Hallo Eva!
Ich bin zwar selber noch nicht so lange in diesem Forum, möchte dir aber, falls es geht, etwas helfen.
Mein Vater trinkt seit 7 Jahren nachdem er über 15 Jahre trocken war, wieder. Ich weiß das seit 4 Wochen.
Mein Vater trank bis zu meinem 6 Lebensjahr, machte eine Entziehung und war dann viele, viele Jahre trocken. Dass er wieder angefangen hat, hat sicherlich damit zu tun, dass er seinen Job aufgeben musste (er lebte nur für seinen Job); kürzlich musste das Haus versteigert werden, dass er selbst gebaut hat (auch dafür lebte er mehr als für irgendetwas sonst). Mein Vater hat sich an beiden Dingen, Job und Haus, festgehalten, alles andere, auch die Familie, war nicht so wichtig. Körperlich schwach und seines "Lebenstraums" beraut, begann er zu trinken, es hat ihm den Boden unter den Füßen weggerissen.
Der Verlust des Ehepartners reißt einem Menschen den Boden unter den Füßen weg, Alkohol kann da ein "wunderbares" Polster des Vergessens und der Schmerzlinderung sein.
Was ihr beide, du und dein Vater (falls du zu ihm durchdringen kannst) dringend braucht ist eine Trauerbewältigungstherapie. Dein Vater braucht sie ganz sicher, ob er das einsieht, ist eine andere Frage.
Auch für dich ist es wichtig. Du bist ausgezogen, hast, entschuldige, wenn ich das so sage, deinen "Vater allein gelassen" (den Vorwurf: ich bin keine gute Tochter, ich bin Schuld, dass mein Vater trinkt, denn ich war mal ungehorsam, mache ich mir ständig) - Vorwürfe, die du dir nicht machen brauchst. Um dem Vorzubeugen und deine eigene Trauer um deine Mutter zu verarbeiten und sie nicht zu Schuldgefühlen gegenüber deinem Vater werden zu lassen, brauchstu du einen kompetenten Gesprächspartner - und wenn's nur zur Sicherheit ist.
Was ich aus eigener Erfahrung sagen kann: du kannst einen Alkoholiker, so schlimm es ist, nicht zu seinem Glück zwingen. Dein Vater muss einsehen, dass er ein Problem hat und Hilfe wollen. Und wenn er so weit ist, ist er vielleicht auch zugänglich für eine Psychotherapie, die ihm hilft, nach dem Tod deiner Mutter das Leben wieder anzunehmen - ohne alkoholischen "Weichspüler".
Ich wünsche Dir ganz, ganz viel Kraft und alles Gute!
Nicole