Gründe zu trinken - der Opfermodus

  • Es gibt Millionen Gründe zu trinken, es gibt genauso viele Gründe nicht zu trinken.

    Für mich gab es nur einen Grund zu trinken, mich in meine wohlige, zufriedene Abgeschiedenheit zu flüchten.

    Diese sogenannten Gründe waren für mich alles nur willkommene Ausreden oder Scheinrechtfertigungen den Anderen gegenüber, alles konnte herhalten, Freude, Ärger, sogar Langeweile, egal was, Hauptsache trinken.

    Im Grunde wusste ich das alles, nur habe ich das immer verdrängt oder mir schöngeredet und besoffen, wie ich war (nasse Gedanken) wählte ich immer wieder den Weg der Flucht und betäubte mich, floh in meine eigene alkoholische Realität. Ich wählte immer den einfachsten Weg.

    Ich hatte gelernt, mir antrainiert, dass Alk. etwas gutes ist und mich von allem "erlöst".

    Das war für mich das Schwierigste, das aus meinem Kopf zu bekommen.

  • Hartmut hat ja völlig recht: es ist die Sucht.

    Doch wie löst man sich von der ständigen Versuchung?

    Manche entscheiden einfach, ich höre auf und nach einiger Zeit des Durchhaltens, kommt der berühmte Aha-Effekt, andere erliegen immer wieder der Versuchung.

  • Für mich ist Alkohol keine Versuchung, achelias !

    Du bist jetzt bald 2 Jahre trocken und redest noch von Versuchung des Alkohols?

    Bist Du noch immer mit geballter Faust in der Tasche trocken?

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Für mich ist Alkohol keine Versuchung, achelias !

    Da habe ich mich wohl mal wieder falsch ausgedrückt. ?

    Für mich ist es auch keine Versuchung mehr. Akl. lässt mich kalt, berührt mich gar nicht mehr, keine Trigger, kein Craving, das habe ich ja auch ausprobiert, da passiert bei mir nichts mehr.

    Ich frag' mich nur warum ist das bei mir so, sicher auch bei diversen anderen, doch der Grossteil kämpft ja länger damit.

  • Manche entscheiden einfach, ich höre auf und nach einiger Zeit des Durchhaltens, kommt der berühmte Aha-Effekt, andere erliegen immer wieder der Versuchung.

    Die kürzeste Antwort? So ist die Sucht. ;)

    Was manche machen und andere können, kann ich nicht beantworten, nur das, was mich trocken werden lässt. Ich musste auch nicht durchhalten, da ich aus einem Tiefpunkt, der fast mein Tod bedeutete, heraus trocken werden konnte. Das Leben wieder für mich so wie es war annahm.

    Anlehnend an den Thread wurde aus einem Opfermodus heraus die Lösung Alkohol bis zur Sucht gefunden. Diese Lösung fällt mit dem Trocken werden weg. Aber die Sucht bleibt und bietet sich immer wieder als Lösung für den Opfermodus an. Das eine vom anderen abzutrennen, ist der Weg.


    Die Ursache beseitigen, dann ist die Chance (meine Hypothese) auch größer, dass die Sucht sich nicht als Lösung anbietet.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Die Ursache beseitigen, dann ist die Chance (meine Hypothese) auch größer, dass die Sucht sich nicht als Lösung anbietet.

    Das ist es ja, was mich umtreibt, die Ursache: warum bekommen viele das aus ihrem Kopf nicht heraus, den Gedanken Alk. ist die Lösung?

    Das die Sucht die einem immer wieder dahin treibt ... unbestritten. Und das man allerlei Gründe sucht, um diese zu befriedigen auch.

    Dieser "Tiefpunkt" , manche müssen dem Tod nahe sein, andere entscheiden es "einfach so" und es funktioniert.

    Was ist die Ursache, wenn doch jeder weiss, das Alk. mehr wie doof macht.

    Das ist die Sucht. Wenn ich es nie einsehe, bin ich verloren und damit ich es einsehe, benötige ich den berühmten Tiefpunkt oder einen wachen Moment.

  • Das ist die Sucht. Wenn ich es nie einsehe, bin ich verloren und damit ich es einsehe benötige ich den berühmten Tiefpunkt oder einen wachen Moment

    oder, oder, oder :mrgreen: Das ist ja schon fast eine eigenständige Sucht, etwas zu ergründen, was nie ganz ergründet werden kann. Du kannst aber auch wieder saufen, wenn es dich so quält. ;) Oder bist du sauer, dass du es nicht mehr kannst und dein Lösungsmittel, das Saufen wegfallen musste?

