In der Not geht man auf die Suche....
Und findet....
Dieses Forum!
Heute morgen habe ich mich, nachdem ich hier so manches gelesen und mich wiedergefunden habe, dazu entschlossen, mich hier zu registrieren.
Danke an das Forenteam für die schnelle Freischaltung.
Ich bin maddison, Mitte 50, voll berufstätig (auch viel im Aussendienst), seit 22 Jahren verheiratet mit einem Alkoholiker, Mutter von zwei erwachsenen Söhnen (einer aus 1. Ehe, 38 J., er hat schon eine eigene Familie; der zweite, 21 J. befindet sich Ausbildung und wohnt noch bei mir).
Seit 25 Jahren (also auch schon vor meiner zweiten Eheschließung) plagt mich die Alkoholsucht meines Mannes mit allen Höhen und Tiefen. Ich habe unglaubliche Dinge durchstehen müssen (ich weiß, für Euch sind sie nicht unglaublich, denn viele hier haben dasselbe durchgemacht oder machen es noch durch, wie ich). Angefangen von dem Zusammenbruch des Geschäftes meines Mannes (1992), was dazu führte, dass wir unser Haus verloren; die Schulden waren meine und sind es auch noch. Seit 3 Jahren stecke ich in einer Privatinsolvenz, aber ich werde es schaffen, da raus zu kommen! Mein Mann hat immer Gründe dafür gefunden, warum er nicht mehr arbeiten ging oder keine neue Existenz aufbaute. Fürs Geld verdienen und dafür, die Familie zu versorgen, bin ich zuständig, seit 20 Jahren.
Dann die Gewalt, wenn er getrunken hatte. Ich will hier nicht alles schildern. Es war nicht immer körperliche Gewalt, aber die Aggression allein genügte auch schon, mich vollkommen in Schach zu halten. Nachts die Angst, wenn er umherschlich und trank. Mehrfach musste ich mit unserem Sohn bei Nacht und Nebel fliehen. Mehrfach landete er in der Psychiatrischen Klinik, aber kaum war der Entzug geschafft, ging es von vorne los. Mal mit größeren Zeitabständen, mal mit kleineren.
Ich habe zweimal die Scheidung eingereicht, dann aber wieder zurückgezogen. Ganz zum Leidwesen meines großen Sohnes, der damit an dem Verstand seiner Mutter zweifelte, denn auch er war, als er noch bei uns wohnte, von meinem Mann mit Waffen bedroht worden.
Sowohl emotional ließ ich mich immer wieder ganz nach unten ziehen, als auch finanziell.
Und kämpfte dagegen an wie Don Quijote gegen die Windmühlen. Ich habe meine Kinder in Kitas untergebracht, damit ich arbeiten konnte, damit ich immer schön in meine Rente einbezahle, damit ich den täglichen finanziellen Verpflichtungen nachkommen konnte. Mein Mann fand leider nie eine Arbeit. „Weißt Du, ich muss doch den Arbeitgebern sagen, was sie alles falsch machen! Außerdem bin ich unzuverlässig und oft krank wegen meiner Wirbelsäule und meiner Lungenprobleme! Aber ich unterstütze Dich ja voll und mache dafür den Haushalt!“
Leider erst vor 4 1/2 Jahren hatte ich den Schneid, mich räumlich von ihm zu trennen. Seit dieser Zeit wohne ich mit unserem gemeinsamen Sohn allein.
Die Trennung führte dazu, dass mein Mann zum Hartz IV-Empfänger wurde, von diesem bescheidenen Geld leider nicht leben konnte und deshalb nach wie vor Unterstützung bei mir sucht, und sie auch erhält. (Ich krieg` echt die Krise, wenn ich das hier schreibe, wie blöd muss ich eigentlich sein?)
