Beiträge von LaMer

    Hallo allerseits!

    Manchmal komme ich mir paranoid vor, aber ich habe Angst. Angst vor meinem trinkenden Vater! Nicht immer kann ich sie unterdrücken, und vor allem wenn ich ihn rummotzen höre steigt die Angst in mir weiter auf.

    Es geht so weit, dass ich Angst habe, dass er mich umbringt oder vergewaltigt. Man könnte meinen, das sei weit hergegriffen, aber diese Angst ist bei mir sehr präsent. Früher dachte ich immer, gut, es ist eben nur eine Angst. Nichts, was wirklich passieren könnte. Es änderte sich, als er wirklich mal zuschlug und ich merkte, dass Angst nicht nur Angst ist, sondern dass er so aggressiv ist, und auch die Kontrolle mal gänzlich verliert.

    Nach sehr krassen Streitereien, in denen er androhte, wir würden "unser blaues Wunder erleben" hatte ich oft so Angst, dass ich nur mit verschlossener Türe schlafen konnte. Und ich habe schon oft mit verschlossener Türe geschlafen.

    Wenn ich sehr viel Angst hatte, habe ich meine Mutter angefleht, sich sofort zu trennen, sofort auszuziehen. Da ich noch daheim wohne, bin ich irgendwie von ihrem Wohnort abhängig. Von meinen Eltern, Vater wie Mutter, wird mir oft genug eingetrichtert, dass ich finanziell von ihnen abhängig bin und alleine weder Wohnung noch sonst was finanzieren kann.

    Gleichzeitig habe ich aber auch Angst um meine Mutter. Typisch Co-abhängig. Ich verstehe sie nicht, sie wehrt sich nicht. Lässt sich so viel gefallen. Dabei hat sie doch die Wahl, sie kann doch ausziehen. Was hält sie denn noch bei ihm? Die Angst um meine Mutter ist schon früher oft in das "sich sorgen müssen"-Gefühl umgekippt. Jetzt gehe ich einige Monate weg und habe trotzdem die Angst, meine Mutter alleine zu lassen. Dabei kann sie doch gehen wenn sie will. Aber ich glaube sie tut es nicht.
    Habe Schuldgefühle, meine Mutter allein zu lassen. Aber ich will nicht mehr zu hause bleiben, will weg.

    Ich habe kein Zuhause. Manchmal wünschte ich, ich hätte eines. Wenn meine Mum sich trennen würde und ein eigenes Haus beziehen würde.

    Wahrscheinlich würde mein Vater dann sehr aggressiv werden. Man merkt, wie er immer mehr und öfters außer Kontrolle gerät. Früher war er nicht so, aber der Alkohol ändert wohl die Persönlichkeit. Er wird immer aggressiver, schreit noch mehr rum.

    Ich bin jetzt jedenfalls weg. Und am liebsten würde ich nicht wieder heimkommen.
    Wochen, nein monatelang habe ich jetzt mit dieser Angst gelebt. Manchmal bin ich froh, noch zu leben. Ich habe hier schon von Geschichten gelesen, von einem alkoholkranken, der seine (Ex-)Frau würgte, als sie sich schied. Ich glaube, mein Vater wäre mittlerweile auch zu sowas instande.

    War schon oft davor, die Polizei zu rufen.

    Wenn ich jetzt die Zeit weiter weg bin, werde ich mich meinem Onkel anvertrauen. Was die Angst vor meinem Vater angeht. Vielleicht versteht er mich.

    lg LaMer

    Hallo JoWi ,

    Ja, die Pubertät ist essentiell für die Entwicklung. Und ich glaube, für die Entwicklung sind schlechte Erfahrungen auch wichtig, denn aus denen lernt man. Aber wenn man nicht so sein darf, wie man ist, wenn man von Grund auf Gefühle, Ängste, Wünsche, ganze Persönlichkeitszüge untergraben muss, dann stört das die Entwicklung beträchtlich.

    Bei uns in der Schule war es auch "modern", immer wieder Leute auszugrenzen. Von meiner Mutter hatte ich immer große Toleranz gelernt, hab mich in Kindergarten und Grundschule fast schon Malteser-mäßig den schwächeren angenommen. Später auf der weiterführenden Schule wurde ein Mädchen gemobbt, mit dem ich einige Zeit vorher befreundet war und so versuchte ich mich zwischen sie und die Mobber zu stellen, mit dem Ergebnis, das über mich auch schlecht geredet wurde und Leute mich schief ansahen, immer weniger mit mir redeten.

    Als das Mädchen die Schule verließ, ging es wieder, die Mobbereien wurden wohl auf andere verschoben. Aber mir wurde immer bewusst, dass sich die Mobber und die Gemobbten irgendwo ähnlich sind (weniger Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl, ´z.T. Aggressivität und Hilflosigkeit) und es wohl nur eine Laune der Natur ist, auf welcher Seite man letztendlich steht. Und der Wille, sich anzupassen, kann einen schnell von der einen auf die andere Seite bringen.

    Daheim wollte ich v.a. vor meiner Mutter die Starke spielen. Vor meinem Vater auch die Selbstbewusste, der er mit seinen niedermachenden Sprüchen nichts anhaben kann. Aber in die Seele einer Jugendlichen frisst sich soetwas unweigerlich ein. Ich wäre egoistisch, dumm, vorlaut, würde immer viel reden ohne nachzudenken, ("große Klappe, nichts dahinter") Sämtliche Aggressionen prasselten auf mich runter. Zu weilen sagte er oft, er wäre enttäuscht von mir, früher wäre ich besser gewesen, er wäre besser ohne uns dran etc. Immer wieder nutzt er Möglichkeiten, Dinge an mir auszusetzen, zu kritisieren, runterzumachen. Und wenn es nur eine Antwort auf meinen nicht ernstgemeinten Kommentar o.ä. ist; er findet eine Möglichkeit.

    Man darf nicht so sein wie man ist. Hat man ein entwickletes Selbstwertgefühl, ein reifes Selbstbewusstsein, dann kann einem sowas nicht mehr leicht was anhaben. Aber als Teenager, wenn sich alles entwickelt?
    Und so, wie du es vllt meinst, JoWi, werden wir schon von Kind auf von äußeren Umständen gezwungen, uns anders zu verhalten, anderes zu denken, anders zu fühlen und unsere wahre Seiten nicht zuzulassen.

    Mir persönlich geht es so, als wäre ich in einen neuen Körper mit neuer Persönlichkeit gesprungen, aber meine alte schleppe ich unbewusst hinterher. Ich versuche sie immernoch zu verstecken. Aber in Wirklichkeit bin das nur ich. Ich selbt, die ich vor einigen Jahren verlassen hab. Auch sie ist mein Müllhaufen, oder so wie du es schön ausdrückst, der Wäscheberg, der wartet gewaschen zu werden.

