Frage an die "Trockenen"

  • Ich hoffe ihr könnt mir weiter helfen... nur eine ganz kurze Zusammenfassung meiner Beziehung zu meinem abhängigen Freund:

    Wir waren/sind 5 Jahre zusammen. Anfangs habe ich noch nicht erkannt, dass er ein Alkoholproblem hat. Hat halt genauso auf Partys gesoffen und gekifft wie die anderen auch. (ob ich das jetzt gut geheißen habe ist ne andere Sache). Irgendwann, als ich gemeint habe, wir haben kein Geld für seine Kifferei, ist es mit dem Alkohol schlimmer geworden. Also auch alleine und morgens und nächtelang weg und Handy aus und so. Hat dann auch viel Scheiße gebaut mit unserem Geld, weil er´s nicht mehr geblickt hat. Es gab natürlich viel Streit. Bis wir dann beide erkannt haben, dass das mit dem Alkohol nicht normal ist. Er hat immer offen mit mir geredet. Er ist ein ziemliches Sensibelchen, was ich auch immer sehr an ihm geschätzt habe. Nur leider hat das Reden irgendwann auch nicht mehr geholfen, denn er hat auch begonnen mich zu belügen wenn s um den Alk ging.

    Er war bereits zwei mal zur Kurzzeittherapie. Hat nur leider nicht viel gebracht. Kurz danach ging´s wieder von vorne los.

    Vor einigen Wochen habe ich dann "endgültig" Schluss gemacht, weil ich selber nicht mehr konnte und auch eingesehen habe, dass ich ihm nicht helfen kann.

    Heute morgen hat er mich angerufen. Aus dem Krankenhaus. Er ist selbst dort hin. Zur Entgiftung. Ich hab ihn besucht. Es war ein krasses Wiedersehen. Wir haben beide geheult und sind uns ewig in den Armen gelegen. Ich habe ihn auch extrem vermisst in den letzten Wochen. Ich liebe ihn wirklich sehr. Mal abgesehen von dem ganzen Mist mit dem Alkohol.

    So, jetzt hat er mir erzählt, dass er am 11.01. ne ambulante Therapie beginnt. Er will von dem Alkohol weg und sein Leben in den Griff bekommen.

    Meine Frage ist... bringt es was, wenn ich ihm sage, dass ich auf ihn warte. Dass wir uns ab und zu sehen können und ich auch bei Paargesprächen mit dabei bin? Oder soll ich ihn das ganz alleine durchziehen lassen? Ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist. Hier im Forum wurde mir auch oft gesagt, dass er seinen persönlichen Tiefpunkt erreichen muss und das alles. Aber es kann doch nicht so falsch sein, wenn ich ihm zeige, dass ich ihn liebe und mit ihm zusammen sein will, ohne den Alkohol.

    Was meint ihr? Oder müsst ihr mehr wissen um mir weiter helfen zu können?

    Frohes neues Jahr noch...
    Malone

  • Hallo Malone,

    ich wollte während meiner Entgiftung keinen Kontakt zu Personen außerhalb des Krankenhauses. Das hätte mich zu sehr von mir abgelenkt.
    Wie das bei deinem Freund ist, kann ich dir nicht sagen.

    VG
    Oliver

  • Ich mein, er sucht ja den Konatkt zu mir. Aber ich möchte schon, dass er sich auf sich selbs konzentriert.

    Wie ist das denn bei dir, Oliver. Hast du es geschafft vom Alkohol weg zu kommen? Du bist ja im gleichen Alter wie mein Freund... Konntest du es nach der Entgiftung durchhalten und wenn ja wie??

  • Okay, danke. Habe mich ein bißchen durch deinen Thread gelesen.

    Das zeigt mir schon, dass es Hoffnung gibt! Es zeigt mir aber auch, dass es viel Arbeit bedeutet, die er leisten muss und die ihm niemand abnehmen kann.

    Er hat es erkannt, dass er so nicht weiter leben will. Er hat sich selbst um den Platz bei der ambulanten Therapie gekümmert. Aber er bittet mich eben trotzdem um meine Unterstützung. Also, dass er eben sicher sein möchte, dass ich noch da bin wenn er es geschafft hat. Und, dass wir eben in Kontakt bleiben, weil er mich einfach ab und an gerne sehen und hören möchte.

