Angst fressen Seele auf

  • hallo ihr alle, nachdem ich mich vorgestellt habe, schreibe ich für den, der es lesen will, noch etwas über die Hintergründe meiner Sucht. Denn die beschränkt sich nicht nur auf den Alkohol.

    Wie bereits geschrieben, komme ich aus einer Familie, in der man nicht unbedingt kindgerecht behandelt wurde. Verbale Gewalt, ständige Demütigungen gehörten zum Alltag. Daraus resultierend habe ich schon als Kind schwere Ängste entwickelt: vor dem Versagen, soziale Ängste, überhaupt eigentlich vor allem. Habe mich so lange ich denken kann immer minderwertig gefühlt, schon als kleines Mädchen in der Grundschule.

    Später habe ich dann versucht mir die Ängste wegzuhungern und wurde magersüchtig. Getrunken habe ich parallel immer. Bin auch seit längerer Zeit wegen meiner Depressionen in Behandlung.

    Soweit. Klar, die Angst zuschütten ist nur begrenzt sinnvoll. Ich sehe mein Leben ganz klar und unbeschönigt. Und mit 32 Jahren sehe ich da nicht viel worauf ich stolz sein kann. Ich habe weder eine stabile Beziehung oder Ehe vorzuweisen, noch kann ich mich über den Job profilieren (habe zwar einen hohen IQ aber durch meine Ängste habe ich mir die Jobs immer kaputt gemacht und war letztes Jahr länger arbeitslos).

    Seit ich 12 bin, stecke ich eigentlic meine ganze Kraft nur in den selbsterhalt. Therapie hier, Antidepressivum da. Habe eine ganze Bibliothek an selbsthilfebüchern. Und klar, auch schon einiges erkannt und verändert.

    Trotzdem habe ich das schmerzende Gefühl, daß ich es in diesem Leben nicht mehr schaffen kann, glücklich zu werden. Weil einfach zuviel in mir kaputt ist? Das Urvertrauen, die Bindungsfähigkeit, die Fähigkeit zu lieben.
    Ich möchte nicht dass das als Selbstmitleid rüberkommt, so empfinde ich es nach all der harten arbeit. Es ist wie sysiphos, nur schlimmer.

    Auf der anderen Seite sehe ich hier menschen, die aus objektiv viel schlimmeren Situationen rausgefunden haben, Sinn gefunden haben, als sie erst einmal wieder klar sehen konnten. Das macht mir Mut.

    Trotzdem habe ich angst. Ich mache mir Vorwürfe dafür, daß ich alkoholkrank bin (wieso kann ich nicht eifnach so trinken wie "normale" menschen??). Ich habe das Gefühl, an zu vielen Fronten gleichzeitig zu kämpfen...an meinen Depressionen, meiner Existenz (habe mich selbständig gemacht), meinen Ängsten, dem Alkohol. Oder ist das in Wirklichkeit vielleicht doch nur eine Front?

    Sorry, wenn ich euch ein wenig zutexte, aber mir gehen sehr viele GEdanken durch den Kopf und ich fühle mich betrunkener und umnebelter als oft unter Alkohol.

    daß mein Arzt mir gesagt hat, ich wäre nicht körperlich abhängig, macht mir etwas Sorgen. Klingt komisch? ja. Ich möchte nicht, daß sich in mir die Einstellugn breitmacht: na so schlimm isset ja dann noch nicht. Ich weiß, daß die körperliche Abhängigkeit bald da wäre. Und das ich nach langjährigem Mißbrauch wirklich mehr Glück als Verstand hatte.

    soweit erstmal. Vielleicht hat ja jemand ein bißchen Perspektive für mich.
    danke
    lydia

  • Hallo Lydia,

    du möchtest doch ab jetzt ohne Alkohol leben, oder :?: .

    Dann spielt es doch keine Rolle ob du körperlich abhängig bist oder nicht.

    Sei froh daß du dir deine Gesundheit noch nicht ruiniert hast, das ist doch was :) .

    Zitat

    Ich habe das Gefühl, an zu vielen Fronten gleichzeitig zu kämpfen...an meinen Depressionen, meiner Existenz (habe mich selbständig gemacht), meinen Ängsten, dem Alkohol. Oder ist das in Wirklichkeit vielleicht doch nur eine Front?

