Beiträge von clara nocte

    Hallo Borderlolli,

    Ich habe ein wenig hin und her überlegt, dir zu antworten, und tue es nun, indem ich mich Linde zuerst einmal ganz deutlich anschließe: du solltest dringend mit (d)einem Therapeuten über deine jetzige Situation sprechen. Auch bei einer Suchtberatungsstelle kannst du Hilfe erhalten, sowohl was deine Position als Partnerin eines Alkoholikers anbelangt, als auch bezüglich deines eigenen Konsums, der ja, wie du schreibst, momentan nicht vorhanden ist, was sich aber durchaus ändern kann.

    Ich gebe dir auch den Rat: Lies viel hier im Forum, lies in den Bereichen für Alkoholiker, und eben auch hier bei den Angehörigen, du wirst feststellen, dass viele Geschichten, vorallem bei den Co-Abhängigen, sich sehr ähneln.
    Ich selbst habe lange Zeit ein völlig verqueres Bild davon gehabt, was es bedeutet, co-abhängig zu sein, und bin erst nach und nach darauf gekommen, dass diese Strukturen durchaus bei mir vorhanden waren - auch wenn ich ebenso wie du gesagt habe: Ich weiß, dass ich kaum etwas tun kann.

    Ich bin selbst Borderlinerin, und auch trockene Alkoholikerin. Ich war in nahezu der selben Situation wie du, mit dem einzigen Unterschied, dass ich 24, und nicht 21 war, als meine Beziehung zu einem ebenfalls 50-jährigen Alkoholiker begann.
    Ich bin die Beziehung eingegangen, weil ich damals nicht in der Lage war, zwischen meiner Persönlichkeitsstörung, meinem eigenen Alkoholismus und der Neigung, destruktive Beziehungen zu ebenfalls Alkoholabhängigen einzugehen, differenzieren konnte. Natürlich sind dies Aspekte der BPS, aber ich wünschte mir im Nachhinein, ich hätte mein ohnehin chaotisches Leben nicht durch diese Beziehung an den Rand des Aushaltbaren gebracht.

    Wie kommt es denn, dass du erst jetzt weißt, dass er Alkoholiker ist? Hat er es bisher verheimlicht oder bist du erst jetzt darauf gekommen, dass sein Konsum, so wie er ist, problematisch ist?

    Ich tue mich ein bisschen schwer, dir die Ratschläge zu geben, die eigentlich auf der Hand liegen. Du sagst selbst, du hältst die Situation so nicht mehr aus. Du kannst ihm seine Entscheidung nicht abnehmen, sie nicht für ihn treffen. Nur er kann an seinem Leben etwas ändern.
    Genau wie auch du nur für dich entscheiden kannst, was du aushalten willst.
    Ich bin nach dem Ende meiner Beziehung sehr an den aus der Trennung resultierenden Einsichten gewachsen, weil ich vielleicht zum ersten Mal überhaupt für mich selbst bestimmen konnte, wie weit meine Kraft reicht, und wie ich mich abgrenzen kann, dass ich auf mich selber achten muss.

    LG
    Clara

    Hallo Linde,

    puuh, da bin ich aber froh, das jetzt gesehen zu haben, dass du das Thema abgetrennt hast. passt ja auch besser. Habe aber ungelogen eine viertelstunde überlegt, ob ich wirklich das Zahnarztthema gestartet habe und warum ich mich nicht daran erinnere. Früher hätte es ja Gründe gegeben, aber nun.. Hab schon richtig an meinem Verstand gezweifelt.

    Ein schönes Wochenende,
    Clara

    Hallo Susanne,

    Zitat


    Ich musste ,als ich aus diesem System ausgestiegen war,sortieren,um genau bei mir gucken zu können.


    ja, genau darum geht es, zu sortieren. Ich versuche so gut es geht, mich auf meine Trockenheitsarbeit zu konzentrieren. Er trinkt weiter, und ich bin durch die Kinder in weiterem Kontakt mit ihm. Auf der einen Seite ist es auch positiv, dass ich durch den Kontakt auch immer wieder sehe, wo ich im Umgang mit ihm aufpassen muss. Andererseits wäre es leichter, wenn ich ausschließlich nach vorne schauen könnte.
    Wie ist denn dein Partner mit deinem Trinken zu der Zeit umgegangen, also bzw, wie hat der darauf reagiert?

    Hallo Lisa,

    Zitat

    Mittlerweile trinke ich gar nichts mehr.