    Ist das denn wirklich so falsch?? Muss ich ihn wirklich komplett alleine lassen, damit er es schaffen kann??

    Er will das ja selbst, ich hab ihn nicht dazu überredet. Ich weiß einfach nicht mehr was richtig oder falsch ist. Ich möchte einfach nur, dass er es schafft, weil er es verdient hat ein zufriedenes, trockenes Leben zu führen!

  • Guten Morgen, liebe Malone,
    nun, wenn er zuvor Deine Zusicherung benötigt, dass Du weiterhin auf ihn "wartest" ist das schon eine schöne "Forderung", sorry, so sehe ich es. Quasi sollst Du jetzt bereits - vor Beginn der Maßnahme - die Aussage treffen was in einigen Monaten ist.

    Er will sicher sein daß Du da bist.... hmmmm, und woher nimmt er seine Sicherheit zu sagen diesesmal bleibt es bei der Trockenheit??? Ich lasse mich gerne berichtigen von jenen, die diesen harten Weg geschafft haben. Aber meiner Meinung nach würde eine Aussage jetzt von Deiner Seite bedeuten: bedingungsloses Ja zu ihm.

    Weißt Du Malone, dass er sich verändern könnte? Dass er sich selber finden muss? Dass er sich, falls er es wirklich will und trocken wird, die Frage stellt ob er eine Partnerin will die sich durch einen Anruf und einen Besuch um den Finger wickeln lässt??

    Ich weiß, das dürfte für Dich hart klingen, wenn ich mir aber die Geschichten derer durchlese, die es geschafft haben, dann ist es nicht selten so (auch hier lasse ich mich korrigieren) dass Achtung vor dem Partner nur dann zu finden war wenn dieser konsequent war.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Servus Malone,

    sei mir nicht böse - Du suchst doch nur nach einer Rechtfertigung für Deine längst getroffene "Entscheidung".

    Was sollen wir dabei bewirken?

    Dir das Thema schönreden? Später als "Ihr-habt-aber-gesagt-"Begründung herhalten?

    Nein. Dafür bin ich mir zu schade.

    Wenn er trocken werden will, dann soll er das. Und dann schafft er das. Ganz alleine, ohne Dich. Nur für sich.

    Und dann könnt ihr so in ein, zwei Jahren mal schauen, ob's eventuell noch eine gemeinsame Zukunft gibt.

    Wenn ihr das dann noch wollt.

    LG
    Spedi

  • Hey Spedi,

    neeeinn, so ist das nicht! Ich suche keine Rechtfertigung. Ich suche bei euch Erfahrungen, ob das so klappen kann, wie ich es mir vorstelle. Ich bin einfach unsicher, ob es auf diese Weise klappen kann.

    Aber wenn du dir zu schade dazu bist, musst du mir doch nicht antworten.

    Ob er es mit oder ohne mich schafft ist mir egal. Ich wünsche mir einfach nur für ihn, dass er es schafft. Weil er unglücklich ist. Er war 5 Jahre lang mein bester Freund und Partner. Er ist mir noch immer wichtig und deshalb wollte ich einfach von euch wissen, ob ich ihm im Weg stehe bei seiner Genesung, wenn ich Kontakt mit ihm habe.
    Das ist alles.

    Liebe Dagmar,

    wahrscheinlich ist es falsch von mir selbst auszugehen. Ich würde mich freuen, wenn es mir schlecht gehen würde und ich in der Klinik liegen würde und mich jemand besuchen würde.
    Ich würde die Achtung nicht verlieren. Im gegenteil. Aber wahrscheinlich ist das bei ihm alles anders.

    Ach, keine Ahnung!!! Weiß einfach nicht mehr was ich machen soll!!

