war total geschockt und wütend und habe verlangt, den Kauf rückgängig zu machen.
    Jetzt musste ich mir folgendes anhören:
    Seit du nicht mehr trinkst, bist du nicht mehr zu genießen. Du denkst nur noch an dich... ob es mir dabei gut geht, ist dir egal...usw.
    Das hat mich doch geschockt und mir eine schlaflose Nacht bereitet.
    Trotzdem bin ich auf meinem Weg geblieben:
    Ich kann mich für das Wohlbefinden meines Mannes nicht verantwortlich fühlen, das muss er schon selbst tun. Wenn er Entscheidungen trifft, die er gar nicht allein treffen kann, muss er selbst sehen, wie er da wieder raus kommt.
    Kurz und gut: er hat den Kauf rückgängig gemacht.
    Ich müsste mich jetzt eigentlich freuen, kann es aber nicht, weil ich mir nicht mehr so sicher bin, ob ich vielleicht dickköpfig durch die Wand wollte,
    (Das wäre für mich ein nasses Verhalten) oder meinen gradlinien Weg weiter gegangen bin.
    Vielleicht hat der Eine oder Andere von euch ähnliche Erfahrungen gemacht.
    Gruß Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • Hallo sweety 15,
    auch ich musst mir immer wieder anhören,fang bloß das saufen wieder an,dann bist Du umgänglicher!

    Mag sein,da musste ich ja auch noch Trinken :wink:
    Aber ich bin nicht auf der Welt,um so zu sein,wie andere mich haben wollen :!:

    Früher habe ich zu allem und jeden ja gesagt,um meine Ruhe zu haben,und somit mein Saufen für mich zu legetimieren,heute muss ich das nicht mehr,und bin dankbar,daß es so ist,wie es ist!

    Heute versuche ich aber auch niemanden irgendwelche Entscheidungen aufzuzwingen,sondern teile meine eigene Sichtweise mit!

    Niemand,muss damit komform gehen,er/sie kann es sich anhören,und gegebenenfall's gleicher Ansicht sein,oder eben auch nicht!

    Jedoch händel ich das in meiner Partnerschaft so,daß wir uns beratschlagen,über eventuelle Anschaffungen,Reisen und so weiter und sofort,Wir stellen uns nicht vor vollendete Tatsachen,sondern bereden alles miteinander,denn Kommunikation,ist alles in der Beziehung!

    Es ist natürlich das A+O für dich trocken zu bleiben,und deinen Weg zu gehen,aber redet Ihr auch genug miteinander?Beziehe doch deinen Mann,einfach mehr ein,vlt fühlt er sich auch ein wenig machtlos Dir gegenüber?Du hast dein Selbstbewusstsein wieder,aber wie fühlt dein Mann sich?

    Zitat

    Seit du nicht mehr trinkst, bist du nicht mehr zu genießen. Du denkst nur noch an dich... ob es mir dabei gut geht, ist dir egal...usw.

    Wie sieht eure Kommunikation aus?Fühlt er sich zurückgesetzt?
    Zu einer Beziehung gehören ja bekanntlich immer 2 Menschen,nur sollte diese im Gleichgewicht sein,um harmonisch miteinander leben zu können.

    Frage ihn doch einfach mal wie er sich fühlt,und was ihn bewegt,unterhaltet euch,wenn's möglich ist,einfach mal Abend's ein kleines Blitzlicht machen?

    Gruß Andi

    Gruß Andi

  • servus sweety,

    1:1 wie bei mir vor ca. 2,5 Jahren. Wir mussten auch beide erst wieder eine Gesprächskultur lernen, und meine Frau tat (und tut) sich damit immer noch schwer.
    Aber: es wird von Jahr zu Jahr besser, nur Geduld!

    Und vor allem: Du machst nichts falsches dabei, es ist Dein gutes Recht, dass Du derartige Dinge im Vorfeld besprochen haben möchtest!

    LG
    spedi

  • Danke für eure Antworten.
    Jetzt habe ich doch mehr Sicherheit, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
    Unsere "Geprächskultur" ist schon besser geworden, seit ich nicht mehr trinke, aber wir müssen noch weiter daran arbeiten. Wir haben eben viel zu lange jeder unser eigenes Ding gemacht. Für Gemeinsames war da wenig Platz.
    Also werde ich meinen Mann fragen, ob er sich zurückgesetzt fühlt. Heute ist er noch auf Geschäftsreise, aber am Wochende ist er zu Hause.
    LG Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • guten Morgen sweety,

    ich denke schon, dass ein Alkoholiker der nicht mehr trinkt, sich verändert!

    Als mein Mann noch getrunken hat, hatten wir auch so gut wie keine Gemeinsamkeiten mehr!

    Jeder hat sein eigenes Süppchen gekocht (im wahrsten Sinne des Wortes), denn es gab nicht mal mehr gemeinsame Malzeiten!

    Jetzt, nachdem er fast 4 Monate trocken ist, hat sich das geändert!

    Er nimmt wieder an unserem Leben teil und ich muss vieles abgeben, was ich vorher ohne ihn erledigen musste!