    Die ganze Zeit habe ich diesen Teil abgrenzt. Und so hat er sicht nicht entwickelt, ich selbst habe mich nicht "entwickelt", nur gezwungenermaßen auf ex und hopps verändert.

    Vielleicht wasche ich den Berg Wäsche ja mal ;) Vielleicht ist es irgendwann möglich, dass diese Persönlichkeit und mein jetziges Ich wieder eins werden!

    lg LaMer

    Hallo allerseits!
    Ich möchte kurz ein neues Thema eröffnen, weil ich auf etwas gestoßen bin, was ich für hilfreich halte.

    Beinahe typisch für EKA ist das zu schnelle Erwachsen werden, das Untergraben von Gefühlen. Man wird aus seiner Kinderrolle herausgedrängt als unfertiger Minderjähriger, der Verwantwortung über die Familie übernimmt wie eine Mutter/ein Vater.

    Habe letztens "The Tools" gelesen, ein doch ziemlich spirituell angehauchtes, aber in Grundzügen ganz ordentliches Buch. Ich fand mich zum Teil darin wieder, v.a. in der Angewohnheit, viele Ratgeber in der Hinsicht zu lesen, weil man eine direkte Antwort und Lebensänderung erwartet :lol:

    Aber zum Thema:
    Man untergräbt nicht nur Gefühle, sondern oft eine ganze Persönlichkeit. Man kann sie nicht zulassen, denn sie ist zu verletzlich, unerfahren, unbeliebt. Und mit der Zeit häufen sich alle Dinge, die man an sich nicht mag, in dieser untergrabenen Persönlichkeit an. Sie dient als eine Art "Mülleimer". Im Buch wird sie als "Schatten" beschrieben. In meinen Augen ist es das innere Kind. Das nach Hilfe schreit und nicht erhört wird. Das man versucht zu verstecken, weil es sichtlich nicht klar kommt mit der Situation daheim.

    Der Zeitpunkt, als ich feststellte, dass mein Vater Alkoholiker ist, und ich anfing, meiner Mutter helfen zu wollen, stellt einen Schnitt da. Davor fiel es mir schon schwer, Teile meiner Persönlichkeit preiszugeben, aber ab da an schien sich eine ganze Spalte Persönlichkeit abzutrennen.

    Mein äußerliches sollte stark, selbstbewusst und verantwortungsvoll scheinen. Innendrin bin ich eine verletzte, unsichere 13 Jährige.
    Mit einer komplett versauten Haarfarbe, die meine Mitschüler als grün bezeichneten (es sollte Dunkelblond sein^^), einer Zahnspange. Klamotten die nicht passten, aber die ich mir von einer Freundin abgeguckt hatte. Sehr schüchtern und unselbstbewusst.

    Als ich "erwachsen" wurde, habe ich mich nicht wirklich entwickelt, wie es mit der Zeit passiert. Ich habe das Gefühl, ich habe diesen Teil Persönlichkeit von mir abgeschnitten. Durfte nicht so sein, sonst würde ich nie akzeptiert. Musste mich von Grund auf ändern, ein neues Selbstbild einnehmen. Sonst würde ich daheim und da draußen untergehen. Nie akzeptiert.

    Habe jahrelang vor mir selbst geleugnet, mal so gewesen zu sein. Aber unterbewusst blieb das Gefühl: Unselbstbewusst, unsicher, schüchtern. Dürfte nur nie jemand erfahren.

    Mittlerweile sehe ich mich selbst mit anderen Augen. Sehe mein Ich mit 13 Jahren vor mir und habe das Gefühl, mich selbst allein gelassen zu haben. Ein neues Ich gebildet zu haben um das andere zu untergraben. Zu leugnen. Nur langsam komme ich meinem inneren Kind näher als wäre es eine fremde Person.

    Habe einen anderen Thread, "die Suche nach mir selbst". Habe bisher vielleicht falsch gesucht.
    Was denkt ihr von der Theorie? Die untergrabene Persönlichkeit, vielleicht eine Erklärung für die Verwirrtheit und Unsicherheit was die eigene Person angeht.

    :idea: Und: Stellt euch all die Dinge, die ihr wart/seid aber nicht sein wolltet/durft da, all die Ängste, Sorgen: Was seht ihr vor euch? Vielleicht auch ein Inneres Kind?

    lg LaMer :wink:

    Hallo Frau!
    Man muss nicht im Wattepäckchen aufwachsen um ein anständiges Leben zu führen. Und es ist sicherlich viel einfacher, jetzt wo das Umfeld ein anderes ist. Das perfekte Umfeld gibt es nicht, aber wenn es dir besser geht, wenn du dich befreiter fühlst ist schon ein großer Schritt gemacht. Hier und da wird es immer streitende Nachbarn, schreiende Kinder, bellende Hunde geben. Aber für dein Kind ist der Abstand von daheim sicherlich wichtiger als eine absolut ruhige, stressfreie Umgebung ;) Ich kann da aus Erfahrung sprechen!

    Euch viel Glück!
    lg LaMer

    Hi JoWi!

    Zitat

    Ich wünsche mir Nähe, aber bleibe auf Distanz.. ziemlich absurd oder?!

    Absurd, bestimmt, aber typisch! Typisch für wahrscheinlich jedes EKA.
    Was in der Familie nicht geboten wurde, sucht man sich oft im Partner. Der unausgeführte Kampf gegen die Vergangenheit wird fortgesetzt.

    Ich kann dir das Buch "Frauen die zu sehr lieben - die heimliche Sucht gebraucht zu werden" von Robin Norwood empfehlen! Im letzten Kapitel geht es um das gleiche Phänomen. Um eine Frau, mit häufig wechselnden Partnern, die sich der "Waffe" ihres Körpers bewusst ist und deswegen nur Beziehungen auf der sexuellen Ebene betreibt. Aber wirkliche Nähe und Geborgenheit, ernsthafte Beziehungen bleiben aus.

    Nach Abschluss der Therapie findet sie sich in einer neuen Beziehung, in der sie merkt, dass es ihr schwer fällt, Nähe zuzulassen.

    Alles zu beschreiben würde hier den Rahmen sprengen, aber ich finde es im Buch gut interpretiert und erklärt! Vielleicht mal einen Blick wert ;)

    lg LaMer

    Hallo JoWi, hi Zimttee! :)
    Ich möchte gerne was in die Ozeanographie-Richtung studieren (siehe meinen Nicknamen;) ), erstmal mach ich ein Praktikum am Meer, auf das ich mich sehr freue. Nächste Woche geht es los!