  • Hallo Malone,
    du musst eine schwere Entscheidung treffen. Ich selbst bin Alkoholikerin und Co-Abhängig. Meine Sucht habe ich bekämpft. Mein Ex-Freund jedoch hat keinerlei Anstalten gemacht etwas gegen seine Sucht zu unternehmen, obwohl im klar ist wie es um ihn steht da er schon 2 Therapien hinter sich hat. Ich hab ihm zugesichert das ich für ihn da bin. Habe mit ihm auch Arzttermine wahr genommen und immer wieder versucht ihn in eine SHG zu bringen oder wenigstens eine ambulante Therapie zu machen. Als ich ihn dann entgültig fallen liess versprach er mir das er in Therapie geht. Für mich. Ich müsse ihm nur versprechen für ihn da zu sein, ihn zu besuchen, und und und.
    Er hat nicht begriffen, das er es nicht für mich tut , genauso wenig wie ich meine Therapie für ihn gemacht habe. Er wurde agressiv, depressiv, hat Drohungen ausgestoßen und ist mir gegenüber auch Handgreiflich geworden um mir dann zu sagen das er mich nur so malträtiert weil er ohne mich nicht sein kann und seine Therapie nicht ohne mich durchsteht.
    Es kann nicht sein das ein Alki sich an einen Menschen klebt und von ihm verlangt das er ihm sein Problem abnimmt. Und ich denke das tut dein Partner.
    Es ist nicht falsch Hilfe anzubieten, aber es ist falsch zu denken das du vielleicht verantwortlich bist wenn er es alleine nicht schafft. Und sich unter Druck setzen lassen indem er dir ein Versprechen des Wartens auf ihn abringt das ist auf jeden Fall der falsche Weg.
    Das ist meine Meinung, aber auch meine Erfahrung. Leider oder zum Glück, wie mans nimmt.
    Liebe Grüße
    Cora

    Es war ein Donnerstag und ich habe entschieden: Mein Leben muss sich ändern!

  • Hi Malone,

    ein schwierige Entscheidung. Es ist ganz normal, dass Du nicht weißt was richtig und was falsch ist. Denn es gibt kein richtig und falsch.

    Du sagst Dein Freund will für sich selber trocken werden. Das ist gut. Sein Wunsch, Dich als Begleiterin zu behalten, scheint dabei erstmal ganz verständlich und legitim. Die Gefahr besteht allerdings, dass er seine Abstinenz dann mit Eurer Beziehung in Verbindung bringen könnte, oder sogar unbewusst dem Irrtum erliegen könnte, dass seine Abstinenz davon abhängt. Damit würde er Verantwortung auf Dich abwälzen. Das kann ganz schleichend und unauffällig passieren. Ich schreibe das im Konjunktiv, weil es nicht passieren muss, aber es passiert doch sehr leicht.

    Falls er seinen Wunsch als Forderung formuliert, ist das ein Zeichen dafür, dass er noch nicht 100% begriffen hat.


    Wenn Du ihm die Chance gibst, sein Leben ganz allein neu zu entdecken, ist das für ihn vielleicht am Anfang der unbequemere Weg, aber sicherlich auch der übersichtlichere. Und auf eine gewisse Weise auch ein einfacherer Weg, weil er sich um Dich keine Gedanken machen musst. Denn der Prozess, durch den er jetzt geht, wenn er es ernst meint, ist lang und kostet Kraft.

    Bei mir ist es so, dass ich Mitte April aufgehört habe zu trinken. Nach dem was Du schreibst habe ich vorher ein ähnliches Trinkverhalten gehabt. Party hier, Party da.. drei Tage wach. :shock: Vielleicht nicht ganz so fortgeschritten wie bei Deinem Freund, aber das spielt auch keine Rolle. Jendenfalls hat sich meine Freundin noch nicht beschwert, sondern nur mein eigenes Schamgefühl. Und bei mir fingen die Beziehungsprobleme erst an, als ich aufgehört habe. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass meine Bedürfnisse sich sehr verändert haben. Mein Lebenswandel auch ziemlich. Und ich hatte so viel mit mir selber auszumachen, dass meine Freundin - die meine Entscheidung nicht wirklich begreift - oft sehr verletzt war, weil ich sehr geizig geworden bin mit Gefühlsäußerungen. Weil mein Gefühlshaushalt völlig derrangiert ist, und ich eine Explikation niemandem zumuten will. (Vor allem nicht mir selbst, aber das ist ein anderes Thema.)

    Ich musste meine ganze Identität in Frage stellen. Das erste Mal ein Leben ohne Rausch. Ich bin ein Alien, und das auf meinem Heimatplaneten. Diese Indentitäskrise ist bei mir noch lange nicht abgeschlossen. Das bedeutet auch, dass ich die Beziehung zu meiner Freundin immer kritischer gesehen habe. Und diese Zweifel waren am Ende so stark, dass ich mir von ihr vor kurzem eine Auszeit erbeten habe. Obwohl ich sie sehr mag, kann ich gerade keine klare Stellung zu ihr beziehen. Ich muss erst wieder eine zufriedene Beziehung mit mir selber haben, bevor ich mit ihr oder irgendjemand in einer gesunden Paarbeziehung leben kann.

