Beiträge von Busseschubser

    Danke Carl Friedrich,

    ja, die Wand hilft mir sehr, die Krankheit nicht aus den Augen zu verlieren, oder im Laufe der Zeit "Leichtsinnig" zu werden.

    Meine Therapeutin in der Klinik hat schon zu mir gesagt: "Sie haben gute Chancen es zu schaffen, denn bei Ihnen war die

    Depression VOR der Alkoholsucht da, und die haben wir gelöst". Es scheint, als würde sie Recht behalten. Aber selbst,

    wenn sich wieder eine Depression bilden sollte, ein Blick auf die Wand sagt mir sofort, was der falscheste aller Wege ist.

    Hallo Ihr Lieben,

    möchte einfach mal ein Lebenszeichen von mir geben.

    Bin jetzt seit 17 Monaten trocken und mir geht es weiterhin sehr gut. Ich genieße mein neue selbstbestimmtes Leben und Ich empfinde weiterhin keinen Suchtdruck, hin und wieder mal "Gelüste", aber die sind nach gefühlten 10 Sekunden wieder vorbei. Ich kann ohne Probleme an Veranstaltungen oder Festivitäten teilnehmen, wo natürlich Alkohol getrunken wird. Ich trinke mein Wasser und mein Latte Macciatto und bin glücklich und zufrieden dabei. Ich habe Spaß, kann lachen, und auch nüchtern die Gesellschaft bestens unterhalten. Aber ich befrage vorher immer meinen Bauch, ob es sich gut und richtig anfühlt. Wenn auch nur der geringste Zweifel besteht, bleibe ich zu Hause.Ich habe von Anfang an kein Geheimnis daraus gemacht, Alkoholiker zu sein, und kann für mich nur sagen, dass dies "der für mich richtige Weg" war. Niemand nimmt es mir übel, wenn ich nicht anwesend bin oder frühzeitig nach Hause gehe. Im Gegenteil, jeder in meinem sozialen Umfeld ist glücklich, dass ich so sehr auf mich achte und mich schütze.

    Wie gesagt, mir geht es blendend und ich genieße jede Sekunde meines neuen Lebens. Am schönsten ist für mich, dass ich wieder die Fähigkeit habe, jede für mich gefühlte Schönheit - sei es Natur, besondere Stimmungen, ein Film, ein Erlebnis ect. - bewußt erleben zu können, in Stille verharren zu können und es aufnehmen, fühlen, spüren, können. Ich bin kein "Getriebener" mehr......und das ist ein saugeiles Gefühl.

    Körperlich habe ich wirklich ein Riesenglück gehabt und keine bleibenden Schäden davon getragen. Auch wenn ich, dessen bin ich mir jetzt bewußt, dem Tod schon umarmt hatte. Ich gehe alle 4- 5 Monate zur Kontrolle, wurde mir von der Klinik angeraten, und meine Werte sind alle im TOP-Bereich. Okay, der Langzeitzuckerwert liegt mit 0,1 über dem Grenzwert, aber das verdanke ich meiner neuen "Belohnung".....Schokolade....lach.

    Ich hoffe, Euch geht es auch so gut. Und ich möchte nicht vergessen zu sagen, DANKE an dieses Forum.....ihr seit wirklich eine große Hilfe !!!!!

    Liebe Grüße vom Starnberger See

    Edgar

    PS:

    Ich habe mir im Wohnzimmer eine "Wall of Rebirth" gemacht. Dort hängen. auf Leinwand gezogen, meine Tagebucheinträge aus der Klinik, mit Bildern aus der Tiefenpsychologie die ich gemacht habe, und am allerwichtigsten die erste Seite des Tagebuches: "Körperliche Beschwerden und Entzugserscheinungen vor der Klinik". Eine ständige Mahnung. Etwas, was ich nie mehr wieder erleben und durchmachen möchte-

    Hallo Hartmut,

    Für mich werden da auch zu schnell Schubladen geöffnet, in die man eventuell gar nicht reinpasst.

    Interessanter Aspekt. Darüber muss ich wirklich mal nachdenken. Als "gerade erst Trockener" fühlt man sich natürlich in vielen Dingen, die einem neu sind, unsicher und ist vielleicht auch zu feinfühlig dafür. Wittert jetzt sozusagen in allem eine Gefahr. Der Begriff "Schublade öffnen" hat was.