    Dass meine Freundin auch Probleme hat, die wohl etwas tiefer gehen, hab ich eigentlich schon immer erahnt. Aber ich dachte immer, das wäre Quatsch, denn sie wirkte immer so selbstbewusst (als würden selbstbewusste keine Probleme habe.. :roll: meine denkweise^^) und bestimmt, wusste was sie sagen muss. Darüber hinaus wird sie ja von vielen respektiert, hat einen unglaublich großen Freundeskreis. In gewisser Weise war ich neidisch auf ihren "Lebenserfolg" und so verletzte es mich, als sie mich schrittweise von ihr abschottete. Fühlte mich vorher irgendwie zuhause bei ihr. Jetzt, wo sie sich von mir entfernt, klammere ich energisch. Nicht wörtlich, ich rufe nicht dauernd an und versuche was zu retten, aber gedanklich ist da die Enttäuschung und der Wunsch, alles solle werden wie vorher. Dann wäre alles wieder im Lot. Wenn man Freunde hat, ist die Welt in Ordnung. Das stimmt! Aber ist die Welt in Ordnung, wenn man mit aller Kraft und Anstrengung Freunde bei sich halten muss?
    Falsch gedacht! So läuft es nicht. Die Leute um mich herum machen was sie wollen, was sie für richtig halten, und oft tun sie Dinge die anderen weh tun (siehe z.B. alkoholkranke bzw co-abhängige Eltern). Was macht das EKA? Versucht, alles ins Lot zu bekommen, alles zu ändern. Wenn die äußeren Umstände stimmen, stellt sich die innere Zufriedenheit bestimmt gleich ein.. :?
    Nein, ich habe keine Lust mehr: sämtliche Kopfzerbrechereien, sämtlicher Aufwand, Dinge in die Hand zu nehmen, auszudiskutieren, alles im Endeffekt nutzlos. Die äußeren Umstände können noch so günstig sein, die Innenwelt kann trotzdem in Scherben liegen.
    Deswegen versuche ich mir jeden Tag 5x zu sagen: Die äußeren Umstände können die Innenwelt nicht ändern. Aber der innere Zustand lässt die Außenwelt anders wahrnehmen :idea:

    Mal sehn wie lang ich es durchhalte, bevor ich wieder anfange an meiner Umwelt rumzuschrauben :P
    Naja, der Wille zählt ;)

    Zitat

    Ich glaube es liegt wohl leider einfach auch daran, dass man aufgrund seiner Geschichte so merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legt mit denen viele andere einfach nicht zurechtkommen. Zumindest ist das bei mir so.

    Hach, so fühl ich mich auch manchmal. Als würden andere in mir einen sozialunkompetenten Alien sehn, der noch lernen muss, wie man mit Menschen umgeht.

    Vor allem wenn es ums "klammern" geht. Was ja nun wirklich viele Leute machen, wie oft ist das ein Trennungsgrund^^ Aber als EKA hat man wohl das Gefühl, mal wieder seine ganze Vergangenheit und seine Co-Abhängigkeit auszuleben.

    Was das anpassen angeht, finde ich, ist es manchmal garnicht so hinderlich. Man lernt schnell neue Leute kennen und findet sich in neuen Situationen besser ein. Aber es wird seeehr schwierig, wenn eine Freundschaft über Small-Talk hinaus geht.

    Meine Geschichte haben ich einigen Freunden mitgeteilt. Manche haben sich danach zurückgezogen, andere haben es zur Kenntnis genommen und wir sind befreundet wie am ersten Tag.

    Aber um ehrlich zu sein: Die Vergangenheit muss kein Handicap sein, die einen daran hindert, richtiges zu tun. Es ist auch nicht wirklich eine Entschuldigung, um den Freunden zu erklären, dass man manchmal "komisch" reagiert, wenn es auch ein Grund sein kann. Vielleicht ist es auch eine Chance, was aus sich zu lernen.

    Ich hoffe, ich komm ab und zu an den PC um hier rum zu lesen. Wenn ich heimkomme schreibe ich weiter. Euch weiter viel Erfolg bei der Genesung!
    lg LaMer

    Meine beste (?) Freundin schaltet nach und nach den Kontakt zu mir ab. Vor einem knappen Jahr haben wir mehr zu tun gehabt, immer mehr so dass ich teilweise fast jedes Wochenende bei ihr war und wir oft was zusammen, auch mit anderen Freunden gemacht haben. Sie wusste nichts von der Situation daheim. Ich war froh bei ihr sein zu können, ihr Eltern nahmen mich gut auf, es fühlte sich an wie ein zweites Zuhause. Sie halfen mir auch mit der Entscheidung jetzt wegzugehen.

    Vor knapp 2 Monaten habe ich meiner Freundin also von daheim erzählt. Grade gab es den Vorfall daheim und ich konnte es ihr nicht verschweigen. Wollte es auch nicht. Ihr Kommentar "Konnte ich mir irgendwie denken" Naja, gut.

    Aber jetzt bricht der Kontakt ab. Ich versuche es zu "retten", habe aber schlechte Erfahrungen damit, wenn sich nur einer reinhängt. Ich wollte mit ihr darüber reden, aber sie sagt, ich würde das falsch sehen.

    Ich bin nicht blöd. Mir wurde schon viel eingeredet, aber die Wahrheit ist manchmal so ein Gefühl. Und ich merke, wenn jemand den Kontakt zu mir abbricht. Ich weiß nicht woran genau es liegt.
    Und weiß nicht was ich machen soll. Sie zieht bald ins Ausland, wohl für immer. Ich sagte, ich würde sie noch gern sehen. Keine Antwort. Mit anderen Freundinnen trifft sie sich andauernd wie ich sehe.

    Bin verwirrt. Weiß nicht, wieso das alles. Woran es liegt, an mir oder an ihr?
    Die Freundschaft war mir wichtig, jetzt rieselt sie mir wie Sand durch die Finger. Ich bin traurig, auch wütend und enttäuscht. Dachte, es wäre eine andere Freundschaft, als die vielen abgebrochenen in der Vergangenheit.

    Habe mit einem gemeinsamen Freund darüber gesprochen. Der meinte, ich solle sie verstehen, sie hätte auch (familiäre) Probleme. Aber ich verstehe es nicht.

    Jetzt komme ich mir blöd vor. Als würde ich klammern, nerven und Druck machen.

    Sie war eigentlich immer nett und auch gerecht, aber dann kam so eine Zeit, in der sie über andere Freundinnen sehr negativ sprach und irgendwie habe ich Angst, dass sie es bei mir auch tut. Dass sie allen erzählt, wie sehr ich klammere und nerve und Druck mache.

    Ich sehe keinen Grund, sehe nur ihre Reaktion. Als wäre ich keine Freundin, eigentlich nur eine Fremde, die plötzlich versucht, mit ihr Kontakt zu haben. Und es verwirrt mich, so behandelt zu werden.