Sie führte auch dazu, dass er sich mit einem angedrohten, aber missglückten Suizid-Versuch körperlich großen Schaden zufügte, was mich wiederum dazu bewog, ihm weiterhin in allen Belangen zu helfen. Man kann ja schließlich seinen Mann nicht hängen lassen (Zynisch, weil ich auf mich selbst so wütend bin). Er hatte mir angedroht, sich umzubringen, was mich angesichts des Erlebten allerdings kalt ließ. Dann aber fand ich ihn, als ich nach der Arbeit nach hause kam, bewusstlos, ich war nicht in der Lage, ihn zu wecken. Und schon gehen die Selbstvorwürfe los und Du sitzt in der Intensivstation an seinem Bett und erlebst zum erstenmal ein Delirium. Ich habe mir damals vorgenommen: „Das machst Du nie wieder mit“ und habe es meinem Mann auch genauso mitgeteilt, als man ihn mir mitsamt seiner neuen Behinderung im Rollstuhl bei seiner Entlassung vor die Kliniktür setzte. Ich hatte gerade meine eigene Wohnung bezogen, aber die Ärzte interessierte es nicht, ob und wie ich ihn in den 3. Stock bekomme. Es interessierte sie auch nicht, dass wir getrennt leben. „Er ist Ihr Mann, also haben Sie sich um ihn zu kümmern!“
Mein Mann hat vier Jahre gebraucht, um sein Bein, das bei dem Suizidversuch kaputt ging, wieder auf Vordermann zu bringen. Er geht in meiner Wohnung ein und aus, aber nur unter der Voraussetzung, dass er nüchtern ist. Was ihm zeitweise auch gelingt, aber eben nur zeitweise. Ich bringe es einfach nicht über mich, ihm den Zugang gänzlich zu verwehren.
Vor etwa 1 ½ Jahren war es wieder so weit, er trank wieder. All mein Reden schlug er in den Wind. „Was Du immer hast! Du bist doch krank im Kopf! Suchst Du wieder mal Streit? Ich kann damit umgehen! Hauptsache meckern! Seit Ewigkeiten läuft nix mehr bei uns! Und da wunderst Du Dich, dass ich saufe?“
Ich begann seinerzeit mit Internet-Recherchen und landete: Hier bei diesem Forum. Und erfuhr, dass es Co-Abhängigkeit gibt. Und war entsetzt, dass ich nahezu alle Merkmale der Co-Abhängigkeit erfülle. Mein Mann hatte sich inzwischen bis kurz vor den Absturz gesoffen, die Erkenntnis, dass ich ihm nicht mehr helfen darf, traf mich wie ein Schlag, und ich mobilisierte sämtliche Freunde, mir zu helfen, mich daran zu hindern. Er rief bei mir an: „Bitte rufe für mich den Notarzt!“ „Wenn du mich anrufen kannst, kannst Du auch selbst den Notarzt rufen!“ „Meine kleine Maddison, ich flehe Dich um Hilfe an, und Du verweigerst sie mir?“ „JA“. Trotzdem rief ich den Notarzt an, ich traf ihn vor der Wohnung meines Mannes, denn einer musste ihn ja reinlassen, und ich hatte die Schlüssel. Und was tut mein Mann? Er beleidigt den Arzt und wirft ihn raus. Und ich ging mit, was wiederum meinen Mann erstaunte.
Ich bin fast selbst verreckt dabei, aber ich trat bewusst eine weite Reise übers Wochenende zu Freunden an; damit nahm ich mir selbst die Möglichkeit, ihm zu helfen. Aber meine Gedanken drehten sich nur um ihn und meine Angst um ihn. Unser Sohn erlebte zuhause alles hautnah mit, unterstützte mich aber in meiner Handlungsweise und seinen Vater in seiner Not (telefonisch). Meine Güte, was tat ich meinem Kind damit an? Er begleitete seinen Vater telefonisch auf einem kalten Entzug.