    Wie kam es denn zu dieser Entscheidung? Irgendwie würde das ja zu meiner Einschätzung passen, dass eigenes Trinken der Co-Abhängigkeit im Wege steht.

    Liebe Grüße
    Clara

    Hallo,

    ich habe hier schon oft gelesen, dass man dem Zahnarzt wegen der Betäubung bescheid sagen muss. Habe einen Termin und möchte dass dann auch sagen.
    Könnt ihr mir vielleicht kurz erklären, was es aber genau damit auf sich hat? Habe mehrere Varianten gehört, warum das so ist, aber die kamen mir alle etwas Spanisch vor. Oder ist es einfach nur so, dass in der Betäubung Alkohol ist?

    Sorry für die eventuell dumme Frage

    Liebe Grüße,
    Clara

    Hallo liebe Forumsteilnehmer,

    Ich war bisher nur im Alkoholikerforum unterwegs https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…topic25950.html und bin seit nunmehr 4 1/2 Monaten trocken.
    Neben meinem eigenen Alkoholismus habe ich noch die weitere Baustelle Co-Abhängigkeit, und was klingt, als sei es ein "Neben"schauplatz, ist in vielleicht sogar mein größeres Problem. (Vielleicht kann man/ich diese beiden Süchte, die eine stoff-, die andere personengebunden, aber auch gar nicht auseinanderhalten - aber da sind wir schon mitten in der Materie...)

    Ich möchte jetzt hier an dieser Stelle gar nicht so ausführlich auf meine momentane Situation eingehen, dieses werde ich in einem eigenen Thread, vllt auch erst im geschlossenen Bereich, tun. Nur soviel zum Verständnis meiner Geschichte: Nach anfänglich missbräuchlichem Trinken in meiner Jugend bin ich durch die Beziehung zu dem Vater meiner Kinder an den "point of no return" gelangt, sprich, ich begann, täglich zu trinken, wobei mir währenddessen perfiderweise sonnenklar war, dass ich das eigentlich nicht will. Ich wollte nicht wahrhaben, dass er Alkoholiker ist, und habe es ihm gleichgetan, und mir eingeredet, so seinen Konsum rechtfertigen zu können.

    Meine Frage/Diskussionspunkt dreht sich um folgenden Umstand:

    Ich habe bisher selten von Fällen gehört, wo jemand, der von seiner Strukur her co-abhängig ist, auch (mit)trinkt. Hin und wieder lese ich, dass jemand schreibt, er/sie habe "mal mitgetrunken"(im Sinne von nicht-süchtigem Trinverhalten, vielleicht aus dem Versuch heraus, "besser auszuhalten", der dann aber aufgegeben wird).
    Generell scheint mir jedoch, dass eigener Alkohlismus und Co-Verhalten sich ausschließen. Viele typische Co-Verhaltensweisen würden nicht greifen, tränke man selber, denn man macht sich nicht gut in der Helferrolle, wenn man selber betrunken in der Ecke liegt. Von dieser Sichtweise ausgehend, bietet sich an zu sagen, dass ich selbst gar nicht Co sein kann, sondern ausschließlich mittlerweile trockene Alkoholikerin.
    Aus der Perspektive eines Langzeittrockenen würde ich mir selbst auf meine Vergangenheitsbeschreibung antworten: Du hast lediglich Gründe gesucht, um selbst trinken zu können, und es einfach deinem Partner, der selbst Alkoholiker war, untergeschoben, daran schuld zu sein. - Davon mal abgesehen, jemand der nicht Alkoholiker ist, trinkt nicht in dem Maße, auch nicht, um jemand anderen in falscher Sicherheit zu wiegen.
    Ich will an dieser Stelle nicht meinen eigenen Alkoholismus in Frage stellen, aber es scheint mir das nur die halbe Miete zu sein, zu sagen: "Ich habe getrunken, weil ich trinken wollte, alles andere ist Augenwischerei." Denn ich kann mich an meine eigenen Gedanken erinnern, ich konnte meinem Gegenüber nicht selbstbewusst entgegentreten und sagen: "Dein Trinkverhalten ist nicht ok. So möchte ich das nicht. So kann ich mit dir nicht leben." Anstattdessen habe ich selbst getrunken, um ihn nicht in die Position bringen zu müssen, seinen eigenen Tiefpunkt zu erreichen. Ist das nicht der Inbegriff extremen Co-Verhaltens?