    Warte mal ab wie sich das jetzt alles ohne Alkohol entwickelt, kann schon sein daß sich einiges von alleine klärt.

    LG Maddin

  • ja, maddin, möchte ich. Deswegen möchte ich ja nicht, dass dieses Wissen meinen Entschluß unterhöhlt.

    Komme übrigens aus der Nähe von FFM.

    Ja, darauf hoffe ich, daß es in einigen Wochen, Monaten vielleicht anders aussieht. Habe auch nächsten Monat noch eine Familienaufstellung. Mal kucken, was die so bei meinen festgebackenen Seelenknoten bewirkt.

    lydia

  • Hallo lydia,

    warum wir nicht "normal" trinken können, ist im Grunde uninteressant, es ändert ja nichts daran, das wir es nicht können. Und ist denn Alkoholtrinken überhaupt normal ? Ich denke: NEIN, Unser Körper braucht keinen Alkohol, um zu überleben, es ist nur eine chemische Droge, die uns abhängig gemacht hat.

    Eher sollte man nach den Gründen suchen,warum man trank. Aber auch das ist erst nach längerer Alkoholabstinenz möglich, da muß man schon ne ganze Weile trocken sein, ehe man sich an dieses Thema heranwagen sollte. Denn es könnte für einen selber sehr schmerzhaft werden, die Wahrheit zu sehen.
    Depressionen können übrigens im Zusammenhang mit unserer Krankheit stehen, ebenso Magersucht. War denn ein Elternteil bei Dir alkoholabhängig ? Kinder von Alkies neigen auch zu anderem zwanghaften Verhalten, wie halt auch zu Magersucht oder werden selber teilweise Alkies.
    Warte mal ab, wie Maddin auch schon sagte, was in dieser Richtung passiert bei Dir. Ich hatte am Ende oft Panikattacken und auch Depris, weil ich dachte, ich komme nie mehr raus aus der Sucht.

    Zitat

    Und mit 32 Jahren sehe ich da nicht viel worauf ich stolz sein kann. Ich habe weder eine stabile Beziehung oder Ehe vorzuweisen, noch kann ich mich über den Job profilieren (habe zwar einen hohen IQ aber durch meine Ängste habe ich mir die Jobs immer kaputt gemacht und war letztes Jahr länger arbeitslos).

    Du bist aber ERST 32, Du kannst noch sehr viel in Deinem Leben erreichen, evtl. nochmal den Beruf wechseln, einen lieben Partner finden und vielleicht sogar Kinder haben. Das alles aber wohl nur, wenn Du trocken bist. Ich war übrigens schon 40, als ich trocken wurde und konnte danach noch sehr viel erreichen und mein Leben in die Richtung verändern, in die ich es möchte. Tja, und an einem hohen IQ kann man wieder mal sehen, das unsere Krankheit auch vor Intelligenz nicht halt macht, Du bist nicht die einzig hochintelligente, die es getroffen hat. Deine Intelligenz wirst Du nüchtern sehr viel effektiver nutzen können, das ist schonmal sicher.

    Zitat

    Trotzdem habe ich das schmerzende Gefühl, daß ich es in diesem Leben nicht mehr schaffen kann, glücklich zu werden. Weil einfach zuviel in mir kaputt ist? Das Urvertrauen, die Bindungsfähigkeit, die Fähigkeit zu lieben.

    Das hab ich mal mal gedacht :( Bei mir ist zwar immer ein Urvertrauen vorhanden gewesen, aber ich habe vieles durch den Alk in mir zerstört. Und Alkoholismus macht ja auch irgendwie bindungsunfähig, würde ich mal sagen. Bzw. wem sollte man denn die Bindung zu einem Alkie zumuten? Das geht wohl dann von beiden Seiten aus. Mh, ich denke, nasse Alkoholiker sind nicht mehr in der Lage, in der Art zu lieben, wie es Nicht-Alkies können, ist aber nur meine persönliche Meinung.
    Trocken aber wird man evtl. viel intensiver lieben können. So war es zumindest bei mir, bei mir war meine Alkoholsucht, an der ich beinah gestorben wäre, eine Grenzerfahrung. Und ich denke, Menschen, die Grenzerfahrungen hinter sich haben, können sich an Kleinigkeiten mehr erfreuen und auch Liebe intensiver fühlen. Diese Erfahrung habe ich auch hier schon bei anderen oft gelesen.
    Es gibt also einiges, auf das Du Dich noch freuen kannst.

