Tappe emotional immer wieder in die Falle...

  • Guten Abend zusammen,

    ich habe bereits im letzen Jahr hier über die Trennung von meinem alkoholabhängigen Freund berichtet. Was ich damals geschrieben habe klang stark und endgültig. Es kam von meinem Kopf. Emotional habe ich es jedoch bis heute nicht geschafft, von dieser Beziehung, in der ich die Co-Abhängige bin, loszukommen.

    Mit jedem Tag Abstand und Austausch mit anderen Betroffenen, habe ich es immer wieder geschafft, zu mir finden und klar zu sagen, dass ich diese Beziehung nicht will. Ich bin die Tochter eines Alkoholikers und will nicht die Partnerin oder gar Retterin sein.

    Vom Typ her bin ich sehr direkt und sage frei raus, was ich denke. So habe ich auch meinem Ex-Freund immer wieder gesagt, dass ich der Meinung bin, er hat ein Alkoholproblem (trinkt allein, bis zum Excess, um 10.00 h, hat Blackouts, Bier ist nur für die Nachbarbesuche, verpasst keine Gelegenheit). Das hat ihn geärgert. Besonders, wenn er glaubte, dass ich nun endlich in sein verfallenes Haus ziehe und es für ihn renoviere. Heute hat er es nochmal versucht. Ich habe mich wieder in ein Gespräch verwickeln lassen, in dem es darum ging, dass er erkannt habe, dass ich von Anfang an konsequent meinen Weg (bin seit 1,5 Jahren selbständig) ginge und nicht zu ihm stehen würde. Ich wäre nicht einen Tuck bereit, mich auf ein Leben mit ihm einzulassen. Er hat mich emotional so gewuschelt und mir fast eingeredet, dass alles nur wegen mir so gekommen wäre. Er brauche eine Partnerin für’s Leben. Am Wochenende renoviere er (nach 6 Jahren Ruine) sein Haus. Es gibt nur noch eine Chance: du packst mit an und nimmst alles so hin, wie es ist. Am Ende fiel der Satz: „Und ich lasse mir von dir nicht verbieten, Bier zu trinken. Und ich will auch nicht mehr über die Alkoholsucht deines Vaters sprechen.“ Ich habe zu ihm „DANKE“ gesagt. „Das war gerade dein zentrales Anliegen in diesem Gespräch – Lebwohl.“

    Mein Problem: Die letzten Monate waren ein Auf-und-Ab, wo es Ruhephasen gab, in denen ich nach der Trennung dachte, jetzt gibt er Ruhe. Das hat er aber nicht. Ich dachte ich bin stark und resistent. Von 99 Anrufen, die ich nicht beantwortet habe, war es dann doch der 100ste, der mich wieder in eine emotionale Falle tappen ließ. Am Ende fühlte ich mich leer und entblösst. Ich weiß bereits jetzt, dass er irgendwann wieder in mein Leben springt.

    Wie kann ich mich davor schützen? Bitte lasst mich an Euren Erfahrungen in puncto Abgrenzung von einem alkoholabhängigen Partner teilhaben...

    Ich habe nicht vor, mein Leben aufzugeben. Ich habe mir vor 1,5 Jahren einen Traum erfüllt und lebe jetzt am Meer. Gleichzeitig habe ich mich selbständig gemacht. Ich brauche meine Kraft momentan dafür. Nach und nach lerne ich auch neue Leute kennen und ich spüre, dass mich das noch weiter wegbringt...

    Wie bleibe ich standhaft und halte ihn von meinen Co-Knöpfen fern? Ich weiß, dass mein Teil „Loslassen“ und "an mir arbeiten" bedeutet.

    Liebe Grüße
    Kopfmensch

  • Hallo Kopfmensch,

    Zitat

    Wie bleibe ich standhaft und halte ihn von meinen Co-Knöpfen fern?

    Das ist eine Frage, die uns sicher immer wieder beschäftigt. Ich glaube dazu muß man sich und seine Knöpfe erst einmal genau kennen.
    Es kann dir passieren, und ich schreib da aus Erfahrung, das du denkst, du hast wieder einmal einen Knopf gefunden, und den nächsten der noch aktiv ist, den übersieht man.

    Ich habe gerade in letzten Tagen einen Knopf erkannt, der mich immer wieder beherrschte.

    Wichtig ist in meinen Augen, sich eben dieser Knöpfe bewußt zu werden, aber auch, nicht allzu hart mit sich zu sein, wenn man es nicht gleich schafft, diese abzustellen.

    Auch hier ist Geduld gefragt, denn was wir ao lange gelebt haben, ist nicht in kurzer Zeit umzuwerfen.
    Du hast schon viel für dich erreicht, und das darfst du auch mal geniessen, denn an der Co Abhängigkeit arbeiten wir auch unser Leben lang.

    lg Lämmchen

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Kopfmensch,
    ähnliche Argumente hat auch mein Ex-Freund. Auch ich bin erst seit 3 Jahren selbständig und versuche was aufzubauen und jetzt brauche einen klaren Kopf und keinen Psyoterror mit Vorwürfen. Du bist viel weiter als ich, da du dich schon richtig gut abgrenzen kannst. Ich denke noch ein wenig Geduld und Konzentration auf dein Leben und es ist geschafft. so liest es sich für mich. Schön daß du dir deinen Traum verwirklicht hast. Ich wünsch dir weiterhin viel Kraft und versuche von dir zu lernen. Gruß ans Meer.
    Liebe Grüße
    Nancy

  • Hallo Lämmchen und Nancy,

    danke für euer Feedback. Ich glaube, dass ich mit mir selbst wenig Geduld habe. Ich möchte am liebsten all meine Co-Knöpfe auf einmal enttarnen.