    Mir ist klar, dass mir hier niemand mich selbst erklären kann, ich wäre jedoch dankbar für ein paar Meinungen, vielleicht gibt es ja Leute, die auch auch auf beide Arten süchtig sind.

    LG
    Clara

    Hallo liebes Forum,

    ich war einige Zeit nicht da, da ich mit meinem Sohn im Krankenhaus war.
    Seitdem ich wieder zu Hause bin geht es mir körperlich und psychisch schlecht, ich bin ausgelaugt und habe das gefühl, dass "irgendetwas mit mir nicht stimmt." entsprechend oft meldet sich auch das suchtgedächtnis, gestern abend war es besonders schlimm. ich merke, dass ich so fertig bin, dass ich eine möglichkeit suche, aus meiner momentanen situation zu entfliehen, und dabei schiebt sich mir wieder ständig der gedanke an alkohol in den weg.

    heute morgen hatte ich wieder einen termin bei der suchtberatung, und habe nun die unterlagen für eine ambulante reha. seitdem geht es mir etwas besser, auch das lesen hier im forum hilft meinem momentan sehr trägen verstand dabei, mich an die bereits erarbeiteten einsichten zu erinnern.

    ich versuche, der situation auch etwas positives abzugewinnen, indem ich sage: nun ist eine schwere lebenslage und die musste früher oder später kommen, und es ist wichtig, zu lernen, wie man nüchtern damit umgeht.
    trotzdem (das kann zwar selektive wahrnehmung sein, keine ahnung) habe ich den eindruck, dass es eigentlich, abgesehen von meinen ersten beiden wochen trockenheit, noch nie schlimmer war.

    möchte später noch auf die antworten von letzte mal eingehen,

    liebe grüße
    clara.

    hey,

    Zitat von KaffeeTasse


    Meine Frage jetzt (vor allem an die Langzeittrockenen): Haltet ihr die oben genannte Motivationen zum trocken bleiben - also "nicht enttäuschen wollen" oder "sich dann schämen müssen" für gefährlich? Das könnte ja auch Trotz verursachen - im Sinne von dem, was clara nocte geschrieben hat.

    auch wieder interessant, denn damit beschäftige ich mich aktuell auch sehr intensiv.

    ich bin für mich auch zu dem ergebnis gekommen, dass sämtliche externe motivationen (also im prinzip alle ausser jenen, die argumente der ersten person beinhalten: ICH möchte nicht trinken...) nicht tragfähig sind.

    ich kann das nicht generalisieren, aber gedanken wie "ich darf andere nicht enttäuschen" oder eben auch "ich muss mich schämen" waren bei mir vor noch nicht allzu langer zeit argumente der gegenrichtung. das war
    nämlich in meiner nassen zeit, und ich trank unter anderem auch deshalb, weil ich den kreis meiner mittrinker nicht enttäuschen wollte. an dieser stelle möchte ich gar nicht persönlichkeitsschwäche diskutieren und bin auch im bilde über die tatsache, dass trinken um anderer willen eine faule ausrede des eigenen trinken-wollens ist - ich will lediglich ausdrücken, dass die motivationssuche bei den reaktionen anderer auf das eigene handeln/nicht-handeln grundsätzlich die falsche richtung ist.


    LG Clara

    Hallo KT,

    war etwas länger nicht hier (siehe mein Thread) und habe gerade gesehen, dass du noch auf meinen Beitrag geantwortet hattest:


    Ein bisschen überspitzt kommt es mir in kritischen Situationen so vor, als ob zwei verschiedene Personen in meinem Kopf gegeneinander argumentieren, KaffeTasse(trocken) und KaffeeTasse(nass).

    Klar, KT(nass) möchte gerne Alkohol trinken. Und sein eigentlich einziges Argument:
    "Im Prinzip ist es ja eine vernünftige Entscheidung, nichts mehr zu trinken, Du fühlst Dich besser, siehst besser aus (und so weiter), aber es spielt doch keine Rolle, wenn Du heute nochmal ein paar Biere trinkst. So richtig aufhören kannst Du dann immer noch".