    Nun ja, Du warst halt lt. Aussage Deines Arztes noch nicht körperlich abhängig, wie er solche Diagnose stellen kann weiß ich zwar nicht genau, aber es ist auch nicht so wichtig. Die psychische Abhängigkeit kommt meiner Meinung nach vor der körperlichen, so war es jedenfalls bei mir und bei vielen anderen, wäre also nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Sei lieber froh, das Du noch keinen körperlichen Schaden genommen hast, ich und auch einige andere hier hatten dieses Glück nicht.
    Mach nun das beste draus, Du hast alle Chancen der Welt dazu und wir begleiten Dich sicher gern auf Deinem Weg in die Trockenheit.

    LG an Dich
    Lilly

  • Hallo Lydia,

    schönes Thema, „Angst fressen Seele auf“.

    Es ist wie Lilly sagt: nicht normal Alkohol zu trinken. Vielleicht ist es für viele nur normal, weil wir mit unnormalem Umfeld, Werbung und dem ganzen Blabla in unserer Birne aufwachsen, zugedröhnt werden und leben.

    Wenn Dein Arzt Dir diesen Freibrief ausgestellt hat, dann hüte ihn gut, halte ihn Dir immer vor Augen, eines Tages könnte er zum Passierschein auf die falsche Seite werden und nichts wert sein.

    Wenn ich heute ausgehe, mich mit Freunden treffe, mit Kunden esse und mit einer Handbewegung sage: für mich bitte nicht, ich bin Alkoholiker, dann werde ich manchmal dumm angesehen. Es ist ein wunderschönes Gefühl und gelegentlich habe ich auch schon einmal ein „ach“ oder ein „wie-, du nicht?“ eingeworfen, je nachdem wer mir wie auf den Zeiger ging.

    Wenn die Seele das Wichtigste in uns ist, wichtiger als Organe, unser Hirn, unser Herz, als die Liebe, dann sollten wir nach einem Weg suchen sie einfach mal baumeln zu lassen, vielleicht können wir zusehen wie sie wächst, lernen mit ihr umzugehen, sie zu fühlen, zu spüren. Heute empfinde ich das als das größte Geschenk überhaupt.

    Wie soll die Angst denn die Seele auffressen? Mit jeder Fressarttake wächst meine Seele heute. aber mit dem Seuchenkrams schütten wir sie nur zu.

    32 Jahre, Lydia, da ist Platz für 10 Kinder, mehrere Jobs in oberster Führungsschiene, einige Kerls und und und, wenn Du immer schön auf Deinen Freibrief achtest.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Liebe Lilly12, lieber Kaltblut,

    erstmal vielen Dank für eure aufmunternden Worte. fühle mich so leer momentan, daß ich alles in mich aufsauge wie ein schwamm.

    Lilly, ja, du hast recht. Jammern bringt da nicht weiter, nur Akzeptanz. Ich kenne einige Leute, die halt zum Essen mal ein Glas Wein trinken. Aber gut, ich kenne auch genügend Leute die ganz seriös so rumdümpeln wie ich (heute trink ich mal nix, ich muß fahren...und dann den ganzen Abend schlecht drauf sein und neidisch auf die Gläser kucken..)

    Das mit der Intelligenz sollte nicht arrogant rüberkommen. Im Gegenteil, es frustriert mich, zu sehen, wie sehr viel einfach gestricktere Leute ihr Leben im Griff haben, welche Jobs sie haben etc. und ich stelle mir halt ständig selbst die Beine. Zwanghafte Selbstsabotage, ich kuck von außen zu und habe das Gefühl nichts daran ändern zu können.

