Ein Ende ist immer ein neuer Anfang?

  • Hallo,
    ich habe beschlossen, ein neues Thema aufzumachen, weil es irgendwie ein neues Kapitel ist.

    Wie ich schon in einem Thread erwähnte ist meine Mutter gestorben. Sie ist im Suff gestürzt. Ich wusste, dass sich nie was ändern würde, und obwohl ich traurig bin, ist es eine gewisse Befreiung. Ca. 20 Jahre hatte ich Angst um sie!

    Im Sommer änderte sich alles. Mein Vater hatte einen schweren Unfall und schwebte in Lebensgefahr. Da merkte man schon, dass meine Mutter der Situation nicht annähernd gewachsen war. Riefen sie Verwandte an, legte sie auf. Sie konnte kaum etwas erledigen. Sie war total überfordert. Ging auch nicht mehr arbeiten. Da ich von weitem meinen Vater besucht habe - unser Verhältnis war nie gut - habe ich dann auch endlich wieder meine Geschwister alleine getroffen. Wir hatten das erste Mal seit -zig Jahren ein offenes Gespräch. Sie wussten einfach nicht weiter, die Mutter würde nichts mehr hinkriegen. Selbst als unser Vater aus dem Koma aufwachte, erzählte sie jedem dass es ihm schlechter ginge. Jedenfalls schoss ich los, was sie sich denn denken würden: Unsere Mutter ist schwere Alkoholikerin, die zwar immer noch den Schein wahren kann, aber das kann man doch nicht übersehen! Erst dann klickte es, und sie meinten, stimmt, du hast Recht! War für mich so klar, das versuchte ich doch immer zu sagen, aber warum glaubte mir keiner?
    Jedenfalls ging es unserem Vater wieder besser. Er konnte wieder sprechen und meine Mutter zusammen scheissen und klein halten wie er es immer tat. Am letzten Tag passierte es auch. Ich war zufällig da, weil ich mir in dieser Situation mehr als sonst Sorgen machte (nicht aktiv, ich hatte nur grundsätzlich Angst, Verantwortung übernahm ich längst nicht mehr). EIgentlich wohne ich ja im Ausland. Jedenfalls verabschiedete ich mich von meiner Mutter herzlich!
    Dafür bin ich total dankbar!!
    Nachts bekam ich einen Anruf von meinem Bruder.
    Unsere Mutter ist gestürzt, und es besteht keine Hoffnung mehr.
    Ich war noch in Deutschland und raste natürlich hin.
    Über diese schreckliche Nacht will ich aber jetzt nicht reden.
    Jedenfalls haben wir also jetzt einen schwerkranken Vater und eine tote Mutter.
    Unser Vater war sehr traurig und lieb zu uns. Für uns eine ganz neue Erfahrung, da er uns in der Kindheit tyrannisiert hat. 1. nur geschrien und 2. nur das Nötigste gekauft und für sich in Saus und Braus gelebt. Unsere Mutter klein gehalten.

    Wir also wie immer gehofft, dass sich was ändern würde und haben uns lieb um ihn gekümmert. Ich habe einen sehr lieben Arbeitgeber, der mich erstmal freistellte. Tja, die Ernüchterung kam ziemlich schnell. Ersteinmal schlich sich seine Art so schnell bei uns ein, dass wir erstmal gar nicht merkten, wie er uns einlullte. War etwas nicht erledigt, fing er an zu motzen. Wir haben die Beerdigung alleine geregelt, viel organisieren müssen, aber er hat uns nie gefragt, wie es uns erging, wer da war. Wir dachten auch an Schock oder sonstwas, aber so war er immer. Vor allem, als er die Krankenschwester so schikanierte, dass sie Tränen in den Augen hatte! Er hatte uns fast so weit wie unsere Mutter, die sich alles gefallen liess. Es klingt böse, aber warum stirbt sie?
    Sie war zwar Alkoholikerin, und sie hätte ihn verlassen können, aber sie war ein herzensguter Mensch und nie egoistisch? (Ausser beim Alkohol, aber das schiebe ich auf die Krankheit).
    So, wir dachten also an einen Neuanfang mit unserem Vater, aber nach dem Rumkommandieren an einem Tag wachten wir wieder auf. Jeden Tag Besuch auf keinen Fall. Aber wie weiter gehen?
    Wir sprachen sogar mit der Psychologin, da wir zwischen Zorn- , Mitleid, und Vater-Kind-Gefühl hin- und hergerissen waren. Uns half das sehr, und so sind nur noch Besuche einmal die Woche angesagt. Komischerweise habe ich beim letzten Mal geheult, weil ich sagte, ich kann erst in ner Woche wieder kommen.

