So lange auf der Suche nach Hilfe!

  • Hallo Schnuddel,

    tut mir Leid, dass dein Vater verstorben ist und so eine große Leere hinterlassen hat.

    Was du beschreibst mit den Erinnerungen an die guten und die schlechten Tage, das kann ich sehr gut nachvollziehen, auch wenn es mir schwer fällt mich an die wirklich guten zu erinnern, da war ich noch so klein.

    Ich denke es gehört einfach dazu, zur Verarbeitung seines Todes.

    Du musst dich nicht nur damit auseinandersetzen, dass du einen geliebten Menschen verloren hast, du musst viel mehr noch mit all der Wut und all dem Hass dem du ihm gegenüber auch empfunden hast klar kommen.

    Sei geduldig mit dir selbst dabei, das ist sicher nicht leicht.

    Was deine Mutter betrifft, meinst du ihr könntet euer Verhältnis verbessern, wenn ihr einmal offen und ehrlich über die Scuht deines Vaters und die Gefühle die bei seinem Tod bei dir aufgekommen sprecht? Zu schweige, etwas vorzuspielen, unehrlichkeit...das ist alles sehr häufig in Familien in denen ein Teil ein Alkholproblem hat, ich denke häufig kann ein wenig Ehrlichkeit unheimlich viel verändern, aber ich kenne deine Situation nicht so genau und du selbst musst das sicherlich am besten wissen.

    Ich habe auch eine Schwester und wir sind glücklicherweise zur etwa selben Zeit ausgezogen. Und eins weiß ich genau (egal wie viele noch so wunderbare freundschaften ich habe) sie ist die wichtigste person in meinem leben. ich kenn deine schwester und euer verhältnis natürlich nicht, aber meinst du nicht sie hat sich vielleicht auch immer ein wenig schuldig gefühlt euch zurückzulassen. Auch hier könnte vielleicht ein offenens gespräch unheimlich viel verändern. Ich glaube ihr zu verzeihen, dass könnte auch dir gut tun und dich weiterbringen.

    Aber wie gesagt, du musst für dich wissen und entscheiden, ob du das willst. Das soll nur ein gedankenanstoß sein, jeder von uns mag eine ähnliche geschichte haben, aber es gibt trotz allem enorm viele unterschiede, das eine mag für den einen ein guter und wichtiger schritt sein, der andere wird glücklicher, wenn er in die entgegengesetzte richtung geht.

    oje, das ist ja alles ganz schön philosophisch geworden, das wolle ich gar nicht.

    einen schönen Sonntag! Roa

  • Liebe Karo,

    was du da beschreibst

    Zitat von Schnuddel

    Ja...das mit dem "um sich selbst kümmern" ist so eine Sache bei mir...eigentlich hab mich mich immer mehr um die Sorgen und Nöte von anderen bemüht, Menschen die mir nahe stehen und die ich gern hab. Ich hab ein offenes Ohr für die Problemchen meiner Lieben und es macht mir auch nichts aus, so manche Träne zu trocknen oder die Schulter zum Anlehen zu sein, im Gegenteil, tu das sehr gerne, es gibt mir das Gefühl gebraucht zu werden.

    das ist sehr typisch für uns Kinder von Alkoholikern. Wir haben gelernt uns wohl zu fühlen in der Rolle des Helfenden und beschützenden, denn das haben wir ja schließlich häufig für unsere Eltern getan. Darum geht es uns auch gut, wenn wir diesen Zustand unserer Kindheit immer wieder inszenieren, das ist das gewohnte, altbekannte, damit können wir umgehen, das haben wir ja früh gelernt

    was wir lernen müssen ist uns um uns selbst zu kümmern

    Zitat

    Naja und genau das ist wohl auch der Punkt, wenn man über die Sorgen anderer nachdenkt, muß man es über die eigenen nicht tun.

    das hast du ja auch schon selber erkannt. klar macht es angst, es ist kein leichter weg, aber der bei dem du am meisten über dich selbst lernen kannst und am ende die ausgeglichenste und glücklichste version deiner selbst sein kann, naja, das glaube ich zumindest, dass man vergangenes aufarbeiten muss und damit abschließen (insbesondere die kindheit) um zu vermeiden, dass es einen irgendwann von inneren heraus kaputt macht. ich könnte mir vorstellen, dass das das ist was du in dir schlummern spürst.

    Zitat

    Bin ständig auf der Suche nach Bestätigung und Anerkennung, geb sehr schnell mein letztes Hemd für Menschen her (auch einige, die es nicht verdient haben)

    Hier bist du nicht anders, hier sind wir uns alle irgendwie ein wenig ähnlich, denn auch das ein typisches EKA merkmal ;)

    und was heißt schon "normal". bei all dem leid, das mir meine eltern mit auf den weg gegeben haben, manchmal finde ich die vorstellung befriedend, dass ich dadurch auch eigenschaften und stärken entwickelt habe auf die ich stolz bin.

    liebe grüße und einen angenehmen rest"abend"

    Roa

  • Hallo Karo,

    auch von mir herzlich willkommen hier! Lese und schreibe hier viel, dann sortiert sich es bei dir mit der Zeit...

