Fühle mich sehr schnell zurückgwiesen, wer kennt das auch

  • Hallo Zusammen,

    also was mich an mir sehr stört ist die Tatsache dass ich mich sehr schnell zurückgewiesen fühle ohne eigentlichen Grund. Ich meine andere Menschen verstehen meine Gefühle in dieser Hinsicht oft nicht.

    Heute z.B. im Geschäft: ich arbeite schon einige Jahre an der gleichen Arbeitsstelle und habe immer noch keinen rechten Anschluss bekommen an meine Arbeitskollegen. Ich meine meistens gehe ich z.B. alleine in die Mittagspause und beneide andere wenn sie jemanden haben der mit ihnen die Pause verbingen möchte. Heute war es mein Kollege (zu dem ich eigentlich ein gutes Verhältnis habe, wir aber durch unsere Schichtarbeit nie die Möglichkeit haben zusammen die Pause zu verbringen).
    Heute hat sich dieser mit einer anderen Kollegin zum Essen getroffen. Seitdem bin ich beileidigt mit denen Beiden.
    Das ist nur ein Beispiel von vielen in meinem bisherigen Berufsleben. Ich habe oft das Gefühl dass diese Menschen mich zwar nett finden aber zu mehr reicht es nicht. Dabei wünsche ich mir das so: dass ich mal wo dazugehöre. Oder zu jemanden gehöre (ich meine auch zu einem Mann).

    Solche Situationen ziehen mich manchmal echt runter.

    Kennt das jemand von Euch auch?

    Gruß von bookfriend

  • hallo bookfriend,

    ohja, das kenn ich auch.

    es ist sehr paradox und es fällt mir immer schwer es anderen zu erklären.

    ich habe viele gute freunde und viele bekannte, bin vor allem im gegensatz zu früher (ich war sehr introvertiert und schüchtern) anderen leuten gegenüber sehr viel offener geworden.

    kein grund zu klagen eigentlich, aber dann sind da diese momente, die eigentlich gar nichts bedeuten, aber wo ich nicht eingeladen wurde, jemand nicht auf ein gespräch eingegangen ist, dass ich anfangen wollte. und jede solche kleinigkeit löst in mir ein riesen-gefühls-chaos aus (dabei muss die person mir noch nicht einmal was bedeuten). da fühl ich mich ganz schnell wieder wertlos und unwichtig.

    mit leuten die mir nur ab und zu über den weg laufen hab ich darum häufig arge probleme, weil ich jedesmal verzweifelt drum kämpfe von denen registriert, akzeptiert, gemocht werde.
    ich brauche lange bis ich da menschen wirklich vertrauen kann. dann habe ich allerdings keinerlei problem mit dabei.

    heute hab ich mitbekommen, dass ein typ, den ich sehr nett finde, gestern ne party gefeiert hat, die er mir gegenüber nicht mal erwähnt hat. bei sowas gehts mir richtig schlecht, auch wenn wir uns eigentlich erst kurz und kaum kennen und da eine einladung gar nicht unbedingt zu erwarten wäre.

    aber ich neige dazu jeden schritt meiner umgebung gegen mich zu interpretieren.

    naja, daran arbeite ich gerade, mein selbstwertgefühl so zu stärken, dass ich mich vor solchen downs besser schützen kann.

    was ich hier häufig lese, viele sind in keiner festen partnerschaft und sehr zufrieden damit.

    grundsätzlich bin ich ein unabhängiger mensch und bin sehr pro Scheidung und der gleichen, wenn es nicht mehr funktioniert. aber ich hab es noch nicht ein mal zu einer beziehung gebracht. das macht mich traurig, darum fühl ich mich einsam, auch im kreis meiner freunde, ich bin nicht allein, 'bloß' einsam.

    hm, da bin ich mal wieder abgeschweift, jedenfalls bist du nicht die einzige mit diesen gefühlen!

    liebe grüße, Roa

  • Hallo Erdling,

    Zitat von Erdling

    auf einen Menschen mit einem freundlichen lächenden Gesicht zuzugehen.

    du hast schon Recht, das ist immer von Vorteil und hat mir auch sehr geholfen meine Schüchternheit zu überwinden.

