Hallo Forum,
nachdem ich mich nun knapp 2 Wochen im Vorstellungsbereich tummle, möchte ich mich nochmal öffentlich vorstellen (ich übernehme dazu Teile des Vorstellungsthreads - für die, die das schon gelesen haben).
Ich bin 36 Jahre und seit ca. 6 Jahren Alkoholiker (wann ich die Grenze ziehen soll, weiß ich nicht). Ich bin verheiratet und habe zwei kleine Kinder. Beruflich bin ich selbständig.
Warum bin ich hier? Ich habe in den letzten zwei Jahren mehrmals versucht, mit dem Saufen aufzuhören, das ging immer mal wieder für ein paar Wochen gut, insgesamt aber hat sich über die Jahre mein "Konsum", oder eher Missbrauch immer mehr gesteigert. Es ist ein Punkt erreicht, an dem ich mein Problem weder vor meiner Familie, noch beruflich weiter verheimlichen kann. Entweder ich tue jetzt etwas, oder mein Leben geht den Bach runter.
Ich habe lange und immer wieder darüber nachgedacht, warum ich trinke und bin zu dem Schluss gekommen, dass es richtig angefangen hat, als ich mit dem Hausbau Angstzustände entwickelt habe. Schlaflosigkeit, massiver Stress, körperliche Syntome des Stress (hatte monatelang Lidzucken und ähnliches), Zukunftsängste. Mein Heilmittel - wenigstens für ein paar Stunden - war der Kasten Bier (naja, nicht der ganze, aber...)
Getrunken habe ich vorher auch schon, allerdings beschränkte es sich da auf die Wochenenden, in der Disco und mit Freunden. Nun war es jeden Tag und alleine. Nach dem Bau hoffte ich, alles würde sich stabilisieren - aber es kamen andere Sachen und ich kam nicht mehr zur Ruhe. Mehrfache Abstinenzversuche liefen teilweise wirklich gut an, warum ich jeweils wieder angefangen habe, kann ich nicht sagen.
Die letzten Wochen war es nun so, dass mein Pensum in Regionen vorstieß, wo ich am nächsten Morgen z.B. auf keinen Fall hätte in's Büro fahren können. Ich hatte am folgenden Vormittag Besprechungen, bei denen ich mich im Nachhinein fragte, wie ich die überstehen konnte, ohne dass mich einer fragte, was los sei. Hauptgrund auzuhören ist aber, dass ich mir schäbig vorkomme, meine Familie zu belügen. Nicht verbal, aber dadurch, dass ich ständig heimlich ein paar Halbe aus dem Keller hole und mit der nächsten Ladung schnell die leeren Flasch mitnehmen, damit es niemand merkt. Oder dass ich unter irgendwelchen Vorwänden in den nächsten Ort fahre, um noch schnell beim Getränkemarkt einen neuen Kasten zu holen.
Auch dass ich seit einiger Zeit dazu übergegangen war, nach der letzten Halbe vorsorglich ein entsprechendes Medikament einzuschmeißen, um den Brummschädel zu vermeiden, stimmte nicht gerade fröhlich. Was nehme ich denn in einem halben Jahr für Dope um hochzukommen?
Mir wurde von den netten Leuten hier gleich am Anfang klar gemacht, dass ich als erstes zum Arzt muss - hat mir zwar nicht gefallen, bin aber hin.
War da insgesamt gut 2 Stunden, das volle Programm mit Blut, Urin, EKG usw., dann 45 Min. Gespräch mit der Ärztin. Am Anfang ging's etwas holprig, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte, sie hatte das Thema aber gut im Griff und schob mich in die Richtung, in die sie mich haben wollte. Ja, nun - ich entgifte jetzt erst mal ambulant, weil ich bereits 10 Tage symptomfrei nicht trinke und mein Umfeld sozial stabil ist (sagt sie). Ich werde täglich bei ihr antanzen, jedes Mal wieder mit Blut usw. - für den Fall der Fälle hat sie mir Rezepte ausgestellt und eine Notfallnummer gegeben. Zur Suchtberatung geht's dann am Montag oder Dienstag....
Selbsthilfegruppe gibt es lt. der Ärztin eine vor Ort, ich weiß aber nicht, ob ich da hin will. Das ist hier keine Großstadt, sondern nur so 25000 Einwohner, fühle mich unwohl wenn mich einer reingehen sieht.... Werde deshalb wohl 40 km weiter fahren. Das sehen wir aber dann bei der Suchtberatung.
Ich war nach dem Termin ziemlich aufgewühlt, nach dem Gespräch bin ich ein paar Stunden rumgelaufen, ich weiß auch nicht.... Was habe ich mir da nur angetan? Wie blöd muss man sein, um sich selbst so rein zu reiten? F***k!
Physisch geht's mir gut - außer dass ich ständig Appetit habe... Ist wohl so eine Art von Ersatzbefriedigung, was mir etwas Sorgen macht, denn eine Sucht durch eine andere zu ersetzen ist ja auch nicht gerade toll.
So, das war's erst mal - ich hoffe, weiterhin Zuspruch und Hilfe hier zu finden, dank der teils auch deutlichen Worte im Vorstellungsbereich bin ich schon weiter, als ich je war. Ich weiß, ich habe gerade die ersten Tippelschritte gemacht, aber ich bin fest entschlossen, weiter zu kommen!
Grüße
Pauli.