Ich kehrte zurück von meinem Wochenend“urlaub“ und mein Sohn empfing mich mit den Worten: „Keine Angst, Mama, Papa hat`s geschafft!“
Ich selbst war so am Ende meiner Kräfte, dass ich meine Ärztin aufsuchte, die mich sofort zu einer Psychotherapeutin schickte. Seither bin ich in psychotherapeutischer Behandlung. Mein Mann hat nur noch an ganz bestimmten Tagen Zugang in meine Wohnung, und auch nur dann, wenn er absolut nüchtern ist. Ich habe es geschafft, dies zu realisieren.
Januar 2009: Ein (trockenes und damit hoffnungsvolles) Jahr später:
Meinen Mann plagen unerträgliche Kopfschmerzen. „Du musst zum Arzt!“ „Arzt? Phhh, die haben doch keine Zeit mehr für einen!“
Ich finde in meinem Keller eine Flasche Alkohol, halte sie ihm vor die Nase und bitte ihn, es zu unterlassen, seine Flaschen in meinem Keller zu verstecken. „Alkohol verdünnt das Blut, das hilft bei Kopfschmerzen!“ Ich bitte ihn, meine Wohnung zu verlassen, was er tut.
Nun hat er sich vor einer Woche in ein Koma gesoffen; um aber nicht wieder einen kalten Entzug allein durchstehen zu müssen (Mann ist ja schließlich lernfähig), begab er sich in meiner Abwesenheit in meine Wohnung, setzte eine ganze Flasche Alkohol an und ließ sich fallen. Ich fand ihn, als ich von der Arbeit nach hause kam, bewusstlos, auf dem Boden liegend und rief den Rettungswagen. Ich bin sauer. Und werde mich NICHT um ihn kümmern, was ich den Sanitätern auch sage. Sie verstehen es und bestätigen mich.
Am nächsten Morgen: „Er hatte Kopfschmerzen, was ist, wenn er schlimm krank ist? Dann denke ich, es ist der Suff, in Wirklichkeit aber lasse ich meinen Mann hängen, vielleicht mit einem Tumor?“
Also rufe ich in der Klinik an. Er liegt im Koma, niemand weiß, warum, Alkoholspuren nicht auffindbar. Also war es doch etwas Schlimmes, und nicht der Suff! Ich böse Frau, was denke ich denn auch immer? Zwei Tage liegt er so und niemand kann ihn wecken.
Dann wacht er auf. Und alle freuen sich.
Ich fahre mit meinem Sohn in die Klinik, um ihn zu besuchen. Mich erkennt er sofort, und er strahlt vor Freude; unseren Sohn erkennt er erst auf den zweiten Blick. Und sagt: „Muss erst prüfen, ob Ihr es wirklich seid, denn man versucht, mich hier umzubringen!“ Betrachtet uns intensiv, um dann laut loszubrüllen, dass wir falsch sind, und er uns totschlagen werde. Unser Junge ist schockiert und weint bitterlich, schreit ihn an: „Ich hab` Dich lieb, komme hierher, will Dir helfen, und Du....“
Er liegt immer noch auf der Intensivstation, mittlerweile haben die Ärzte festgestellt, dass es doch der Suff war, der ihn in das Koma gebracht hat; eine Lungenentzündung hat sich hinzugesellt, und ich stehe nun vor dem gesamten Scherbenhaufen und will raus aus diesem Teufelskreis.
Um Nägel mit Köpfen zu machen, habe ich einen Rechtsanwalt aufgesucht. Weil ich nun doch die Scheidung will.
Fakt ist:
1. Ich bin voll berufstätig und trotz meiner Inso unterhaltspflichtig, das Sozialamt kann also Geld bei mir holen. Und wird es, die Formulare liegen schon hier.
2. Ich will mich scheiden lassen, um endlich da raus zu kommen. 20 Jahre gemeinsame Ehe, ich immer gearbeitet, er nie. Die Folge: Versorgungsausgleich! Denn: Alkoholismus ist eine anerkannte Krankheit. Bedeutet: Ich muss 50% meiner Rentenansprüche an meinen Mann abdrücken. Klasse!
Das ist Gerechtigkeit oder?
Ich bekomme fast keine Luft mehr.