    .

    Sucht ist eigenständig und da ist es Shit egal, ob sie verstanden oder nicht verstanden wird.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Du kannst aber auch wieder saufen, wenn es dich so quält.

    Sehr gute Idee.

    Also, verhalte ich mich ähnlich einem Co., ich will ergründen ... warum.

    Dabei ist es so einfach, es ist die Sucht, die man nicht ergründen kann. Entweder akzeptiere ich es oder ich drehe weiter im eignen Kreis.

    Da muss ich wohl noch an mir arbeiten.

    Danke.

  • Das ist ein sehr interessantes Thema!

    Warum bin ich in die Sucht gerutscht? War ich Opfer?

    Ich habe mich lange damit beschäftigt, was die Gründe dafür waren, dass ich abhängig wurde. Sicher sind viele Dinge in meiner Kindheit und Jugend nicht gut gelaufen und lange habe ich mich tatsächlich als Opfer gesehen. Quasi „das Universum hat was gegen mich“. Selbstmitleid hat lange eine ziemlich große Rolle in meinem Leben gespielt. Und ich weiß auf jeden Fall, dass ich dann irgendwann (mit)getrunken habe um die Situation zu Hause ertragen zu können. Bzw., als ich dann älter und in meiner Sturm-und Drangphase war, jedes Wochenende und oft auch noch unter der Woche feiern gegangen bin mit unglaublich viel Alkohol um zu vergessen oder zu verdrängen. Also damals war es weniger so, dass ich mir eingeredet habe, dass ich aufgrund der „schlimmen Situation / meiner Mutter / den vermeintlichen Ungerechtigkeiten in meinem Leben etc. trinken muss, sondern ich habe einfach gemerkt, dass ich, wenn ich angetrunken oder betrunken war, für kurze Zeit die Sorgen weggeschoben bekommen habe. Natürlich hat das nicht längerfristig gehalten, aber das war mir damals egal. Und dann war es halt irgendwann so, dass ich abhängig war und trinken MUSSTE. Da hat es dann eigentlich angefangen, dass ich Gründe oder Rechtfertigungen (mir selbst gegenüber) gesucht habe um zu trinken. Das, was wir alle kennen - weil der Tag so blöd, toll, anstrengend, entspannend, etc. etc war. Und je tiefer ich in der Sucht gesteckt bin, desto größer wurde dann auch das Selbstmitleid.

    Auch als ich dann endlich aufhören konnte zu trinken, hab ich mich ziemlich oft im Selbstmitleid gesuhlt. Und ich habe angefangen nach der Ursache für die Sucht zu suchen. Weil ich einerseits einfach dachte, das „macht man so“, andererseits aber auch, weil ich schon der Meinung war (und teilweise das auch noch für sinnvoll erachte), dass es wichtig sein kann, bestimmte Traumata aus der Vergangenheit aufzuarbeiten, damit man in Zukunft andere Strategien entwickeln kann damit umzugehen als den (in meinem Fall) „Verdrängen-Wollen“- Modus.

    Zum Glück hat sich in den letzten Jahren sehr viel verändern dürfen in meinem Leben. Meine Denkweise und Einstellung zum Leben hat sich sehr verändert. Ich sehe mich nicht mehr als „Opfer“. Es war halt das Leben mit seinen Hochs und (durchaus vielen) Tiefs. Und es macht für mich keinen Sinn, verstehen zu wollen, wieso „schlechte Dinge“ passiert sind. Denn dafür gibt es wohl einfach keine Erklärung.

    Ich habe sehr lange gebraucht um zu verstehen, dass es sich bei der Alkoholabhängigkeit um Sucht handelt. Also zu begreifen, dass ich für Sucht keine Begründung oder Erklärung finde. Dass die Ursache für das Trinken nicht in irgendwelchen fadenscheinigen Gründen lag, sondern dass es die Sucht war. Also muss ich jetzt auch nicht mehr irgendwelche vermeintliche Gründe oder Ursachen erforschen und analysieren oder aufarbeiten. Ich bin suchtkrank, das reicht mir inzwischen. Und ich weiß, dass ich die Krankheit nur stoppen, aber nicht heilen kann. Und mir aus diesem Grund immer des Risikos bewusst bin, rückfällig werden zu können. Deshalb passe ich auf mich auf. Jeden Tag.

