Vater alkoholkrank, Mutter c- abhängig und ich selbst?

  • Hallo zusammen

    Ich hatte mich bereits kurz vorgestellt und möchte nun gern ein wenig mehr über mich schreiben.

    Mit meinen 21 Jahren habe ich schon sehr viel erlebt, wie viele andere von euch sicher auch. Das wird mir erst jetzt bewusst, wenn ich so auf die letzten Jahre zurück blicke.

    Mein Vater ist seit sicher 9-10 Jahren alkoholabhängig, bewusst wurde mir das aber erst vor etwa 8 Jahren, als meine Mutter immer wieder den Verdacht äusserte.
    Von dem her waren die Karten recht früh auf den Tisch gelegt, nur für meinen Vater war das nicht so klar.
    Da er auch am Anfang fast unbemerkt trank (er ist ein so genannter Pegel-Trinker), fiel das keinem auf und alle in der Familie, die den Verdacht hatten, verwarfen den Gedanken wieder; selbst meine Mutter.
    Die ist inzwischen co-abhängig.
    So verging Jahr um Jahr, mein Vater stritt ab, bis es mal wieder Zeit für einen Krankenhausaufenthalt war. Alle hatten dann Hoffnung, dass es besser wird. Nach drei bis vier Monaten ging alles von vorn los, aber da wollte es dann keiner wahr haben. Ich war in meinen Hoffnungen enttäuscht worden, die Seifenblase war wieder einmal geplatzt.

    Ich selbst, sehr verantwortungsbewusst, tat natürlich alles um meinen Vater zu überzeugen, dass er aufhören muss und unterstützte meine Mutter, wo ich nur konnte. Ich war praktisch wie eine "Freundin".

    In der Schule war ich auch gut; darüber bekam ich die nötige Anerkennung und natürlich für meine Bescheidenheit und meinen Anstand.
    Freunde hatte ich zwar in der Schule, aber nach der Schule ging ich sofort nach Hause; ja keinen Kontakt mit anderen; die hätten ja etwas mitbekommen können.
    Ich litt unter den Streitereien meiner Eltern, unter dem Alkoholismus meines Vaters, dem nie-wissen-was-kommt.

    Mein Selbstwertgefühl war stets ganz unten, auch heute noch. Nach aussen wirkte ich immer perfekt und selbstbewusst, doch wie es innen aussah, wusste niemand. Irgendwann konnte ich diese Last nicht mehr ertragen und begann mich den ersten Leuten anzuvertrauen.
    Ich lernte meinen heutigen Freund kennen, mit dem ich bereits 6 Jahre zusammen bin.

    Das hat mir ein wenig geholfen. Vor zwei Jahren bin ich dann in die Schweiz gezogen, zu meinem Freund. Und dann kam all das hoch, was die letzten Jahre lief. Ich arbeite jetzt schon 2 Jahre an mir und erst jetzt ist mir vieles bewusster. Ich konnte nie Nähe zulassen, auch jetzt noch nicht. Wem kann ich trauen? Kann ich mir überhaupt vertrauen und meinen Gefühlen?
    Bin ich normal? Bin ich liebenswert?
    Dann dieses ständige einmischen in anderer Leute Angelegenheiten, das Übernehmen von Gefühlen anderer, womit ich mich total überforderte.
    Durch Studium und Arbeit zur Sozialpädagogin wurde mir dies vor kurzem bewusst, dass ich damit aufhören muss, sonst breche ich irgendwann zusammen.

    Seit Februar habe ich begonnen, mich wirklich mit mir zu beschäftigen und nicht mich mit Problemen anderer abzulenken. Das ist nicht ganz einfach. Auch der Gedanke, dass es mir gut gehen darf ist schmerzlich, denn den kenne ich nicht. In so Momenten spüre ich dann total Selbstabwertung, wenn ich denke, jetzt geht es mir gut. Dann kommen so negative Gedanken, mit denen ich es mir wie selbst kaputt mache.

    Dadurch, dass ich schon viel über Alkoholismus gelesen habe und auch in Therapie gehe, weiss ich sehr viel darüber und, dass mein Verhalten durchaus normal ist, aber das zu akzeptieren ist nicht immer einfach und vor allem der Schritt zur Veränderung.
    Demnächst möchte ich zu einer Selbsthilfegruppe gehen, da ich merke, dass ich Leute um mich brauche, die mich verstehen.

    Aussenstehenden kannst du fast nicht davon erzählen, nur die wenigsten können es verstehen oder versuchen es zumindest.

    Ja, das wird noch ein langer Weg und die Angst sitzt tief, aber ich möchte mich selbst verstehen, ich möchte glücklich sein dürfen und mich auch so fühlen, ich will mich nicht mehr selbst verachten oder verurteilen, möchte wie Mutter und Vater zu mir selbst sein.

    Liebe Grüsse

    Cari

  • hi cari

    Zitat

    Ja, das wird noch ein langer Weg und die Angst sitzt tief, aber ich möchte mich selbst verstehen, ich möchte glücklich sein dürfen und mich auch so fühlen, ich will mich nicht mehr selbst verachten oder verurteilen, möchte wie Mutter und Vater zu mir selbst sein.


    den abschnitt finde ich ganz ganz toll! sehr schön formuliert!

    wenn ich das aber so lese, hört sich das auch gleichzeitig nach sehr viel an, was nicht heißen soll, das du es nicht schaffen kannst.

    bildlich stell ich mir das wie einen riesen berg vor :( ich versuch da inzwischen auf die einzelnen steine zu achten und dann einen nach dem anderen aufzuräumen. alles auf einmal wirkt auf mich eher demotivierend, aber in kleinen schritten und mit viel geduld machbar. mitunter zieht auch das eine etwas anderes automatisch nach sich, oft etwas was ich erst hinterher bemerke.

    Zitat

    Dann kommen so negative Gedanken, mit denen ich es mir wie selbst kaputt mache


    damit hab ich auch immer wieder zu kämpfen, gehts mir ne zeitlang richtig gut, wumm... fängt plötzlich das kopfkino an zu laufen und ich mal mir die schrecklichsten dinge aus und meine laune is im keller :( da fang ich dann auch an in alles nen angriff gegen mich reinzuimpretieren, konnte da dann mitunter verdammt biestig werden und hab mich gleichzeitig selbst in a... gebissen... weil ich irgendwie scho wußte, das die reaktion absoluter schmarrn und unberichtigt von mir ist - weiter gemacht hab ich trotzdem :oops: frei nach dem motto: angriff ist die beste verteidigung...
    inzwischen versuch ich mich da in solchen momenten wieder selbst heraus zu holen, tu mir was gutes und versuch mich abzulenken. am nexten tag betracht ich die situation dann nochmal und kann über meine gedanken am vortag nur noch den kopf schütteln :lol:

    Zitat

    Dann dieses ständige einmischen in anderer Leute Angelegenheiten, das Übernehmen von Gefühlen anderer, womit ich mich total überforderte


    ein wirksames mittel um von sich selbst abzulenken gell :wink: kommt mir auch sehr bekannt vor :roll:

    Zitat

    Aussenstehenden kannst du fast nicht davon erzählen, nur die wenigsten können es verstehen oder versuchen es zumindest.


    ich verüble niemanden der's nicht selber kennt, das er mich und meine gedanken versteht - nur das ich und meine gefühle akzeptiert werden. mein gegenüber muss nicht mit mir einer meinung sein, nur ich :D
    meine freunde können mir zuhören und ernst nehmen, ich finde das sollte jeder können (außer natürlich ihnen gehts grad selber nicht gut), mehr kann ich von keinem erwarten. zu der erkenntnis bin ich übrigens auch noch nicht so lange gekommen, das forum hier war meine hilfe 8)

    liebe grüße -Summer-

  • Danke für deine Antowort.
    Es ist immer wieder schön zu lesen, dass man nicht allein ist und es anderen genauso geht.

    Ja, da hast du recht, ich kann nicht erwarten das alles auf einmal geht. Am Anfang meiner Therapie hatte ich damit wirklich ein riesiges Problem, weil ich perfektionistisch bin; und das bringt einen nicht weiter.
    Man kritisiert sich dann selbst und alles geht von vorn los.
    Jetzt kann ich mich in Geduld üben :-). Eine wichtige Voraussetzung, um sich selbst annehmen zu können.

    Lg, Cari

  • Danke für deine Antwort.

    Ja, mir geht es in meiner Therapie auch oft noch so. Manchmal erzähle ich etwas, über das ich mich aufgeregt habe und habe nicht mal gemerkt, dass ich mich schon wieder um anderer Leute Angelegenheiten kümmere.