    KT(trocken) kann auf dieses Argument (das ja, ich weise nochmal darauf hin, die Vorteile der Trockenheit perfiderweise garnicht bestreitet!!!) eben derzeit nur so reagieren:
    "Ach, hör doch auf hier rumzuquatschen! Vor einem Monat, als ich noch getrunken habe, da hätte Dein Argument noch gezogen, da hat es wirklich keine große Rolle gespielt, ob ich eine Woche früher oder später mit dem Trinken aufhöre. Jetzt hat sich etwas fundamentales geändert: ich habe nämlich mit dem Trinken bereits aufgehört! Jetzt was trinken würde nicht bedeuten 'später aufhören' sondern 'wieder anfangen' - siehst Du den Unterschied?! Im übrigen: jetzt wieder zu trinken wäre nicht bloß ein Aufschub des Projektes Trockenheit, sondern würde das Projekt sehr viel schwerer machen."


    Sehr interessant diese Zwiegespräche, genauso oder ähnlich laufen sie bei mir auch ab. Mein Freund (der ebenfalls mit mir trocken geworden ist) und ich erzählen uns oft gegenseitig, was für "lustige" Argumente das personifizierte Suchtgedächtnis mal wieder ausgräbt. Einige davon kennt man schon zu Genüge, wie eben zum Beispiel das von deinem "KT (nass)" formulierte "Du kannst ja später aufhören!" (oder momentan auch sehr aktuell bei mir, besonders, wenn ausnahmsweise mal schönes Wetter ist: "Du hättest ja auch noch den Sommer über trinken können, und im Herbst aufhören"), andere sind - je nach Situation - schockierender oder auch komplexer zu entkräften. Ich merke, dass mit allen möglichen Situationen die ich so erlebe, seit dem ich nüchtern bin, (und es gibt vieles, was nüchtern völlig neu zu erleben ist!) auch neue "Einflüsterungen" des Suchtgedächtnisses auftreten. Das macht mir immer wieder bewusst, was für ein Teufel dieses Ding ist, und warum ein einfacher Saufstopp ohne Verhaltens- und Lebensänderung kaum von Erfolg geprägt sein kann.

    So wie du es jetzt erklärt hast, klingen die Botschaften an dich selbst jedenfalls auch weniger harsch, bzw. ich verstehe besser, was du meinst.

    LG Clara

    hallo an alle,

    habe eine zeitlang nichts geschrieben, obwohl ich jeden tag mehrmals gelesen habe. oft fällt es mir sehr schwer zu schreiben, habe eine schreibhemmung, die sich auch in anderen bereichen negativ auswirkt(e) (uni!!) - obwohl man meinen könnte, dass es im internet anonym nicht so schwierig sein dürfte, wie sich zb in einer realen shg von sich zu berichten, brauche ich manchmal einige ansätze um etwas zu formulieren und gebe des öfteren auch entnervt auf.
    habe jetzt auch meinen antrag für den geschlossenen bereich abgeschickt und will mit mir selbst geduldig sein dass das schreiben dann auch regelmäßiger klappt. soviel dazu.

    @linde:
    danke für dein interesse, das gespräch mit dem psychologen bei der suchtberatung lief in eine ganz andere richtung, als ich angedacht hatte, war aber ungemein hilfreich in vielen bereichen. ich bin auch mit der erkenntnis dort weggegangen, dass ich mich nicht selbst so enorm stressen sollte, in puncto: was soll ich sagen? - sondern auch durchaus mich darauf einlassen lernen sollte, dass ein gespräch sich von selbst in eine richtung entwickelt. habe den therapeuten diesmal auch nicht so überfahren, sondern ihm genug redeanteile gewährt ;). mein nächster termin ist freitag.

    ja, wie geht es mir ansonsten? ich bin ziemlich wechselhaft, manchmal rand-depressiv und untätig, aber auch oft beschwingt oder ausgeglichen.
    es laufen an vielen stellen wichtige und erkenntnisträchtige gespräche.

    ich bin nach wie vor mit mir selbst unzufrieden, was die informierung meines umfeldes angeht. zwei kontakte zb meide ich momentan, bzw. erfinde ausreden, warum ich mich nicht treffen möchte, weil ich weiß, dass ich vorher tacheles reden muss.