    Sie war immer wie ein Vorbild. Willensstark, selbstbewusst, kam mit vielen Leuten klar. Sie wird voll respektiert von unseren Freunden. Und jetzt verliere ich den Glauben in dieses Vorbild, weil sie mich versetzt und mich abwürgt. Sich nicht meldet, nicht zurückruft.

    Ich verliere ein Auffangnetz. Aber langsam glaube ich, ich war von ihrer Akzeptanz und Freundschaft abhängig. Und jetzt, wo die Freundschaft schwindet, schwindet mein Selbstwertgefühl.

    Habe versucht mit anderen Freunden zu reden, die sehen in ihr immer noch die gerechte, freundliche, mit der sich jeder versteht und die jeder akzeptiert. Und so bin ich mit meinem Schmerz irgendwie allein. Habe das Gefühl, ich stelle mich mit meiner offensichtlichen Enttäuschung nicht nur gegen sie sondern gegen all ihre Freunde..

    Hallo Stracho
    Ja, das mit dem Verdrängen kommt mir bekannt vor! Es ist einfach so viel leichter und erfordert weniger Aktivität, eine Art "Komfortzone" und doch ist es schädlich..

    Also vom Alkoholismus aktiv mitbekommen habe ich vor ca 1 1/2 Jahren. Mein Vater hat eigentlich immer schon getrunken, seit ich ein Kind bin. Immer "sein Bier" abends. Er war eigentlich nie bei uns, immer in seinem PC-Zimmer. Wir haben ihn wenig gesehen. Aus dem einen Bier wurde immer mehr. Manchmal war ein Kasten nach 2,3 Tagen leer. Plötzlich gingen ganze Kästen drauf. Vor ca 1 1/2 Jahren merkte ich, wie er immer mehr Schnaps zu sich nahm, bevorzugt Kräuterschnaps. Meine Mutter hat die Flaschen immer weggetragen, gleichzeitig auf ihn eingeredet. Irgendwann kam ich in den Keller und sah meine Mutter weinen...sie beschwerte sich wieder über die vielen Flaschen. Ich ging intuitiv zum PC und gab "Vater Alkoholiker" bei Google ein...und fand vieles heraus.

    Stürmte zu meiner Mutter und erzählte ihr, dass ich was über Co-Abhängigkeit herausgefunden habe (Damals nie auf die Idee gekommen, dass es mich betreffen könnte) Seit diesem Tag war ich irgendwie eine Art Therapeutin meiner Mutter, ein schwerer Fehler damals, aber ich wusste es nicht besser. Hörte mir vieles an, zwang sie zur Änderung. Ich ging in eine Therapie, aber auch alles was ich da lernte gab ich nur eine meine Mum weiter. Da diese nichts tat, verlor ich langsam meinen Respekt, v.a. mein Vertrauen in ihren Verstand.

    In der Therapie lernte ich, mir nicht alles gefallen zu lassen, mein Leben zu leben. Das brachte mich dazu, rebellisch zu werden, gegen alles zu rebellieren was daheim so gedacht und gesagt wurde. Fühlte mich stark und doch leer. Hoffte, dass mein Verhalten dazu beiträgt, Änderung zu erwirken.

    Es ist ein Jahr her und doch eine lange Geschichte. Jedenfalls ging es mit zunehmend schlechter. Nach Monaten, in der mein Vater Ruhe gab und er anscheinend trocken war (Was kein Alk. ist, wenn er nicht zugeben kann, ein Problem mit Alkohol zu haben) gingen die Spannungen, die Agressivität wieder los und wurden schlimmer. Er wurde auch gewaltätig. Ich bekam Probleme in meinem Privatleben, irgendwie depressiv.
    Wie durch einen Zufall fiel mir vor einigen Wochen das Buch "Frauen die zu sehr lieben, die heimliche Sucht gebraucht zu werden" von meiner Mum in die Hände.

    Es war krass, wie sehr ich mich darin fand und so meldete ich mich hier an. Erst, weil ich nicht die Möglichkeit hatte zu einer "echten" Selbsthilfegruppe zu gehen, aber jetzt merke ich wie sehr das Schreiben hilft ;)

    Mittlerweile lerne ich dazu. Über mich und die Situation in meiner Familie. Bin froh und erstaunt, dass es nicht nur mir so geht und dass es Menschen gibt, die es trotz einer solchen Kindheit schaffen. Fühle mich nicht mehr so "alienated", Außenseitermäßig.

    Ich versuche mein Leben in die Hand zu nehmen. Ich bin noch sehr jung, grad volljährig und seh das als frühe Chance was zu ändern. Aber man ist nie zu alt, was zu tun, sehe ich hier.

    Hoffe ich konnte dir einen "Überblick" verschaffen :P

    lg LaMer

    Hallo Gartenblume!
    Das mit den Depressionen hab ich mal in einem Buch gelesen (Glück kommt selten allein von Dr.Eckart v. Hirschhausen) . Dort wurde beschrieben, wie man versuchte Depressionen an Tieren zu testen. Man sperrte einen Hund ein, sorgte allerdings dafür dass er alles hatte: Futter, Spielzeug etc. Immer wenn er fraß, versetzte man ihm einen kleinen Stromschock, nichts gefährliches oder schmerzhaftes, aber jedes Mal einen kleinen Schrecken, wenn er fressen wollte. Mit der Zeit lernte der Hund, dass immer wenn er fraß, er diesen Schockmoment erleben müsste und er nahm es hin. Man glaubte zu Anfang des Experimentes dass sich der Hund wehrt oder nicht mehr frisst, versucht zu entfliehen. Aber mit der Zeit nahm er es hin, als würde ihm das Leben nichts besseres bieten. Noch erstaunlicher war, als man den Käfig öffnete, floh der Hund nicht, er blieb liegen.

    So wird es in dem Buch beschrieben. Kann nicht für Richtigkeit versichern!

    Das Hirn hatte gelernt, den Schmerz zu akzeptieren und konnte mit den Möglichkeiten einer freien Aussenwelt wohl nichts anfangen, da es an die Situation im Käfig gewohnt war.

    Und so erkläre ich mir meine Depression. Und da kommt auch die Krankheit ins Spiel: Das Hirn ist einfach falsch gepolt :roll: Und selbst wenn man sich gute Gedanken verschafft, neue Haltung einnimmt und versucht, das Leben anders zu sehen, so ist alles dies nicht stark genug um das Hirn wieder hinzubiegen^^

    So habe ich eben Momentan Probleme wenn es um Freundschaft und Beziehungen geht. Fühle mich oft als der Aktive in den Freundschaften, wenn ich mich nicht melde tut es niemand. Habe so viele Freundschaften aufgebaut und abgebrochen, immer mit dem Gedanken, es müsse wohl was besseres geben, jemanden der genauso "aktiv" ist wie ich. So langsam glaube ich, es hängt nicht nur an den anderen. Klar, man versteht sich nicht mit jedem, und es gibt auch Freundschaften die mehr schaden als nützen aber den Schmerz, den ich empfinde, wenn ich versetzt oder nicht angerufen werde kommt vor allem von meinem nicht vorhanden Selbstbewusstsein (dass wieder ein paar Stufen fällt). Und die Abhängigkeit meines Selbstbewusstseins von anderen scheint mich daran zu hindern, irgendwie "das Richtige" zu machen.