    Allerdings geht das schlechte Gefühl häufig noch sehr viel tiefer, bei mir jedenfalls. Es rührt von dem geringen Selbstwert, den mir meine Eltern mit auf den Weg gegeben haben. Und es kostet viel Kraft und Zeit, das zu ändern.

    Ein offenes Lächeln andren Menschen gegenüber ist da nur der erste vorsichtige Schritt.

    Roa

  • Zitat von Roa

    Es rührt von dem geringen Selbstwert, den mir meine Eltern mit auf den Weg gegeben haben. Und es kostet viel Kraft und Zeit, das zu ändern.
    Roa

    Liebe Roa,
    diese Frage geht mir schon länger durch den Kopf. Was genau ist es, was Dein Selbstwertgefühl so gering gehalten hat? Dass Du Dich für Dein Elternhaus geschämt hast oder dass Deine Eltern selbst nur ein geringes Selbstwertgefühl hatten und Dir dieses nicht vermitteln konnten?

    LG Jule

  • Liebe Jule,


    ich denke beide Faktoren, die du nennst, spielen eine Rolle. Viel entscheidender war aber glaub ich etwas anderes. Ich versuche dir das mal zu beschreiben, in dem ich Gedanken, die ich zu der Zeit hatte, wie sie auch in ähnlicher Form in Tagebüchern zu finden sind, aufschreibe.

    "Wieso hört Mama nicht auf zu trinken, sie liebt mich doch? Oder etwa nicht? Wahrscheinlich nicht, denn sie schafft es ja nicht. Und ich habe sie ja schon tausend mal darum gebeten aufzuhören und wenn es nur um meinetwillen wäre. Ich hab ihr gesagt, dass ich sie brauche. Aber es interessiert sie nicht. Wenn sie mir zu liebe nicht aufhört, dann kann sie mich ja gar nicht lieben. was mama und papa mir alles antuen tag für tag, das würden sie doch niemals tun, wenn ich ihnen nicht egal wäre. Und wenn mich schon meine Mutter nicht liebt, wie sollte mich dann sonst jemand gern haben, geschweige denn lieben. Is ja auch kein wunder, schau dich mal an, abgenommen haben wollte ich längst. und hässlich bin ich sowieso, schaut mich ja auch keiner an in der schule. und hinkriegen tust du auch nicht, kein wunder dass meine eltern nicht stolz auf mich sind."

    was mich zu meinem vater bringt...vielleicht hier mal ein gespräch:

    I: "papa ich hab meine Deutscharbeit zurück, ich hab eine 1"
    P: "bloß eine 1, nichts besseres"
    I: "in der mittelstufe gibt es keine 1+, ne 1 is das beste was ich bekommen kann"
    P: "Aja. Hast du denn dein Fahrrad mal repariert?"
    I: "Nein, dazu bin ich noch nicht gekommen"
    P: "Du faulenzt den ganzen Tag nur und Mama könntest du auch mal im Haushalt helfen, der ganze Abwasch steht schon wieder in der Küche rum."

    sein kommentar zu meinem abi mit schnitt im 1er bereich: "aha. na gut"

    nein, meine eltern haben mir nicht vermittelt, dass ich etwas wert bin. Meine mutter konnte den Alkohol nicht für mich aufgeben. Inzwischen weiß ich der Alkoholiker kann nur trocken werden, wenn er das für sich selbst will. Das niedrige Selbstwertgefühl verschwindet davon aber auch nicht schlagartig.

    Mein Vater, typisch co, hat nie die kraft aufgebracht mir die zuneigung und wertschätzung die ich so dringend brauchte entgegen zu brauchen. er selbst ständig unter dauer stress und selten zu hause, kann bei der kleinsten kleinigkeit die noch nicht erledigt wurde austicken. schulische leistungen waren grundsätzlich nicht gut genug und sowieso ich hätte mich doch auch sonst mal mehr engagieren können. mir fehlt der antrieb.
    meist der stille vorwurf dabei "du bist wie deine mutter" oder "eines tages endest du wie sie"

    so das wurde jetzt sehr ausführlich, tat aber auch gut, das mal nieder zu schreiben.