    Danke für den Hinweis

    So geht es mir mit dem Kaffee. Auch wenn ich mir vornehme, weniger davon zu trinken, kann ich es nicht. Wie bei Dir so eine Art Zwang. Und es stört mich ebenfalls. Ich sehe das so, dass ich unbedingt etwas in der Hand halten muss. Vorher die Flasche, jetzt den Kaffeebecher. In der Arbeit geht es besser, weil ich dort den ganzen Tag mit einer Wasserflasche in der Hand rum laufe. Oder es ist das Suchtgedächtnis, etwas Trinken zu müssen.

    Hallo Seeblick,

    ich bin den Weg gegangen, dass ich aus meiner Krankheit kein Geheimnis gemacht habe. Weder in der Arbeit noch in meinem privaten Umfeld. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass mich dies eher schützt als schadet. Wenn ich eine Veranstaltung absage, weiß jeder Bescheid. Und keiner hat es mir bis jetzt krumm genommen oder mich doch zum kommen überreden wollen (wären sie aber auch Chancenlos gewesen). Im Gegenteil. Es ist für alle völlig in Ordnung. Und da bin ich auch eisern. Ein "Nein" ist ein "Nein". Und was die Anderen denken, interssiert mich nicht die Bohne. Denn das habe ich gelernt. "Ich" bin wichtig, "Ich" achte auf mich. "Ich" lande ja wieder in der Klinik, nicht die Anderen.

    Hallo Sunshine_33,

    also beim Thema "Reiswaffeln" musste ich auch erst mal lauthals lachen. Sorry dafür. Ich glaube, da kann keiner dagegen anstinken.

    Aber sehr interessant zu lesen, wie sich bei jedem die physischen und psychischen Veränderungen auswirken, wenn kein Alkohol mehr im Spiel ist.

    Ich verstehe "Suchtverlagerung" also so, dass, wenn ein Zwang da ist, etwas unbedingt im Haus haben zu müssen, man bereit ist, um 23 Uhr an die Tanke zu fahren um es sich zu besorgen, man morgens schon nachsieht, ob auch genügend Nachschub da ist, der Griff zum Button "Bestellen" wie ein Magnet wirkt, dann ist das sicherlich eine "neue" Sucht.

    Vielleicht ist es auch wichtig für uns, es eine gewisse Zeit zuzulassen, so lange es nicht lebensbedrohend oder existenzbedrohend ist. Immerhin haben wir unsere Körper und unseren Geist jahrelang mit einem Gift vergewaltigt. Was sind dann schon 2 Tafeln Schokolade am Tag, oder in paar Tassen Kaffee mehr am Tag, oder Reiswaffeln....brüll. Hauptsache kein Alkohol.

    Ich denke, jeder merkt aber, wenn etwas nicht normal ist für einen, und man sich Gedanken darüber macht, weil es auffällig wird. Wie bei mir der Kaffee, bei Dir die Reiswaffeln, bei der "Cadda" das Shoppen. Man ist also schon achtsam mit sich selbst und kann es dann auch ändern, wenn man der Meinung ist, dass es einem nicht gut tut.

    Erst mal Danke an Hartmut, dass Du diesen Thread nach oben geholt hast.

    Heute sind es bei mir 180 Tage, dass ich trocken bin. Und in der Zeit habe ich einige Veränderungen an mir festegestellt, über die ich mir so meine Gedanken mache. Vermutlich ist es "normal", dass sich der Körper umstellt, nachdem endlich kein Alkohol mehr im Spiel ist. Ich schreibe jetzt einfach mal, was mir so an mir aufgefallen ist an Veränderungen. Ich stelle zum Beispiel fest:

    1. Der Konsum an Kaffee hat extrem zugenommen. Ich trinke ihn nur mit Milch, da mit Zucker sonst meine Zuckerwerte explodieren würden. 12 - 16 Tassen

    am Tag sind inzwischen normal geworden. Wenn ich in der Arbeit bin, dann 6-8 Tassen weniger. Es ist zwar milder Kaffee mit viel Wasser, aber trotzdem.

    Ich sehe das schon als eine Art Suchtverlagerung. Anscheinend brauche ich irgendwas in der Hand. Früher die Flasche, jetzt den Kaffeebecher.

    Bei meiner Präventionswoche in der Suchtklinik würde ich dafür arg gerügt, da dies zu Nierenschäden führen kann. Kaffee ist Wasserabführend.

