Wie verhalte ich mich einem guten Freund gegenüber?

  • Hallo,

    Es geht nicht um mich, sondern um einen guten Freund, der zeitlebens Alkoholiker war. Seit seiner Scheidung (wegen seines Alkoholproblems) hat er sich uns (meinem Mann und mir) enger angeschlossen, besucht uns häufig, macht seine Einkäufe mit uns etc..
    Er hat immer wieder längere Abstinenzzeiten, auf die dann aber regelmäßig wieder Abstürze folgen (der letzte Absturz war ein Treppensturz mit Krankenhauseinlieferung , bei denen diverse Brüche im Gesicht behandelt werden mussten).

    Mein Problem ist: wie gehe ich damit um? Mein Mann und ich sind keine Alkoholiker. Trotzdem trinken wir gern mal ein Glas Wein zum Abendessen, mein Mann auch schon mal 2-3, gern auch ein paar Bier nach der Arbeit, aber nicht regelmäßig und wirklich in Maßen. Im Grunde denken wir, wir können nicht unser Verhalten wegen der Sucht unseres Freundes so grundlegend ändern, zumal mein Mann sein Gläschen Wein durchaus als Steigerung der Lebensqualität empfindet ( ich weiß, in diesem Forum klingt es wahrscheinlich zynisch).

    Jetzt habe ich ein großes Problem damit, unserem Freund dasselbe zu verwehren, wenn er bei uns ist. Wir haben natürlich über seine Sucht gesprochen, er bekennt sich als Alkoholiker, meint aber, er habe die Sache im Griff. Ich bin zwiegespalten, habe ein schlechtes Gewissen, wenn unser Freund bei uns trinkt, weil ich weiß, es geht dann zu Hause weiter. Andererseits ist er ein erwachsener Mensch, dem ich nicht sagen kann , was er zu tun und zu lassen hat. - Im übrigen geht es anderen Bekannten bei ihm ähnlich. Man ist ratlos.

    Ich habe schon der Rat bekommen, am besten den Kontakt abzubrechen. das möchten wir aber nicht, wir mögen ihn.Gerade deshalb beschäftigt mich das Problem.

    Liebe Grüße, sigial

  • Hi Sigial,

    das Du hier nach Rat fragst finde ich gut!
    Bin selber Betroffener und erst seit 1 Monat auf meinem trockenen weg ohne Alkohol.

    Wenn Du hier ein bisschen liest, dann wirst Du sehen wie gefährlich, heimtückisch und kompliziert diese Krankheit Alkoholissmus, wie stark die Sucht eines Alkoholikers ist und welche Folgen sie hat und haben kann.

    Wenn es wirklich Eur Freund ist , dann solltet Ihr an einem Abend wo er bei Euch ist wirklich definitiv nichts trinken . oder würdest Du in Anwesenheit eines
    lungenkranken Freundes Zigarre rauchen. Letzteres ist in der Regel nicht so gefährlich wie das trinken in enger direkter Gegenwart eines Alkoholikers.

    Es kann Euch als Nichtalkoholiker doch nicht so schwer fallen.

    Natürlich könnt Ihr nichts für dessen Krankheit, aber so wie Du schreibst ließt sich so ein bisschen wie: "Was hab ich damit zu tun ist er doch selber schuld!"

    Wäre es ein so großer Verzicht und ist es eine so große Lebensqualität , größer als Eure Freundschaft?

    Das andere Bekannte ihm die Freundschaft kündigen wollen, getan haben und Euch dazu raten, finde ich ehrlich gesagt schäbig. Es sei denn er belästigt sie und Euch. Helfen könnt Ihr ihm nicht, das muss er wohl selber entscheiden und machen.

    Aber wie wollt Ihr von einem Alkoholiker verlangen nichts mehr zu trinken, wenn Ihr es selber nicht wollt und vielleicht nicht schafft oder darüber sogar eine Freundschaft in Frage stellt, alleine über die Frage ob ihr in seiner Gegenwart trinken dürft oder nich?

    Hoffe Du bekommst das Geschrieben jetzt nicht in den falschen Hals. Es ist eine ehrliche Antwort von der Sichtweise eines Betroffenen. Und wie gesagt, finde es gut, dass Du den Weg hierhin gefunden hast , um diese Frage zu stellen, auch wenn meine Antwort vielleicht nicht der gewünschte Freispruch, oder eine Art Bewilligung zum Trinken in Gegenwart eines Alkoholikers ist.