    Ich bin auch sehr froh, über meinen Freund, wenn wir auch keinen leichten Start hatten. Er ist sehr verständnisvoll und wollte mir schon über Jahre hinweg klarmachen, dass ich mein eigenes Leben leben muss. Mich machte das immer so sauer, dass ich unbewusst ständig an ihm herum meckerte. Letztes Jahr ergriff ich dann plötzlich die Flucht von ihm, angeblich, weil es nicht der richtige Partner für mich ist, und nach einem halben Jahr, als ich schon etwas weiter mit mir war, merkte ich, wie lieb ich ihn habe. Nun sind wir seit einmal halben Jahr wieder zusammen.

    Ja, es ist sehr bezeichnend, dass ich gerade so einen Beruf gewählt habe. Anfangs bin ich auch voll in das Helfersyndrom reingekommen. Ich dachte tatsächlich ich sei wertlos, wenn ich nicht alles weiss, nicht überall etwas tun kann. Sehr gefährlich in diesem Beruf.
    Ab und zu habe ich das noch - aber wenigstens merke ich es jetzt.

    Liebe Grüsse und auch dir alles Gute

  • das mit dem Bevormunden kenne ich auch nur zu gut. Aber das war eben damals unser Schutz, mit dem Alkoholproblem umgehen zu können. Wie hätten damals die Probleme nicht anschauen können, weil uns gar keine Fluchtmöglichkeit blieb - ich war ja viel zu jung -. Ausserdem war da die Angst die eigene Familie zu verraten bzw. die Familie im Stich zu lassen, die die Hilfe ja so "brauchte"...

    Ich glaube dir, dass du traurig darüber bist, keinen Partner zu haben, dem du dich ganz anvertrauen kannst. Mir würde es genauso gehen. Nicht einfach...
    Allerdings ist es auch mit Partner nicht immer einfach; vor allem wenn man so an sich arbeitet.
    Ich weiss noch; anfang diesen Jahres, als ich meine Therapie begann und feststellen musste, wie ich jahrelang gelebt hatte und plötzlich kam alles auf einmal...da hatte ich so Panikattacken und das oft, als ich bei meinem Freund war. Dann steigerte ich mich noch rein, dass er mich jetzt sicher für verrückt hält und weggeht und dann wurde es natürlich nur schlimmer. Mein Freund war überfordert und fühlte sich hilflos, da ich damals auch nicht in der Lage, zu erklären, warum es mir so geht und das es nicht schlimm ist, wenn er hilflos ist. Ich konnte auch nicht sagen, dass ich einfach nur eine Umarmung gebraucht hätte...
    Aber natürlich ist es schön, eine Schulter zum Anlehnen zu haben und gut ist auch, dass ich dieses Bedürfnis jetzt auch aussprechen kann :-).

    Ich bin auf jeden Fall co-Abhängig ;-). Mit der Frage meinte ich eher auch, wer ich eigentlich bin. Ich bin nämlich noch am suchen. Wenn man sich über die Jahre immer hinter seiner Fassade versteckt, ist das nicht so einfach.
    Wie viele Leute sagten mir zum Beispiel wie ruhig und ausgeglichen ich doch sei, dabei war ich innerlich ein Unruhegeist hoch fünzehn. Nur besass ich halt die Gabe, das prima zu verstecken ;-).

    Und wie läuft dein Studium so?

    Liebe Grüsse
    Cari

  • Hallo

    Es freut mich zu lesen, dass du bei dir so positive Dinge festgestellt hast :-). Ich denke, das ist auch sehr wichtig.

    Eigentlich schätze ich mich auch als einen sehr optimistisch, kämpferischen, positivdenkend Typ ein, merke aber, dass ich noch nicht das Selbstwertgefühl habe, um diesem Empfinden auch wirklich zu vertrauen.

    Ich habe meiner Freundin auch erst vor kurzem erzählt, dass mein Vater so lange abhängig war und was das mit mir gemacht hat. Was dabei herauskam war, dass sie mit dem Thema überfordert war und in ihrem letzten Brief (sie wohnt in dem Ort meiner Eltern und ich 700 km weg) nichts mehr dazu sagte.
    Einerseits machte es mich sehr traurig, weil ich mir dann wieder so unverstanden vorkam, auf der anderen Seite muss ich aber auch akzeptieren lernen, dass sie mich ja gar nicht verstehen kann, weil sie es nicht erlebt hat. Zumindest hört sie mir ja zu. Ich glaube das muss ich eh ablegen, eine Freundschaft zu suchen, bei der ich vollstes Verständnis erwarten kann für meine Lage usw.
    Ehrlich gesagt, weiss ich nicht einmal, was echte Freundschaft ausmacht. Entweder ich habe ohne Ende gegeben oder habe mir Anerkennung geben lassen; mehr war es oft nicht. Mein wahres Gesicht durfte ja niemand sehen. Und überhaupt; wenn ich mein wahres Gesicht zeige, heisst das ja auch anecken zu können und mit Streitereien kann ich schlecht umgehen. Da falle ich oft in die Opferrolle hinein. Zumindest kenne ich mich, was das betrifft, jetzt recht gut. Mit dem Ändern wird es wohl aber noch seine Zeit brauchen.

    Freut mich, dass deine Eltern dich so unterstütz haben und dir dein Studium gefällt.

    Ich arbeite ja 80% in einem Sonderschulheim und 20% (d.h. 1 Tag die Woche) gehe ich zur Schule. Arbeiten tue ich lieber, weil ich dann direkten Kontakt zu Leuten habe. Ich bin nicht so der Theoretiker ;-).
    Das letzte Semester war auch recht happig, da wir dann Psychologie hatten und in der Zeit habe ich mich ständig selbstreflektiert; das war einfach zuviel. Man muss sich nämlich auch dort von Unterrichtsstoff abgrenzen können und nicht alles auf sich beziehen.
    Sonst bin ich aber guter Dinge. Das 2. Semester habe ich bestanden und nun arbeite ich bis September durchweg. Unsere Kinder sind in den Ferien und ich gestalte momentan unseren Tagesschulgruppenraum. Dort kann ich mich kreativ ausleben. Ich finde es allgemein schön mit Kindern zu arbeiten. Man lernt automatisch auch wieder das Kind in einem selbst zu zulassen.

    Als du schriebst, dass deine Eltern dich so unterstützt haben, ist mir wieder einiges in den Sinn gekommen...
    Von dem her haben wir ja schon noch Glück, dass es trotz grosser Probleme möglich ist, dass die Eltern sich noch um einen kümmern.
    Bei mir ist das zwar schwieriger, da ich jetzt wie gesagt 700km wegwohne, aber vorher haben sie mich auch sehr unterstützt, dass ich mein Abi nachholen kann, dass ich hier einen Platz bekomme usw.

    Ich glaube teilweise auch, dass meine Eltern sich schon bewusst sind, dass es nicht immer einfach für mich war. Im Februar ist mein Vater ja fast gestorben; war im Delyrium und ich wollte eigentlich hochkommen. Habe aber gemerkt, dass ich einfach nicht kann. Ich war müde und abgearbeitet und dann sollte ich in meinen Ferien noch nach Hause und ständig ins Krankenhaus? Das war so mein erster Schritt in die Eigenständigkeit.
    Meine Eltern waren natürlich sehr traurig; das war ich auch, aber sie machten mir zumindest keine Vorwürfe.
    Ich habe ihnen dann auch erklärt, warum ich dies gemacht habe. Von dem her, verläuft das ganze recht offen.
    Jetzt wollen sie mich vielleicht - ich wohne seit 2 Jahren hier - im Oktober hier besuchen. Das war ja immer mein grösster Wunsch. Aber mal abwarten, ich bin vorsichtig geworden. Einerseits freue ich mich und andererseits kann es aber auch sein, das "etwas" dazwischen kommt.

    Das war's erstmal von mir.

    Liebe Grüsse
    Cari

  • Hi Cari,

    gut das Du Dich hier angemeldet hast. :D

    Ich bin auch seit Kindesbeinen mit dieser Problematik aufgewachsen, ja meine Geschichte aehnelt sich sehr.

    Ich kann nur sagen, dass es eigentlich immer besser wird, sobald man naemlich erkannt hat, dass man co-abhaengig ist, kommt der Stein ins Rollen. Nun machst Du auch eine Therapie, dass ist das beste was Du eigentlich machen kannst.