    Merke ich...lach...an der Häufigkeit der Toilettengänge. Ich trinke aber dennoch zusätzlich noch ca. 3 Liter Wasser täglich.

    2. Geschmackssinn. Meine Lieblingsgerichte vorher schmecken mir heute nicht mehr. Sie schmecken wie Verdorben, schimmelig. Ich war ein

    Fleischfresser, Hauptsache Fleisch und fettig. Immer alles mit Käse überbacken. Jetzt habe ich keinen Gedanken mehr an Fleisch. Schnitzel, Burger = Pfui

    Teufel. Vorher 500 gr Hackfleisch mit Bohnen, seit 180 Tagen nicht mehr gemacht. Na ja, der "Bierhunger" ist ja jetzt weg. Ebenso kein Gedanken

    mehr an warmes Essen. Faulheit es zu machen? Hab aber auch keine Appetit drauf, verschwende keinen Gedanken daran. Ein Stück Brot, jetzt sogar

    ohne Butter, ein Stück Käse und etwas Wurst reicht mir völlig. Meine Psychotherapeutin meinte....Fleisch ist Wut...und Wut habe ich keine mehr. Das ist

    gelöst-

    3. Süssigkeiten. 10 Jahre habe ich keinen Kuchen gegessen, keine Süssigkeiten, keine Kekse, keine Schokolade, nichts. Jetzt plötzlich habe ich Verlangen

    nach dem allen. Es schmeckt plötzlich. 10 Jahre habe ich allerdings auch über die Gebühr "Durst" gehabt. Heute kann ich wieder ein Buch im Bett lesen

    vor dem Schlafen gehen und freue mich schon täglich darauf. Ein geiles Gefühl der Zufriedenheit und Entspannung. Aber ohne Kekse und 2 Tafeln

    Schokolade dabei geht es nicht. Gut, ich bin ja 10 Jahre lang nur Besoffen ins Bett gefallen. Vielleicht ist das "meine" Belohnung ?? jetzt.

    So, jetzt hat Pappi mal wieder einen Roman geschrieben, aber es beschäftigt mich halt. Mich würde interessieren, ob es Euch ähnlich erging, was habt Ihr festgestellt an Euch, was empfindet ihr als Suchtverlagerung - wenn es denn überhaupt eine ist - , gibt es Fallen, Verhaltensveränderungen, auf die man achten sollte um sie tunlichst zu vermeiden.

    Wovor mich meine persönliche Therapeutin und die Achtsamkeitstherapeutin dringend gewarnt haben, ist, nicht wie ein ICE durchs Leben zu fahren, sondern immer zu versuchen, der "Glacier-Express" zu sein, der auf einem Nebengleis fährt. Vor allem in der Arbeit. Nie mehr als 80 % Dampf. Um Reserven zu haben, wenn es die Situation erfordert, auf 100 % kurzweilig gehen zu können. Überforderung = Aufbruch der Energiereserven = Depression = Alkohol. Fällt mir aber nicht leicht, meine "Mimo" ( mache ich morgen ) - Liste ohne ein schlechstes Gefühl zu akzeptieren.

    LG

    Edgar

    Ja, das habe ich gemerkt, dass es nicht ungefährlich ist/war. Aber das Visualisieren vorher und die Gemeinschaft mit meinem Sohn und meinen Freunden ( die, die soviel für mich gemacht haben und mich immer begleiten ) haben mir sehr geholfen. Es hat mir auch deutlich gemacht, in nächster Zukunft gewisse Feiern/Treffen zu meiden, wenn ich dort alleine hingehen müsste. Ich weiß, ich bin stark, aber ich will mich nicht der Gefahr aussetzen, festzustellen, doch nicht stark genug zu sein. Dazu ist mein Leben, mein Gesundheitszustand, meine Psyche, viel zu schön nach dem Entzug und der Entwöhnung. Und ich stelle immer wieder fest, im Beisein meines Sohnes und meiner Freunde, fühle ich mich einigermaßen sicher und beschützt. Das ist gefühlt wie die Käseglocke in der Klinik.

    Cool, ich habe auch Urlaub diese Woche. Ich hoffe, in der Woche meinen "Arsch hoch zu bekommen" um an der Wohnung weiter zu machen. Sie ist ja noch nicht ganz fertig. Aber bisher war ich einfach zu faul, oder das Gefühl sich endlich in seiner Wohnung "wohl" zu fühlen, war zu groß. Irgendwie habe ich es wohl auch verlernt. für mich selbst zuzulassen, dass ich mich wohl fühle und das "Recht" habe, dieses zu genießen und einfach mal nichts zu tun.