    Die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn es um Beziehungen geht, richtig zu reagieren, die richtigen Menschen zu kontaktieren.

    Wenn ich jetzt weg bin, werde ich ganz neue Leute treffen, mein Freundes und Familienkreis rückt in weite Ferne. Und vielleicht hilft das.

    lg LaMer

    Hallo sarawen!

    Als EKA hat man viele Ängste, Verhaltensweisen und Gedankengänge antrainiert, die einen daran hindern, richtig bewusst zu denken und zu leben, und die Entscheidungen im Leben treffen die wichtig und gut für einen sind.
    Sich klarzumachen, dass es der "Kampf" gegen seine eigene Verhaltensweise als EKA ist, und nicht der gegen das trinkende Elternteil/den trinkenden Partner, kann einen aus der Helferschleife befreien.

    Zitat

    Meinen Geschwistern geht es gut - beide haben ein normales Leben und sind reltaiv glücklich mit ihren Partnern.

    Die Weisheit, man solle sich mit niemanden vergleichen macht v.a. deswegen Sinn, weil man NIE alles über andere Menschen mitbekommt, nicht ihre engsten Gedanken kennt und auch nicht ihre Zukunft. V.a. da deine Geschwister wohl auch EKA's sind, liegt die Vermutung nahe, dass ihnen eine Art Verdrängung auch antrainiert ist (Wie gesagt, bloß Vermutung).

    Ich habe als EKA auch oft das Gefühl, das Leben hat nur Zitronen für mich übrig. Aber das Leben anzuklagen hat noch niemanden voran gebracht. Es geht, es geht anders als ich es tue und ich weiß noch nicht genau, wie ich es aus der Misere schaffe aber ich weiß dass es EKAs gibt, die den Absprung geschafft haben und das gibt einem Mut, dass man es selbst schafft. Deswegen bin ich auch schon dankbar, das Forum gefunden zu haben ;)

    LG und viel Glück, LaMer

    Hallo Stracho

    Zitat von stracho

    Ich muss sagen, meinen Vater ( der Trinker ) konnte ich nie direkt darauf ansprechen, außer im Streit. Ich hab viel versucht auf
    meine Mutter und meinen Bruder einzureden.

    Der Satz hätte von mir stammen können :D
    In so einer Infobroschüre stand mal, dass es für EKA 4 bestimmte Verhaltensweisen gibt: Der Held, der sich um alles kümmert; der Stille, der sich nie zeigt; der Aussenseiter, der rebelliert und der Clown der mit guter Laune versucht, abzulenken.

    Bei mir hatte ich immer das Gefühl, ich bin von allem etwas. Habe versucht, Verantwortung zu übernehmen und dabei auf meine Mutter eingeredet, versucht alles zu ändern (Held). Gleichzeitig über meine wahren Gefühle nie gesprochen und selten zugelassen, zuzugeben dass ich Probleme habe, nicht nur bzgl meines Vaters sondern überhaupt. Wollte stark und nicht kindisch sein, mit allem klarkommen und habe mich dabei erst untergeordnet.

    Dann kam die Zeit des Aufbruches, in der ich mich getraut habe, gegen meinen Vater zu rebellieren. Habe gedacht, sch* egal was die (Mutter+Vater) denken, die sind doch sowieso krank und was die machen ist eigentlich falsch. Hab mich versucht, aus den Verhältnissen rauszureissen und mich vieles getraut, was ich vorher nicht gemacht hätte. Fühlte mich dann auch als Aussenseiter und auch dieser distanzierte Umgang kommt mir bekannt vor. Gleichzeitig habe ich jedoch immer versucht, das Ding über meine Mutter zu drehen. Dachte, durch mein Verhalten wird sich vielleicht was dran ändern und wenn nur mein Vater merkt, dass ich mich nicht "beherrschen" lasse.

    Bin damals oft mit Freunden weggegangen, habe mich auch besser gefühlt, aber bin das Problem nie wirklich angegangen. Ggü Freunden war ich immer der Clown, konnte aus jeder Situation was witziges gewinnen (okay, das mache ich heute immer noch) und habe nicht über die Situation daheim erzählt. Erst jetzt, dank Anmeldung im Forum merke ich, dass ich das typische EKA Leben gelebt habe.

    Eigentlich genauso krank wie mein Vater und meiner Mutter, zu denen ich wenig Respekt hatte. Weil ich einfach mein Vertrauen in sie und ihre Vernunft verloren hatte. Dachte, die sind psychisch so am Ende, dass ich meine eigene Vernunft leben muss, auf sie nichts mehr setzen kann.

    Erst jetzt fange ich an, anders an die Sache ranzugehen, indem ich mich auf mich konzentriere und auch der Respekt steigt wieder, weil ich einfach weiß, dass es ihnen nicht viel anders geht als mir und dass sie jeden Tag die Chance haben sich zu ändern und wenn sie es nicht tun, ist es ihre Sache genauso wie es meine Sache ist mich zu ändern.

    Mal eine andere Sicht auf das Problem ;)

    lg LaMer

    Hallo gartenblume,
    ich habe mich was das angeht schon relativ "vielen" anvertraut, Mutter (aber naja, ebenfalls co-abhängig, ich glaube sie konnte mit meiner Sicht nichts anfangen, sie war ja immerhin dabei), Schwester, Freundinnen, aber meine Verwandten wohnen etwas weiter weg und unser Kontakt ist spärlich. Wenn wir bei denen sind, wird oft das "Schöne Familie"-Bild ausgepackt und alle machen so, als wenn nichts wäre. Ich weiß nich, wann ich da einen passenden Moment finden könnte um mich jemandem anzuvertrauen. Sicherlich nicht beim Abendessen^^ Ich weiß auch nicht, ob ich meine Oma, was das angeht "belasten" kann. Sie ist nicht mehr die jüngste und ich weiß nicht, ob sie mir helfen kann.