    Wie Roa schon so ähnlich geschrieben hat, wurden wir in unserer Herkunftsfamilie aufs Helfen "programmiert". In einer suchtfreien Familie umsorgen die Eltern die Kinder. Sie beschützen und begleiten sie. Sie helfen ihnen und fördern sie. So sollte es sein!

    In einer Alkoholikerfamilie werden die Rollen vertauscht! Hier müssen sich die Kinder um die Eltern sorgen, ihnen helfen, ihnen Entscheidungen abnehmen, für sie da sein usw. Kein Kind macht so etwas freiwillig. Wir wachsen in diese Rolle hinein, und wenn wir nicht aufpassen, dann bleiben wir darin stecken.

    Wir werden co-abhängig. Wir werden süchtig danach, gebraucht zu werden, anderen zu helfen, andere zu retten... Wenn du magst, lies mal die Grundbausteine für Co's. https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…bhaenigkeit.php

    Es ist wichtig, gut für sich selbst zu sorgen, das macht frei und unabhängig. Die Eltern konnten uns nicht so gut auf unserem Weg in die Selbständigkeit begleiten, sie waren mit ihren Problemen beschäftigt.

    Ich kenne das gut, diese Mischung aus Hölle und schönen Waldspaziergängen, aus Lallen und lecker Bohnensuppe zu Mittag... Das macht es uns so schwer, die Eltern waren im nüchternen und im betrunkenen Zustand wie 2 völlig verschiedene Menschen... Wie soll man das als Kind erfassen...? Schwierig.

    Den Alkoholiker kann kein Kind dieser Erde retten! Das kann er nur für sich selber tun! Du konntest nichts tun, wirklich nicht. Er hatte die Verantwortung für sein Leben. Er hätte sich helfen lassen können von Profis. Aber es war seine Entscheidung, es nicht zu tun.

    Es ist immer schwer, einen Menschen zu verlieren. Es tut weh. Es kommen sehr sehr viele Gefühle hoch. Vielleicht sogar welche, die zuvor nie hochkommen durften...

    Schreib weiter hier und lies dich in einzelne Threads ein, so konnte ich für mich auch viele Anregungen aufgreifen.

    Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Zitat

    und ich glaub das Schreiben hier bewegt so Einiges in mir, mehr als sich jemals bisher bewegt hat.

    Und genau deswegen sind wir hier!! :wink:

    Bist auf einem guten Weg, DEINEM Weg! Hinein ins Neuland.

    Ich finde es schön, wie wertschätzend du schreibst, was du Gutes von daheim mitbekommen hast an Eigenschaften und Fähigkeiten. Daraus kannst du so viel machen! Keine Kindheit läuft optimal, es liegt an uns, das für uns Beste daraus zu machen.

    Und die Träume zeigen nichts anderes, als daß du dich im Moment wirklich auf deine wichtigen Themen einläßt. Bleib dran, es lohnt sich!

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Karo,

    wie geht es dir inzwischen?

    Beim Lesen deines letzten Beitrages hat sich in mir drin alles zusammengezogen. Ich habe den Eindruck, wie wenn du mit dem Gang auf den Friedhof dir selbst Gewalt angetan hättest.

    Solche symbolischen Aktionen können sehr sehr stark aufwühlen. Und wenn du innendrin ein dickes eindeutiges NEIN hörst, dann solltest du innehalten. Offensichtlich ist in dir drin ein Anteil noch nicht bereit gewesen. Auf dieses innere NEIN sollte man hören, ihm vertrauen. Es schützt uns. Und genauso vertrauen können wir auf das innere JA, das sich einstellt, wenn die Zeit dafür da ist.

    Wenn du das Gefühl hast, du möchtest deinem verstorbenen Vater etwas mitteilen, dann wäre es vielleicht eine Idee, ihm einen Brief zu schreiben. Schreib was du sagen möchtest. Laß dir alle Zeit der Welt. Nimm das Tempo raus.

    Grüße von Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Caro,

    du hast so schön bei mir in meinem thread geschrieben, da habe ich mich auch an Deinen thread herangewagt. Das ist nicht ganz so einfach für mich, aber es ging..

    Du hast eine wanhinsinnige Tiefe in Dir, aber auch eine wahnsinnige Kraft.

    Du sprichst viel von "anständig". Dein Dorf scheint klein zu sein. Ich kenne das , ich komme auch aus einem kleinen Dorf.

    Gut, dass Du Dich jetzt heran wagst an das Grab Deines Vaters. Dass Du mit ihm Zwiesprache halten kannst. Das ist die eine Seite... ich mag Dir von der anderen Seite schreiben, von Mama's Seite.

    Auch wenn Deine Mutter für Dich eine starke Frau war und alles gemanagt hat für Euch, geschaut hat, dass aus Euch früh selbständige junge Erwachsene werden, trotzdem, sie wird auch ein dunkles Loch in sich beheimaten. Ein verdammt schlechtes Gewissen!!! Ihr wart von ihr abhängig und sie konnte Euch nicht helfen, hat es nicht geschafft, Euch vor diesen schlechten Erfahrungen zu schützen. Das, das kann ich Dir bestätigen, wird in ihr arbeiten.