    im gespräch mit einem bekannten über meine abstinenz haben sich auch tatsächlich einige befürchtungen bewahrheitet, die reaktion sah in etwa so aus: "na, wenn du nichts besseres zu tun hast, als dich reinzusteigern, dass du ein alkproblem hast, dann kann ich dir auch nicht helfen. du hast doch nicht jeden tag getrunken!"
    dieser kommentar hat mir (abgesehen davon, dass er ziemlich unempathisch war) noch mal bewusst gemacht, dass jene, die noch (egal ob missbräuchlich oder süchtig) trinken, ihre eigenen legitimationswelten aufgebaut haben, die eben zu solchen äußerungen führen MÜSSEN, wenn man sie durch hinweis auf die eigene abhängigkeit anspricht. es war hart, somit auch einzusehen, dass diese legitimationswelt vor nicht allzu langer zeit auch teilmenge meiner eigenen war. nach dem gespräch hatte ich das gefühl, meine eigene position noch mal exakter bestimmt zu haben, bzw. mich abgegrenzt zu haben.
    generell stelle ich aber einfach fest, dass es sehr hart ist, an allen möglichen stellen vom eigenen alkoholproblem zu reden, wenn jeder aber auch wirklich jeder einem das wieder ausreden möchte.

    überlege gerade, dass thema noch mal gesondert in einem thread anzusprechen.

    liebe grüße,
    clara.

    Hallo KaffeeTasse,

    ich verfolge momentan sehr interessiert diesen Thread und die Meinungen, die du, silberkralle, Hartmut, Spedi und andere kundtun, und dabei geht es rund in meinem Kopf, weil ich jede Richtung nachvollziehen kann und mit mir selbst zu keinem Konsens komme. Ich denke, dass es sehr komplex und schwierig ist, wenn man vor der Entscheidung überhaupt steht, auf einen wichtigen Teil des Lebens zu verzichten, bzw. in Anlehnung an silberkralles Worte, abwegen muss: Ist es eher gefährlich, einen subjektiv positiven Lebensinhalt aufzugeben, weil das auch Rückfallgefahr nach sich ziehen kann, oder ihn beizubehalten, was wiederum auch seine Risiken hat?
    Ich denke, die Entscheidung hat auch immer viel damit zu tun, inwieweit man sich über die eigenen Legitimationskonzepte zu nassen Zeiten bereits im Klaren ist. Das aufzudröseln geht allerdings m.M. nach nicht in drei Wochen. Das ist aber die analytische Sichtweise der Dinge, die leider nichts damit zu tun hat, dass das Suchtgedächtnis sich überall und zu jeder Zeit melden kann.
    Schwieriges Thema.

    Noch etwas anderes:

    Zitat von KaffeeTasse

    Habe mir klargemacht: Es gibt keinen straflosen Aufschub des Projektes Trockenheit. Jeder Rückfall wird die Sucht massiv anheizen.

    Das ist ein durchaus faktisch richtiger Gedanke bzw. auch wissenschaftlich begründet. Gerade nach der Lektüre einiger Literatur zum Thema Suchtenstehung und -entwicklung habe ich diesen von dir genannten Gedanken einige Zeit zum Niederkämpfen meines Suchtdrucks verwendet - ich habe ihn jedoch wieder aufgegeben, aus folgendem Grund:
    Du schreibst ja, dass du unter Depressionen leidest, und jetzt überdenke mal den Effekt bei dir, wenn du selbst mit dir so redest: "Es gibt keinen STRAFLOSEN Aufschub!" Beachte die Wortwahl, z.B. "massiv"... Mich haben solche Einschärfungen immer depressiver, oder trotziger werden lassen. Sie klingen wie eine von außen kommende Drohung. Ich habe seitdem begonnen, mir lieber Dinge zu sagen wie: ICH MÖCHTE trocken bleiben, weil mir das gut tut, oder: Mit dem Trinken habe ich, nüchtern (sic) betrachtet, gar nicht die positiven Effekte bekommen, die ich mir vorgestellt habe. Jetzt kann ich das jedoch!

    LG
    Clara.

    Hallo Wille,

    deine Geschichte kommt mir in Auszügen sehr bekannt vor, vorallem was das Trinken, wenn die Kinder im Bett sind und das Telefonieren anbelangt.
    Ich weiß noch genau, wie ich das Nicht-Weggehen-Können mit zwei kleinen Babies zu Hause durch allabendliches Trinken kompensiert habe, und gleichzeitig aber immer Schuldgefühle und Wut hatte, nun nicht mehr durch Gesellschaftstrinken eine (scheinbare) Legitimation zu haben.

    Hast du denn jetzt irgendein Ritual oder ähnliches, mit dem du den vorherigen Ablauf ersetzt? Nach ca. 2-3 Wochen des Trockenseins war es abends sehr schwierig für, da mich die Situation "Kinder-im-Bett" immer sehr triggerte. Mittlerweile denke ich fast gar nicht mehr daran, da ich mich wieder darüber freuen kann, noch ein paar Stunden vor dem Schlafen meine Zeit sinnvoll füllen zu können.

