Ich kann verstehen, dass dich das beschäftigt. Eltern sind lange Zeit unseres Lebens das Zentrum unserer Existenz und wir in den ersten Jahren sogar hilflos darauf angewiesen, dass wir am Leben gehalten werden. Diese Verbindung zu kappen erfordert wahnsinnigen Mut.
Ich habe den Kontakt zu meinem Vater auf zwei SMS pro Jahr reduziert (Geburtstag und Sylvester), weil ich früher von ihm geschlagen wurde. Zu 99% geht es mir damit hervorragend, eine Aussöhnung sehe ich bei Gewalt (irreversible rote Linie) nicht. Dennoch gibt es bei mir -und vllt auch bei dir nach Kontaktabbruch - Tage an denen man sich fragen wird "hätte ich doch?" Ich akzeptiere diese Stimme und bleibe dennoch bei meinem Nein.
Du schreibst sehr deutlich, dass es dir mit Kontakt schlecht geht. Du wirst sein Verhalten nicht ändern können, außer er entwickelt selbst diese Absicht. Und selbst dann kannst du dich immer für dich und deine Familie entscheiden. Eventuell behandelt er deine Kinder in Zukunft genauso...und die nächste Generation hat das emotionale Paket auch an der Backe.
Letzter Gedanke noch zu dem Schuldgefühl "er ist doch mein Vater". Du schuldest ihm nichts, im Gegenteil er ist/war ja sogar gesetzlich verpflichtet die Kindesführsorge zu gewährleisten und dich sicher aufwachsen zu lassen. So wird nämlich ein Schuh draus.
Es gibt ja den Spruch "Blut ist dicker als Wasser", welcher gerne herangezogen wird um die Bedeutung der Familienbande zu betonen. Interessanterweise gibt es die Theorie, dass dieser Spruch falsch zitiert und verwendet wird. Ursprung könnte das "the blood of the covenant is thicker than the water of the womb" also " das Blut des Bundes ist dicker als das Wasser des Mutterleib" sein.
Freundschaften und Menschen, die uns lieben und uns gut tun vor Menschen mit denen wir eine biologische Verwandtschaft haben...