    Das fällt mir nicht immer leicht, aber ich lerne, damit umzugehen!

    Und ganz wichtig sind die Gespräche! Weil, jeder muss lernen, den Anderen zu verstehen!

    Natürlich gibt es immer mal wieder Reibungspunkte, aber in einem Gespräch kann man das meiste bereinigen!

    Ich wünsche Dir, dass Ihr einen gemeinsamen Level findet und auch zusammen Deine "Trockenheit" genießen könnt!

    Lieben Gruß
    Speedy

  • Hallo,

    Hm ja, Gemeinsamkeiten gabs wirklich nicht mehr.

    Allerdings war ich heilfroh, dass ich wieder Verantwortung abgeben konnte und mein Mann bereit und in der Lage war, sie wieder anzunehmen.
    Ich käme nie auf die Idee, Dinge ohne Absprache zu kaufen, die den Wert von 70 EUR übersteigen.
    Ich muss dazu sagen, dass ich alleinverdienend bin und kaum zuhause. Dazu haben wir 4 Kinder und Hund und Katze.
    Die Zeiten, als ich das alles alleine regeln musste, waren ziemlich hart und aus dem Grund habe ich nach und nach Verantwortung abgegeben.
    Um die Kinder und die schulischen Belange kümmert er sich wieder, Haushalt so gut es geht auch (Frauen sehen das immer ein wenig anders als Männer, aber da kann man dann auch selbst den Lapen schwingen), Hund machen wir gemeinsam (2 x er, 2 x ich oder auch gemeinsam) und ich bin wirklich sehr stolz, dass ich keinen Ja-Sager mehr habe, sondern jemanden, der seine eigenen Meinung hat und argumentiert, mit dem ich diskutieren kann -ohne Schuldzuweisungen!

    Ich finde, du machst das genau richtig und lass dir nicht einreden, dass es besser war, als du trankst. Das war es vielleicht für deinen Mann, aber nicht für dich und zum Leben gehören nunmal unterschiedliche Sichtweisen - sonst wärs langweilig.

    Gruß
    Heike

  • Guten Morgen,
    zum Thema "Verantwortung abgeben":
    In meiner Saufzeit habe ich meinem Mann alle privaten Angelegenheiten (Geld, Banken, Vorsorge etc.) überlassen. Ich habe meinen Job gemacht und mich um die Kinder gekümmert. Für die praktischen Dinge im Haushalt hatte ich eine Haushaltshilfe.
    Seit ich trocken und im Ruhestand bin (2 J.), kümmere ich mich selbst um Haushalt und Garten.
    Daneben arbeite ich noch ehrenamtlich im sozialen Bereich.
    Mein Mann ist beruflich viel unterwegs, teilweise auch für längere Zeit im Ausland. Die Kinder sind erwachsen, wohnen aber in der Nähe.
    In den letzten 2 Jahren ist in Punkto Verantwortung übernehmen eine Menge passiert. Ich kümmere mich inzwischen um die Finanzen, regele Angelegenheiten mit Versicherungen und was da noch alles anfällt.
    Mein Mann hat mir diese Dinge gern überlassen, aber irgendwie muss er immer noch alles kontrollieren, ob ich das auch richtig gemacht habe.
    (Sind wohl noch Relikte aus der Vergangenheit - typisch Co?)
    Vielleicht war dieser Kauf im Alleingang ja auch ein Relikt aus der Vergangenheit? (Co's können ja auch in alte Verhaltensweisen zurückfallen)
    Ein sonniges Wochenende
    wünscht Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • Hallo,
    ich will mal kurz berichten, wie das Gespräch am Wochenende gelaufen ist:
    zum Glück hatten sich unsere Gemüter wieder beruhigt, so dass wir ruhig miteinander reden konnten.
    Fazit: ich weiß jetzt, wie mein Mann mich erlebt.
    Er hat das Gefühl, dass er gar nicht mehr gebraucht wird. Wenn er nach Hause kommt, gibt es nichts mehr für ihn zu tun, ich habe schon alles erledigt.
    Er meint, dass ich mit meiner Dynamik "alles platt" mache.
    Ich soll auch ihm Zeit geben, mit dem neuen Leben klar zu kommen.
    Zitat (sinngmäß): "Alkoholiker bekommen von überall fachkundige Hilfe, aber wir Angehörigen müssen allein zurecht kommen." "Trockene Alkoholiker denken nur an sich, wie es den Angehörigen dabei geht, ist ihnen wurscht."
    Der übereilte Kauf war eine Art Trotzreaktion: Jetzt bin ICH dran!
    Die Sichtweise über trockene Alkoholiker habe ich erst mal im Raum stehen gelassen.
    Über den Kauf konnten wir eine akzeptabele Lösung für uns beide finden.
    Wie denkt ihr über obige Zitate? Habt ihr Ähnliches zu hören bekommen?
    Ich bin jetzt ganz schön am Grübeln!
    Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • Hallo Sweety!
    Kann Deinen Mann nicht verstehen, dadurch das mein Mann ja nun anscheinend noch eine halbe Ewigkeit auf seine LZT warten muß, ist hier zu Hause auch alles picobello.
    Da habe ich nix mehr zu tun, außer Kleinigkeiten.