    Ich habe gelernt, dass ich jetzt viel mehr auf mich selbst hoere und schaue. Was tut mir gut und was nicht, das zieht sich durch alle Bereiche wie Beruf, Freunde, Familie, Partner etc. Auch hab ich gelernt, dass ich meine Grenzen setzen muss und wenn die ueberschritten werden, dann handle ich konsequent, was ich frueher nie gemacht habe. Ich dachte einfach ich bin ein Harmoniemensch, aber co-abhaengig, das kannte ich da noch nicht. Alles was Du jetzt derzeit bewusst machst und Dich bewusst mit der Co-Abhaengigkeit auseinandersetzt ist eine Reise zu Dir selbst, Du faengst an, der Mensch zu sein, der Du eigentlich wirklich bist unter all den Schmerzen, Blockaden und Schutzschichten. Aber ich kann Dir nur Mut machen Du wirst daraus auch viel Kraft schoepfen und es wird mit jedem Schritt zu Dir selbst besser werden.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Hallo Jenny

    Ich danke dir für deine Antwort und dein Mut machen.
    Ja, als Reise kann man das tatsächlich bezeichnen und die ist nicht jeden Tag einfach. Den einen Tag geht es gut und am nächsten Tag werde ich wieder ein Stück zurück geworfen.

    Heute war z.B. ein schrecklicher Morgen.
    Meine ehemalige WG-Mitbewohnerin geht in die Ferien und ich füttere ihre Meerschweinchen, umgekehrt füttert sie meine, wenn ich nächste Woche weg gehe. Sie hat mir einen Zettel hinterlassen, mit den Dingen, die ich machen soll.
    Es hat mich schon wieder so geärgert: sie schreibt, dass ich doch bitte meine Meerschweine noch putzen soll, bevor ich weg gehe, damit sie sie in den 2 Wochen nur einmal putzen muss. Es ärgert mich in dem Sinne, weil ich dann denke: Wie schätzt die Frau mich ein? Für mich ist das ja klar, dass ich das mache, bevor ich weg gehe.
    Dabei muss ich wieder einmal feststellen, dass das meine Interpretation der Dinge ist bzw. ich schon wieder Gefühle anderer übernehme. Wenn sie mir das nicht zutraut (und ich bin sehr zuverlässig), dann ist es ja ihre Sache. Ich muss zu mir stehen...aber das ist nicht immer einfach.
    Dann gehe ich aus dem Haus und überlege plötzlich angestrengt, ob ich nun ihre Wohnungstür abgeschlossen habe. Sie fliegt erst heute Mittag und wenn sie merkt, dass ihre Wohnung nicht abgeschlossen ist, wird sie ja vollstes Vertrauen haben...Dass ich keines zu mir habe ist auch klar. Ich bin traurig über soviel Selbstkritik :-/

    Dann sitze ich in der Strassenbahn und vor mir ein Kind, das bitterlich weint und schreit. Die Mutter kann es einfach nicht beruhigen und ich bin derartig genervt, dass ich mich grad wieder selbst abwerten muss, weil ich Kinder sonst eigentlich gern habe. Ich weiss schon die Gründe für meine Genervtheit; nämlich, dass man bei Kindern ja prima sein "Helfersyndrom" ausleben kann, wie ich es immer getan habe, und nun, wo ich auf dem Weg zu mir bin, möchte ich nur für mich da sein.
    Dann schaue ich aus dem Fenster und sehe auf einem öffentlichen Platz, wie ein Mann einen anderen Mann würgt, ihn schubst und beschimpft und die Leute stehen drumrum und machen nichts. Ich dachte ich bin im falschen Film. Eine Frau hat zum Glück die Polizei verständigt.
    Ich war unterdessen dermassen überfordert, dass mir die Tränen kamen.
    Ich, die behütet in einer Kleinstadt aufwuchs, sehr isoliert lebte, mit Tieren und in der Natur...und nun bin ich in einer grossen Stadt.
    Klar ist es normal, dass man in so Situationen überfordert ist und sich hilflos fühlt. Ich glaube die Situation hat nur wieder mal gezeigt, dass ich mir selber noch nicht anerkennen kann, wenn ich mit Themen überfordert bin. Nicht einfach...

    Da gibt es auch noch etwas, was mich seit Monaten beschäftigt: Im Februar hat sich die Schwester meiner WG-Mitbewohnerin umgebracht - von einem Hochhaus gestürzt. Damals habe ich noch bei ihr gewohnt und alles mitbekommen und damit meine ich alles. Ich, mit meinem Helfersyndrom, habe sie natürlich unterstützt wo es nur ging, bin sogar mit auf die Beerdigung, obwohl ich die Schwester erstens nur flüchtig kannte und zweitens total überfordert war. Teilweise erzählte mir meine Mitbewohnerin die schaurigstens Sachen über ihre Schwester und ich habe es damals nicht geschafft sie zu bitten, mit jemand anderem darüber zu reden. Zumal ich von ihrem Vater noch unterstützt wurde, wie toll er es doch findet, dass seine Tochter so eine treue "Freundin" hat und ich fühlte mich gut, trotz totaler Überforderung.
    Bis ich mein "Helfersyndrom" bemerkte und kurz vorm Zusammenbruch stand.
    Ich konnte fast nicht mehr - ich hatte soviel bei mir erkannt, dass mich anfangs überforderte und dann auch noch mit dem Thema Selbstmord beschäftigen - HIILLLFEEEE.
    Da ich einges erfahren hatte, fand ich mich bei einigen Themen bei der Schwester wieder und übernahm natürlich grad die Gefühle von ihr.
    Ich fragte mich plötzlich, ob ich mit meinen Problemen denn auch selbstmordgefährdet sei, ob ich auch depressiv werde usw. Ich habe mich halb verrückt gemacht und konnte nichts anderes mehr denken. Schrecklich...
    Bis ich begriff, dass ich mich abgrenzen muss - etwas, dass mir noch nie leicht viel.
    Mittlerweile kann ich sagen, dass ist die Schwester mit ihren Probleme und das bin ich.

    Ich bin froh, dass ich diese Phase überwunden habe; nur habe ich immer noch einen Tick, der irgendwie festsitzt: immer wenn ich an einem Hochhaus vorbeifahre, kriege ich Panik oder wenn ich überfordert bin, dann denke ich grad wieder: Muss ich mich deshalb umbringen?
    Natürlich lautet meine Antwort nein und ich hatte damals auch eine scheiss-wut auf diese Frau, aber trotzdem sitzt es fest und ich bin überfordert.
    Ich denke dann sogar, ich habe einen totalen Knall und bin sicher die einzige, der es so geht.

    Meine Therapeutin meinte auch, dass meine Wut damit zusammenhängen könnte, dass ich ihr nicht anerkennen kann, dass sie in dem Moment egoistisch war und sich das genommen hat, was sie brauchte. Etwas, dass mir oft schwerfällt.

    Ich hoffe jemand traut sich darauf zu antworten und ist nicht sofort überfordert mit dem Thema, wie so viele, denen ich es versucht habe zu erklären. Die meinten nämlich nur, ich solle doch sowas nicht denken und mich nicht verrückt machen usw. Etwas, das mir nichts bringt.

    Das war es erstmal wieder von mir.

    Viele liebe Grüsse
    Cari

  • Hallo Lume

    Schön, dass du mir geantwortet hast; trotz Überforderung ;-).

    Und im übrigen: Du missbrauchst meinen Thread nicht für deine psychologischen Nöte. Im Gegenteil; durch das Lesen anderer Nöte fühle ich mich nicht so allein, denn oft sind sie ja ähnlich wie die, die man selbst hat.

    Ja du hast recht, zum Teil ist es Resignation, was meine Freundschaft betrifft. Ich hatte das Thema bereits mit meiner Therapeutin. Auch sie sagte mir, dass ich von niemandem verlangen kann, dass derjenige mich vollkommen versteht. Gewisse Sachen sind nun mal für Aussenstehende nicht nachvollziehbar. Aber eigentlich erwarte ich schon von einer guten Freundschaft Verständnis oder zumindest den Versuch dazu. Ach, ich weiss es nicht...Ich bin gerade etwas verwirrt, weil ich eigentlich überhaupt nicht weiss, was eine gute Freundschaft ist.
    Ich habe hier auf Arbeit eine 60 Jährige Freundin, bei der ich damals mein Praktikum machte. Ich mag sie sehr, sie versteht mich, ich kann ihr alles erzählen und sie vertraut mir sehr viel an. Das finde ich toll.
    Aber irgendwie finde ich es nicht bei Leuten in meiner Altersgruppe. Entweder sind diese mit meiner tiefgründigen Art zu Denken überfordert - zumindest ist das meine Interpretation, wenn ich über mich erzähle und dann wird schnell das Thema gewechselt oder es wird gar nichts dazu gesagt oder die Leute sind mir einfach zu oberflächlich. Woran mag das liegen? Ich habe irgendwie in letzter Zeit immer das Gefühl, ich müsste Leuten, mit denen ich wirklich eine tiefgründige Beziehung führen möchte und die ich mag, meine ganze Lebensgeschichte erzählen, um zu zeigen wer ich bin. Aber irgendwie kann das doch auch nicht richtig sein...ach ja, es gibt ja kein richtig oder falsch ;-). Bin verwirrt...