    Daß meine mangelnde Liebesfähigkeit evtl. durch abstinenz verbessert werden könnte...darüber habe ich nie nachgedacht. Ich bin immer davon ausgegangen, daß meine zwanghafte Abwehr mit meinen Erlebnissen als Kind zu tun hat.

    Aber klar, Alkohol bremst die emotionale Entwicklung zusätzlich. Ich fühle mich ohnehin oft wie ein kleines Kind, schwach und verletzlich, nach Wärme und Geborgenheit hungernd wie ein Verdurstender in der Wüste nach Wasser.

    Zitat von kaltblut


    Es ist ein wunderschönes Gefühl und gelegentlich habe ich auch schon einmal ein „ach“ oder ein „wie-, du nicht?“ eingeworfen, je nachdem wer mir wie auf den Zeiger ging.


    lach. das ist cool :D Den Mut habe ich noch nicht.

    Zitat von kaltblut


    Wenn die Seele das Wichtigste in uns ist, wichtiger als Organe, unser Hirn, unser Herz, als die Liebe, dann sollten wir nach einem Weg suchen sie einfach mal baumeln zu lassen, vielleicht können wir zusehen wie sie wächst, lernen mit ihr umzugehen, sie zu fühlen, zu spüren. Heute empfinde ich das als das größte Geschenk überhaupt.


    Ein schöner Satz. Nach diesem Weg suche ich, denn nach meinem Verständnis, können Angst und Entspannung nicht gleichzeitig existieren.
    Die Angst lähmt jegliches Wachstum, deswegen ist die Angst mein größter Feind im Kampf um die Wiedereinnahme des Regiestuhls in mir selbst.

    Zitat

    Wie soll die Angst denn die Seele auffressen? Mit jeder Fressarttake wächst meine Seele heute. aber mit dem Seuchenkrams schütten wir sie nur zu.


    verstehe ich nicht. Was verstehst du unter deiner Fressattacke?

    Zitat


    32 Jahre, Lydia, da ist Platz für 10 Kinder, mehrere Jobs in oberster Führungsschiene, einige Kerls und und und, wenn Du immer schön auf Deinen Freibrief achtest.

    hm. auch ein schöner Satz. Vielleicht muß ich wirklich meine Perspektive ändern. ich vergleiche mich zu viel und zu destruktiv mit anderen und verfalle dann in Selbsthass.

    Danke für euren lieben Worte. Ich habe großen Respekt, vor den Kämpfen, die ihr schon überlebt habt und ich bin froh, daß ihr eure Erfahrung so freimütig weitergebt.

    lydia (tag 9)

    LG kaltblut

  • achso, Lilly...ja, mein Vater war Alkoholiker, würde ich heute sagen. Ich habe ihn zwar selten betrunken gesehen, aber er hat jeden Abend vor der GLotze gesessen und sich zum Feierabend seine 1...2...3...4 Whiskeys gepflegt eingedrönt. Ich durfte sie ihm eingießen und bringen. Um uns gekümmert hat er sich natürlich nicht, wäre ja viel zu anstrengend gewesen.
    Auf Feiern hat er sich am Ende dann immer die Wassergläser halbvoll mit harten Sachen gegossen, Schnapsgläser nachschütten wäre zu umständlich gewesen...Wenn ich das so schreibe, wird mir recht klar, daß er krank war.

  • Hallo lydia,

    Jo, das sieht so aus, als hätte Dein Vater ein Alkproblem (gehabt). Schnaps aus Wassergläsern... sagt eigentlich schon alles.
    Und es ist ja auch so, wenn der Alk immer an erster Stelle steht, kann logischerweise alles andere nur an zweiter stehen, auch die Kinder. Sicher will man immer noch ein guter Elternteil sein, aber man kann es einfach nicht mehr, wenn man zu tief im Alksumpf steckt. Dann ist man krank und braucht Hilfe.
    Bei Kindern richtet Alkoholismus der Eltern fatale Schäden an, auch hier im CO-Kinder-Bereich immer wieder eindrücklich nachzulesen. Wenn Du da mal liest und evtl. mit Deiner eigenen damaligen Situation vergleichst, wirst Du Dich evtl. wieder erkennen.