    Mein Vater ist auch Alkoholiker, allerdings viel stärker als meine Mutter es war. Er ist eher der gesellige Trinker. Na ja, seit 3 Monaten nicht mehr - seit dem Unfall. Da er noch angeschlagen ist, wollen wir noch warten, aber wir wollen ihm auf jeden Fall ins Gesicht nochmal resumieren wie beschissen unsere Kindheit war und dass er nicht viel Gegenliebe erwarten kann, weil einfach nie Liebe von seiner Seite kam.
    Andererseits tut es mir so leid, es ist bestimmt furchtbar, so lange im Krankenhaus zu sein und nicht mal auf die Beerdigung seiner Frau sein zu können.

    Unser Vater ignoriert nämlich jetzt noch alles. Er stritt die Akoholprobleme immer ab und sagt heute noch, seine Frau muss einen Schlaganfall gehabt haben. Und er sagt immer so zwischendrin schoene Familien-Erlebnisse von früher, die nie statt gefunden haben.
    Ja, und das Komischste überhaupt. Ich war die Einzige, die nie verdrängt hat. Als wir die Grabrede schrieben, kamen wir auf negative Erlebnisse.
    Es war eine Art Aufarbeitung. Meine Geschwister hatten die Erlebnisse so verdrängt, dass sie im Alltag nicht daran dachten. Mein Bruder hat nie jemanden davon erzählt, weil er nichts mehr wusste!! Ich allerdings schon, aber wenn ich was sagte, dann wurde es einfach nicht geglaubt oder verharmlost. Tja, keine Ahnung.

    Eine gute Sache hat das Ganze, wir sind wieder zusammen gewachsen, und wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, denn diese hatten sie ganze Zeit trotzdem.

    Wir erwarten nichts von unserem Vater, die Kindheitserinnerungen klar zu machen, aber ich weiss nicht, wie es weiter gehen wird.
    Ach so, unser Vater meinte ja noch in seiner lieben Phase, dass das ja mit dem Erbe klar ist, dass er alles bekommt. Wir brav genickt und voller Trauer. Als einer von uns auf der Bank war, kamen sie ins Gespraech, der uns erstaunt anguckte, da das gar nicht stimmt. Unser Vater war die ersten Tage schon so egoistisch, dass er sowas sagen und nicht mal in Frage stellen konnte! Ich finde das so unglaublich. Da geht s mir nur ums Prinzip, und seine tollen Status-Symbole will ich ihm gar nicht wegnehmen. Von denen hat er sowieso immer mehr Fotos gemacht als von uns.

    Ich habe soviel geschrieben, aber vielleicht erkennt sich ja jemand wieder und kann mir sagen, was er in dem Fall gemacht hat.
    Danke fuers Lesen..

    Nadinsche :cry:

  • hallo nadinsche

    oh weh, das hört sich alles ganz schön übel an. laß dich erstmal virtuell drücken!

    das mit deiner mutter tut mir leid, ich werte es etz als positives zeichen, dass du (anscheinend) nichts beschönigst sondern das auch im gewissen maße als befreiung für dich siehst. und wofür du auch dankbar bist, ich finde es auch schön, dass ihr nicht im schlechten auseinander gegangen seit!