    Und DAS genieße ich, ist doch herrlich :lol: !
    Dafür habe ich doch Zeit, mich um meine Hobbys etc. zu kümmern.

    Ich finde nicht, das es keine Angebote und Hilfen für Angehörige gibt.
    Bei uns gibts SHG´s, Einzelgespräche oder hier das Forum, reicht das nicht??

    Liebe Grüße von
    Elfriede
    _______________________________________

    Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können sie neu aufziehen!

  • ...das ist wohl das Suhlen im bekannten Elend um ja nichts ändern zu müssen!

    Klar gibts für Angehörige nicht so viele Hilfsangebote wie für direkt Betroffene. Das ist aber auch logisch, weil der Angehörige sich auch notfalls selbst aus der Schlinge ziehen kann - der Kranke kanns nicht!

    Ich finde es sehr bequem von deinem Mann,solch eine Entscheidung von nicht unbeträchtlicher Tragweite mit einem " Nun bin ich mal dran" abzutun. Ganz klar: mit dem Kauf hat er Mist gebaut, aber dir den schwarzen Peter zuzuschieben ist natürlich einfacher....
    Wieso ist ihm langweilig?
    Hat er keine Hobbies?
    Kann er nichts mit sich selbst anfangen?
    Vielleicht sollte er mal daran arbeiten, anstatt sich in Selbstmitleid zu suhlen und nicht mal in Erwägung zu ziehen, dass er selbst etwas an seiner Situation ändert. Jeder ist für sich selbst verantwortlich und der Satz " Trockene Alkoholiker denken nur an sich und die anderen sind ihnen völlig egal" finde ich sehr pauschal....immerhin ist dein Mann in der Lage selbstverantwortlich zu handeln und da kommt dann wieder:

    Es gibt immer 2 Beteiligte, einer , ders macht, WEIL der andere es mit sich machen lässt.....
    Lass dich nicht verunsichern, du machst das schon genau richtig!

    Gruß
    Heike

  • Guten Morgen,
    danke Elfriede und Heike!
    "Selbstverantwortlich handeln", genau das mache ich jetzt und genau das ist es, was ich jetzt auch von meinem Mann erwarte.
    In seinem Beruf kann er den lästigen Kleinkram deligieren. Da hat er die nötigen Helferlein, die ihm den Rücken für die "wichtigen" Aufgaben freihalten.
    Das ist aber nicht das wahre Leben.
    Da muss sich jeder erstmal um die Gestaltung seines eigenen Lebens kümmern.
    Mein Mann tut sich sehr schwer damit. Zu Hause ist keiner, an den er deligieren kann. (D.h. nicht, dass ich nicht hilfsbereit bin).
    Mit mir muss er auf Augenhöhe kommunizieren. Das ist anstrengend.
    Vielleicht muss es ihm auch schlecht genug gehen, damit er bereit ist, sein Leben in die Hand zu nehmen.
    Gruß Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • Servus Sweety,

    kann es sein, dass Dein Mann sich über "Erfolg" definiert und ein klares "Alphatierchen" im Beruf ist?

    Wenn das so ist, dann wundert mich die Aussage und die "Kaufgrundlage" nicht, weil er dann als "Alphatierchen" seinen "Revieranspruch" quasi manifestieren musste.

    Er wird es lernen, dass sein Zuhause keine verlängerte Spielwiese des Unternehmens ist, und Du keine Angestellte/Befehlsempfängerin bist...auch wenn's manchmal dauert, bis "die Alphas" es begreifen und akzeptieren...

    LG
    Spedi

  • Danke Spedi,
    genau!!! Du triffst den Nagel auf den Kopf.
    Ich habe aber den Humor noch nicht verloren.
    Wir haben eine ziemlich großen Hund 10 Mon.(Rüde).
    Für den bin ich das "Alphatier". Er muss aber immer wieder austesten, wer der Boss ist.
    Sorry, aber ich musste eben ganz spontan an unseren Halbstarken denken.
    Du hast schon recht, Alphas lernen langsam, aber sie lernen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf.
    "Ausdauer" gehört zu meinen Stärken.
    Gruß Sweety

    Es ist keine Schande krank zu sein.
    Es ist aber eine Schande, nichts dagegen zu tun!

  • Zitat

    er dann als "Alphatierchen" seinen "Revieranspruch" quasi manifestieren musste.

    *pruuuuust*.....mir drängt sich da der Gedanke des Revier makierens auf.... :lol:

    Bleib ausdauernd, Sweety,....deligieren kann er in der Fa. - das muss er nun echt nicht zuhause ausleben :wink:

  • Servus Sweety,

    nur mit einem Unterschied: Deinen Halbstarken kannst kastrieren lassen, dann wird's leichter mit der Rangordnung...bei Deinem Mann würde ich davon dringend abraten, der Erfolg ist mangelhaft... :oops:

  • Hallo,
    wie schön, dass wir bei aller Ernsthaftigkeit auch noch blödeln können!
    Schönes Wochenende
    Sweety

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