    Bei AlAnon sitzen einige Mütter, die von diesem schlechten Gewissen berichten. Auch hier im Forum, lies Dich mal durch bei den Coabhängigen. Das sitzt sehr tief. Kinder sind das Liebste, das Beste, was eine Mutter hat, die Verantwortung ist allgegenwärtig. Und es ist eine tiefe Ohnmacht, die Kinder nicht vor allem bewahren zu können, noch dazu, wenn die Gefahr so offensichtlich ist und trotzdem nicht die Kraft da ist, sie abzuwenden.

    Vielleicht wäre sie froh, wenn Du auf sie zukämst und das Thema anschneiden würdest? Von ihr würdest Du vielleicht auch eher eine Antwort bekommen als von Deinem toten Vater. Es ist schön, dass da so wenig Wut da ist, dass Du ihn trotzdem so geliebt hast, aber ich lese aus Deinen Zeilen auch ganz viel Coabhängigkeit heraus. Immer recht machen, immer gute Leistungen erzielen, immer lieb sein. Vielleicht trinkt er dann weniger?

    Ich spüre auch keinen Hass in mir, aber mittlerweile habe ich begriffen, dass etwas mehr Wut heilsamer wäre. Weil das ein Zeichen wäre, dass ich bei MIR bin, dass ich mir etwas wert bin. Er durfte das alles mit mir machen, weil ich so coabhängig war, so voller Angst und Schuldgefühlen.

    Vielleicht kannst Du ja bei Deiner Mama mal ganz vorsichtig das Thema anschneiden und sehen, ob sie offen ist für ein Gespräch? Wenn nicht, ok. Bleib einfach bei Dir, erzähle von Dir, von dem Forum, von Deinen Gedanken und dann sieh' wie sie reagiert. Ohne Fragen. Wenn sie bereit ist, wird sie einsteigen.. Wenn nicht, dann versuch es bei Deiner Schwester.

    Ich kann das nachvollziehen, es stimmt sicherlich, dass Du durch Deine Kindheit auf der einen Seite sehr stark geworden ist, die funktionale Seite und Du hast gelernt, viel auszuhalten. Aber jetzt geht es darum, für Dich einzustehen, Deine Wünsche zu äußern und zu leben ohne immer zu überlegen "ist das gut für den anderen?".

    Ach, es tut mir auch so gut, die Seite des betroffenen Kindes mitzulesen, es wächst eine Empathie für die Seelen meiner Töchter. Das tut mir gut und den beiden sicherlich auch!

    Lieben Gruß, Jule

  • Zitat von Schnuddel


    Ja, ich komme aus einen kleinen Dorf und gerade das hat all die Dinge in meinem Leben nicht immer unbedingt erleichtert. Nicht falsch verstehen, lebe sehr gern hier bei mir auf dem Land aber Toleranz und Aufgeschlossenheit sind hier noch etwas zu kurz gekommen. Die Blicke hab ich heut auf dem Friedhof jedenfalls wieder im Rücken gespürt, das Getuschel gehört, als ich mit meinem Papa geredet hab, aber es war mir egal, und ich hab mich sogar dabei ertappt, wie ich ihm gesagt hab, er solle sich auch nicht daran stören, so wie er es zu Lebezeiten oft getan hat.

    Ich kenne das, "mein" Dorf hatte 300 Einwohner und meine Mama starb, als ich 15 war, da stand ich oft am Grab mit den Blicken im Genick...
    Laß sie blicken, egal.. Sie hören auch wieder auf, irgendwann wird es langweilig!

    Zitat von Schnuddel


    ... tu mich bei meiner Mama unheimlich schwer, zumal ich ja auch noch manchmal in Gedankengänge verfalle, daß sich sie damals als ich ausgezogen bin auch noch im Stich gelassen hab.

    Dessen bin ich mir gar nicht so sicher, vielleicht war sie auch froh, dass Du nun weg warst und das Ganze nicht mehr so aus der Nähe miterleben mußtest. Vielleicht hat es sie eher erleichtert...

  • Zitat von Schnuddel

    Hallo Jule!

    Bin spät dran, glaub ich zumindest, aber lern immer mehr, mir selber wichtig zu sein, mir auch mal was Gutes zu tun, erwisch mich aber manchmal dabei, daß ich es nicht richtig genießen kann.

    Ach Caro, das kenne ich auch! Als ob es mir nicht zustünde... Das scheint wohl ein Symptom der Coabhängigkeit zu sein! Ich kämpfe immer wieder damit.

    Spät dran mit 2..? Hey, das Leben liegt noch vor Dir! Und die erkenntnisreichen Jahre kommen erst!

    Ich freu mich, dass ich Dir ein paar Denkanstösse geben konnte und wünsch Dir von Herzen, dass Du ein paar Schritte weiter kommst in Deiner Aufarbeitung!

    LG Jule

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