    Zitat

    Komischerweise habe ich beim letzten Mal geheult, weil ich sagte, ich kann erst in ner Woche wieder kommen.


    damit meinst du, dass du deinen vater erst in einer woche wieder besuchst oder versteh ich das etz falsch?

    ehrlich gesagt, weiß ich etz net so genau in bezug auf was du genau rat suchst? ganz allgemein, ob du noch kontakt zu deinem vater halten sollst oder so was?

    liebe grüße

  • Ja, genau.
    Na ja, und darüber reden tut auch gut :)
    Als meine Mutter noch lebte und hm mitten im Leben stand, dachte ich immer: Wenn sie es schafft, sich von meinem Vater zu trennen, kann ich mit ihm endlich den Kontakt abbrechen. Telefoniert oder uns direkt getroffen haben wir nie, wenn dann war er dabei.
    Die Situation ist jetzt aber eine andere. Ich habe sonst niemanden mehr, und dem Vater geht’s schlecht, liegt so im Krankenhaus, dass er nicht aufstehen kann. Kümmert man sich dann um ihn?

    Na ja, wir versuchen es jetzt so zu erklären, dass wir nie Liebe vom Vater bekommen haben und ihr jetzt hinterherrennen. Aber uns ist klar, er wird sich nicht ändern.
    Am liebsten wäre mir, er wäre gesund und würde sein Leben leben. Aber so fühle ich mich schlecht. Ich habe auch nicht die Liebe, ihm beizustehen. Es ist eher das Verantwortungsgefühl und wohl die Sehnsucht nach Familie in der schweren Zeit, obwohl ich mich früher schon damit abgefunden habe, dass es keine Familie (mehr) gibt.

    Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass er selbst eher egoistisch redet. Er würde sowieso nicht in unserer Nähe bleiben wollen, sondern ins Ausland gehen (hat er schon gemacht, als wir klein waren). Er würde das grosse Haus mit Haushälterin und Gärtner behalten. Na ja, so redet er daher...Als wir meinten, wir hätten jetzt wenigstens gerne einen Opa für die zukünftigen Kinder, sagte er, er wird kein typischer Opa. Wie er uns auszahlen könnte, daran denkt er wohl auch keinen Moment.

    Wenn das Verhältnis nie so gut war und der andere Elternteil stirbt, wie geht man dann in Zukunft mit diesem Elternteil um? Gerade wenn dieser krank ist. Hoffe, das ist jetzt klarer.

    Abzuwarten wäre noch das Verhältnis zum Trinken, wenn er raus kommt. Dann wäre für mich klar: Kein Kontakt.

  • hey nadinsche

    ok, etz sehe ich etwas klarer :lol:

    dafür möchte ich etz etwas ausschweifen (hoff das is ok)
    weißt du, meine mutter trinkt zwar, aber ich bin mir sicher, dass ich (und meine geschwister) ihr viel bedeuten, sogar sehr viel. der alkohol is nur stärker, dennoch - wir sind ihr alles andere als egal.

    und das is etz etwas, wo ich aus deinen beiträgen heraus nicht gerade von deinem vater sagen kann. eher das gegenteil - es macht ihn wohl glücklich dich und deine geschwister unglücklich zu sehn.

    letztendlich liegt es an dir ob du ihm helfen willst oder net!

    wenn es nur aus dem verantwortungsgefühl heraus is, würde ich sagen, tu es nicht!

    klar ham wir kinder unseren eltern gegenüber ne verantwortung wenn sie krank sind wie etz dein vater, aber dein vater hatte auch ne verantwortung dir gegenüber - nämlich vater sein!
    und diese verantwortung hat er in keiner weise erfüllt. naja eigentlich sollte das ja keine verantwortung sein, das hört sich irgendwie negativ an, man sollte für seine kinder da sein, einfach aus dem grund weil man es gerne macht und man sie liebt!

    wie gehts dir denn eigentlich?

    liebe grüße

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