    Das mit den 700km hat eigentlich wenig mit meinen Eltern zu tun. Ich glaube vielleicht ein bisschen im Unterbewusstsein, sonst hätte ich damals wahrscheinlich überhaupt nicht gehen können, denn ich fühlte mich ja ach so verantwortlich.
    Der Hauptgrund war mein Freund, der von dort nicht wegziehen konnte, weil er in Ausbildung war und auch eine gute Stelle hatte. Ich habe das Abitur frisch gemacht und dann bin ich grad einen Tag nach der Zeugnisausgabe weg gegangen.
    Ich war dann jeden Monat oder jeden 2. zu Hause, habe manchmal jeden Tag mit meinen Eltern telefoniert - das heisst Abstand war auch trotz der 700km nicht wirklich da. Ich war vollkommen abhängig von meinen Eltern und von der Situation zu Hause.
    Der räumliche Abstand tat mir in dem Sinne gut, dass ich nicht mehr jeden Tag Streitereien oder sonstiges mitbekommen musste.
    Ja, ist es schön, dass gerade mein Vater sagen konnte, dass ich es nicht immer einfach hatte und auch meine Mutter machte sich Vorwürfe, dass sie nicht eher weg ist von ihm, um mir ein besseres Leben zu bieten usw. Ich bin nur so misstrauisch geworden, dass ich manchmal gar nicht weiss, ob da nicht Hintergedanken versteckt sind, ob die Reaktion jetzt nicht nur kam, damit ich baldmöglichst wieder hochfahre, um mich zu kümmern...oh, ich muss aufhören das zu schreiben, merke ich. Ich weiss es einfach nicht. Ich möchte so gern glauben, dass da auch Zuneigung ist - und sicher ist da welche vorhanden. Nur habe ich eben schon genug Situationen erlebt, bei denen man "lieb" zu mir war, nachdem man seine Schuld erkannt hatte und mich nun wieder brauchte.
    Worte betrachte ich oft mit Skepsis - sagen kann man viel. Ich hätte es z.B. so gern gehabt, wenn meine Eltern mich in den Arm genommen hätten. Das hat mir immer sehr gefehlt. Und war ich mal richtig traurig, was ja oft mit der Situation daheim zusammenhing, so wurde das nur eine gewisse Zeit toleriert, dann musste ich wieder fröhlich oder zumindest "normal wie immer" sein.
    Auf der anderen Seite denke ich aber auch - das war alles so festgefahren, jeder war mit seiner Situation allein und jeder war überfordert. Es war kein Platz für den anderen da oder dann nur für meinen Vater.

    Ich finde es schön, dass du trotz deiner Überforderung geantwortet hast. Natürlich kann mir da niemand einen guten Rat geben. Ich muss es wohl akzeptieren lernen, dass es auch solche Dinge im Leben gibt bzw. dass es Leute gibt, die dies als einzige Lösungsmöglichkeit für sich sehen; denn das kommt ja nicht einfach so.
    Wahrscheinlich stecken da genau meine Grundängste dahinter: Angst vor Verlust/Tod, Angst die Kontrolle zu verlieren usw. usf.
    Da werden noch einige Sitzungen fällig sein, bis ich besser damit umgehen kann.
    Es hat mich aber ein wenig erleichtert, als du das mit der französischen Revolution geschrieben hast. Ich finde das überhaupt nicht gaga.
    Das sind ja oft so Fluchtfantasien, um nur ja nicht das eigentliche Problem anschauen zu müssen. Von dem her sehr verständlich.
    Wie hat sich das denn bei dir geäussert, wenn ich fragen darf?

    Mir passiert es übrigens immer wieder, dass ich mich in Dinge so reinsteigere. Zum Beispiel vertrage ich ja sehr schlecht Kritik und früher habe ich mich dann derartig fertig gemacht, mich hineingesteigert, dass ich plötzlich alles falsch mache oder ich war böse auf den, der mich Kritisiert hat und begann mich zu rechtfertigen.

    Ja, ja, es gibt noch viel zu lernen, stelle ich fest :-).

    Liebe Grüsse und schönes Wochenende an alle die das lesen.
    Cari

  • Hallo Lume

    Klingt wirklich traurig, das mit deinen Freundinnen :(
    Eben, ich kam jetzt auch nach Jahren mit dem Thema, war sonst immer diejenige, die stark war, für alles eine Lösung wusste. Meine Freundin ist sehr zurückhaltend, schüchtern und ich würde fast sagen griesgrämig. Ihr Vater hatte vor Jahren eine schwere Depression und kam in die Klinik.
    Wenn wir uns trafen, kam es mir oft so vor, als müsste ich den "Clown" spielen, verschiedene Themen anschneiden usw., weil sie fast nichts zu sagen wusste. Und dann ist sie immer aufgetaut...
    Im Februar ging es mir schlecht und als ich dann mal andeutungsweise anmerkte, um was es geht, kam nicht mehr als ein Stirnrunzeln. Auf der anderen Seite kann ich es aber auch nicht verübeln.
    Entweder ich kann damit leben, dass sie mit dem Thema überfordert ist oder ich muss sie als Freundin vergessen. Ich kann Menschen nicht ändern; wie sie mich nicht ändern können.
    Gute Freunde zu finden, ist wahrscheinlich genauso Glückssache, wie einen guten Partner zu finden.
    Ich werde mich in Zukunft versuchen nicht mehr vor den Leuten zu verstellen, werde nicht mehr auf Knopfdruck diese strahlende Frau sein, wenn mir nicht danach ist und vielleicht lerne ich irgendwann eine richtig gute Freundin kennen :-).

    Ich kenne das auch, mit dem Nachhause-Reisen. Ich habe aber so für mich gemerkt, dass ich dann am liebsten immer zu Hause bleiben würde, so gross war meine Abhängigkeit. Denn trotz der Alkoholsucht meines Vaters, habe ich dort immer sehr behütet gelebt.
    Aber so lange ich dieses Sehnsucht hatte, konnte ich mir hier kein richtiges Leben aufbauen, denn das ist nunmal jetzt hier.
    Hast du denn in Jena eine eigene Wohnung oder lebst du in einer WG? Das macht ja auch oft eine Unterschied aus.

    Ja, leider stimmt es, dass sich Alkoholiker dann oft das nehmen, was sie brauchen. Wobei ich da auch vorsichtig bin. Es stimmt sicher nicht immer, denn irgendwo liebt auch ein Alkoholiker, was ich schon so gelesen habe. Mein Vater macht mir z.B. immer so kleine Aufmerksamkeiten. Er hat mir einen Hammer und eine Zange (für's Handwerken ;-), geschenkt, in denen er meinen Namen und das Datum eingraviert hat. Zum einen Teil denke ich, wollte er mich wieder ein Stück zu sich zurück holen, aber zum anderen Teil denke ich trotzdem, dass er mir auch Zuneigung geben wollte, was auch immer das bei einem Alkoholiker bedeuten mag.
    Meine Mutter brachte mir dieses Jahr eine weisse Robbe aus Plüsch mit, als sie von ihrer Kur kam. Das hat mich so zu Tränen gerührt. Ich weiss, es ist nur etwas Materielles, aber ich liebe Kuscheltiere und wenn sie auch noch von einer Person geschenkt werden, die ich liebe, dann bedeutet mir das viel. Irgendwie ist es für mich so ein Symbol etwas "im Arm halten" zu können. Mag vielleicht kindisch klingen und vielleicht bin ich da in einer kleinen Fantasiewelt, aber ich mag das.

    Schon interessant, wie sich das bei dir mit der französischen Revolution geäussert hat; wie der Mensch sozusagen auch auf Stress reagiert und mit anderen Dingen ablenkt.

