Hallo,
nach längerer Zeit melde ich mich zurück. Wenn ich meine Einträge von Ende letzten Jahres lese dann kommen mir die Tränen. Was habe ich nicht alles kontrolliert und wurde immer unsicherer. Dann die Erkenntnis, dass ich genauso abhängig bin wie er. Die Co-Abhängigkeit wurde mir richtig bewusst. Und nun?
Ich wusste, dass ich ihn nicht ändern kann und nichts daran tun, dass er aufhört mit dem Trinken. Eher gehe ich mit unter. Darum bat ich ihn zu gehen. Es war ein langer Prozeß und bis ich diese Worte aussprechen konnte -- aber es ging dann. Die Wut war wohl groß genug geworden. Die Wut auf alle Lügen und nicht eingehaltene Versprechungen. Naja, ich bat ihn nicht ... ich schleuderte ihm entgegen, dass es vorbei ist. Das Wochenende war schlimm und ich war so froh, als er am Montag wieder beruflich unterwegs war. Abstand und bloß nicht an das kommende Wochenende denken, falls er zuhause ist. Und hoffen, dass er schnell eine Wohnung findet. Aber dann kam alles anders.
In der Woche kam er Hals über Kopf ins Krankenhaus, mit Blaulicht. Verdacht auf Schlaganfall. Ein Kollege informierte mich, ich war geschockt und gleich kam das schlechte Gewissen hoch. Typisch Co ;-).
Zufälligerweise passierte das in unserer Heimatstadt und ich brachte ihm seine Sachen ins Krankenhaus, wartete mit ihm auf die Ergebnisse der Untersuchungen. Der erste Verdacht bestätigte sich nicht. Trotzdem war es nicht gut. Er lag wochenlang in der Klinik und ich "funktionierte". Besuchte ihn, brachte ihm dieses und jenes und er sprach zum ersten Mal, dass er nicht mehr trinken wolle. Gut, dieses hatte ich schon vorher einige Male gehört. Dieses Mal sprach er ganz anders darüber. Ganz offen, dass ihm der Alk wichtiger gewesen war als ich. Das tat weh. Obwohl ich das ja oft vermutet hatte, dass es ihm wichtiger war, seine Bierdose bei sich zu haben. Aber das zu hören war schon was anderes.
Er kam nach dem Klinikaufenthalt natürlich wieder nach hause. Ich gab ihm keine Woche ohne Alk. Aber da hatte ich mich getäuscht. Er ist seit vielen Wochen trocken. Sagt, es geht ihm ohne viel besser. Und dass ich jetzt den Mann bekommen würde, den ich schon immer wollte.
Aber was habe ich jetzt für einen Mann? Gut, diese totale Lustlosigkeit und dieses hängenlassen in der Freizeit ist nicht mehr ganz so schlimm. Aber Fernseher und Co. sind immer noch sehr wichtig. Das hatte ich als Folge des Alkohols gesehen. Aber es ist wohl doch seine "normale" Eigenschaft. Auch die nichteingehaltenen Versprechen gibt es nach wie vor. Irgendwie ist das nicht der Mann, den ich wollte. Und für ihn heisst es jetzt, dass ich eben immer was zu meckern hätte. Wenn es nicht der Alkohol wäre dann eben was anderes.
Seine "Geständnisse", wie es ihm in der Zeit ging, das geht mir alles so nah. Und ich merke, dass ich wirklich nur die Spitze des Eisberges gesehen habe. Da habe ich kontrolliert wie ein Weltmeister und die Dosen gezählt und jetzt erzählt er mir, dass er in Wirklichkeit viel mehr gesoffen hat. Das schockt mich total! Ihm ging es total schlecht und doch stritt er immer wieder alles ab, von wegen Probleme mit Alk. Er doch nicht! So langsam verstehe ich, dass viele Cos auch nach dem trocken werden des Partners eine Therapie brauchen. Und ich weiß jetzt gar nicht mehr, ob meine Liebe noch da ist. Ich dachte, sie kommt wieder weil er ja nicht mehr trinkt. Aber ich merke nicht, dass was wieder kommt. Zumal er jetzt, ohne Alk, noch weniger Nähe zu mir möchte als vorher. Damit komme ich nicht klar, denn für mich ist kuscheln sehr wichtig. Er wiederum wirft mir vor, dass ich ihn nicht unterstütze und ihn lobe, dass er ja schon .... Wochen ohne Bier auskommt.
Er ist nun wieder arbeiten und der Gedanke, ob er nun wieder was trinkt, wenn er die ganze Woche weg ist, kommt mir zwar. Aber er macht mir keine Angst. Verhindern kann ich es sowieso nicht. Und sollte er noch jemals einen Schluck Bier trinken, dann würde ich ihn zum Teufel jagen. Aber der Gedanke, dass ich nur einen Anlass suche, um diese Beziehung zu beenden, kommt mir auch. Kann es sein, dass seine Trinkerei meine ganze Liebe zerstört hat? Wie sind andere nach der Entziehung miteinander umgegangen? Ich muss dazu noch sagen, dass er den Entzug im Krankenhaus gemacht hat, halt weil er wegen einer anderen Sache in Behandlung war, und danach aber auch keine weiteren Schritte unternommen hat, z.B. in eine Gruppe zu gehen. Er meint, er bräuchte das nicht. Er wäre schon mal jahrelang trocken gewesen ohne Gruppe und einfach so für sich.
Komisch, da dachte ich immer, alle Probleme wären vorbei, wenn nur endlich diese Sucht aufhört. Und nun? Geht es doch weiter, nur anders.
Grüße von Blumenwiese