    Ich kann Dich gerne zu mir einladen, Cadda. Bei mir am Starnberger See haben wir seit mehreren Tagen strahlend blauen Himmel, und über 10 Grad Außentemperatur....grins.

    Ich hätte da mal eine Frage, die mich seit mehreren Wochen beschäftigt. Es geht um Suchtverlagerung, (gefühlte??) Stoffwechselveränderung, Essverhalten, Geschmachssinn, Belohnungssystem seitdem ich trocken bin. Gibt es hier einen Blog dafür? Ich habe noch nichts gefunden.

    Edgar

    Hallo Cadda,

    lieb, dass Du nachfrägst. Ich habe bis Sylvester ganz normal gearbeitet. Alles gut. Den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag habe ich relaxt. Okay, ich war faul ohne Ende....lach. Ich habe aber auch viel nachgedacht. Über mein Leben, Alkohohl, die körperlichen Veränderungen ( Essverhalten, Kaffee, Kekse, Schokolade ), zum ersten Mal nach 10 Jahren auch eine gewisse Einsamkeit zu spüren, meine Gefühle, die ich jetzt ohne Alkohol ( Gott sei Dank ) natürlich viel stärker wahr nehme. An Sylvester bin ich mit meinem Sohn nach Memmingen gefahren und habe dort mit meinen Freunden gefeiert. Ich habe mir den Abend schon vorher visualisiert, denn es war ja schließlich der erste Jahreswechsel ohne Alkohol. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich es doch gut überstanden habe. Ja, ich hatte 2 x starken Suchtdruck, den ich bisher noch nicht gehabt habe. Aber wir haben dann mit 7 Mann/Frau Romme gespielt und das war eine super Ablenkung und hat tierisch viel Spaß gemacht. Meine Freunde haben auch gemerkt, daß ich etwas angespannt und nervös war. Zum ersten Mal nach 177 Tagen habe ich gezittert. Aber sie haben mich dann immer gleich in Gespräche verwickelt und mich somit abgelenkt. Ein Mal war ich doch in großer Gefahr, denn als ich auf die Terasse ( alleine ) ging um eine zu Rauchen, standen dort die angebrochenen Alkoholflaschen. Ich war alleine. Ich habe sofort meine Zigarette ausgemacht, bin rein gegangen und habe meinen Freunden mitgeteilt, mich auf keinen Fall alleine raus gehen zu lassen. Was sie natürlich sofort verstanden und befolgt haben. Zum Jahreswechsel habe ich mit Kinderbrause angestoßen. War kein Problem. Und dann war für mich sozusagen alles vorbei. Kein Suchtdruck mehr, kein Gedanke an Alkohol, alles war in Ordnung. Wir haben noch bis 5 Uhr weiter Spiele gespielt.

    Ja, ich weiß, viele hier würden jetzt wahrscheinlich sagen, wie kann man sich nur in so eine Gefahr begeben. Aber, wenn ich mir nicht sicher gewesen wäre, dass es in Ordnung für mich ist, hätte es nicht gemacht. Ich habe schon einige Feiern/Treffen abgesagt, weil mein Bauch mich gewarnt hatte. Hier hatte ich ein gutes Gefühl. Und, da bin ich mir sicher, zu Hause wäre ich einer wesentlich höheren Gefahr gewesen.

    Wie hast Du die Tage zwischen den Jahren verbracht? Wie war Dein Jahreswechsel? Alle gut?

    LG

    Edgar

    Wer keinen Rat annehmen möchte, den Sinn dahinter nicht versteht oder auch nicht verstehen will, der soll es halt lassen.

    Du hast Dich gegen die Ratschläge hier entschieden, hast Dich in konsumierendes Umfeld begeben...

    Meine Freunde ( ich kenn sie seit 30 Jahren ) vom Capri-Club haben während meiner Abwesenheit in der Suchtklinik meine komplette Wohnung ausgeräumt, alles weg geschmissen, neu gestrichen, neue Böden verlegt, neue Möbel gekauft, alles geputzt. Sie haben gewußt, dass meine Wohnung der Grund zum Saufen war. Hier bin ich vor 10 Jahren neben meiner toten Freundin aufgewacht, die Selbstmord begangen hatte. Hier habe ich mich 10 Jahre eingesperrt und die Socken meiner Freundin lagen noch da, wo sie vor 10 Jahren lagen. Organisiert von meinem Sohn. 10 Mann/Frau haben zwei komplette Wochenenden daran gearbeitet.