    Ja, und ich denke, Alkoholismus schränkt die Liebesfähigkeit erheblich ein. Denn wir haben doch dann schon einen Partner, der uns versteht und immer tröstet und immer da ist und uns in Watte packt, wenn die Welt draussen so schlecht zu uns ist, und der heißt Alk. Der wirkliche Partner rückt immer mehr an zweite Stelle. So war es jedenfalls bei mir.
    Und Alkohol tötet nach und nach alle Gefühle, am Ende vegetiert man nur noch so vor sich hin. Er überdeckt ja alles und lässt uns immer mehr abstumpfen.

    Die meisten hier haben wohl festgestellt, daß das alles nach einer Weile der Abstinenz wieder kommt, manchmal auch mit einer Heftigkeit, die direkt Angst machen kann, weil man es so lange Zeit nicht mehr kannte. Aber auch wenn das anfangs Angst macht, bedeutet es doch nur: WIR LEBEN WIEDER.

    Und nöö, das mit der Intelligenz kam bei mir auch nicht arrogant an. Hier sind einige hochintelligente Menschen, das zeigt nur, das die Sucht stärker ist als alles andere, auch stärker als der Verstand. Sucht macht auch vor Intelligenz nicht halt, das meinte ich nur damit.

    LG an Dich
    Lilly

  • Hi lydia,

    Angst fressen Seele, eigentlich haben wir das doch alle in uns. Kampfsportler lernen die Energie des anderen aufzunehmen, zu nutzen, so wie die Gegensätzlichkeiten, Yin und Yang, Himmel und Erde (in Köln ist das aber was anderes), Ex und Hopp, danach bekloppt, ist so was ähnliches.

    Wenn die Angst keine Angst machen würde, sondern Mut, würde sie uns nicht lähmen, nicht saufend etwas verdrängen lassen, sondern stärken. Also müssten wir nur noch darauf achten, nicht übermütig zu werden. Das meinte ich mit Fressarttake, kommen lassen, Angst auffressen, nicht die Seele.

    Wie das geht? Keine Ahnung, einfach machen, aber frage meine Frau, sie ist wie Du, ihr könntet Schwestern sein, sie ist was älter, reifer, erfahrener, verständnisloser. Auch da hast Du viele Jahre Nachsprung es herauszufinden.

    Hätte mir Lilly das vor 1 Jahr gesagt, hätte ich was von Weiberkrams gedacht.

    „Trocken aber wird man evtl. viel intensiver lieben können. So war es zumindest bei mir, bei mir war meine Alkoholsucht, an der ich beinah gestorben wäre, eine Grenzerfahrung. Und ich denke, Menschen, die Grenzerfahrungen hinter sich haben, können sich an Kleinigkeiten mehr erfreuen und auch Liebe intensiver fühlen. Diese Erfahrung habe ich auch hier schon bei anderen oft gelesen.“

    Wenn ich ohne Kippen die Natur mehr wahrnehme, ohne Alk alles mehr wahrnehme was um mich herum und in mir passiert, dann ist die ultimative Droge keine Droge. Wenn ich mir vorstelle irgendwas rein zu ziehen um nichts wahrzunehmen, Schattenboxen OK, aber Schattenessen, Schattenküsse, Schattenliebe??

    Wenn Dich das was verwirrt, ich habe kein Problem damit den Titel „Irrer“ zu tragen, weil noch vor kurzen alle Nichtraucher und Nichttrinker für mich Teilirre waren.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Zitat von kaltblut

    Wie das geht? Keine Ahnung, einfach machen, aber frage meine Frau, sie ist wie Du, ihr könntet Schwestern sein, sie ist was älter, reifer, erfahrener, verständnisloser. Auch da hast Du viele Jahre Nachsprung es herauszufinden.
    LG kaltblut

    wieso, wie ist sie denn, deine Frau :)

    Ja, Lilly, was die Gefühle angeht, die fahren immer noch Karussel. Wobei ich heute wieder was leisten konnte und etwas positiver nach vorne kucken kann. Habe mir vorhin was nettes gekauft, Kosmetik und Blumen für meinen Laden und die Wohnung. Das sind Euro die ich mir sonst gern verkneife, aber ich will meiner Seele was Gutes tun.
    Habe auch wieder total Appetit auf gesunde Sachen, auch wenn ich insgesamt so ohne "Suffhunger" weniger esse und hoffentlich jetzt auch wieder die angesoffenen 5 kilo runterbekomme. Aber das ist zweitrangig.