    Aber ich bin in 2 Wochen sowieso für ein paar Monate weg (beruflich). Ich hoffe, dass ich in dieser Zeit Abstand gewinne. Danach "muss" ich wieder heim, will aber so schnell wie möglich studieren und auch ausziehen.
    Mein Onkel weiß bescheid und der hilft, jedenfalls finanziell, so dass ich die Möglichkeit habe, eine Wohnung zu besitzen (Aus beruflichen/schulischen Gründen)

    Momentan geht es mir nicht so gut. Fühle mich von Freunden hängengelassen. Bei soetwas bin ich immer total "verwirrt" weil ich nicht weiß, ob ich der Anlass bin,dass sie sich zurückziehen, meine Denkweise, oder auch sie selbst.
    Ich fühle mich, als hätte ich 0 Selbstbewusstsein. Positiv daran ist, dass es schonmal nicht weniger werden kann :D
    Aber irgendwie will nichts dazu kommen. Habe manchmal Tage des Hochgefühls und wenige Zeit darauf bin ich wieder sehr niedergeschlagen, fast manisch, seit ca 1 Jahr.

    Beispielsweise habe ich vor einigen Tagen etwas nachgedacht und war fast überfroh, weil ich mir klar gemacht habe, dass im Leben und in der Zukunft nichts wirklich planbar ist und niemand vorraussagen kann, was passiert und was nichts. Für jemanden wir mich, der mit der 2. Gerhirnhälfte immer in der Zukunft lebt, war das schonmal ne ziemliche Erleuchtung.
    Ebenso, dass ich darauf gekommen bin (wie auch immer), dass man nur wirklich respektiert werden kann, wenn man sich selbst respektiert.

    Aber ich kann mit diesen Weisheiten bisher nichts anfangen. Probleme zu finden, heißt eben nicht, sie zu lösen. Da hab ich manchmal das Gefühl, mein Hirn ist falsch programmiert, aber ich weiß nicht, wie man es umprogrammiert. Viel zu einfach ist es, so weiter zu machen wie bisher.

    Jemand hat mir mal erklärt, dass es bei einer Depression nicht an der Möglichkeit fehlt, was zu ändern, sondern am Wille, v.a. unterbewusst.
    Dass man sich an Schmerz und Leid gewöhnt hat, und denkt, nichts anderes vom Leben zu bekommen als Zitronen. Sich in düsteren Gedanken zu suhlen erfordert weniger Mut, als sich aufzuraffen und etwas zu tun. Aber was tun?
    Bei Selbstratgebern fehlt mir der Vertrauen, mit Therapien hatte ich schlechte Erfahrung (weil ich es aber auch für mich falsch umgesetzt habe) und an Medikamenten sah ich meiner Mutter scheitern.

    Hoffe, dass mir der Abstand, den ich bald zu meinem Heim gewinne, mich dahingehend etwas unterstützt. Momemtan bin ich v.a. ratlos, und da ich nicht mehr die Schule besuche und zur Zeit freu habe, bietet mir leider genug Zeit zum Nerven aufreiben.

    Habe begonnen ein Tagebuch zu führen und ich finde, es hilft jedenfalls dabei, nachts einzuschlafen. Man kann seine Gedanken aufschreiben, und das Buch dann beiseite tun und sich mit anderen Dingen befassen.
    So ähnlich wie bei dieser Seite. Denn wenn man es aufgeschrieben hat, hat man das gefühl, man hat jetzt genug drüber nachgedacht. Die Gedanken dürfen mal Pause machen!

    lg LaMer

    Im Kindergarten bekommt man beigebracht, man solle sich vor dem großen, bösartigen Fremden schützen. Soll nicht zu Unbekannten ins Auto steigen, denn die sind böse. Soll nicht mit alten Männern sprechen, denn die sind böse. Soll sich vor den Jugendlichen, die auf dem Parkplatz abhängen, in Acht nehmen, denn die sind böse.
    Niemals wurde erwähnt, dass man in seinem engsten Familienkreis verletzt werden kann. Dass man sich vor Menschen in Acht nehmen muss, bei denen man sich unwohl fühlt, nicht vor denen, die man nur nicht kennt.

    Wäre es damals ein Fremder gewesen, der mich schlug, hätte meine Mama wohl die Polizei gerufen, sie hätte mich vielleicht versucht zu schützen, wäre sehr sauer auf den Fremden.

    Mein Vater war nie gewalttätig, und so dachte ich immer, dass es mich von all den schlimmen Kindheitserfahrungen doch nicht so arg getroffen hätte. Er trinkt doch nur, anderen ergeht es schlimmer.
    Jetzt weiß ich, nicht die Umstände zählen, das Gefühl zählt.

    Als mein Vater mich schlug, stand meine Mutter daneben. Durchs Gesicht, mir wurde schwarz vor Augen und ich sackte unweigerlich auf die Knie. Habe davor nie gewusst, wie sich sowas anfühlt. Im selben Moment schossen mir tausende Gedanken durch den Kopf, allen voran "Wie konnte er soetwas tun?" Ich war wie gelähmt zu diesem Zeitpunkt. Mein Vater regte sich auf, schrie meine Mutter an, wieso sie mich nicht zurückgehalten hätte. Mich? Wir hatten ein Streit. Er packte mich erst am Arm und wollte mich wegzerren, ich hab seinen Arm weggerissen, daraufhin die Ohrfeige. Muss man sich vor mir wehren? Ich klein und schwach, er, groß und kräftig. Er machte meiner Mutter Vorwürfe, wieso sie mich so erzogen hätte, wieso sie nicht verhindern könne, dass ich "auf ihn losgehe". Das muss man sich mal vorstellen..

    An diesem Abend war er betrunken, ich merkte es an seinem Blick, und an seiner Kampfwütigkeit, wodurch der "Streit" erst entstand (es ging darin um Peanuts, ich hätte irgendwas nicht aufgeräumt)

    Mein Vater, den ich nie als gewalttätig empfunden hatte. Seine Hemmschwelle war mittlerweile so niedrig, dass ich nicht aus Gewaltfreiheit vertrauen konnte. Ich hatte Angst, große Angst, denn wenn er sich das traut, was traut er sich (nach diversen Drohungen) denn noch?

    Die Reaktion meiner Mutter: Sie zwang ihn, sich zu entschuldigen. Ich war hilflos an dem Abend, bettelte sie an sich endlich zu trennen, endlich was zu tun. Ihre Antwort: Sie ließe das auch nicht so stehen, er müsse sich entschuldigen.
    Reicht das?

    Er entschuldigte sich, im gleichen Atemzug fragte er, warum wir ihn auch immer so provozieren müssten. Meine Antwort war kurz "Ich bin fertig mit dir!" Er nahm es "zur Kenntnis", so eine Worte.

    Das ist jetzt ein paar Wochen her. Und sozusagen mein persönlicher Tiefpunkt, an dem ich erkannte, dass es so nicht weitergehen kann und letztendlich der Auslöser, warum ich mich hier angemeldet hab.

