Ein wesentlicher Punkt war sicherlich die Haltung meiner Frau. Ich habe gespürt, dass wir uns von einander entfernen und dies nicht nur durch meine Trinkerei sondern dass sie mehr und mehr ihren eigenen Weg gegangen ist. Sie hat es einfach gemacht ohne mich zu fragen Ich habe sie ja auch nicht gefragt ob ich trinken darf.
Lieber Nayouk,
es ist gerade, als ob du über mich geschrieben hast. Das mache ich auch. Aber anstatt das zu hinterfragen, warum das so ist, bekomme ich nur Vorwürfe und die Aussage, wenn er nicht mehr trinken würde, würde sich daran doch eh nichts ändern. Es ist doch so offensichtlich, dass der Alkohol einen Keil zwischen uns treibt. Ich würde gern an unserer Beziehung arbeiten, aber allein? Ich weiß, egal wie lieb und nett ich zu ihm wäre, egal wie sehr ich mich engagieren würde, es ändert nichts an der Tatsache, dass das sein Trinken nicht beeinflusst. Im Gegenteil, es würde das Leid nur verlängern.
Ich finde es toll, dass du dich für ein freies Leben entschieden hast. Es gibt keinen Grund, sich bewusst Gift zuzuführen. Ich trinke auch keinen Alkohol. Ich habe mich aus Überzeugung für ein Leben ohne Alkohol entschieden. Aber wie leicht man selbst in diese Spirale geraten kann, habe ich gemerkt, als ich mit meinem Partner zusammen kam. Hier mal ein Bier und zum Abendbrot ein Glas Wein. Ich weiß nicht mehr, an welchem Tag es war, aber wir saßen am Abendbrottisch und der Wein stand auf dem Tisch und auf einmal fragte ich mich: "Biene, was machst du eigentlich da." Es war, als ob ich aufwachte und mir klar wurde, das was ich da tat, konnte auf Dauer nicht gut gehen. Seitdem trinke ich keinen Alkohol mehr. Ich habe damit auch kein Problem, dass auf Feiern offen kundzutun. Wenn sich jemand davon unangenehm berührt fühlt, dann hat er wohl ein Problem mit Alkohol nicht ich.
Ich wünsche dir und auch natürlich allen anderen, wie Elli, dass ihr überzeugt bleibt, es gibt nichts besseres als ein Leben ohne Alkohol. Ich finde es großartig, zu jeder Zeit Herr meiner Sinne zu sein.
Das ist bei mir genauso gewesen, Biene! Und das macht eindeutig der Alkohol, der ein Nervengift ist und somit auf Körper und Seele wirkt.
Ich war nie trauriger als in meinen nassen Zeiten! Das habe ich schon so oft geschrieben.
Liebe Elly,
das Gefühl habe ich bei ihm auch. Die Welt wird immer grauer, die Kraft immer weniger.
Letztes Wochenende habe ich ihn gefragt, ob er denn nicht auch mal mit Freude und Elan aus dem Bett aufstehen wollen würde. Ja, das würde er wollen. Aber ich glaube, er kann sich nicht mal mehr richtig daran erinnern, was das für ein tolles Gefühl ist. Er ist sehr leidensfähig, geht auch zu keinem Arzt, sein Selbstwertgefühl schrumpft immer mehr.
Den Tiefpunkt, den du Elly Gott sei Dank erlebt hast, und der dich zum Handeln gebracht hat, wird er glaube ich nie erreichen. Obwohl ich die Hoffnung nicht ganz aufgebe. So wie du hier deine ersten Schritte getan hast, wünsche ich mir für ihn, dass er sich mit einem Bekannten, der trockener Alkoholiker ist, mal trifft und mit ihm spricht. Vielleicht kommt dann was in Bewegung. Das liegt aber in seiner Verantwortung. Ich muss nach mir schauen. Aber nichtsdestotrotz möchte ich ihn in klaren Momenten Mut machen, den Schritt zu tun.
Liebe Grüße Biene