Beiträge von Confuzius

    Ich glaube darum ging es nicht. Es ging darum, dass man alle Menschen erreichen möchte, und nicht einfach einzelne weil sie andere Ansichten haben, die Zaunslatte vor den Kopf zu knallen und diese über die Klinge springen lässt, um die anderen zu schützen. Jeder ist wichtig. Es kommt immer darauf an, wie man Kritik formuliert und mit welchem Fingerspitzengefühl man ran geht - denn Kritik muss auch für den anderen annehmbar bleiben. Und dass die Sucht Todesopfer fordert, wissen wir alle ... aber wenn dann die Argumente ausgehen, ist das immer das Totschlagargument um seinen rauhen und teils unverschämten Ton zu rechtfertigen. (genauso dieses hohe Ross der Abstinenzjahre).

    Seit ich hier bin, haben sich aus diesem Grund schon so viele verabschiedet, der letzte hat mir das auch in einem anderen Forum bestätigt). Ich möchte nicht wissen, wieviel dadurch verloren gegangen sind.

    (so und jetzt könnt ihr über mich herfallen)

    Das ist bei jedem unterschiedlich. Das kann ein objektives Hinterfragen der eigenen Glaubenssätze sein, z.B. auf die man selbst gar nicht gekommen wäre. Das können das "Entstehen verschiedenster Emotionen in der Beziehung" und das Reflektieren sein. Damit verbunden auch echte Selbstkritik, die Veränderung erst möglich macht. Das kann die Konfrontation mit eigenen Ängsten sein usw. usw. Das hängt denke ich auch viel mit den Erfahrungen zusammen, wie man geprägt wurde in der Kindheit, wie man heute Beziehungen gestaltet oder ob man ein Trauma noch verarbeiten muss ... da gibt es kein universelles Vorgehen.

    Moin Wollwolke,

    ja, jede Menge negative Gefühle. Kann ich auch absolut nachvollziehen. Was meinst du damit, weil die Familie so ungerecht ist ?

    Bitte stecke nicht den Kopf in den Sand. Das würde an der Situation nichts ändern. Es gibt auch Trauerbegleitung. Ich könnte mir vorstellen, dass das was du erlebt hast schon ein kleines Trauma sein kann, was nicht jeder gut bearbeitet bekommt.

    Ich drück Dir sehr die Daumen, dass sich der Schleier bald lichtet.

    LG Confuzius

    Hallo BenTue,

    was hat dir denn der Hausarzt geraten ? Und hast du jetzt schon einen Termin für den Entzug ?

    Was mir noch aufgefallen ist: am Anfang schreibst du, du hast Angst jemandem den Platz wegzunehmen. Und ich dachte so, ja ok - kann ich nachvollziehen, wenn man selbst meint, nicht so stark betroffen zu sein.

    Jetzt kommt das aber: im weiteren Verlauf schilderst du sehr eindrücklich, wie schlecht es Dir geht, Neuropathie hast und kaum noch laufen kannst.

    Denkst du jetzt immer noch, du nimmst jemandem den Platz weg ? Für mich hört sich das nämlich schon sehr schlimm an, und nach allerhöchste Eisenbahn für den Entzug. Du darfst ruhig auch mal realistisch deine Lage einschätzen und Dir sagen, du brauchst den stationären Entzug. Es geht um Dein Leben.

    LG Confuzius

    Hallo Yannik,

    willkommen hier.

    Was die Offenheit angeht, schaue ich mir schon an, wem ich es erzähle. Freunde und Familie wissen es, auf Arbeit muss es niemand wissen. Man weiß dort auch nie, welche Nachteile einem da entstehen könnten.

    Was die WG angeht. Können deine Mitbewohner ihren Alkohol nicht in ihren Zimmern lagern ? Bei mir war das so, dass ich zwar Phasen hatte, wo mich das gar nicht gestört hat, ich konnte daran vorbei gehen, aber irgendwann ist man mal nicht so gut drauf, es ist irgendwas schlechtes passiert oder oder und zack, steht der scheinbare Problemlöser vor der Nase.

    Was ich damit sagen will, im Allgemeinen hat man nicht immer den gleichen Willen jeden Tag.

    LG Confuzius

    Hallo Hartmut,

    auch nach 15 Jahren Trockenheit, kannst du nicht sagen, ob andere Wege nicht auch legitim sind. Mit dieser Absolutheit gehe ich auch nicht mit. Es sind Deine Erfahrungen, und als solche kann man sie doch auch kennzeichnen.

    Es ist ein Unterschied, wenn man schreibt "es ist" oder wenn man schreibt "bei mir war das so" ... das macht es dann auch einfacher für dein Gegenüber anzunehmen.

    Das hier eine Risikominimierung gemacht werden muss, hab ich auch nie bestritten. Darum ging es in diesem Thread auch nicht.