    Am Donnerstag hat er es wieder versucht. Ich bin weder ans Telefon gegangen. Noch habe ich die anschließende SMS gelesen. Habe mittlerweile einen Weg gefunden, wie ich die Nachrichten entfernen kann ohne sie mir anzuhören. Denn, wenn es ihm gelingt, an mich heran zu kommen, löst das in mir Chaos aus und ich fühle mich anschließend schwer. Jedes Mal, wenn ich mich über einen längeren Zeitraum erfolgreich abgegrenzt habe, hat er sich etwas anderes einfallen lassen.

    Die Steigerung war, dass er vor 3 Wochen plötzlich vor meiner Haustür stand. Ich kam vom Einkaufen zurück. Hatte mir ein paar Blumen gekauft, mit dem Blumenhändler geflirtet und fühlte mich leicht wie ein Schmetterling. Als ich in meine Straße einbog, stand er da. In mir erkaltete alles. Es war so, als hätte ich meinen Körper verlassen und beobachtete die Szene von außen. Er sagte zu mir, bring deine Einkäufe hoch. Ich tat es wie in Trance. Anschließend fuhren wir zum Meer, wo es vor 2 Jahren begann. Er sagte, nach allen Höhen und Tiefen, die wir bisher erlebt haben, möchte er mich fragen, ob ich seine Frau werden will. Erst da bin ich aufgewacht und habe ihn dazu gebracht, mich wieder nach Hause zu fahren. Vor der Haustür habe ich ihm wie immer mit der Wahrheit, dass er ein Alkohol-Problem hat, konfrontiert. Bin ausgestiegen und gegangen. Danach bin ich wieder in ein emotionales Loch gefallen und fühlte mich leer.

    So war es in den vergangen Monaten ständig. Neue Kraft schöpfen, wieder auf die Beine kommen bis zum nächsten Kontakt. Ich habe mir zig Mal vorgenommen, welche Worte sind passend, dass er nun endlich versteht und er mich loslässt. Ich weiß jetzt, dass die Aufgabe auf meiner Seite liegt. Damit sich etwas ändert, muss ich meine Verhaltensmuster erkennen und ändern.

    Ein AA-Freund (trockener Alkoholiker) hat versucht, mir die Situation aus Sicht meines Ex zu erklären. "Er hat in dir seine Retterin erkannt. Er weiß, dass du stark bist, dein Leben inkl. Selbständigkeit meisterst. Jetzt wünscht er sich dich an seine Seite, damit du für ihn sein Leben managest, während er es sich mit seiner "Geliebten Alk" gut gehen lässt. Er fühlt sich aber auch durch deine Stärke bedroht und deshalb muss er dich erst klein machen, deine Schwachpunkte aufspüren und manipulieren - sein Mittel ist dir die Verantwortung für ein Scheitern der Beziehung zu geben". Dessen bin ich mir bewusst. Als ich mal sagte, dass ich nur 50% in Beziehungen (Mann, Familie, Freunde) trage, wurde mein Ex wieder einmal sauer.

    Ich bin durch die letzten Monate geschwächt worden. Es ist wie ein konditioniertes Verletzen, das ich zulasse. Ich kenne das Verhalten aus meiner Kindheit. Bei uns zu Hause haben sich Dramen abgespielt. Das emotionale Auf und Ab war Normalität. Mein Vater (nasser Alkoholiker bis heute) hat alles kontrolliert und alles (Schulnoten, Meinungen, Gesichtsausdrücke etc.) benutzt, um einen Grund zum Trinken zu haben. Mein Selbstwert war damals vom Urteil meines Vaters abhängig. Ich habe mich von meinem Vater getrennt, als ich Mitte 20 war, weil ich erkannte: er ist nicht gut für mein Leben.

    Mein Problem ist, dass ich mich, obwohl ich schon eine Menge gelernt (Psychotherapie, Al-Anon, AA) und an mir verändert (bewusst wahrnehmen u. erleben) habe, zu stark vom Spiegel anderer Menschen abhängig mache - so wie als Kind und Teenager. Geschäftlich habe ich ein anderes Gesicht und ich weiß, was ich kann und, dass ich gut bin. Privat, wenn es um menschliche Beziehungen und um Annäherung geht, will ich gefallen. Das allein gibt dem Gegenüber schon alle Möglichkeiten.

    Nancy : Wie war das bei dir? Hat dich dein Ex-Freund losgelassen? Wie hast du die äußere und innere Trennung vollzogen? Was machst du, wenn dich der emotionale Blues packt?

    Einen schönen + leichten Samstag für alle - LG Kopfmensch

  • Hallo Kopfmensch,

    als ich grad das Zitat deines AA FReundes gelesen hab ist es mir eiskalt den Rücken runtergelaufen. Ich hab das noch nie so auf den Punkt gebracht gesehen. Dankeschön dafür!
    Ich bin noch ziemlich am Anfang, ich seh bei euch daß noch ziemlich viel Arbeit auf mich wartet.
    Augen zu und durch, das schaffst du auch!

    julchen

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