    Ich bekam mit 15/16 eine Phobie, d.h. ich dachte immer, ich falle in Ohnmacht, wenn ich auf öffentlichen Plätzen bin, ass ich mit vielen fremden Leuten an einem Tisch, dann konnte ich kaum etwas essen, so schlecht war mir. Frag mich nicht, wie ich das wieder los geworden bin, auf jeden Fall ohne Therapie; ich habe mich einfach immer mit der Situation konfrontiert.
    Ich muss aber sagen, dass ich mich auch heute noch in meinen eigenen vier Wänden oder dann wirklich nur mit sehr vertrauten Personen/Umfeld wohl fühle. Sobald ich länger zwischen Menschenmassen bin oder zuviele Dinge auf einmal sehe, kommt es bei mir zu einer Reiz-Überflutung und ich bin überfordert und müde.
    D.h. einerseits sollte ich mehr raus gehen und andererseits darf ich mich aber auch nicht überfordern ;-).

    Bis dahin einen guten Wochenanfang.

    Liebe Grüsse
    Cari

  • Ja, du bringst mich gerade auf einen Gedanken...Vielleicht ist genau das auch mein Problem, dass ich durch mein "Helfersyndrom" einfach zu viel von den Leuten erwarte. Soviel Verständnis - was doch wirklich des guten zuviel war - wie ich anderen entgegen brachte, erwarte ich nun wohl auch zurück zu bekommen...und desto enttäuschter wird man dann, wenn es nicht eintrifft.
    Das einzige, was ich definitiv verlange ist, dass wenn ich mich schon anvertraue, mir dann zugehört wird und vielleicht sogar etwas dazu gesagt wird.

    Ich kann dich einerseits gut verstehen, dass du auch mal wieder nach Hause musst, aber was genau meinst du mit "bei dir sein". Bist du unter der Woche sonst nicht bei dir?
    Meinst du einfach die vertraute Umgebung, dein Zimmer?

    Das ist wirklich ein schönes Erlebnis, das du da beschreibst. Kann ich gut nachvollziehen, dass dich das gefreut hat.

    Ja, mit dem Rausgehen muss ich auch langsam machen, nur mögen mich viele Leute gerade hier auf Arbeit und fragen schon immer, wann ich denn mal wieder Zeit hätte. Ich mag die meisten recht gerne, aber es ist nicht so intensiv, dass ich wirklich Lust habe, etwas zu machen. Andererseits lernt man Menschen ja nur intensiv kennen, indem man etwas mit ihnen unternimmt. Na ja, momentan bin ich nach der Arbeit lieber zu Hause, schaue gemütlich einen Film oder entspanne mich anderweitig.
    Zum Glück ist mein Freund auch eher der gemütliche Typ und verbringt gerne viel Zeit zu Hause. Ich weiss nicht, aber ich fühle mich dort geborgen.

    Eine Kollegin von mir sagte mir, als ich mich das halbe Jahr von meinem Freund trennte, dass ich doch mehr Freunde "gewinnen" soll. So ungefähr, ich würde mich von ihm abhängig machen. Ich kann allerdings nicht sagen, dass ich in diesem halben Jahr viel mehr weg gegangen bin; wenn auch etwas mehr. Aber viel glücklicher hat es mich nicht gemacht, zumal ich nicht meine eigenen vier Wände hatte; sonst wäre ich sicher auch mehr zu Hause geblieben.
    Und wenn ich meine Kollegin so anschaue; sie hat viele Freunde/innen, dadurch, so scheint mir, viele Verpflichtungen und ständig Termine. Für mich wäre das nichts, denn ich brauche auch viel Zeit für mich. Was ich brauche, ist eine richtig gute Freundin, eine, mehr brauche ich gar nicht.

    So, das soll es für heute erstmal gewesen sein.

    Bis Bald

    Cari

  • hallo cari

    ich hab da etz eben was bei dir gelesen was mich an was erinnert hat :wink:

    Zitat

    Vielleicht ist genau das auch mein Problem, dass ich durch mein "Helfersyndrom" einfach zu viel von den Leuten erwarte


    so ähnlich hab ich mich das auch gefragt und zwar genau am 10. august 2007 um 10:55 uhr :wink:

    wenn du magst kannst du es ja nachlesen, was ich und auch einige andere hier mir dazu geschrieben haben. mir hat das viel geholfen, vielleicht dir ja auch 8) los gehts ab dem oben erwähnten beitrag :wink:
    *Klick*

    liebe grüße -Dani-

  • Zuerst einmal @ summerdream:

    Vielen Dank, dass du mir diesen Tipp gegeben hast. Ich habe mir alles durchgelesen und fand gut, was die anderen dazu geschrieben haben. Es tut doch immer wieder gut, wenn es einem nicht allein so geht :-).

    Hallo Lume

    Es ist immer wieder schön von dir zu lesen :-).
    Du scheinst meine treueste "Beantworterin" zu sein *g*

    Mit der gewohnten Umgebung kann ich dich gut verstehen. Wenn ich besonders viel Stress habe oder sehr traurig bin, dann fallen mir die schönsten und vertrautesten Sachen von zu Hause wieder ein und ich möchte dann am liebsten sofort nach Hause. Es ist nun mal vertrauter als das, wo ich jetzt lebe.
    Wie lange bist du jetzt schon von zu Hause weg?

    Ich merke bei mir, dass es mit dem Heimweh vor allem in der Anfangszeit meiner Therapie ganz schlimm war. Wenn meine Therapeutin mir klarmachen wollte, dass ich mich aus dieser Abhängigkeit befreien muss und auch mal nicht hochfahren soll, vor allem wenn es mal wieder heiss hergeht daheim, dann konnte ich das absolut nicht einsehen. Für mich hat der Begriff "sich ablösen" den Weltuntergang bedeutet. Es wollte mir nicht in den Sinn, ich habe es nicht verstanden und doch wusste ich, irgendwie stimmt es so nicht, wie es jetzt ist.
    Als ich dann im März nicht hochfuhr, noch dazu an meinem Geburtstag, ging es mir so schlecht und ich hatte ein derart schlechtes Gewissen. Ich habe noch nie einen Geburtstag ohne meine Eltern gefeiert und doch weiss ich eigentlich, dass das noch öfter in meinem Leben passieren wird.

    Im Moment habe ich sogar ein bisschen Bammel davor wieder heim zu kommen.
    Entweder es liegt an dem halben Jahr, das ich sie nicht gesehen habe, oder an meinen grossen Veränderungen. Ich kann das Gefühl nur sehr schwer beschreiben. Es ist so eine gewisse Angst, einerseits wieder auf das Vertraute zu treffen und vielleicht verletzt zu werden und andererseits - mmh- wie so eine Art Angst, dass sie merken, inwieweit ich mich verändert habe und mich dann sozusagen ablehnen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es das trifft...Meine Gefühle sind auf jeden Fall gemischt.

    Ja, das siehst du richtig so, ich habe dann auch so eine Art Zwang, dass ich doch mal wieder was mit denen unternehmen sollte. Ich sehe ja auch oft, wie die anderen sich untereinander treffen und fühle mich dann einerseits so ausgegrenzt, verspüre irgendwo auch die Sehnsucht mitzukommen und auf der anderen Seite zieht es mich lieber wieder nach Hause in meine sicheren vier Wände.
    Manchmal erkenne ich mich dann selbst nicht wieder; denn sollte ich mich doch einmal aufgerafft haben, um tanzen zu gehen oder dergleichen, dann kann ich so auftauen und Spass haben, dass die anderen, die mich so ja nicht kennen, mich ganz verwundert fragen, was mit mir los ist. Kennst du das auch?