    Vorhin beim Einkaufen habe ich ein kleines Mädchen gesehen, total hübsch und niedlich, ungefähr 5 oder 6. Ich habe noch überlegt, ob ich es ihrer Mutter sage, oder der Kleinen selbst. Da mußte ich dann schon fast wieder heulen, weil mir als Kind niemand gesagt hat, daß ichnett aussehe, es wurde vorausgesetzt daß das Selbstbild des Kindes sich von alleine aufbaut. Getan wurde nur kontraproduktives.
    Bin momentan so nah am Wasser gebaut...hoffe das läßt nach :D
    is ja echt peinlich...man reiche mir die Tränenamphore...

  • Hallo Lydia,

    Zitat

    Bin momentan so nah am Wasser gebaut...hoffe das läßt nach
    is ja echt peinlich...man reiche mir die Tränenamphore...

    es muß dir nicht peinlich sein, das geht vielen so.

    Zitat

    Ja, Lilly, was die Gefühle angeht, die fahren immer noch Karussel.

    Das ist doch normal. Wir sind doch nicht innerhalb einer Woche Alkoholiker geworden.

    Das hat längere Zeit gedauert und jetzt ohne Alk spüren wir eben unsere Gefühle.

    All das was durch den Alkohol unterdrückt wurde müssen wir jetzt ohne ertragen,

    aber ich finde das Leben ohne Alk hat viel mehr Vorteile wie Nachtele, wobei es eigentlich überhaupt keine Nachteile gibt.

    LG Maddin

  • ja, habe jetzt auch schon oft gelesen, dass es vielen so geht. Habe schon für nächste Woche eine Gruppe im Auge und freue mich auf den Austausch.

    hey maddin, du hast ja bald vierjährigen DOS! :D
    Toll!

    Das halbe Jahr in dem ich wieder getrunken habe bzw die 1,5 Jahre davor, trocken, habe ich eine Zeit lang als verloren angesehen...dáß ich jetzt wieder bei NULL anfange. Aber ihr habt recht, das stimmt nicht man macht da weiter, wo man aufgehört hatte. Und wie lange man schon sauber ist ist eigentlich auch wurscht. Hauptsache man bleibt heute trocken.

    ihr seht, ich bin durchaus lernfähig *braaaaaaaaveskind*

  • Hallo lydia,

    Jo, dat mit der Flennerei is normal, ging mir auch so und vielen anderen hier auch, vielleicht kommt es daher, das man wieder alles bewußt wahrnimmt und sich auch an Kleinigkeiten auf einmal wieder freuen kann. Wir haben uns sehr lange betäubt und müssen lernen, mit den Gefühlen erstmal wieder klar zu kommen.
    Und man darf doch ruhig weinen, so viel man will, is ja nich verboten.

    Und Du hast schon was ganz richtiges getan, Du hst Dich selber belohnt, und zwar diesmal nicht mit Alkohol, sondern mit etwas anderem, was Dir Freude macht. Wir müssen alle unser Belohnungssystem ändern. Belohnungen sind wichtig, kauf Dir ruhig irgendwas schönes, früher haben wir auch sehr viel Geld versoffen, das kannst Du nun ohne schlechtes Gewissen für was nettes ausgeben. Sei es ein schönes Buch, ne CD, ein duftendes Badeöl, eine leckere Teesorte hauptsache etwas, an dem Du Freude hast.

    Lieben Gruß an Dich
    Lilly

  • hallo lydia

    was deine kindheit angeht und das damit verbundene nicht vorhandenen selbstwertgefühl könnten wir glatt zwillinge sein. es ist mir anfangs sehr schwer gefallen meine wert zu finden bzw zu erkennen. ich finde aber grade das ist unheimlich wichtig um langfristig glücklich trocken zu leben.

    mir hat folgendes sehr geholfen. in einem esotherikbuch fand ich folgenden satz. "bevor du irgendwas oder irgendwen beherrscht, beherrsche erst einmal dich selbst." dazu gab es dann anleitungen sich selbst zu erkennen und anzunehmen so wie man ist, mit allen ecken und kanten.