    Dachte die ganze Zeit, ich hätte alles unter Kontrolle, dachte sogar mein Vater wäre trocken,weil er ja "nurnoch" alk-freies Bier trank.
    Von wegen.
    Ich habe keine Kontrolle, keine Zügel in der Hand, keine Macht über diese Situation. Ich kann nichts ändern, nichts steuern.

    So, das ist wohl das erste Mal, dass ich mich wirklich damit konfrontriere. Habe das in den letzten Wochen ein wenig untergraben und verdrängt. Und jetzt bin ich froh, dass ich es aufgeschrieben hab.

    Lg LaMer

    PS: Mit " es ging nie um den Alkohol " meine ich hier, dass meine Mutter ihn zwar oft angesprochen hat, so wie bei dir eben, aber das Gespräch immer auf meiner Mutter geschoben wurde, auf ihre "Probleme" . Sie hat sich nie getraut wirklich auszusprechen, dass er in unseren Augen zu viel trinkt.

    Als wir ihn mal zu dritt drauf ansprachen (zu diesem Zeitpunkt war er betrunken) brüllte er sowas rum wie: Ihr stellt mich hier als Alkoholiker da, ich mach doch so viel, koche, mach die Wäsche. Das ist doch nur eine Hetze eurer depressiven Mutter!

    Hallo lütte!

    Dein Anfangspost hat mich sehr an die Situation bei uns daheim erinnert. Mein Papa trinkt schon seit ich denken kann. Immer wars nur Bier und irgendwann - schleichend - kam auch Kräuterschnaps hinzu. Immer mehr, plötzlich auch mehrere Flaschen die Woche. Gewaltätig war (WAR) auch er zu diesem Zeitpunkt nicht. Und trotzdem haben wir Kinder und meine Mutter uns immer unwohl gefühlt, wenn er mit seinem glasigen Blick aus dem Keller hochkam und eine Fahne hatte.
    Trotzdem hätten wir das Wort "Alkoholiker" nie ausgesprochen. Überhaupt dachten wir, alles sei nicht so schlimm und ein "echter" Alkoholiker sei anders. Meine Mama wurde depressiv und in den Diskussionen, die ich leider immer mitbekommen habe, ging es nie um den Alkohol, es ging darum dass meine Mama ja depressiv ist und deswegen so empfindlich reagiert. Sie ging dann auch in Kur aber mein Papa blieb daheim und trank weiter.

    Auch ich hatte irgendwann keinen Bock mehr. Ich ging in die Therapie und lerne dort so einiges über Alkoholiker. Trotz allem was ich lerne, konnte ich mir nie verinnerlichen, dass ICH niemanden ändern kann. Ich habe immer gehofft, dass als Reaktion auf mein verändertes Verhalten auch mein Vater sich verändern würde.Gleichzeitig habe ich Druck auf meine Mutter ausgeübt. Ich dachte, wenn sie ihr Verhalten ihm ggü. verändert, würde er mal richtig aufwachen, seinen Tiefpunkt erreichen, sich ändern.

    Trotz Therapie glitt ich in die Co-Abhängigkeit. Ich habe einfach falsch reagiert. Heute weiß ich es besser, gott sei Dank.

    Bin momentan auch schreibwütig, so wie du dich ja am Anfang hier auch geschrieben hast. Aber ich denke, schreiben kann schon beim Verarbeiten helfen.

    Zitat

    Ich habe festgestellt, dass es nur um meinen Anteil der Schuld an dieser Situation ging. (...) ich habe daher während des Gespräches mehr oder weniger meine Klappe gehalten und die Schuld auf mich genommen

    Auch wenn es sich jetzt vielleicht ein wenig unterscheidet: Mein erster richtiger Freund wurde abhängig von Cannabis (ja immer diese Ironie, man sucht sich einen Partner wie den Vater), aber auch ich hatte die Nase voll, habe gepackt und bin gegangen. Trotzdem habe ich mich wie du einige Tage später zu einem Gespräch umringen lassen worin es darum ging, dass wir beide unser Selbstbewusstsein steigern müsste, dann würde es schon gehen. Er sei doch nicht abhängig, um Gottes Willen. In diesem Gespräch damals hab ich nur die passive Rolle eingenommen, wenig gesagt, er hat meistens geredet. Ich habe damals auch die Schuld auf mich genommen. Dabei war die Trennung das einzig richtige und ich bin heute mehr als froh, den schwierigen Schritt gegangen zu sein!
    Halte durch, das Forum wird dir helfen ;)

    lg LaMer
    [/quote]

    Hallo ihr zwei! :)
    gartenblume: Ja, diese Überangepasstheit! Es ist wirklich krass. In meiner Jahrgangsstufe an der Schule bin ich (rein von außen betrachten) mit eigentlich JEDEM gut klargekommen und eine Freundin meinte mal, dass es ihr Angst macht, dass ich wirklich mit so vielen verschiedenen Charakteren zu tun habe. In Wirklichkeit, das habe ich schon früh beobachtet, war ich eigentlich meisterlich darin, die Situation zu erkennen und mich anzupassen. Wusste, wie ich mich verhalten musste und was ich wie sagen musste um mich mit denen zu verstehen. Ich hatte einfach Angst, anzuecken, wollte immer die sein, mit dem "langen Draht", die sich mit allen versteht.. :roll:

    schnuffig: Oh du gibst das wirklich besser rüber als ich es gemacht hätte. Die Schuldgefühle aus dem Weg räumen. Das ganze "sauber" und nicht kindisch zu beenden war eigentlich viel mehr mein Wunsch. Auf solche Freunde kann ich wirklich verzichten. Dennoch fällt es mir schwer, in solchen Situationen wirklich zu sagen was ich will.
    Aber es stimmt, ich bin ihr keine Freundschaft schuldig, nur weil die Sache jetzt "geklärt" ist. Danke, dass du mir das vor Augen gehalten hast :)

    lg LaMer

    Zitat von arwen15.2

    Das denke ich wird nicht funktionieren, da er wenn ich ihm eröffne das ich gehe ausflippen wird und entweder mir was antut oder im harmlosesten Fall meine Möbel demoliert, damit ich nix mehr habe wenn ich gehe.

    Hallo arwen!

    Angst- eigentlich soll sie helfen, das Leben zu bewahren, aber in manchen Situationen ist sie hinderlich.
    Angst kann Kontrolle bedeuten, Kontrolle über Gefühle und über Reaktionen.
    Habe bei meinem Vater auch Angst erlebt, viel zu oft. Hab gelernt, damit umzugehen, indem ich nachgebe, mich klein mache, mich nicht mehr äußer. Keine Gründe gebe zum Aufregen...
    Es war falsch. Es war hinderlich und es hat mein Leben nicht bewahrt. Es hat mich leiden lassen. Und ich musste erkennen: Mich hindert nicht mein Vater sondern meine Angst!
    Angst zu haben ist normal, oft ist es auch antrainiert. Aber je besser man seine Angst kennt und sie kontrollieren kann, umso weniger kann man sich kontrollieren lassen. Stehe zu dir und deinen Taten (bzgl der Trennung) Ich wünsch dir ganz viel Mut!