    ich bin nicht mehr wütend auf meine eltern, auch das war ich mal, das musste ich rauslassen. aber wie gesagt inzwischen verstehe ich auch vieles, warum sie wie gehandelt haben. und ich weiß es war nicht, weil sie mich nicht geliebt haben oder weil ich nicht liebenswert war.

    das zu verstehen, das war schon ein ganzes stück arbeitet. und hat mir auch schon ein ganzes stück selbstwertgefühl zurück gegeben, aber das bloße verstehen reicht nicht.

    ich weiß nicht, ob du das zufällig mitgelesen hast. aber in einem thread hier sprachen wir über rituale und kamen so auch darauf, dass wir jetzt wo wir erwachsen sind zurück denken an das kind was wir mal waren, es in unserem herzen lieben und beschützen, ihm das geben, was unsere eltern uns nie geben konnten. das ist ein weiterer schritt dabei mich selbst wert schätzen und lieben zu lernen.

    Liebe Grüße, Roa

  • hallo,

    das kann ich nur bestätigten: ich musste auch immer gute schulleistungen erbringen, wehe wenn nicht. wertschätzung fällt unter den tisch, wird einfach nicht praktiziert.
    d.h. die persönlichen voraussetzungen und kompetenzen, kontakte aufzubauen und zu halten sind nicht so doll entwickelt. ich glaube aber, dass man daran arbeiten und dies auch ein bisschen trainieren kann, was nicht so einfach da ist.

    die zwischenmenschliche kommunikation ist außerdem erschwert. ich glaube, man adapiert sich gerade als kind sehr schnell an die gestörte kommunikation, die immer wieder auftretenden brüche.

    sensoren werden ausgebildet, nonverbale signale sind viel bedeutsamer als verbale, stimme, gesichtsausdruck, motorik, all das, woran man alkoholisierte erkennen kann, ohne dass sie sprechen müssen.

    es kann sein, dass man andere deshalb sehr viel schneller als negativ gegenüber einem selbst eingestellt interpretiert, aufgrund von bestimmten anzeichen.

    ich habe aber auch im laufe der zeit gemerkt, dass meine interpretationen nicht stimmen müssen, es ist ja nicht mehr meine familie. bei den anderen ist es häufig eben nicht böse absicht o.ä.

    trotzdem bleiben diese antennen irgendwie erhalten. die waren als kind sehr nützlich, sind aber im erwachsenenleben zum teil dann wieder hinderlich.

    grüße simmie

  • Hallo Zusammen,

    vielen Dank für Eure Antworten. Mir ist jetzt ein leichter ums Herz, da ich merke dass ich mit diesen komischen Gefühlen nicht alleine auf der Welt bin. Das schwierige daran ist finde ich es jemanden zu erklären, weil ich mich z.B. in solchen Situationen abweisend verhalte (habe mit meinem Kolllegen die ersten 1 1/2 Stunden kein Wort mehr geredet). Ich habe mich verkrümelt soweit das möglich war denn ich wäre wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen wenn ich mich mit ihm deswegen auseindander setzen hätte müssen.

    In solche einer Situation fühle ich mich echt wieder gefühlsmäßig in die Zeit meiner Kindheit zurückversetzt: ich sehe mich da als kleines Kind sitzen dass mit großen traurigen Augen jede Bewegung meiner Mutter beobachtet um rauszufinden wie es ihr geht. Ob sie mich mag. Das sind wie Antennen die permanent die Umgebung nach Schwingungen absucht und wehe da ist mal eine Störung dass stürtzt mich dann in ein tiefes Loch und ich empfinde das dann gegen mich gerichtet.

    Es heißt nicht dass ich nur dasitze und abwarte. Im Privaten bin ich da schon aktiv (leider klappt es nicht so wie ich es mir wünsche). Aber im Geschäft fäält es mir unheimlich schwer, da ich ja in einem sehr gebildeten Umfeld arbeite und ich mich da nicht so wohl fühle weil ich aus sogenannten einfachen Verhältnissen komme. Was soll ich da erzählen?

    Gruß von bookfriend

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