    Ich denke es ist wirklich schwierig, eine richtig gute Freundin zu finden, weil das auch Zeit braucht. Hier wo ich jetzt bin fange ich ja praktisch wieder bei null an und wenn ich vor allem merke, dass ich genau jetzt eine gute Freundin bräuchte und es ist einfach keine da, dann habe ich erst recht keine Lust, mir wieder neu eine aufzubauen.
    Ich habe zwar schon noch Freunde in der alten Heimat, aber über so grosse Entfernung ist das so gut wie unmöglich und auch nicht das gleiche, als wenn man sich persönlich unterhält.
    ------------------------------------------------------------

    Man war das ein Tag heute.
    Der Morgen verlief, würde ich sagen, mal wieder nach altem Muster. Mein Freund hat mich um etwas gebeten oder besser gesagt um zwei Sachen und die eine Sache wollte ich nicht erledigen, weil ich gemerkt habe, dass es mir zuviel ist. Genauer gesagt sollte ich bestimmten Kaffee kaufen, da der Laden aber nicht auf dem Weg liegt und ich für einen Umweg am Abend keine Zeit habe, sagte ich ihm also, dass ich ihn heute nicht holen kann und es mir zuviel ist.
    Er wiederum reagiert enttäuscht und kommt dann mit dem typischen Satz: "Dann muss ich es eben am Freitag selbst machen, wenn ich eher von Arbeit komme."
    In dem Moment habe ich das Gefühl, ich müsste mich für mein Bedürfnis rechtfertigen, werde also recht laut und rege mich über seine Reaktion und sein absolutes Unverständnis auf. Mein Freund geht dann ohne ein Wort, weil er es nicht mag, wenn man laut mit ihm redet.
    Ich schaue ihm dann hinterher und rege mich über ihn und über mich auf.
    Dabei geht es hier ja um zweierlei Bedürfnisse und beide sind verständlich.
    Ich hätte mich gar nicht rechtfertigen müssen, hatte aber sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich abgelehnt hatte.
    Und da mein Freund meine überfürsorgliche Hilfe kennt (jetzt mittlerweile 6 Jahre) und sie auch schätzt - und natürlich nicht einschätzen kann, wann ich über meine Grenzen gehe -
    scheint es ihn nun zu verwirren, wenn ich ablehne.
    Mir fällt es halt noch schwer diese Enttäuschung anderer abzutun und zu sagen: "Ja dann halt...ich schaffe es nicht heute, kann es aber gerne an einem andern Tag machen und wenn dir das nicht langt, musst du selbst sehen."

    Gestern Abend hatte ich auch wieder mal eine kleine Krise. Bei mir scheint es wohl wirklich so zu sein, dass ich unheimlich traurig werde, wenn ich besonders müde bin. Ich könnte dann durchweg heulen, weiss teilweise aber nicht mal warum. Erst wenn die Tränen kommen, fallen mir wieder Dinge ein, die ich vermisse oder nie hatte, ich komme wieder in alte Kindheitsgeschichten rein.
    Z.B. habe ich im Moment immer das Bild vor Augen, wie mein Vater mich als kleines Kind umarmt. Manchmal kommt mir das alles so unwirklich vor.
    Oder ich stelle mir vor, wie ich in Tränen ausbreche, wenn ich Ende Juli meine Eltern besuche und sie mich zur Begrüssung umarmen. In dem Moment bekomme ich dann immer ein Gefühl zwischen Trauer, Wut und Geborgenheit. Es fühlt sich jedenfalls komisch und ich bin dann immer richtig verwirrt.

    So, es wird Zeit ein wenig weiter zu arbeiten :-). Bis 17:00 Uhr heisst es durchhalten...

    Liebe Grüsse

    Cari

  • Freut mich, wenn ich dir eine Freude machen konnte :) und, dass du gestern einen guten Tag hattest.

    Mein Tag gestern war eigentlich auch ganz o.k., aber ich hatte ziemlich viel gemacht (ziehe momentan wieder bei meinem Freund ein) und war abends so müde und kaputt, dass ich mal wieder eine Krise bekam. Dabei scheint es mir, als machte ich eher Rück- als Fortschritte. Ich spüre jedes Gefühl - was ja auch gut so ist - bin aber durch die Überforderung (die ich mir natürlich selbst mache) nicht wirklich in der Lage gute Erklärungen zu finden oder mich zu beruhigen. Teilweise bekomme ich dann wieder so Panik, ich könnte da nicht mehr raus kommen oder ne Depression kriegen...das ist so typisch für mich, mich in Dinge reinzusteigern und dadurch verschlimmert sich alles noch.
    Ich habe in einem Buch mal gelesen, dass man das Impulsivität nennt. Denn das bin ich wirklich. Mittlerweile erkenne ich es, manchmal kurz bevor es zum Ausbruch kommt. Teilweise war ich wegen Sachen gegenüber meinem Freund derart eifersüchtig oder regte mich über Dinge auf und dann konnte ich nur schwer damit aufhören.

    Dann hat gestern Abend die Mutter meines Freundes angerufen. Seine Eltern wissen ja noch nicht, dass wir wieder zusammen sind. Jetzt weiss es zumindest mal seine Mutter.
    Die Trennung damals verlief auch mal wieder in einer Phase der Impulsivität. Die Entscheidung kam so plötzlich, wie aus dem nichts. Ich habe nicht mal annähernd über unsere Streitereien nachdenken und eine Lösung suchen können. Ich habe alles ausgeblendet, mir noch ein richtig negatives Bild unserer Beziehung aufgebaut. Wir wollten damals in eine andere Wohnung ziehen, der Vertrag wurde paar Tage vorher unterschrieben und verpflichtete uns, mind. drei Monate drin zu wohnen und dafür auch zu zahlen. Ich habe ihn damals damit hängen lassen, er musste alles zahlen und hatte jede Menge Ärger am Hals. Heute frage ich mich, was mich dazu veranlasst hat. Ich dachte nur an Flucht. Ich habe meinen Partner für Probleme verantwortlich gemacht, wovor ich Angst hatte, diese überhaupt anzuschauen.
    Ich musste perfekt sein, also musste er es auch und ich meckerte ständig an ihm herum.
    Ich möchte mir wegen all dem keine Vorwürfe machen, denn ich weiss ja auch die Gründe dafür. Fakt ist aber auch, dass es in meiner Verantwortung lag, diese Entscheidung getroffen zu haben, wenn auch nicht mit so klarem Verstand.
    Logisch, dass seine Eltern mich jetzt nicht mit offenen Armen empfangen. Irgendwie musste ich gestern deshalb weinen, weil ich wieder mal das Gefühl das "Ablehnens" spürte.
    Heute möchte ich einen Termin für ein Treffen mit seiner Mutter ausmachen. Mit ihr habe ich mich immer gut verstanden, ich habe ich auch sehr viel über mich und das Problem meines Vaters erzählt. In dem Treffen möchte ich mit ihr darüber reden, weshalb ich ging. Ich möchte mir aber weder zuviel Verständnis erhoffen, noch möchte ich mich rechtfertigen, warum ich was tat, möchte auch nicht für alles meine Vorgeschichte in die Verantwortung ziehen, sondern einfach sagen, was ich gefühlt habe und fühle. Aber läuft es nicht doch auf das vorher beschriebene hinaus? Ich bin verwirrt :-/

    zu dem, was du schriebst:

    Mit deiner Freundin das kann ich gut verstehen. Eigentlich habe ich das auch, denn meistens wenn ich Leuten davon erzähle, dann tue ich das recht sachlich und meistens ohne grosse Gefühlsregungen, weil ich Angst habe, wenn ich den Schmerz rauslasse, dass die anderen Leute überfordert mit mir sind und ich dann eine ZUMUTUNG bin, wie du schon geschrieben hast.
    Mir geht es z.B. jetzt mit der Mutter meines Freundes so. Sie hatte immer Verständnis für mich, hat mich zum Teil sogar in Schutz genommen, mir in vielen Dingen geholfen, aber irgendwie seit meinem Weggehen habe ich grosse Angst, dass nun das ganze Gegenteil eintrifft und dass sie denkt, ich will mich mit all diesen Dingen, die ja wirklich begründet sind, nur rausreden. Eigentlich traurig, so zu denken...
    Zumal ich natürlich nicht von ihrer Meinung dazu abhängig sein sollte. Die Betonung liegt auf sollte...

    Ja, es ist wirklich bequemer nach Hause zu gehen, aber ich muss auch sagen, nach einem langen Arbeitstag verspüre ich meistens nur noch diesen Wunsch, da ich sonst überfordert bin und es mir zuviel wird, abends noch was zu machen. Vielleicht gibt sich das, wenn ich nicht mehr ganz so fest mit mir beschäftigt bin; denn das ist schon anstrengend, wenn man so an sich arbeitet.

    Zu dem, was du über deine Kommilitonin schriebst:
    Du weisst, dass dir der Mut fehlt sie zu fragen...Also, dass heisst ja nicht, dass du das dann so hinnehmen musst, oder? Wenn du das gerne möchtest, probiere es doch. Ich kenne diese Angst, die dahinter steckt, aber ganz ehrlich...die Wahrscheinlichkeit, dass sie ablehnt ist fast bei 0.