    Habe gerade auch den Antrag für den erweiterten Bereich abgeschickt und freue mich auch schon auf den Ausstausch dort.

    LG
    Clara.

    Hallo suburbia,

    ja, da verstehe ich dich schon besser, bzw es klingt besser.
    gebe dir da vollkommen recht, dass es ein immerwährender kampf ist, und empfinde das momentan auch exakt so. aber wer weiß, bzw. die chancen stehen gut, dass der kampf irgendwann nicht mehr ganz so hart ist.

    ich bin jetzt bei drei monaten trockenheit (siehe mein thread) und habe aber auch schon mal weitaus länger geschafft. ich kann mich noch gut an die ganzen abstufungen von erkenntnissen und bearbeitungen erinnern, auch noch einem jahr ging es immer weiter, einem werden sachen klar, und man muss dann eben auch damit klarkommen. leider bleibe ich manchmal auf der erkenntnisebene stecken und arbeite zu wenig konkret. sich hilfe holen zu können ist sehr wichtig, bei meinen ganzen gescheiterten versuchen habe ich immer gedacht, ich schaffe es schon alleine. gott sei dank weiß ich jetzt, dass das ein irrglauben war.

    lg
    clara

    Hallo an alle,

    heute Nachmittag habe ich meinen zweiten Termin mit einem Psychologen bei der Suchtberatung und meine Gedanken rasen mal wieder... was soll ich alles ansprechen? was ist eigentlich momentan am wichtigsten, bzw. welche Baustellen könnten meine Nüchternheit am ehesten gefährden?
    ICh bin mal gespannt, wie es laufen wird.
    Beim letzten mal war es etwas komisch, da ich meinen Berater direkt und sehr überstürzt mit allem möglichen überschüttet habe, und auf diese art etwas verwirrung gestiftet habe. heute muss ich versuchen, etwas gelassener an die Sache ran zu gehen. Schwierig, ich habe nur 4 stunden geschlafen, hab noch eine menge zu tun, und bin alles andere als ruhig.

    Letzte woche habe ich meiner besten Freundin abgesagt, die mich am Wochenende zu einer Party eingeladen hatte. Wir haben uns monatelang nicht gesehen, und obwohl es DIE gelegenheit gewesen wäre, werde ich nicht hingehen. Ihre Reaktion war sehr schwierig für mich, da sie zwar verständnisvoll reagierte, ich aber raushörte, dass sie eigentlich auf der Zunge hatte: Wieso kannst du nicht dafür eine Ausnahme machen?
    Ich denke in meiner Altersgruppe ist es schwer, überhaupt jemandem klarzumachen, dass man ein WIRKLICHES problem hat. Ein Alkoholproblem unter 30 zu haben, ist scheinbar irgendwie nicht schicklich.. Solange man doch noch auf der Welle des Studentlebens surft, ist doch noch nichts wirklich problematisch, mit den Konsequenzen kann man sich doch später auseinadersetzen, sofern notwendig *ironie off*
    Natürlich ist es schwierig, Krankheitseinsicht zu haben und auch zu behalten, wenn alle um einen herum nur auf dem Legititmationstrip sind und auch (scheinbar) gut damit fahren. Ich denke, im Endeffekt ist sich jedoch jeder selbst der nächste, und ich habe keine Lust mehr, bei dem Legitimationsspiel mitzuspielen.
    Ich verstehe auch besser, warum hier im Forum oft so kategorisch darauf hingewiesen wird, dass ein Wechsel des Freundeskreises bzw eine Aussortierung notwendig ist. Irgendwie ist doch unter nassen Alkoholikern auch jeder jedermanns Co, ich merke jedenfalls ganz deutlich, wie mein Entschluss zwar begrüßt wird, aber gleichzeitig eine Abgrenzung stattfindet: "nun, wenn sie ein Problem damit hat.. Klar, dann ist es gut, dass sie nicht mehr trinkt. Aber wir/ich haben keins."

    Naja, durchatmen, und bei mir selbst bleiben.


    Liebe Grüße,
    clara.