    Und „nebenbei“ freue ich mich, dass ich mein Leben inzwischen selbst gestalten kann und mir alle Möglichkeiten offen stehen. Denn ich bin kein Opfer (mehr). Und ich sie aber nur nutzen kann, wenn ich trocken bleibe.

    LG Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

    Einmal editiert, zuletzt von sue05 (12. Dezember 2022 um 14:54)

  • Zitat

    Das ist es ja, was mich umtreibt, die Ursache: warum bekommen viele das aus ihrem Kopf nicht heraus, den Gedanken Alk. ist die Lösung?

    Das die Sucht die einem immer wieder dahin treibt ... unbestritten. Und das man allerlei Gründe sucht, um diese zu befriedigen auch.

    Ich finde, es steht alles da in verschiedenen Bereichen. Auch eine Einstellungsfrage, finde ich.

    Man könnte auch die Ursache der Ursache erfragen, bis man irgendwann beim Urknall angekommen ist. Ich genieße derweil mein Leben und erfreue mich an meiner Abstinenz und meiner Selbstwirksamkeit.

  • ich weiß nur, dass man sich um seine Sucht kümmern sollte....verstehen, erkennen....ich glaube daran, dass es nicht nur ein lebenslanges Aushalten sein muss...sich damit abfinden, dass es eben einfach so ist....ich will so frei sein, wie die Menschen ohne Sucht (nicht wie alle)....ich meine die Leute, die nicht lustiger sein müssen, oder nicht diese Unsicherheiten haben....es entsteht auch mit der Zeit. wenn man dann doch schon eine Weile trocken ist....aber halt immer im Hinterkopf aufzupassen, nicht in irgendwelche Fallen zu tappen....ich finde, mann solte sich seinen Macken, Ängsten usw aus der Vergangenheit stellen, woraus dann die Sucht als Weg entstanden ist...das was ich mein ganzes Leben mit mir rumgeschleppt habe....kann ja sein, dass sich dann auch die Sucht auflöst...also wenn man so zufrieden ist, dass man darüber garnicht mehr nachdenken muss, einen anderen Zustand zu suchen....und das Wort Sucht, kommt von Suchen....was ist wenn man es ohne Suchtmittel findet

    ich hoffe ja im inneren, dass Sucht doch heilbar ist....

    Lieben Gruß

    mexico

  • Ich habe für mich allerdings die Gründe gefunden, die unter anderem dazu geführt haben, weshalb ich in die Sucht gerutscht bin.

    Nachdem ich heute morgen diesen Text geschrieben habe, ging mir das noch durch den Kopf auf dem Weg zur Arbeit und ich hatte mir schon vorgenommen, das nochmal etwas besser zu erklären.

    Dann las ich (zu Recht) eben das hier zu meinen oben genannten Zitat:

    ( Dibbelscheißer Modus an :mrgreen: )


    irgendwas beißt sich da bei meinem Verständnis. Vielleicht kann mich da mal einer aufklären. Kann ja sein, dass ich es über 15 Jahre verkehrt verstanden habe. Bitte mal die Langzeittrocken zu mir. :mrgreen:


    Wenn es heute keinen Grund zum Saufen gibt, dann gab es früher vor der Sucht auch kein Grund. Wenn ich während der Sucht es als Grund ansah, dann sprach doch die Sucht aus mir? Oder nicht?


    (Dibbelscheißer Modus aus :mrgreen: )

    Also ich unterscheide das etwas. Zu der Zeit, als ich gesoffen habe, suchte ich vermeintliche Gründe zur Erklärung. Das sind diese Gründe, die ich hier aufgeführt habe, wie z . B. Trennungsschmerz, Tod eines Familienmitgliedes, Krankheit usw. Das sind selbstverständlich keine Gründe und ich sehe mich im Nachhinein betrachtet auch nicht als Opfer. Im Grunde genommen war es auch schon in dem Moment klar, dass es Quatsch ist. Aber ich redete mir die Situation eben schön bzw. versuchte mich vor mir selbst und Anderen eine Rechtfertigung zu bauen, weshalb ich zu viel trank.

    In der Therapie (und auch außerhalb, einfach weil es mit interessierte) versuchte ich dann am Anfang, als ich aufhörte zu trinken, mir zu erklären, weshalb ich tatsächlich in die Sucht gerutscht war. Vielleicht sollte ich nicht schreiben, dass ich nach Gründen suchte, sondern vielmehr nach Erklärungen, wie es dazu kommen konnte.