    Ja, es kann gut ein emotionales Druckmittel sein und ich kenne das gut von meinem Vater. Umso emotionaler reagiere ich jetzt darauf. Ich glaube es liegt im Moment auch daran, dass wenn ich etwas nicht tun will, dass ich es dann überbetonen und teilweise sogar rechtfertigen muss, so dass der andere das Gefühl hat, ich habe jetzt überhaupt keine Lust, sein Bedürfnis zu erfüllen.
    Ich denke aber auch, dass bei meinem Freund eine Angst dahinter steckt, mit seinen Bedürfnissen zu kurz zu kommen. Das kann auch zum Teil aus seiner Familie kommen, ist aber auch eine Sache in unserer Beziehung, durch meine Erfahrungen usw.
    Früher habe ich alles für ihn gemacht, teilweise darartig bevormundend und ungefragt, dass er manchmal sauer wurde und wenn er dann gerne etwas wollte, was ich für ihn tue, lehnte ich ab. Hier war es aber nun wirklich mal ein Wunsch von ihm, den ich nun ausgerechnet nicht erfüllte, was ihn sauer machte und mich widerrum dazu brachte, ihm vorzuwerfen, was ich denn alles für ihn tue usw.
    Wir haben über das Thema schon sehr ausführlich gesprochen, aber manchmal passiert es halt doch wieder...

    Jetzt fällt mir grad noch was sein:
    Ich habe vorhin einen Thread gelesen, auf den auch du geantwortet hast. Es ging dabei um Hass auf die eigene Mutter usw.
    Das hat mich total verwirrt und verängstigt. Im Grunde genommen hat meine Mutter mich ja auch emotional missbraucht, indem sie mir alles erzählte, mich als emotionalen Mülleimer benutzte. Ich kann mich aber auch erinnern, dass sie später oft sagte, dass ich ja auch meine Probleme habe und mich das belastet und sie mich nicht noch mit ihren Sachen belasten will. Ich widerrum habe dann abgewehrt und es war für mich natürlich selbstverständlich, dass ich ihr zuhöre.
    Mit unserem Helfersyndrom haben wir uns also wunderbar ergänzt, denn ein "Helfer" denkt nie an sich und nimmt sich auch niemals zurück.
    Sollte ich deshalb Hass verspüren? Verdränge ich etwas, rede ich etwas gut oder bin ich nur mal wieder in meiner impulsiven Denkweise hängen geblieben?
    Ich überlege angestrengt und bin verwirrt...

    Besser ich mach erstmal ne Denkpause ;)

    Bis Bald und Liebe Grüsse
    Cari

  • Ach, ging dir das in der Schule auch so? :)
    Ich habe sogar meine guten Noten verborgen, wenn jemand anderes, den ich gern hatte, schlechter war als ich und sich meines Erachtens dafür geschämt hat.
    Im Moment merke ich so Selbstabwertungen viel und oft und dann überkommt mich meistens eine richtige Trauer.
    z.B. habe ich gestern unser Schlafzimmer mit einem Bild und zwei schönen Kerzenhaltern verschönert, dachte dann im nächsten Moment, als ich es so betrachtete, dass es blöd aussieht und ich wieder mal keinen Geschmack besitze :-/.
    Zum Glück merke ich es jetzt und kann mir dann ein grosses STOP setzen.

    Mit dem Aufdrängen, das kenne ich auch nur zu gut. Man hat die Anerkennung ja gar nicht verdient und so toll ist das ja nun auch wieder nicht, was ich da gemacht habe usw. usf. Ich denke sofort, ich sei jetzt zu abgehoben und zu egoistisch oder wenn ich mal stolz bin, dass ich ja sowieso nicht wirklich dran glauben kann.
    Ich denke das legt man nur mit Übung ab, hat man mehrere positive Erfahrungen damit gemacht, dann kann sich das legen. Wie immer braucht das sehr viel Zeit und Geduld.

    Das ist wirklich fies, zu hören, dass man alle Verhaltensweisen auf die Vergangenheit schiebt. Das musste ich mir aber auch schon anhören - sei also getröstet. Natürlich kann man nicht alles dafür verantwortlich machen, immerhin sind wir jetzt auch erwachsen und müssen die Verantwortung für uns und unser Handeln übernehmen, das heisst aber nicht, dass wir Schuld sind für gewisse Muster, die wir damals als Schutz entwickeln mussten. Wichtig ist doch, dass wir sie erkennen und etwas dagegen tun möchten.

    Ich drücke dir schon jetzt die Daumen, dass du dich traust, deine Mitkommilitonin anzusprechen ;) Das wäre dann ein grosser Schritt, würde ich sagen...

    Mmh...ich bin nicht wirklich zu einem richtigen Entschluss gekommen, was meine Mutter oder meine Eltern betrifft. Eigentlich kann ich gut nachvollziehen, wie alles ablief und warum auch meine Mutter so gehandelt hat. Böse war sie nie mit mir, sie hatte einfach kaum Zeit für mich, da sie als einzige arbeitete und ansonsten überwiegend mein Vater im Vordergrund stand. Aber hassen? Ich empfinde irgendwie keinen Hass, sondern eher Enttäuschung im Allgemeinen und viiieeellll Trauer. Ich glaube ich müsste viel mehr heulen, was das betrifft, versuche aber irgendwie immer noch die Starke zu sein und unterdrücke meine Tränen, so dass es sich dann anfühlt, als hätte ich einen dicken Klos im Hals.

    Na ja, dann mal auf in den Feierabend. Ich freue mich jetzt auf meine leckere Pasta mit Pesto a la genovese :) mmmhh... Ich liebe Pasta.
    Und sonst werde ich mich gemütlich auf's Sofa hocken und schauen, ob was gutes im TV läuft.

    Einen schönen Abend
    Cari

  • Man, heute bin ich ein richtiger Trauerkloss :(
    Ich kann nicht einmal genau sagen, über was alles. Wenn ich genauer drüber nachdenke, dann sind es sehr viele Sachen...

    Gestern Abend rief mich mein Bruder an, das hat er jetzt lange nicht gemacht, fragte wie es mir geht usw. Einerseits habe ich mich so gefreut und im nächsten Moment kann ich es wieder kaum glauben, dass meine Familie sich für mich interessiert.
    Das macht mich dann erst recht traurig.
    Mein Vater hat im Moment eine trockene Phase und möchte natürlich jetzt wieder viel gut machen. Er zeigt Interesse, freut sich, wenn ich die ganze Familie besuchen komme...einerseits freue ich mich und andererseits bin ich so tieftraurig und habe ein richtiges Misstrauen, dass sich das wieder ändern könnte.

    Überhaupt habe ich Schwierigkeiten mich richtig zu entspannen und zu geniessen. Und wenn ich es denn mal ansatzweise kann, dann kommt grad wieder so ein negativer "Warngedanke", dass ich auf der Hut sein soll und lieber nicht geniessen, es könnte ja durch etwas negatives wieder zerstört werden.
    Mir fällt es schwer Spass zu haben, dabei habe ich so viele schöne Dinge um mich herum und ich mache ja auch grosse Fortschritte, allerdings bin ich mir noch nicht über alle bewusst und es nicht einfach, diese hervorzuholen.

    Am Freitag gehe ich in die Ferien. Ich fahre an die Nordsee. Auf der einen Seite freue ich mich und dann ist aber immer noch dieses Gefühl von Unbehagen und ich kriege es nicht wirklich weg. Ich möchte mich im Urlaub erholen, setze mich aber, glaube ich, zu sehr unter Druck mit diesem Gedanken.

    Schreibt mir doch, wem es ausser mir noch so geht. Ich bin für jede Geschichte, aber auch jeden guten Ratschlag, wie ihr damit umgeht, sehr dankbar.

    Alles Liebe

    Cari

  • Hallo liebe Lume

    Danke für deine sehr hilfreichen Worte :-).

    So Erinnerungen kenne ich auch zur Genüge und auch die Angst davor, dass sich meine Eltern trennen könnten. Denn die Entscheidung wäre mir schwer gefallen. Von daher kann ich dich auch hier gut verstehen.

