Hallo zusammen
Ich hatte mich bereits kurz vorgestellt und möchte nun gern ein wenig mehr über mich schreiben.
Mit meinen 21 Jahren habe ich schon sehr viel erlebt, wie viele andere von euch sicher auch. Das wird mir erst jetzt bewusst, wenn ich so auf die letzten Jahre zurück blicke.
Mein Vater ist seit sicher 9-10 Jahren alkoholabhängig, bewusst wurde mir das aber erst vor etwa 8 Jahren, als meine Mutter immer wieder den Verdacht äusserte.
Von dem her waren die Karten recht früh auf den Tisch gelegt, nur für meinen Vater war das nicht so klar.
Da er auch am Anfang fast unbemerkt trank (er ist ein so genannter Pegel-Trinker), fiel das keinem auf und alle in der Familie, die den Verdacht hatten, verwarfen den Gedanken wieder; selbst meine Mutter.
Die ist inzwischen co-abhängig.
So verging Jahr um Jahr, mein Vater stritt ab, bis es mal wieder Zeit für einen Krankenhausaufenthalt war. Alle hatten dann Hoffnung, dass es besser wird. Nach drei bis vier Monaten ging alles von vorn los, aber da wollte es dann keiner wahr haben. Ich war in meinen Hoffnungen enttäuscht worden, die Seifenblase war wieder einmal geplatzt.
Ich selbst, sehr verantwortungsbewusst, tat natürlich alles um meinen Vater zu überzeugen, dass er aufhören muss und unterstützte meine Mutter, wo ich nur konnte. Ich war praktisch wie eine "Freundin".
In der Schule war ich auch gut; darüber bekam ich die nötige Anerkennung und natürlich für meine Bescheidenheit und meinen Anstand.
Freunde hatte ich zwar in der Schule, aber nach der Schule ging ich sofort nach Hause; ja keinen Kontakt mit anderen; die hätten ja etwas mitbekommen können.
Ich litt unter den Streitereien meiner Eltern, unter dem Alkoholismus meines Vaters, dem nie-wissen-was-kommt.
Mein Selbstwertgefühl war stets ganz unten, auch heute noch. Nach aussen wirkte ich immer perfekt und selbstbewusst, doch wie es innen aussah, wusste niemand. Irgendwann konnte ich diese Last nicht mehr ertragen und begann mich den ersten Leuten anzuvertrauen.
Ich lernte meinen heutigen Freund kennen, mit dem ich bereits 6 Jahre zusammen bin.
Das hat mir ein wenig geholfen. Vor zwei Jahren bin ich dann in die Schweiz gezogen, zu meinem Freund. Und dann kam all das hoch, was die letzten Jahre lief. Ich arbeite jetzt schon 2 Jahre an mir und erst jetzt ist mir vieles bewusster. Ich konnte nie Nähe zulassen, auch jetzt noch nicht. Wem kann ich trauen? Kann ich mir überhaupt vertrauen und meinen Gefühlen?
Bin ich normal? Bin ich liebenswert?
Dann dieses ständige einmischen in anderer Leute Angelegenheiten, das Übernehmen von Gefühlen anderer, womit ich mich total überforderte.
Durch Studium und Arbeit zur Sozialpädagogin wurde mir dies vor kurzem bewusst, dass ich damit aufhören muss, sonst breche ich irgendwann zusammen.
Seit Februar habe ich begonnen, mich wirklich mit mir zu beschäftigen und nicht mich mit Problemen anderer abzulenken. Das ist nicht ganz einfach. Auch der Gedanke, dass es mir gut gehen darf ist schmerzlich, denn den kenne ich nicht. In so Momenten spüre ich dann total Selbstabwertung, wenn ich denke, jetzt geht es mir gut. Dann kommen so negative Gedanken, mit denen ich es mir wie selbst kaputt mache.
Dadurch, dass ich schon viel über Alkoholismus gelesen habe und auch in Therapie gehe, weiss ich sehr viel darüber und, dass mein Verhalten durchaus normal ist, aber das zu akzeptieren ist nicht immer einfach und vor allem der Schritt zur Veränderung.
Demnächst möchte ich zu einer Selbsthilfegruppe gehen, da ich merke, dass ich Leute um mich brauche, die mich verstehen.
Aussenstehenden kannst du fast nicht davon erzählen, nur die wenigsten können es verstehen oder versuchen es zumindest.
Ja, das wird noch ein langer Weg und die Angst sitzt tief, aber ich möchte mich selbst verstehen, ich möchte glücklich sein dürfen und mich auch so fühlen, ich will mich nicht mehr selbst verachten oder verurteilen, möchte wie Mutter und Vater zu mir selbst sein.
Liebe Grüsse
Cari