• Hallo,

    ich lese hier seit einigen Tagen mit und möchte mich jetzt auch einmal vorstellen:
    Mein Name ist nicht Malika, aber so werde ich mich einfach mal nennen. Ich bin 42 Jahre alt, Tochter eines Alkoholikers und schon eine ganze Weile damit beschäftigt mich von unten nach oben durchzugraben. Zwischendurch gelingt es mir soviel Schlamm wegzubuddeln, dass ich die Sonne sehen kann, übermütig die Nase rausstrecke und ein Tänzchen wage. - Schön das Leben!

    Leider gelingt es mir meist nicht sehr lange meine Kreise zu drehen, denn überall höre ich es Ächzen und Stöhnen und natürlich verliere ich den Spaß an meinem egoistischen Tun, schlüpfe zurück in den Graben - Deckel drauf. Oder ich klettere hinab in die Schächte anderer Schweißarbeiter, die den Ausblick mit Sonne nicht finden können, grabe, klopfe Steine, blute , heule, derweil sich der andere ein Päuschen gönnt, der Arme.

    Ich möchte mich aber jetzt lieber vorwiegend oberhalb der Erdmassen aufhalten. Gerne mal mit einem kräftigen Hauruck dem einen oder anderen aus der Kuhle helfen, aber nicht mehr da unten ausharren.
    Deshalb habe ich u.a. hierher gefunden.

    Und wenn ich hier so manche Geschichten lese, muß ich sagen, dass es mir vergleichsweise gut ging. Ich bin nie geschlagen worden, und die exzessive Sauferei ging auch erst richtig los, als meine Mutter starb, damals war ich `bereits`15. Außerdem erleichtert mir, dass ich seit Jahren keinen Kontakt mehr zu meinem, inzwischen an Korsakov erkrankten Vater habe.
    Die meisten Details aus dieser Zeit habe ich vergeßen, geblieben sind mir allerdings, diese überaus hartnäckigen Eigenschaften, die ich bislang der individuellen Eigenleistung meiner kranken Familie zugeschrieben habe. Zufällig bin ich im Rahmen einer Supervision - ich arbeite im sozialen Bereich wie vermutlich einige hier - auf ein Buch gestoßen, das sich mit dem Thema Co-Abhängikeit befaßt. Und hoppla, so kreativ waren meine Eltern beim Erfinden merkwürdiger Verhaltensweisen gar nicht. In nahezu weltumspannender Gleichförmigkeit ist es ihnen in mystischer Kooperation mit all den anderen alkoholkranken Familien gelungen, eine Gruppe von Menschen heranzuziehen, die zwar furchtbar leiden, aber prima einsetzbar sind, um z.B. das Gesundheitssystem mit unterbezahlten Helferchen zu füttern. Ohne unsere fleißig saufenden Eltern, würden vermutlich sämtliche Sozialsysteme zusammenbrechen.
    An dieser Stelle mal ein Danke!

    Jetzt mal zu den Eigenschaften, die mich so quälen:
    -Gnadenlos kritisch zu mir selbst sein und bei anderen jede noch so blöde Ausrede akzeptieren.
    -Auf die Frage "Wie geht`s dir?" nicht antworten können, weil das vorrangige Gefühl, Verwirrung ist.
    -Über das Elend anderer heulen und dem eigenen Schmerz mit einem Witz ausweichen.
    -Die irrige Annahme durch Vermeidung oder Vorwegnahme der Verhaltensweisen anderer, die Kontrolle zu behalten, in Wirklichkeit aber gar nichts zu kontrollieren, weil von einem selbst außer Reaktion nichts übrig bleibt.
    -Eine schmerzhafte Sehnsucht nach Liebe/Familie und das Gefühl soetwas nicht verdient zu haben.
    -Beziehungen zu vermeiden.
    -Oder mit Männern einzugehen, die mir das Gefühl geben nicht gemeint zu sein, nach Beweisen zu suchen und im Schmerz eine eigenartige Befriedigung zu empfinden.
    -Das Gefühl, das beste, was ich Menschen, die ich liebe geben kann, ist - mich ihnen nicht zuzumuten.

    Das ist es, was mir jetzt erst mal dazu einfällt. Diese Gefühle treten nicht permanent auf, momentan befinde ich mich aber in einer Lebenssituation, die das Auftreten sehr begünstigt.
    In diesem Zustand möchte ich aber unter keinen Umständen verharren!

    Gruß
    Malika

  • hallo malika

    da ich alki bin werden wir uns nicht soo oft lesen, mir fällt halt oft nichts gescheites ein.

    ich finde die beschreibung der gefühle sowas von grandios gelungen, kurz und knapp und jedes wort ein volltreffer. einfach nur klasse.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo,
    vielen Dank für die nette Begrüßung Dorothea und Romicella!
    @Romicella: Ich glaube, wir suchen uns diese Männer, weil wir Liebe mit Schmerz verknüpft haben. Liebe, die frei und glücklich macht, kennen wir nicht. Vielleicht versuchen wir einfach, jemanden von dem wir nicht glauben ( und eigentlich glauben wir es von niemandem ), dass er uns je lieben kann, dazu zu bringen, um damit etwas Grundsätzliches in unserer Biographie wieder auszugleichen.
    Sorry, eigentlich schreibe ich ungern als Teil einer Gruppe, aber ich finde mich hier sowas von wieder, dass ich mir das einfach mal keck anmaße.
    Liebe Grüße
    Malika

  • hallo malika

    oft treffen kurze sätze den punkt, sieht man bei dir mal wieder. ich gehöre in die gruppe "gehe gar net erst eine beziehung ein" bzw. nach der letzten "viertelbeziehung" (net mal halbbeziehung wäre treffend) und dat is etz au scho etwa a jahr her, hab ich gemerkt das ich mich erstmal um mich kümmern muss. wobei mir das single-leben auch ganz gut gefällt, vielleicht inzwischen sogar zu gut :wink:

    mit vergleichen fang mer am besten gar net erst an, gebs aber zu das ich's auch ganz gern mache. zumindest wenns ums thema alkohol geht, mir gehts wie dir, richtig heftig wurde das trinken bei meiner mutter erst wie ich scho ausgezogen bin - sie hat zwar davor auch scho getrunken, aber halt net so schlimm und ich konnt noch mit ihr reden.
    früher hab ich immer gedacht, wenn ich von anderen gehört hab oder dann später hier im forum gelesen hab "boah gehts mir gut dagegen", inzwischen denk ich mir "boah is das heftig - aber meins is auch net ohne"
    wir neigen glaub ich generell dazu, bei anderen alles schlimmer zu sehn, weil unser selbst erlebtes irgendwie normal für uns ist :roll:

    wichtig ist das wir uns selbst ernstnehmen und ich hab den eindruck du bist auf nem guten weg, du hast erkannt wo alles bei dir was falsch läuft - das ist der erste schritt! wir müssen nur weitergehn, wenn du magst begleiten wir dich gerne dabei :D

    liebe grüße

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