    Gestern Abend rief noch meine Mutter kurz an. Irgendwie war ich nach dem Gespräch wütend, traurig und enttäuscht zugleich. Das Gespräch verlief eigentlich normal wie immer, wir hatten keine bestimmten Themen. Ich habe nur gemerkt, dass wenn ich erzähle wie es mir geht, dass sie dann auh grad von sich erzählt; sie übernimmt sich ja selber ständig, was sie langsam zu realisieren scheint. Aber es stört mich, dass sie nicht auf das von mir Gesagte eingeht. Dabei wird sie wohl, genau wie ich, vom ständigen "Helfen" die Nase voll haben, was ich ja auch verstehen kann. Aber wieso immer auf meine Kosten?
    Aber ich dachte auch: Wieso kann sie nicht mal von sich aus anrufen? Wieso macht das auch mein Vater erst, wenn ich einen "Denkanstoss" gebe. Immer rufe ich zuerst an und sie rufen erst dann an, wenn sie merken, dass ich mich lange nicht gemeldet habe; denn das mache ich ja dann mit Absicht. Mein Vater wollte schon so oft eine SMS schreiben, macht es aber trotzdem nicht. Ich weiss, dass das nicht an mir liegt, aber ich bin trotzdem traurig darüber:-(
    Ich merke auch, dass ich mich jetzt schon sehr von meinen Eltern abgegrenzt habe. Früher habe ich meine Mutter immer als meine Freundin gesehen und jetzt merke ich, dass da eine gewisse Distanz da ist, dass ich auch ihr zum Teil misstraue. Das macht mich traurig und natürlich denke ich, wie wohl so viele, dass ich auf meine Eltern doch nicht böse sein darf; ich schäme mich sogar zum Teil und fühle mich schlecht deshalb. Ich weiss; meine Gefühle sind berechtigt und ich muss mich nicht dafür schämen und trotzdem tue ich es.
    Ich hoffe ich kann einigermassen damit umgehen, sie nach meinem Urlaub mal für 2 Tage zu sehen. Ich liebe sie ja, aber irgendwie ist da auch Enttäuschung über vieles, was sich nicht einfach wegzaubern lässt, und trotzdem kann ich es ihnen nicht direkt vorwerfen. Ich muss es akzeptieren.
    Am besten ich lasse mal alles auf mich zukommen...

    So, heute Abend geht es dann in den Urlaub. Ich freue mich darauf, wenn auch noch mit mulmigem Gefühl;-).
    Aber ich denke, ich habe mir die Ruhe wirklich verdient und hoffe, dass ich mich auch ein bisschen entspannen kann :-).

    Mal sehen, wenn ich Glück habe, kann mein Partner seine Netzwerkkarte mitnehmen, dann kann ich doch ab und zu mal reinschauen ;-).
    Ansonsten hoffe ich, wir schreiben uns dann nach den Ferien wieder :-).

    Und übrigens: Du kannst mich gar nicht enttäuschen. Jeder Versuch, und wenn es nur erstmal gedanklich ist, ist doch schon mal wertvoll. Setz dich nicht unter Druck, der richtige Zeitpunkt wird kommen, wo es dir gelingt.

    Alles Gute und liebe Grüsse
    Cari

  • an Lume: Ich hoffe du hast/hattest schöne und erholsame Ferien.

    Wieder zurück aus den Ferien...
    Waren das zwei tolle Wochen :-). Einfach mal Ruhe und Entspannung, an nichts denken...Das hat mir gut getan.
    Meine anfängliche Ängste und Unsicherheiten - dass ich die Ferien nicht geniessen kann usw. - haben sich nicht bestätigt.

    Dann war ich allerdings noch kurz am WE bei meinen Eltern - ein halbes Jahr habe ich sie nicht gesehen und muss sagen, dass ich sie schon vermisst habe.
    An sich war es ja schön, mein Vater ist noch immer trocken und hat sich jetzt Beschäftigungen im Garten gesucht, aber die Therapie hat er nicht angefangen. Leider...aber wie immer bin ich machtlos dagegen.
    Als ich meinen Vater so sah, hätte ich heulen können.
    Seit seinem Zusammenbruch im Feburar ist er enorm gealtert. Seine Augen liegen richtig in den Höhlen und dann dieser traurige Blick...er ist fast nur noch Haut und Knochen. Ich weiss, dass ich nichts dagegen tun kann, aber Mitleid habe ich trotzem und es macht mich traurig, meinen Vater so zu sehen.
    Mein Vater zeigt seine Zuneigung über Sachen, die er mir schenkt. Diesmal hat er für mich Gemüse gepflanzt und es mir mit gegeben. Er muss dann natürlich noch hervorheben, dass er das extra für mich gemacht hat. In den Momenten könnte ich heulen.
    Mein Mutter sitzt noch genauso in ihrer Co-Abhängigkeit fest. muss es aber irgendwie verdrängen, weil sie von meinem Vater nicht weg will. Sie macht aber zumindest mehr für sich.
    Was mich am meisten nervt ist, dass es mir jedes Mal wieder schwerfällt von zu Hause weg zu gehen. Mir geht es dann den ganzen Tag schlecht, ich habe ein Gefühl von Heimweh, habe Angst, dass ich sie so, wie sie jetzt waren nicht wieder sehe oder gar verliere. Das ist ein schreckliches Gefühl. Ich habe dann das Gefühl, dass ich in die alte Abhängigkeitsgeschichte zurück falle.

    In den Ferien hatte ich übrigens noch einen interessanten Traum:

    Mein Vater ruft mich in den Keller und dann sehe ich da einen Raum, in dem er steht, der voll mit Alkohol gefüllt ist und darauf schwimmen noch Bierflaschen.
    Mein Vater will mir den Raum zeigen, aber ich spüre nur Angst. Ich laufe die Kellertreppe nach oben, als mein Vater mich am kleinen Finger zieht und sagt, dass er mir was zeigen will. Ich reisse mich los und sage ihm, dass er nicht so an mir zerren soll und nach oben will.
    Dann gehe ich zu meiner Mutter nach oben, die an der Nähmaschine sitzt und irgendwelche Stoffreste zusammen näht. Ich erzähle ihr, dass Vater immer so an mir zerrt und ich das nicht mag. Daraufhin sagt sie nur: Das tun nicht nur Männer, sondern auch Frauen. Das gäbe es genügend Leute, die an einem zerren.
    Dann war der Traum zu ende...
    Schon interessant, was man im Traum alles verarbeitet.

    Das war es für heute erstmal von mir.

    Liebe Grüsse
    Cari

  • hallo cari

    schön zu lesen das dein urlaub so erfolgreich war, was das an nichts denken betrifft, kann ich dir aus jüngster erfahrung nur zustimmen. ich war zwar nicht fort, hier war einfach nur volksfest und ich jeden abend dort - da blieb auch keine zeit zum nachdenken - war echt mal total angenehm :lol:

    ich bin immer wieder überrascht, was hier im forum alles geträumt wird. naja eigentlich mein ich damit nicht das was sondern das viele (wie du) überhaupt ihre träume noch wissen - ich kann mich immer nie daran erinnern, kann net mal sagen ob ich träume :oops: ich hab mal gehört, wenn man sich net dran erinnert, dann wars ein schöner traum. also geh ich positiv von aus das ich nur schönes träum :wink: denk auch wie du das träume ne bedeutung haben.

    Zitat

    Ich habe dann das Gefühl, dass ich in die alte Abhängigkeitsgeschichte zurück falle.


    dir fällt es selber auf, somit hast du auch die möglichkeit gegenzusteuern. und das ein besuch bei deinen eltern dich traurig macht, dich mitnimmt ist etwas wo ich gut verstehn kann. du siehst was sache is, die wahrheit is nicht schön - aber nicht änderbar für uns, das weißte ja.

    liebe grüße -Dani-

  • Hallo Lume,

    tut mir leid, dass deine Urlaubstage nicht ganz so toll waren, aber vielleicht hat es das wirklich gebraucht, um zu erkennen, dass du zum Erholen lieber nicht mehr mit Family in den Urlaub gehst.

    Ja, bisher ist mein Vater recht stabil, jetzt übernimmt er sich fast mit Arbeit...
    Das Verhältnis ist bisher auch ganz gut. Momentan beschäftige ich mich sowieso weniger mit der Alkoholsucht meines Vaters, sondern vielmehr mit den Mustern, die ich dadurch davon getragen habe.

    Buchempfehlung dazu:

    "Wenn Scham krank macht" - John Bradshaw

    Ein wirklich tolles Buch, obwohl der Titel erstmal fragwürdig ist. In dem Buch geht es um das innere Kind, Dinge, die uns in unserer Kindheit eingebleut wurden und die wir nun im Erwachsenenalter austragen müssen.

    Viele meiner Arbeitskolleginnen haben dieses Buch.
    Ich denke man muss es sehr gestaffelt lesen, da gewisse Dinge recht happig sind, aber sie sind auch sehr klar und verständlich.
    Der Buchautor ist selbst in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen. Das nur so nebenbei...

    Bisher geht es mir recht gut, auch wenn ich täglich mit den alten Mustern zutun habe ;-).

    Alles Gute und noch eine schöne Woche.

    Liebe Grüsse
    Cari

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