    1. übung. besorge dir ein kleines büchlein das du in 2 hauptkategorien, am besten in der mitte, unterteilst. die eine heißt "was an mir schlecht ist" die andere "was an mir gut ist"
    dort schreibst du alles auf was dir dazu einfällt, bei mir war die negative ruck zuck gut gefüllt, während die positive fast leer blieb. ich habe dann freunde und bekannte gefragt was sie an mir schätzen, so wurde dann auch die kategorie dann langsam voller.

    2. übung unterteile die negativ kategorie nochmal in zu ändernde pukte und in zu akzeptierende punkte. in letztere gehörte bei mir zb. meine gebrochene wirbelsäule das ist nicht zu ändern damit muß ich leben lernen.
    die positive kategorie wird in zu verbessern bzw zu lernen und in gut wie es ist aufgeteilt.

    das büchlein ist natürlich nur für dich ganz allein und da hat keiner reinzugucken. so hast du dann schon eine liste von dingen die du systhemantisch abarbeiten kannst, ganz bewußt und nach deinem willen, wie lange das dauert bestimmst du, setz dich da aber nicht unter druck, mal gehts schneller mal dauerts länger. ist ja nicht jeder tag gleich gut.

    mir hat das sehr geholfen mich selbst zu erkennen und mich auch so anzunehmen wie ich bin, ich mache auch anderen zu liebe keine kompromisse mehr die mir weh tun. nur damit sich andere gut fühlen, wo bleib ich dabei. mein wahlspruch lautet "ich bin nicht auf der welt um zu sein wie andere mich gern hätten". es hat einige zeit gebraucht um das zu kapieren, ich denke da war ich so ungefähr 40, na und zu spät ist erst wenn sie dir den deckel über der nase zuschrauben.

    ich hoffe du kannst damit was anfangen.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • danke, doro. Ja so ähnliche übungen habe ich auch schon gemacht, verschiedene Listen geschrieben. Danke für den Tip, wenn ich es schaffe, probiere ich das mal.

    Heute nacht habe ich im Traum getrunken und war selbst im Traum davon total erschüttert. Bin schweißgebadet aufgewacht. Das Morgentief ist momentan grausam. Fühle mcih so furchtbar einsam udn hungere nach Wärme und Geborgenheit. Führe eine Fernbeziehung, er ist eigentlich nie da. Und wenn er da ist..naja, so wirklich 100% läuft die Beziehung auch nicht. Ich glaube das verdränge ich auch seit Jahren...wie so vieles.
    danke für eure unterstützung.
    lydia

  • Hallo lydia,

    wie meine Frau ist? Sie ist und bleibt eine klasse Frau, ein besonderer Mensch, liebenswert, beachtenswert, sie verdient Respekt und Achtung, daran ändern weder Suff, noch die gescheiterte Beziehung etwas, aber vor all dem ist sie „lebenswert“.

    Ansonsten ist sie 13 Jahre älter, hat 13 Jahre mehr Erfahrung im täglichen Abbau der Droge, hat 13 Jahre mehr Hirnzellen vernichtet und wird 13 Jahre länger brauchen das wieder zu richten als Du. Ich habe keine Ahnung ob das germanistisch jetzt ein Vorsprung, Nachsprung oder einfach nur ein zu kittender Sprung ist, der manchmal unsichtbar hält und manchmal immer tiefer wird. Erspar Dir diese 13 Jahre.

    Halt Dir einfach vor Augen, dass die Vorturner dieser Welt, schon immer gerne mit Mr. Walker um die Häuser gezogen sind, wobei ich mich jetzt frage, sind das dann Vorbilder oder Nachbilder oder einfache Abziehbilder.