    LG Confuzius

    Hallo Mexico,

    der Weg über die Psychotherapie war für mich sehr wichtig. Und (das liegt in der Sache) wird man dort auch viel über Gefühle sprechen und sie beleuchten und einordnen. Für manche mag das kein Weg sein, muss es ja auch nicht. Ich persönlich habe sehr viel daraus mitgenommen (ohne hätte ich vielleicht auf Dauer nicht überlebt) und ich gehe damit auch offen um, damit andere vielleicht von meinen Erfahrungen auch profitieren können. Ich finde da nichts falsches daran. Ich gehe auch offen mit meinen psychischen Einschränkungen um, auch weil ich möchte, dass diese Erkrankungen aus der Diskriminierungsecke raus kommen. Wenn die Betroffenen darüber schweigen, kann niemand dazu auch ins Gespräch kommen. Und Austausch finde ich sehr wohl wichtig, egal um was es geht.

    Ich möchte Dir Mut machen, am Ball zu bleiben und Deinen Weg zu gehen. Bei mir hat es mehrere Jahre Therapie gebraucht und ich bin sehr froh über die Möglichkeit.

    LG Confuzius

    Mir wird da und da zu viel Zeit bei der Suche angeblicher „Auslöser, Begleitumstand oder Grund der Sucht“ herumgestochert als um den Weg heraus. Bugsiere ich mich da nicht rückwirkend in die Opferrolle rein? Wenn ich dann noch ein mangelndes Selbstwertgefühl mit aufführe, frage ich mich, warum Menschen mit einem ausgeprägten Selbstwertgefühl abhängig wurden.

    Da wird mir zu viel rückwirkend und nicht mehr greifbar psychologisiert, anstatt nach vorn zu schauen.

    Eben gerade nicht. Es bedeutet Heilung zu erkennen, dass man kein Opfer (mehr) ist und es keine Gründe gibt zu trinken.
    (ich hatte viele Krisen, und war da eben immer der bedauernswerte Drops - das meine ich mit Opfermodus). Komme ich da raus, nehme ich mein Leben wieder in die Hand. Es geht nicht primär um Ursachen (Gründe fürs Trinken), es geht um die Überwindung der Opferrolle, die dazu diente Gründe vorzuschieben (wie eben eine Krise z.B.). Das ist ein Unterschied. Und genau deshalb macht man sich mit dem Befreien aus der Opferrolle nicht rückwärts wieder zum Opfer.

    Zitat

    mein Wesen (z.B. zu geringes Selbstwertgefühl)

    Das impliziert, dass das geringe Selbstwertgefühl zum Wesen gehört und fix ist. Meine Erfahrung ist da anders. Es ist nicht fix und an einem geringen Selbstwertgefühl kann man arbeiten. Ich war da auch sehr gestört drin (und dachte auch immer Persönlichkeit ist nicht änderbar oder besser gesagt die Störung). Nun weiß ich aber, dass es doch änderbar ist. Mein Grundwesen ist das Gleiche (aus einem Elefant wird auch mit noch soviel Therapie keine Giraffe), aber das Selbstwertgefühl ist gewachsen, der Antrieb ist gewachsen, die Ziele und Wünsche sind wieder da und ich gehe so viel wacher durch die Welt)

    Aber, Mexico, was ist mit dem Wunsch genauso frei sein zu wollen wie Nichtsuchtkranke ? Willst du da auch die freie Möglichkeit haben, Alkohol zu trinken ? Weil ? Ich fühle mich auch ohne diese Freiheit zu trinken, nicht unfreier. Weil Alkohol einfach keine Rolle mehr spielt und ich diesen auch gar nicht trinken will. Deshalb ist man doch nicht unfreier. (im Gegenteil vielleicht sogar. Du machst dich frei von einem Stoff, der überhaupt nicht wichtig ist für ein gutes Leben. Er ist sogar eher schädlich für ein gutes Leben). Ich vermisse nichts.

    Zitat

    Das ist es ja, was mich umtreibt, die Ursache: warum bekommen viele das aus ihrem Kopf nicht heraus, den Gedanken Alk. ist die Lösung?

    Das die Sucht die einem immer wieder dahin treibt ... unbestritten. Und das man allerlei Gründe sucht, um diese zu befriedigen auch.

    Ich finde, es steht alles da in verschiedenen Bereichen. Auch eine Einstellungsfrage, finde ich.

    Man könnte auch die Ursache der Ursache erfragen, bis man irgendwann beim Urknall angekommen ist. Ich genieße derweil mein Leben und erfreue mich an meiner Abstinenz und meiner Selbstwirksamkeit.

    Ich hatte ja oben in Klammern geschrieben, dass ich auch Opfer war früher, auch vor dem Trinken. Aber jetzt, hier und heute bin ich kein Opfer und habe mein Leben in der Hand - mit oder ohne Sucht, mit oder ohne psychische Erkrankung. Und für mich ist klar, ich bin auch kein Opfer der Sucht. Auch das habe ich in der Hand.

    Es geht darum, dass man immer Gründe findet, warum man säuft. (oder gesoffen hat).

    Zitat

    Im Nachhinein gesehen ist mir völlig bewusst, dass mich nicht die Gründe, sondern die Sucht an sich saufen ließ. Die vermeintlichen Gründe wurden als willkommene Erklärung benutzt.