    Mit diesem Freunden bin ich 4 Wochen nach meiner Entlassung wie jedes Jahr nach Kroatien in den Urlaub gefahren. In eine 6-Zimmer Villa mit Selbstversorgung. Die Gleiche wie jedes Jahr. Sie konsumieren Alkohol, mal mehr, mal weniger, und oft gar nicht. Es war ein wunderschöner Urlaub. Ich hatte wie immer Bauchweh vor Lachen, nur ich habe Wasser und Kaffee getrunken, und sie eben mal ein Bierchen oder einen Feigling. Ich hatte keinen Suchtdruck, kein Triggern, nichts. Im Gegenteil, ich war absolut glücklich und habe ihnen am Abend auch mal das Bier gebracht oder den Feigling eingeschenkt.

    Das ist nun 4 Monate her. Soll man solche Freunde aufgeben, nur weil sie konsumieren bzw. ein konsumierendes Umfeld darstellen? Die würden sich um 2 Uhr morgens ohne zu zucken in ein Auto setzen und 300 km fahren, nur um mir zu helfen. Unter ihnen befindet sich auch eine Freundin, die seit 16 Jahren trocken ist. Sie ist immer dabei, bei jedem Ausflug, Ausfahrt, Grillfeier oder sonstigem.

    Ich glaube, jeder muss für sich selbst entscheiden, was für einen gut ist oder nicht. Es gibt da keine pauschalierte Meinung oder Ansicht. Und jeder wird sein Umfeld ändern, wenn es eine Gefahr darstellt. Jeder hat ein anderes soziales Umfeld, andere Art von Freunde. Ja, auch ich habe mich von manchen Menschen seither fern gehalten, weil sie seit meiner Trockenheit nicht mehr zu meinem neuen Leben passen.

    Trotz alledem ist auch richtig und gut, dass hier der Finger gehoben und gewarnt wird.

    Hallo Stern,

    erst mal natürlich meine Gratulation zu Deinen 203 Tagen Nüchternheit. Ich hoffe Du kannst, wie ich, Dein neues Leben so richtig genießen. Mit meiner Anmeldung hier bin ich mir noch nicht so ganz sicher. Ich wurde in den letzten Stunden, also seit gestern, mehr mit dem Thema Alkohol konfrontiert, und beschäftige mich mehr damit, als in den letzten 5 Monaten insgesamt. Das Wort Alkohol bzw. die Konfrontation in meinem Umfeld damit, spielen seit der Entgiftung und Entwöhnung überhaupt keine Rolle mehr für mich. Es ist normal geworden. Ich empfinde keinen Suchtdruck, kein Triggern, egal bei was oder bei welcher Gelegenheit.

    Trügerische Ruhe? Falle? Ich weiß es nicht. Für mich habe ich noch nicht entschieden, ob es für mich persönlich gut ist, mich wieder damit zu beschäftigen. Da haben andere hier sicherlich mehr Erfahrung damit. Aber wenn es mich bewahrt, in eine Falle zu tappen und rückfällig zu werden, dann immer her mit den Meinungen und Ratschlägen. Ich bin offen für alles. Auf der anderen Seite, irgendwas muss mich ja dazu bewogen haben, mich hier anzumelden. Mein Bauchgefühl hat mich noch nie im Stich gelassen.

    Hallo Hartmut,

    nein, ich versuche mich keineswegs im kontrollierten Trinken. Ich habe vorgestern den "Weinkäse" im Regal liegen lassen, nachdem ich auf der Verpackung gesehen habe, dass er mit Rotwein produziert wurde. Ich esse auch meine geliebte Mayonnaise nicht mehr, weil dort bei der Herstellung Weinessig verwendet wird laut Verpackung. Ich achte sehr darauf und habe auch kein Problem damit.

    Mit kontrollierten Trinken war gemeint, was ich früher gemacht habe. Mal auf einer Feier getrunken, auch mal mehr als gut tut, aber dann wochenlang keinen Alkohol mehr angerührt. Er war einfach uninteressant und nicht Bestandteil meines damaligen Lebens. In der Klinik nannten sie das "kontrolliertes Trinken". So war das gemeint.