    Ich kann mich an Zeiten erinnern, da hatte meine Mutter Angst, meinem Vater kein Bier mitzubringen...Angst wegen der Reaktion von ihm.
    Und ich hatte Angst meine Meinung zu sagen, Angst abends wegzugehen, denn er wollte mich und meine Schwester immer daheim halten.
    Manchmal hilft es, nicht darüber nachzudenken, nicht über mögliche Folgen seinerseits nachzudenken sondern sich nur auf sich zu beziehen, auf seine eigenen Wünsche und Gefühle und dann über seinen Schatten zu springen!

    Du schaffst das!

    Verdammt gutmütig. So würde man mich wahrscheinlich als Außenstehender beschreiben.
    Hatte in den letzen Jahren viele Freundschaften, die kaputt gegangen sind. Meistens war es so, dass ich EINE sehr gute Freundin hatte, war beinahe fixiert auf sie. Und dann gab es manchmal irgendwas, was mir nicht gefiel. Wurde häufig versetzt, Uhrzeiten wurden nicht eingehalten, man meldete sich nie bei mir, immer war ich die, die sich meldete, nach Treffen fragte. Als die Freundschaften dann (wer hätte es gedacht) auseinander gingen, fühlte ich mich schuldig...auch heute noch. Habe immer gedacht, ich wäre schuld daran, ich habe den Kontakt ja letztendlich abgebrochen (dabei hatten die anderen wohl schon viel früher dicht gemacht)
    Wenn ich das hier aufschreibe, klingt es komisch, ja beinahe banal.
    Habe am Wochenende einer dieser "Freundinnen" getroffen. Wir waren wirklich gut befreundet, aber am Ende hatte sie mich benutzt um was über ihren Ex herauszufinden, mit dem ich befreundet bin.
    Nunja, was mache ich also am Wochenende? Stürme auf sie zu, möchte reden, sie meint danach, alles klar, wir fangen mit unserer Freundschaft schon wieder an.
    Jetzt frag ich mich: Wieso? wieso hab ich das eigentlich getan? Ich glaube, weil ich Schuldgefühle hatte/habe. Weil ich denke, irgendwie bin ich ja Schuld, hab mich damals nicht benutzen lassen wollen, das aber nie so klipp und klar gesagt sondern den Kontakt abgebrochen.

    Ich bin zu gutmütig. Und fühle mich immer zu 80% verantwortlich für unsere Freundschaften. Wenn ich so recht überlege, fehlt es mir irgendwie an wahren Freundschaften, bei denen alle Beteiligten gleichviel in die Freundschaft stecken und beide was von haben.
    Aber ich kann es mir nicht erklären, was Freund- und Partnerschaften angeht, schein ich irgendwie doof zu sein :D
    Möchte nie als der Blöde darstehen und reagiere daher oft netter als ich wohl sollte. In Wirklichkeit habe ich gar keinen Realitätsbezug mehr zu meinen Freundschaften, kann nicht unerscheiden zwischen denen, die schaden und denen, die gut sind. :roll:

    Mal wieder einen schlechten Tag gehabt heute.
    Naja, ich geb nicht auf!
    lg LaMer

    Hallo Zimttee!
    Jetzt fühl ich mich ja irgendwie geschmeichelt :lol: Andererseits lassen sich viele erst helfen wenn sie einen einschneidenden Tiefpunkt im Leben hatten und ich hätte nicht erwartet, meinen schon in so jungem Alter zu haben. Aber ich seh dasmal als Chance, sonst heißt es hier ja "lieber spät als nie", bei mir ist es halt "lieber früh als spät"! :P

    Finde es beruhigend und auch sehr hilfreich, hier im Forum Erfahrungen von Menschen zu lesen, die das selbe durchmach(t)en. Man lernt sich so irgendwie selbst kennen!

    lg LaMer

    Hallo Schneekugel!
    Wirklich interessantes Thema!
    Ich finde, die Problematik, die du ansprichst, ist gut im Buch "Frauen die zu sehr lieben - die heimliche Sucht gebraucht zu werden" von Robin Norwood erklärt (Kennen hier wohl mittlerweile mehrere^^)
    Darin wird die Beziehung eines EKA zu seinen Eltern wie ein Tanz beschrieben, den das Kind seit frühstem Kindesalter bis oft ins hohe Erwachsenenalter (eben bis zu Aufarbeitung) ausführt. Man ist gewöhnt an die Schritte und kennt keine anderen und sucht sich den "Tanzpartner", der eben ähnliche Schrittfolgen (=Verhaltensweisen) beherrscht.
    Wenn einem als junges Mädchen gesagt wird, dass man oft später einen Partner sucht, der wie ein Elternteil ist, bekommt man als EKA häufig Angst und will mit allen Mitteln verhindern, dass es soweit kommt (so wars bei mir). Aber die Tanzschritte sind was unbewusstes, eingeübtes.
    Bei meiner ersten festen Beziehung (die 3 Jahre dauerte, für mein Alter eine Ewigkeit) habe ich bewusst darauf geachtet, einen Freund zu haben, der nicht so aggressiv wie mein Vater ist. Aber das war dann auch irgendwie das einzige, worauf ich bewusst Wert gelegt habe.
    Um nicht den selben Streit wie daheim auch in meiner Beziehung zu haben, hab ich mir von Anfang an zu mir gesagt: "Du machst keinen Stress, gibst lieber einmal zu viel nach! Du willst die die doofe Zicke sein, die sich über alles aufregt, lieber die, von der man akzeptiert wird!"
    Damit hab ich den selben Fehler wie meine Mama gemacht: Akzeptieren und Warten, dass der andere sich ändert. Für mich war die Aggressivität meines Vaters und die lautstarken Streits das Schlimmste, aber dass es auch um Vernachlässigung, Unzuverlässigkeit und fehlendes Vertrauen und fehlende Nähe geht (zu was es eben in meiner Beziehung kam) war mir noch nicht klar. Sowas wird einem wirklich erst bewusst, wenn man mit seinem Verhalten konfrontriert wird und seine Vergangenheit v.a. im Bezug auf den Alkoholismus in der Familie aufarbeitet. Diese Tanzschritte, die man eingeübt hat, beeinflussen uns wohl viel stärker und in viel mehr Bereichen, als man bewusst wahrnehmen kann. Aber ich denk, wenn man erstmal seine Verhaltensmuster durchschaut hat und erkennt, hat man eine Chance seinen eigenen Tanz zu kreieren :)

    lg LaMer