    Für mich war es ein Schritt in Richtung Heilung, zu erkennen, dass alles nur vorgeschobene Gründe waren. Es gibt keinen Grund zu saufen. Nicht einen.

    Hallo,

    vielen Dank fürs Schreiben.

    mexico Ja, so sehe ich das mittlerweile auch. Ich hab auch alle anderen vernachlässigt, und hab mich auch nie gefragt, wie es den anderen damit geht.

    Und dann hatte ich sogar eine Zeit, in der ich der Meinung war, ich bin ja krank (als ob das mein Verhalten rechtfertigen würde). Ich glaube, das war nichts anderes, als wieder die Verantwortung abgeben, an die Krankheit. Nichts desto trotz brauchte ich dieses fast unendliche Wohlwollen meiner Therapeutin, aber schon auch die Konfrontation mit eigenen destruktiven Verhaltensweisen und Denkmustern. Das ist nicht immer einfach gewesen, Therapie ist eben harte Arbeit an sich selbst. Ohne ein Fünkchen echte Selbstkritik, wäre das nicht machbar gewesen.

    Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass ich mich jemals ändern könnte, auch weil ich der Meinung war, die Realität ist nun einmal so und die Persönlichkeit ist fest .... heute weiß ich, dass es möglich ist, und dass man Dinge anders bewerten kann. Es bedarf der Änderung der eigenen Einstellung.

    Als ich abstinent war, meinte eine Freundin mal zu mir, sie hätte das Gefühl, dass ich trauriger wäre, wenn wir trinken und du nicht. Es wäre früher schon sehr lustig gewesen. Mein Gedanke dazu war, das ist Projektion. Da ist wohl eher sie traurig.

    Letztenendes hab ich mich emotional von meinen Freunden distanziert. Und das tut mir sehr gut. Ich gehe meinen Weg, denn ich weiß, er ist für mich der Richtige.

    (Das Wort zum Sonntag :mrgreen:) Schönen Advent euch allen.

    Confuzius

    Hallo,

    ich möchte das oben genannte Thema mal in die Runde werfen und ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern.

    Wie ich an anderer Stelle schon mal schrieb, bin ich psychisch erkrankt. In meinen schweren depressiven Episoden fühlte ich nichts mehr außer Anspannung von früh bis spät .... Ich hatte zu nichts mehr wirklich ein Gefühl. Das brachte auch Entscheidungsunfähigkeit mit sich, ich stand im Laden um was zu Essen zu besorgen, und wusste nicht, was ich nehmen sollte.

    In weniger starken Phasen, in denen Gefühle noch spürbar waren (v.a. die negativen), herrschte v.a. Angst, Trauer vor ... und Selbstmitleid. Um dort wieder rauszukommen, musste ich den Opfermodus verlassen .... ich war immer Opfer der Gesellschaft, Opfer der Ärzte oder Therapeuten, Opfer von Behörden, Opfer von Mitmenschen, von Familie und und und .... im Grunde lässt sich das auf alles übertragen.

    Diese Opferhaltung bewirkte auch, dass ich immer einen Grund hatte zu trinken. Praktisch jeden Tag. Es war einfach die Verantwortung auf andere oder andere Umstände/Konstrukte abzuschieben. Ich glaube, dass es im Grunde darum geht, Verantwortung zu übernehmen. Auch für sich selbst.

    Das Verlassen der Opferhaltung (das heißt nicht, dass ich nicht früher auch Opfer war), bewirkt aber Stabilität. Ich bin nicht mehr von den Umständen gebeutelt und muss dann trinken, weil ich so ein armer Drops bin. Damals war ich Opfer, jetzt aber nicht mehr.

    Ich bemerke immer mehr, dass ich eine gewisse Selbstwirksamkeit habe, und das tut unglaublich gut. Es motiviert mich weiter zu machen und neue Ziele, die früher unmöglich erschienen, in Angriff zu nehmen. Natürlich weiß ich nicht, wie es sich die nächste Zeit entwickelt. Aber in diesem Falle stimmt der Spruch: jeder ist seines Glückes Schmied ... und über Jahre habe ich die Eisen weggeworfen. Ich kann nicht mehr ändern was war, aber ich kann ändern was wird.

    Dabei geht es nicht um Materielles, sondern um die innere Einstellung. Wie bewerte ich mich selbst, und wie bewerte ich dadurch andere .... welchen Wert bemesse den Dingen der Welt bei und bin ich mir selbst genug. Selbstgenügsamkeit.

    Eine unglaublich wertvolle Erfahrung für mich.

    Gern freue ich mich auch auf andere Erfahrungen.

    LG Confuzius

    Hallo LoA,

    die Erfahrung hab ich auch gemacht. Erst die Gedanken trinken zu müssen, da ich da lebendiger bin, schlechte Gefühle weggetrunken werden, ich lockerer werde .... nach der Abstinenz machte ich die Erfahrung, dass die Freude, auch so in mir ist, und zwar viel besser und natürlicher. Echte Freude.

    LG Confuzius