    Das war jetzt ganz schön viel über mich. Schreiben hilft, sagen viele hier. Was ich damit sagen wollte: Falls Du den Kontakt halten willst, richte Dich darauf ein, dass Du einen fremden Freund haben wirst. Nicht über Nacht, aber stetig. Und er wird sehr egoistisch sein müssen, wenn er geradlinig eine zufriedene Trockenheit zu gehen will. Insofern ist Spedis Voschlag mit den 1-2 Jahren Pause nicht abwegig. Danach müsste er für sich einiges geklärt haben. Und man kann wieder neutral reden. Wenn Euch wirklich viel aneinander gelegen ist, könnte der gute alte Brief vielleicht was für Euch sein. Keine SMS, keine Email, keine Telefonate, keine Treffen. Nur reflektierte, klare Kommunikation mit Distanz. Das praktiziere ich jetzt mit meiner Freundin. Von Plant zu Planet, von Alienhezr zu Alienherz. Ob das richtig ist, weiß ich aber auch noch nicht. Wichtig ist mir: keine Erwartungen. Ich nicht. Sie nicht.

    Und dann werden wir ja sehen. Oder eben nicht.


    Gute Reise!

    Our greatest fear is not that we are inadequate,
    but that we are powerful beyond measure. It is our light, not our darkness, that frightens us most.

  • Hallo Malone,

    da ich ja auch ungefähr im Alter deines Freundes zu sein scheine, möchte ich dir mal meine Gedanken dazu mitteilen.

    Erstmal ist es sehr schwer, aus der Ferne beurteilen zu können, wie ernst es deinem Freund mit seinem Wunsch ist, trocken zu werden, - oder ob er diesen Wunsch nur vorschieben will, um dich zu halten. Letztgenannte Gefahr besteht ja tatsächlich und du wärst nicht die erste, die auf diese Art und Weise in eine jahrelang währende Co-Abhängigkeit rutschen würde.

    Deshalb rate ich dir erstmal zu einer gesunden Distanz - und die scheinst du ja auch einzuhalten.

    Darüber hinaus spricht aber nichts dagegen, dass du einen vernünftigen Kontakt zu ihm aufrechterhältst, solange du

    a) dabei nicht das Gefühl hast, dass er wieder in alte Verhaltensweisen kippt,
    b) du selber sicher bist, dass er 100 % krankheitseinsichtig ist,
    c) merkst, dass dein Freund bereit ist, sein Leben grundlegend zu ändern, denn - so hat es die Therapeutin in meiner ambulanten Therapie mal ausgedrückt "Trocken werden ist keine Veränderung - sondern Revolution".
    d) den Kontakt selber willst.

    Alles steht und fällt mit der Ernsthaftigkeit und der Krankheitseinsicht deines Freundes.

    Soweit von meiner Seite.

    Viele Grüße,

    Blizzard

    Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens an ihm, gewinnt das Leben Form und Gestalt. (V.E. Frankl)

  • Hallo Malone,

    bei allen Fragen, wie wahrhaftig und aufrichtig der Wunsch Deines Freundes ist, bedenke bei dieser Aussage von Dir folgendes:

    Zitat

    Aber ich möchte schon, dass er sich auf sich selbs konzentriert.

    Das Gleiche solltest Du nämlich auch Dir zusprechen, nämlich in dieser Zeit nicht auf Deinen Partner schaun sondern auf Dich selbst..

    Daher meine konkrete Frage, warum Du Dich hier nur mit Ihm beschäftigst? Ich kann Dir nur den Rat geben, Dich wieder im Co-Abhängigen-Bereich mit der Frage zu beschäftigen, was Du in Deinem Leben erwartest, was Dir wichtig ist, wie Du Dir helfen kannst, die Grundbausteine der Co´s für Dich umzusetzen, und Deinen Freund seine Therapie machen läßt.

    Dazu lies doch mal diesen Thread und vor Allem diesen hier .
    Ich stand nämlich auch mal vor dieser Frage, und dabei hatte ich mich weiterhin aus dem Auge verloren.

    Ich wünsche Dir viel Kraft für Dich!

    Lieben Gruß

    S.Käferchen

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