    Ich bin ja noch sozusagen "Frischling" und, ja, ich bin stolz auf mich. Ich habe selbst erkannt, dass ich Alkoholkrank bin. Ich habe selbst in der Klinik angerufen und den Therapieplatz organisiert. Mit ganz eigenartigen Gefühlen, durch das bewusst werden, dass ich dann nie mehr wieder Alkohol trinken darf. Zu diesem Zeitpunkt war das für mich unvorstellbar. Aber ich bin den Weg gegangen und fühle mich daher im Moment stolz auf mich. Vielleicht mag sich das mit der Zeit relativieren und ich eine andere Sichtweise entwickeln. Aber im Moment fühle ich mich so und es tut mir derzeit mehr als gut.

    LG

    Edgar

    Hallo Seeblick,

    oh ja, ich bin unglaublich stolz auf ihn. Er hat mit ansehen, was der Alkohol aus mir machte. Die letzten 14 Tage vor der Klinik, musste er mich täglich mit Alkohol und Zigaretten versorgen, weil ich nicht mehr fähig dazu war, das Haus zu verlassen. Wenn ich heute daran denke, wird mir noch ganz schlecht, um was ich ihn da gebeten habe. Als ich ihm gesagt habe, dass ich einen Termin in einer Suchtklinik habe, ist er mir heulend um den Hals gefallen und hat mir gesagt, wie stolz er auf mich ist. Ich war ja alleinerziehender Vater und habe viele Jahre meine Bedürfnisse seinen untergeordnet. Er hat es mir gedankt. 1000-fach.

    Hallo Stern,

    Danke für Deine schönen Worte und Deinem Kompliment. Ich möchte es allen zurück geben, denn wir alle sind Helden und dürfen zurecht sehr stolz auf uns sein. Hinter jedem von uns steckt eine fürchterliche Geschichte, so viel Leid, Qual und Schmerzen. Und wir alle wissen, wie der schwer der Weg ist, sich vom Teufel Alkohol los zu sagen.

    Hallo Hanseat, ich lese mich hier gerade so durch die Artikel. Mein Gott, wie ich das alles widererkenne. Ich bin froh, diese Seite gefunden zu haben und sehe auch an den vielen Artikeln und Antworten, dass jeder versucht, dem Anderen zu helfen und zu unterstützen. Und ich weiß ja auch aus meiner Geschichte, wie unglaublich wichtig es ist, offen reden zu können, verstanden zu werden und ernsthafte Zuhörer zu haben.

    Herzlichen Dank Carl,

    ja, viele "Rückfällige" in der Klinik haben das Gleich berichtet. Sie kamen mit den analogen SHG nicht zurecht und hatten keine Wirkung, keinen Sinn, nervten, oder die Teilnehmer passten einfach nicht. Das befürchte ich auch bei mir. Darum habe ich mich hier angemeldet. Wie bei der Suche damals nach einer Suchtklinik, hatte ich hier von Anfang an ein gutes Bauchgefühl.

    Ich freue mich auf den Austausch hier.

    LG Edgar

    Guten Morgen vom Starnberger See,

    hmmm...wo fange ich an, wo höre ich auf mich vorzustellen. Nun, ich bin 59 Jahre alt und getrunken habe ich schon immer. Kontrolliertes Trinken wie ich inzwischen gelernt habe. Wobei ich schon immer ein sehr "durstiger" Mensch war. Aber immer gesellig, nie aggressiv. Lustig. Gut drauf. Ein gern gesehener Gast.

    Mein Leben war von Anfang an nicht einfach. Gewalttätiger Vater, zusehende Mutter, körperliche und psychische Mißhandlung. Mit 17 ausgezogen und trotz alledem etwas aus mir gemacht. Leitende Position, Vorstand von einem Sportverein, Freunde, die mich lieben.

    Im Nachhinein betrachtet begann es vor 11 Jahren. Ich wachte eines morgens neben meiner fast toten Lebensgefährtin auf. Sie hatte eine Überdosis Morphium genommen. Nur noch Schnappatmung. Sie wurde zwar widerbelebt, aber das Morphium hatte ihr Gehirn durch stundenlangen Sauerstoffentzug zu 95 % vernichtet. Sie lag 10 Jahre in Koma und ist letztes Jahr gestorben. Ich zog meinen Sohn ( damals 12 ) alleine groß ( die Ex-Frau wollte nichts von ihm wissen ), managte Beruf, Sohn und den Alltag. Meine Ex-Frau kam zur Besinnung und wir teilen uns das Sorgerecht. Auf seinen Wunsch hin, lebte er 1 Monat bei mir und dann 1 Monat bei meiner Ex-Frau. Alles lief gut.