    Die Erklärungen waren dann weniger äußere Umstände, sondern mein Wesen. Ich war nach außen hin schon immer sehr locker, lustig und hatte immer einen Spruch drauf. Doch im Grunde genommen war ich innerlich früher sehr schüchtern, gehemmt und fühlte mich zwischen fremden Menschen extrem unwohl, manchmal sogar zwischen mir bekannten Menschen. Ich hatte regelrecht Angst vor Veränderungen. Da ich seit meiner Jugend schon viel Alkohol trank (mein ganzer Freundeskreis hat zu viel getrunken und ich fühlte mich normal) wusste ich mein eingeschüchtertes Wesen zu enthemmen. Ein paar Sekt waren da ein super Hilfsmittel. Da ich mich betrunken aber grundsätzlich daneben benahm, wurde mein Selbstbewusstsein immer kleiner, anstatt größer und so konnte ich irgendwann solche Situationen nur noch mit Alkohol meistern.

    "Schuld" daran sind also keine äußeren Gründe, die mich dazu gebracht haben, mich als Opfer zu fühlen. Diese offensichtlichen Gründe in Form von Trennung, Tod, Krankheit waren dann also willkommen, um es einfach plausibler zu rechtfertigen.

    Für mich wäre wirklich nichts auf der Welt ein Grund, wieder zu saufen.

  • Nun scheine ich gesegnet zu sein, dass ich nichts, außer mich selbst für meine Sucht verantwortlich mache. Zu viel gesoffen, den Absprung nicht geschafft, fertig. Eventuell fällt es mir deswegen auch leichter, die Sucht als das anzusehen, was sie ist. Da muss ich mir auch keine Gründe erschaffen, wann, wo, warum und wieso ich mal was gesoffen habe.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Darüber hab ich mir auch schon Gedanken gemacht: Wenn die Ursache oder Erklärung, weswegen ich angefangen habe zu trinken, mein Wesen (z.B. zu geringes Selbstwertgefühl) ist, dann müsste ich ja im Prinzip mit großer Wahrscheinlichkeit rückfällig werden? Denn das Wesen wäre ja auch noch dasselbe?

    Wäre das dann nicht auch wieder eine Hintertür?

    LG Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • mein Wesen (z.B. zu geringes Selbstwertgefühl) ist, dann müsste ich ja im Prinzip mit großer Wahrscheinlichkeit rückfällig werden

    Wenn ich weiß, dass nicht das Selbstwertgefühl mich saufen lässt, sondern die Sucht es verlangt, dann kann ich dagegen was tun. Es wird ja dann ein verstärktes Verlangen oder gar Saufdruck auslösen.

    Gruß Hartmut

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  • ich kenne die Prozentzahl nicht....abetr ich glaube, sehr viele Menschen die auch trocken bleiben wollen, haben einen bis ? Rückfälle....bestimmt nicht nur weil sie das einfach wieder wollten

    mir ist das zu einfach

    Lieben Gruß

    mexico

  • Hallo Sue,

    naja, inzwischen weiß ich doch aber, dass ich alkoholabhängig geworden bin. Dadurch, dass ich mir das Bewusstsein geschaffen habe, verändert sich doch der Zustand.

    Ich denke da auch inzwischen nicht mehr drüber nach. Ich bin halt in die Sucht geraten und fertig. Aber am Anfang hab ich mir schon Gedanken darüber gemacht, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Hat es auch etwas damit zu tun, was ich alles schon so früh durfte (Party machen)? Ich möchte ja auch bei meinen eigenen Kindern keine eventuellen Fehler machen. Ich möchte einfach ein Wissen haben über die Sache, was in die Sucht führen kann.

    Ich finde es - wie ich weiter oben geschrieben habe - auch völlig normal, dass ich mich das gefragt habe. Nicht ewig, nicht jeden Tag, aber ich bin grundsätzlich ein Mensch, der sich Gedanken über die Psyche macht.

    Es würde überhaupt nicht zu meinem Wesen passen, mir zu sagen, dass die Sucht einfach mal eben so vom Himmel gefallen ist und mich zufällig getroffen hat. Das wäre mir zu wenig.

    LG Cadda

  • Hallo Hartmut,

    ja genau, so sehe ich das mittlerweile auch.

    Mich würde hierzu noch Cadda ‘s Meinung zu lesen, da sie ja vom Wesen als Erklärung geschrieben hatte. Oder anders gefragt, Cadda : Du schreibst ja, dass es für Dich heute keinen einzigen Grund mehr zum Trinken gibt. Hat sich Dein Wesen verändert? Weil das ja, so wie Du geschrieben hast, früher die Erklärung war, wieso Du getrunken hast?

    LG Sue

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