    Hallo KaffeeTasse

    Danke für deine ausführliche Antwort. Wenn ich fragen darf, ist das bei dir denn eine diagnostizierte Depression, oder eher so eine Niedergeschlagenheit, die auf einer Skala auch mal variiert? Ich beschäftige mich im moment immer mal wieder mit der Fragestellung, ob meine ganze psychische Kiste eher durch den Alkohol erst ausgelöst wurde oder ob es anders herum war. Quasi die Frage nach Henne und Ei. Irgendwie erscheint mir die Beschäftigung mit der Frage dann auch wieder wie eine willkommene Ablenkung von der konkreten Ausarbeitung meiner Nüchternheit.

    Zitat von KaffeeTasse


    Mit Depressionen (und Du klingst schon recht depressiv) kenne ich mich allerdings aufgrund langjähriger Erfahrung ganz gut aus. Und da kann ich Nutzer(in) mutig nur bestätigen, nimm Dir nicht zuviel auf einmal vor!

    Seltsam, dass es mir gar nicht aufgefallen ist, dass ich relativ depressiv war. Gestern und heute war ich wieder etwas aktiver und nicht mehr so ganz unfähig, irgendetwas anzupacken.

    Liebe Grüße,

    clara.

    Hallo mutig,

    danke für deine antwort, du schreibst, diese dinge haben dir nach 3 monaten geholfen. wie lange hast du denn mittlerweile geschafft?

    Zitat von mutig


    3. Dinge die erledigt werden müssen, reduziere ich auf 3 Erledigungen pro Woche

    mit dem reduzieren der erledigungen klappt es momentan.. so mittelprächtig.
    ich schwanke immer so hin und her zwischen der sichtweise: es ist alles gar nicht so schlimm, und gar nicht so viel, doch wenn ich irgendetwas anpacke, habe ich sofort das gefühl, da kommt ein ganzer rattenschwanz hinterher. ungefähr so, wie wenn man alles in einen schrank gestopft und nun angst hat, die tür aufzumachen, weil man sonst unter einer lawine begraben wird. ;)

    einen schönen tag noch,

    clara.

    hallo suburbia,

    erstmal herzliches beleid wegen deiner eltern.
    den zustand, dass in neuen lebenssituationen (nüchternheit, neue wohnung, beides...) vieles unverarbeitetes hochkommt, kenne ich nur zu gut.

    Zitat von suburbia

    dann den nächsten Anlauf - das wird doch wohl zu schaffen sein ...

    dass du einen rückfall hattest, hat gründe, die du nicht "mal eben" bearbeiten kannst. "der nächste anlauf" klingt, als ob es danach noch raum für weitere anläufe gäbe. du versuchst, dir selbst mut zu machen, indem du sagt, dass es doch wohl zu schaffen sein sollte. dich nicht selbst fertig zu machen und nach vorne zu schauen ist wichtig und gut, trotzdem solltest du geduldig mit dir selber sein und deinen blick darauf richten, was wirklich zählt: dass es nach diesem entzug auch bei der nüchternheit bleibt, und welchen weg du für dich wählen kannst, um das zu schaffen.

    liebe grüße
    carla

    Hallo liebe Forumsteilnehmer,


    Ich bin Clara, bald 27 und seit 3 Monaten trockene Alkoholikerin.

    Ich weiß nicht recht, wie und wo ich anfangen soll, und diese Tatsache ist auch exemplarisch für meinen gegenwärtigen Trockenheitszustand - ich habe 3 Monate geschafft und sehe eigentlich überall Probleme, die nach Bearbeitung fordern. Die letzten 10 Jahre, in denen ich getrunken habe, die ja auch gleichzeitig eine ohnehin schwierige Zeit in der Entwicklung darstellen, haben einen Lebensstil bewirkt, in dem ich nur weggerannt bin, ich habe mein Leben nicht gestaltet, sondern war in jeder erdenklichen Art abhängig: von Drogen, Alkohol, anderen Menschen...

