Meine Frage an das Forum

  • Hallo an alle,

    zuerst möchte ich mal sagen, das ich diesen Thread hier äußerst interessant und auch produktiv finde. Wäre dem nicht so, würden hier wohl auch nicht 30, teilweise äußerst ausführliche Antworten stehen. Ich denke, dass es hier mittlerweile nicht nur um terwaras spezifische Frage geht, sondern eigentlich allgemein um die Frage, welche Langzeitangebote die Gesellschaft Alkoholikern machen kann und machen soll - und welche nicht.

    Nach dem bisherigen Diskussionsverlauf hier - und den recht einhelligen Antworten der Betroffenen (unter teils besonderer Berücksichtigung ihrer eigenen Biographie) bekomme ich den Eindruck, das viele Hilfsangebote zwar gut gemeint sind, im Endeffekt aber auch höchst missbrauchsanfällig. Um es klar zu sagen: Alkoholiker werden in ihrem Lari-fari-Stil, indem sie von einem Rückfall in den nächsten stolpern, durch ein professionelles Umfeld gestützt und sogar bestätigt. Bestätigt insofern, als sich durch die Rückfälle an diesem Umfeld und für dieses Umfeld selbst nichts ändert. Niemand ist enttäuscht, Hilfen werden genauso aufrechterhalten wie vor den Rückfällen.

    Kann das richtig sein? Hier im Forum ist oft (eigentlich ständig) die Rede vom "persönlichen Tiefpunkt" die Rede, die notwendig war, um eine Entscheidung FÜR die dauerhafte Abstinenz zu erreichen. Diesen persönlichen Tiefpunkt haben viele erst aber erreicht, weil ihr Umfeld eben nicht mehr mitgespielt hat! Nur dadurch konnte sich im festgefahrenen, selbstmitleidigen Verhalten des nassen Alkoholikers etwas ändern.

    Was bringen also Hilfen für Alkoholiker, die nicht ernsthaft trocken werden wollen?

    Letztens habe ich von einem Projekt eine großen deutschen Stiftung gelesen, die eine betreute Wohngruppe betreibt für "Alkoholiker mit fehlendem Abstinenzwillen". Ist sowas sinnvoll?

    Auf eine weitere Diskussion hier freut sich,

    nebst Gruß,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Das ist ein verdammt schwieriges Thema, was du da aufwirfst. Irgendwie begreifst du schon, dass Alkoholiker einfach anders ticken. Du kannst versuchen, dich in sie hineinzuversetzen, aber ich denke nicht, dass du es letztendlich verstehen kannst, weil du kein Alkoholiker bist. Aber ich finde deine Fragen gut, weil du sie in deinem Beruf verwerten willst.

    Wie schon vor erwähnt, kommt ein Rückfall nicht so mir nichts, dir nichts, sondern er baut sich langsam auf. Das ist einer der Gründe, warum ich zu einer realen SHG gehe. Alkoholiker sind ganz sensibel in diesem Bereich und sie kriegen es mit, wenn mein Denken eine schiefe Bahn einnimmt und machen mich darauf aufmerksam.

    Ich glaube nicht, dass ein Nichtalkoholiker das im Vorfeld mitkriegt. Geht, glaube ich nicht, weil die Sauferfahrung fehlt. Hinzu kommt, dass Alkoholiker 3 mal chemisch gereinigt sind. Das heißt, sie kennen alle Tücken und Schleichwege um es vor der Außenwelt zu kaschieren. Alles was mit der Sucht zusammenhängt und gelebt werden will, wird sehr gekonnt verschleiert. Da ist es für einen Außenstehenden ganz schwer so richtig dahinter zu blicken.

    Wenn ich wieder Saufen möchte, hat sich in mir schon sehr viel abgespielt, ist eine Entwicklung (zum Negativen) abgelaufen. Wenn ich dann mein erstes Glas nehme, würde ich mich an niemanden mehr wenden. Es ist deshalb wichtig, diesen Prozess im Vorfeld zu erkennen.

    Ich habe gesoffen, weil meine Gefühle nicht stimmten, weil ich Langeweile hatte oder weil ich mich belohnen wollte. Es gibt 1000 Gründe zum Saufen und es kommen mit der Zeit immer mehr dazu.

    Aber ursächlich denke ich, dass es Gefühle waren, die ich nicht aushalten konnte oder wollte.

    Hilfe würde ich mir insofern wünschen, dass ich mit diesen Grundgefühlen arbeiten kann, also eigentlich Psychotherapie. Aber nicht jeder bekommt sowas. Also versuche ich selber damit zu arbeiten und natürlich ist es schön, wenn Menschen da sind, die einen auf diesem Weg unterstützen. Dies ist mein Weg und ich weiß nicht wie er für andere aussieht.

    In meiner SHG heißt es zum einen, nicht jeder wird genesen. Habe ich selber oft genug erlebt, die sogenannten Drehtürpatienten. Solche die mittlerweile jahrzehnte rumkrebsen und doch nicht die Kurve kriegen.

    auch heißt es, ich kann niemanden trocken legen. Vll. kann ich unterstützend wirken, aber ich spüre auch ganz schnell als Alkoholiker, wo jemand noch nicht die Kurve kriegt.

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