    Wie auch immer, ich drücke Dir jetzt die Daumen und wünsche Dir jetzt auf Deinem Weg zu bleiben.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • hallo lydia

    wegen deiner albträume mach dir nicht zu viel gedanke, das ist eigentlich normal, passiert mir auch noch ab und zu mal, war am anfang häufiger. das wird auch bei dir weniger werden, nur ob und wenn wann das aufhört weiß ich nicht, bei mir kommt das so ungefähr ein mal im 3/4 bis 1 jahr vor. das ist zu ertragen.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • sehr lieb von dir, Dorothea. Ist immer ein Trost, wenn andere diese "Ausfallerscheinungen" kennen.

    In den letzten Tagen fällt mir so furchtbar auf, wie allgegenwärtig Alkohol ist: in der werbung, im Tatort gehen die KOmissare erstmal ein Bierchen zischen, oder auch zwei drei. War bei einem Seminar, am ende gab es jeden Tag ne Runde Prosecco. Eine DAme und ich haben jeden Tag abgelehnt und mußten uns dann anhören: mit euch kann man jar gar nix trinken. Mittlerweile habe ich das gefühl, daß 2/3 aller Leute um mic hherum ein Alkoholproblem haben.
    Schön gepflegt: Hier noch nen Prosecco, und hier noch nen trockenen Roten.
    Ich bekomme schon verfolgungswahn.
    Am donnerstag habe ich meine erste sitzung bei den AA, ich glaube es wird zeit.
    Das Forum bringt mir da keinen ERsatz, ich brauche den direkten Austausch.

    Am Mittwoch erstmal die bestattung meines Vaters. Drückt mir die Daumen. Ebenfalls am mittwoch: zwei wochen ohne.
    lydia

  • Hallo phoenix75,

    Zitat von phoenix75

    In den letzten Tagen fällt mir so furchtbar auf, wie allgegenwärtig Alkohol ist: in der werbung, im Tatort gehen die KOmissare erstmal ein Bierchen zischen, oder auch zwei drei. War bei einem Seminar, am ende gab es jeden Tag ne Runde Prosecco. Eine DAme und ich haben jeden Tag abgelehnt und mußten uns dann anhören: mit euch kann man jar gar nix trinken. Mittlerweile habe ich das gefühl, daß 2/3 aller Leute um mic hherum ein Alkoholproblem haben.
    Schön gepflegt: Hier noch nen Prosecco, und hier noch nen trockenen Roten.
    Ich bekomme schon verfolgungswahn.

    sehr interessant was du schreibst, mir ging es so ähnlich am Wochenende. Nur genau anders herum. Ich sah, ich schaute genauer hin wer trinkt und es waren einige dabei die keinen Alkohol tranken. Die auch laut sagten, NEIN DANKE ICH TRINKE KEINEN ALKOHOL.
    Dies war mir das erstemal bewusst aufgefallen das nicht alle trinken ( wie ich oft immer dachte)

    LG
    Elocin

  • hallo lydia

    mir gings am anfang meiner trockenheit genau so, ich hatte wirklich den eindruck um mich rum gibts nur alkis, hab jede werbung wo alk vorkam sehr bewußt wahrgenommen, das normalisiert sich im laufe der zeit aber wieder. einerseits wird es für einen selbst normal eben nicht zu trinken, adererseits ändert sich auch der bekanntenkreis, denn das was einen mit trinkern verband existiert nicht mehr. ich finde heute nichts öder als betrunkenen menschen bei ihrer dummen aufschneiderei oder ihrem selbstmitleid zuzuhören.

    du sagst dir fehlt der austausch, versteh das jetzt nicht falsch, aber warum bist du nicht öfter hier? du kannst hier auch eine menge hilfe bekommen, dazu mußt du aber etwas von dir schreiben, du mußt dich nicht schämen, wir sitzen alle im selben boot, deine gefühle, ängste, selbstzweifel, alles können wir verstehen, uns geht bzw ging es doch nicht anders. uns ist nichts fremd was mit unserer krankheit zu tun hat, und selbst wenn hier mal der ein oder andere nen harten ton anschlägt ist das nicht böse oder abwertend gemeint, manchmal ist es einfach nötig um jemanden wach zu rütteln. denn wir haben doch alle nur ein ziel, zufrieden trocken zu werden und auch zu bleiben.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

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