    Vielleicht versuche ich kurz, meinen "Werdegang" zu umreißen:

    - aufgewachsen bei meinen Großeltern in einem vollkommen alkfreien Zuhause (Wegen Trennung und Vater Alk- und drogenabhängig - bin also supertolles Exempel für die Verfechter der genetischen Bedingtheit unserer Krankheit)
    - Mit 15 erster Kontakt zu Alk (relativ spät und wirkte bei mir fast psychedelisch)
    - Bis 18 das für das Alter typische, grenzwertige Missbrauchstrinken am Wochenende, Parties, etc.
    - Ab 18: eigene Wohnung, andere Drogen, destruktive Beziehung mit Co-Struktur, Synchrontrinken. Jeden zweiten Tag eine Flasche Whisky, was ich mit selbstgewähltem Lebensstil rechtfertigte: Ich werde Rockstar und bin außerdem trotzdem hochfunktional
    - die nächsten Jahre: schwankender Konsum, bereits mit einigen Versuchen des Aufhörens, aber null Krankheitseinsicht.
    - mit Kennenlernen des Vaters meiner Kinder (erneute Alkbeziehung, wüsste eigtl nicht, mal mit jemanden zusammengewesen zu sein, der nicht trank) zementierte sich eine neue Trinkstruktur, die einerseits meinen Tiefpunkt darstellt und dadurch aber später auch endlich Krankheitseinsicht produzieren konnte: Tägliches Trinken, mit Ausnahme der Schwangerschaft, erneuter Trinkbeginn nach der Geburt mit der "Entschuldigung": Ich muss saufen, weil ich sonst nicht funktioniere, und nicht aushaltbar bin, und es auch alles nicht aushalte.

    Irgendwann begann ich hier im Forum zu lesen, damals noch unter Einfluss der allabendlichen Flasche Rotwein, und mit der Einstellung, alles und jeder, aber auch wirklich jeder, sei schuld an meinem Trinken und den Verfehlungen meines Lebens.

    Nach einigen gescheiterten Versuchen des Nichtrinkens habe ich dann vor drei Monaten den ehrlichen Weg gewählt, bin zu meinem Hausarzt und habe auch endlich mal einen Termin bei der Suchtberatung gemacht.

    Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, eigtl nach wie vor nicht ehrlich genug zu sein. Ich habe relativ schleppend den Menschen meines Umfeldes gesagt, dass ich nicht mehr trinke. Dass ich nicht "mal eine Zeitlang aufhöre", sondern nie mehr trinken werde. Einigen habe ich es aber immer noch nicht gesagt, teils, weil ich Angst habe, in Diskussionen über deren eigenes Trinkverhalten verwickelt zu werden, und deren eigene Widerstände zu spüren: "Wenn sie (ich) Alkoholikerin sein sollte, dann bin ich es doch auch?!" - Hier merke ich zB, dass ich mich viel zu viel um andere und deren Leben kümmere, anstatt endlich vor meiner eigenen Tür zu kehren, und ich habe weiß Gott genügend eigene Baustellen.

    Ich habe das Gefühl, seit meinem Saufstopp bin ich mit voller Wucht mit der Realität konfrontiert, keine besonders geistreiche Einsicht, wenn man bedenkt, dass es in dieser Situation wohl kaum jemandem anders geht.

    Auch wenn drei Monate bereits eine längere Zeit sind, habe ich das Gefühl, noch ganz am Anfang zu stehen.
    Ich habe hier schon öfter den Satz gelesen, "nur nicht trinken reicht nicht", ich formuliere ihn für mich so: nur nicht trinken geht auch nicht.
    Wenn ich mit einer Situation konfrontiert bin, in der ich früher einfach klein bei gegeben hätte, weiß ich sofort, ich hätte damals mit Saufen meinen Frust kompensiert. Diese Option fällt nun weg, allerdings gibt es ja 100erte von Wegen, erneut wegzurennen, zu verdrängen. Diese Wege möchte ich mir nicht erlauben, und scheitere dennoch immer wieder daran, weil die Fülle an Verdrängtem und zu Erledigendem einfach zu groß ist.
    Ich sage mir dann: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, also brauche Geduld mit mir selber, und muss der Nüchternheit Priorität geben, das ist etwas, was ich aus der Lektüre des Forums bereits gelernt habe.

    Prekär ist nur, dass es Lebensentscheidungen gibt, die sich nicht ewig nach hinten verschieben lassen, und allein die Priorisierung von zu Bearbeitendem ist eine Sache für sich.

    Ich möchte bald noch etwas detaillierte auf meine eigene Geschichte eingehen, das wahrscheinlich dann aber im geschlossenen Bereich.

    Ansonsten werde ich jetzt mal schließen und vielleicht das ein oder andere zu anderen Beiträgen schreiben - die Balance zwischen der eigenen Problemwälzerei und der Notwendigkeit, auch mal bewusst von mir selbst abzusehen - auch so eine Schwierigkeit von mir...

    Liebe Grüße,
    Clara.