    Aber doch begann ich unbemerkt mehr zu trinken und der Alkohol beeinflusste mein Leben immer mehr. Ich hatte tagsüber nie einen Gedanken an Alkohol, nie getrunken, aber in dem Moment wo ich die Türe zu meiner Wohnung aufschloß, war der erste Griff zur Flasche. Heute weiß ich, dass die Wohnung mein Problem war. Die Socken meiner Freundin lagen immer noch da, wo sie vor 10 Jahren lagen. Ich konnte nichts verändern. Immer mehr schloß ich mich zu Hause ein, war nicht mehr fähig, außerhalb der Arbeit etwas zu tun. Der Alkohol begann mein Leben zu beherrschen. Ich freute mich tagsüber schon auf das nach Hause kommen, um trinken zu können. Ich vernachlässigte meine Wohnung und ich am Schlimmsten mich selbst. Ich war nicht mehr fähig, Zähne zu putzen oder zu duschen. 7 Monate lang !!!! Dann gegannen die Entzugserscheinungen und fürchterliche körperliche Schmerzen. Angststörungen, Panikattacken, tagelanges Grübeln. Und immer mehr trinken, denn dann war alles erträglich. Mein Leben bestand dann am Wochenende oder freien Tagen nur noch aus Aufstehen, trinken, schlafen, trinken, schlafen, trinken.

    Kurz darauf an einem Montag erlebte ich in der Arbeit einen Nervenzusammenbruch. Ich fuhr nach Hause, trank und alles war plötzlich wieder gut. Das war der Moment, wo mir klar wurde, dass ich Alkoholiker bin. Ich gestand es mir zum ersten Mal ein. Körperlich und psychisch war ich aber schon ein Wrack. Ich informierte meine Freunde, dass ich Alkoholiker bin und ihre Hilfe brauche. Ich suchte im Internet nach Hilfe und fand die "Betty-Ford-Klinik". 2 Wochen später wurde ich dort aufgenommen. Die Ärzte stellten dabei fest, dass es fünf Sekunden vor 12 für mich war. Leberwert bei 2095, Bauchspeicheldrüse in einem schlimmen Zustand. Und so weiter. Es folgte die Entgiftung und dann die Entwöhnung. Durch die intensive Betreuung der dortigen Psychologen konnte ich von meinem Trauma ( Freundin ) befreit werden und auch von meinen Depressionen. Ich spürte wieder Regen auf meiner Haut und sah, dass die Bäume grün sind.

    Während meines Aufenthaltes dort, hat mein Sohn meine Freunde zusammen getrommelt und sie haben meine Wohnung komplett renoviert. Sie haben alles was drin war, weg geschmissen, sie komplett neu eingerichtet. Überall Laminat verlegt, die Wände gestrichen, alles geputzt, neu möbliert. Ich habe geheult wie ein Hund, als ich nach Hause kam. Vor Freude.

    Nun bin ich seit 6 Monaten trocken und habe mein Leben wieder zurück. Ich verspüre nur selten Suchtdruck, und wenn dann nur für ein paar Sekunden. Ich habe Notfallnummern und Kontaktpersonen, die mir nahe stehen, wenn der Druck mal zu hoch werden sollte. Ich bin wieder glücklich und erlebe alles in seiner Schönheit und vor allem wieder Intensiv.

    Vor 1 Monat war ich zu einer Präventionswoche wieder in der Betty. Mir wurde noch mal dringend ans Herz gelegt, mich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Und ich spürte, dass sie Recht haben. Bisher war ich der Meinung, dass das nicht notwendig sei. Aber meine Angst ist doch, dass der "Alkohol" mit der Zeit zu weit in den Hintergrund rückt und die Gefahr eines Rückfalles größer wird. Und das will ich auf keinen Fall. Ich möchte das nie mehr wieder erleben und erleiden müssen.

    So, aus der gewünschten kurzen Vorstellung ist doch nun ein Roman geworden.....lach. Aber ich möchte mich so gerne mit Euch austauschen, das Thema "am Leben" halten und vor allem, anderen Leidgenossen versuchen zu helfen, oder wenigsten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.