    Lieben Gruß an Euch und lasst Euren Freund nicht fallen, es sei denn ihr geratet in eine Art Co-Abhängigkiet, da sind die Probleme allerdings andere, als die Frage, ob ihr in seiner Gegenwart trinken könnt.

    Gruß vom Falk

    Nichts im Leben ist so schlimm, als dass man nicht darüber reden könnte!

  • Hallo,
    ich finde auch, dass ihr der freundschaft zu Liebe und besonders der Gesundheit Eures Freundes zu Liebe nicht mit ihm trinken solltet.
    In den Phasen, wo er versucht trocken zu werden, die er wohl immer wieder hat, solltet ihr natürlcih auf keine Fall mit ihm trinken. Das fände ich richtig übel. Aber auch dann, wenn er trinkt würde ich es nciht machen. Man könnte ja denken, warum denn nicht, er trinkt dann ja sowieso. Aber es könnte schon sein, dass ihr ihm etwas positives vorleben könnt, nämlich ein Leben auch ohne Alkohol. Das ist es ja was er lernen muß. So seid ihr doch immerhin ein bißchen Vorbilder für ihn, zumal ihr ja gute Freunde seid. Sprecht doch ruhig mal offen mit eurem Freund darüber. Ihr braucht ihm ja nicht zu zeigen: Sieh her, WIR haben den Alkohol unter Kontrolle- das bringt ihn kein Stück weiter. Aber wenn er weiß, dass IHR bereit seid auf Alkohol zu verzichten und das auch könnt und tut ist es meiner Meinung nach schon was anderes.
    Vielleicht könnt ihr ihn ja auch mal dieses Forum vorstellen.

  • Hallo, Falk,

    danke für die schnelle Antwort. Du hast natürlich Recht mit deinen Argumenten, und ich wollte auch keinen Freispruch bekommen.

    Natürlich können wir darauf verzichten, Alkohol zu trinken, wenn unser Freund da ist. Aber er ist häufiger da, weiß genau , wo unsere Vorräte stehen, sagt dann zum Beispiel : Lass mich mal sehen, welchen Wein ihr dahabt, oder, gib mir doch mal ein Bier. Soll mich dann sagen: Nein, du bekommst nichts. ? Das finde ich sehr unhöflich, und eine solche Antwort fällt mir schwer.

    Auch lädt er uns manchmal zum Essen ein und hat natürlich auch Wein dazu gekauft. Er fährt mit uns zum Einkaufen, weil er kein Auto hat, und holt sich seinen Vorrat.

    Ich habe das Gefühl, selbst wenn ich nichts trinke in seiner Gegenwart, kann ich dennoch nichts bei ihm bewirken.

    Ich weiß, dass er nicht selber Schuld ist, dass der Alkoholismus eine schlimme Krankheit ist. Ich habe es bei meinem Vater erlebt, der Alkoholiker war und daran gestorben ist. Es ist sicher mein Problem, dass mich unser Freund sehr an meinen Vater erinnert. Möglicherweise ist das der Grund, warum mich unseren Freund so mag und warum ich ihn nicht auflaufen lassen möchte. aber das ist sicher nicht Thema des Forums, sondern mein Problem.

    Schöne Grüße,
    Sigial

  • Hi Sigal,

    na das ist ja anscheinend doch etwas komplexer und geht weiter als es Dein erster Beitrag vermuten ließ und vielleicht doch in der Richtung Co-Abhängikeit.

    Aber mein "Latein" ist da zuende, da ich damit nicht wirklich die richtigen Erfahrungen besitze.

    Aber Dir wird bestimmt schnell jemand mit den entsprechenden Erfahrungen antworten.

    Lieben Gruß vom Falk

    Nichts im Leben ist so schlimm, als dass man nicht darüber reden könnte!

  • hallo sigal!
    ihr unterstützt doch euren freund bei seiner sauferei,weil er ganz genau weiss, das er bei euch alkohol bekommt,wenn er danach verlangt. es ist schon richtig, das er für sein tun selbst verantwortung trägt, aber er ist dafür nicht stabil genug. wenn er wieder zu besuch kommen sollte so sage ihm doch, dass ihr euch freut wenn er kommt aber er bei euch keinen alk mehr bekommt. ich glaube, das er sich dann von euch verabschieden wird, da er von euch keine unterstützung mehr für seine sauferei hat.

    herzlichen gruss heinrich

    Der Mensch muss sich verändern wollen.
    Sonst ist jedes Bemühen sinnlos, jedes Wort zuviel und jede Anstrengung vergebens.

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