Alkoholiker oder "nur" suchtgefährdet???

  • Hallo zusammen,

    ich bin ein ganz frisches Forumsmitglied und wollte mal folgende Problematik ansprechen: Wann ist man suchtgefährdet, ab wann ist man Alkoholiker?

    Dazu stelle ich mich nochmal kurz vor, nicht nur damit Ihr besser beurteilen könnt, warum mich die Frage beschäftigt.

    Ich bin 46 und bin verheiratet, lebe in den USA. Meine Kinder sind im Grundschulalter.

    Ich habe täglich getrunken - seit bestimmt 15 Jahren. Drug of choice: WeissweinxxxbittekeineMarkennamennennenS.Käferchen Hat mir immer gut geschmeckt. Bin auch oft nach Napa und Sonoma gefahren, das sogenannte Wine Country nördlich von San Francisco. Dort besuchten wir dann Weingüter und machten Winetasting.

    Ich hab zu Hause getrunken, mit Mann ( der trinkt allerdings meist Bier und bißchen Wein zu Abendessen, 1 - 2 Biere, mehr nie) und ich trank auch immer wenn der mal weg war. Natürlich wurde auch auf Partys getrunken, aber solche Anlässe waren selten.

    Trinkzeit: Normalerweise nach 17:30 Uhr - sobald mein Mann aus dem Büro kam. Aber dann bitte her mit dem Glas! Ich wollte nicht, das er denkt, ich trinke schon nachmittags. Hätte manchmal aber gerne schon früher angefangen.

    Trinkmenge: 2 Gläser, auch mal ein bißchen mehr, aber generell zwei großzügige Gläser Wein. Hätte auch oft gern mehr getrunken, aber wusste, das sowas schlecht für den Körper ist. Machte mir teilweise selbst Vorschriften: Oben (also im Schlafzimmer) kein Weintrinken, das Glas bleibt unten und sowas ... oder diese Woche nur Frei, Sa, Sonntag trinken. Das klappte natürlich nur für eine kurze Zeit, dann wieder business as usual ...

    Letztes Jahr machte ich 2 kurze Mini-Trinkpausen. Das "grosse" Zittern bekam ich nicht (das war irgendwie irre wichtig für mich, denn sowas haben ja nur "echte" Alkis) ... Aber 3 Tage Einschlafstörungen und im Prinzip andauernd an Wein gedacht ... Das mit dem Schlafen und immer der Gedanke an den Alk machten mich nachdenklich. Ich hab auch ein bißchen im Forum gelesen, aber erst seit Ende Januar hab ich so richtig durchgeblickt.

    Damit meine ich, dass was vorher "extrem" erschien - z.B. Alkfreie Umgebung - und Partner darf auch nicht vor meiner Nase trinken - machte langsam aber sicher Sinn. Der Lern- und Akzeptanzprozess geht eben

    a) nicht von einem Tag auf den anderen bei mir und

    b) dauerte es eine Weile, bis ich mich durch ellenlange Threads von trockenen Forumsmitgliedern durchgeackert habe (Blizzard, Plejaden, dorothea, z.B.), sowie Karstens Geschichte gelesen hatte.

    Dadurch habe ich enorm viel gelernt - ausserdem waren diese Lebenserfahrungen der Mitglieder nicht nur sehr informativ, sondern genauso spannend und unterhaltsam wie die Krimis, die ich abends gerne lese ...

    Zurück zu meiner Frage von oben: Seit 4 Wochen trink ich keinen Alkohol mehr. Mein abendliches Rhythmus hab ich geändert und mein Mann trinkt nicht mehr vor mir. Erstaunlich, wie einfach er meinen neuen Weg akzeptiert hat.

    Seit 1. Feb. d.J. keinen Alkohol mehr angerührt.

    Aber gestern, als ich im Vorstellungsbereich geschrieben hab, dachte ich dann: Mensch, übertreibst du nicht? Vielleicht bin ich nur eine Gelengenheitstrinkerin (jeden Tag???) und die Lösung ist einfach. Weniger trinken und nicht jeden Tag.

    Mir schmeckt der Wein doch und dann reisse ich mich eben zusammen.

    Werden mich die anderen Forumsmitglieder überhaupt ernst nehmen, denn ich habe keine Storys von gebunkerten Weinflaschen und die entsprechenden Verstecke? Mein Leben ist sehr geordnet, mache regelmäßig Sport.

    Andererseits konnte ich auch nie nur EIN Glas trinken und wurde oft ganz nervös, wenn man auf einer Familienfeier nicht von der Gastgeberin gefragt wurde, ob man noch Wein möchte und mit einem leeren Weinglas herumstehen musste. Da bin ich dann auch mal selber an den Kühlschrank ran, aber ganz schnell, damit keiner was sieht. Auf eine Party ging ich im letzten Jahr mit dem festen Vorsatz nur 1/2 Glas Wein zu trinken. Guten Eindruck machen und weil ich nach Hause fahren musste. Daraus wurden ungefähr 3 und auf dem nach Hauseweg bin ich glatt erstmal an meiner Ausfahrt vorbeigefahren. Huch! Da fiel mir ein Billboard hier in der Nähe ein - Buzzdriving is drunk driving .... also beschwipst fahren ist besoffen fahren. Ganz schön hart fand ich, aber stimmte 100%ig. Der Gedanke, den Führerschein zu verlieren oder jemand zu verletzen oder schlimmer ....... scary. Ausserdem kann man hier nämlich ohne Auto einpacken ....

    Jetzt habe ich mir meine obige Frage bald selbst beantwortet .... Hmmm...

    Wenn ich Leuten erzähle, dass ich nicht mehr trinke, sind viele interessiert und wollen wissen, wieso und wieviel ich getrunken habe. Generell positiv, sag ich mal, aber auch Kommentare, von wegen: Na so viel ist das doch nicht. Ich trinke auch gerne und vielleicht sollte ich auch weniger trinken.

    Mich würden Eure Kommentare mal interessieren, aber will auch unbedingt betonen, dass ich weiss, dass Alkoholiker in allen möglichen Formen auftreten, nicht nur die Gestalten mit der Flasche Korn auf der Parkbank. Ach ja, bei online Alk-Tests *schwanken* die Ergebnisse zwischen suchtgefährdet und soll weniger trinken und "sie haben ein Problem, ab zum Arzt" ...

    Uff, das war jetzt erstmal ganz schön viel ... hoffentlich nicht zu viele langweilige Details ...

    Liebe Grüsse

    Starfish 8)

  • Hallo Starfish,
    und willkommen.

    Wenn Du hier schon soviel gelesen hast,und weisst wo Du stehst,was möchtest Du denn legitimieren??

    Ob Du Alkoholikerin bist kannst nur Du dir beantworten,da helfen auch keine Onlinetest's und das daherreden anderer Leute nach dem Motto"Ach,soviel ist das doch gar nicht"

    Es gibt doch nur 2 Alternativen,entweder willst Du gänzlich ohne Alkohol leben,oder Du möchtest weitertrinken,die Entscheidung kann/wird dir hier keiner abnehmen!!

    Bei Dir fängt es an,und dort hört es auch auf!!

    Lieben Gruß,Andi

  • Hallo Starfish!

    Herzlich willkommen im Forum!

    Und danke Für Deine Einführung,die ist gar nicht langweilig,die erzählt ja von Dir!

    Zitat

    Andererseits konnte ich auch nie nur EIN Glas trinken und wurde oft ganz nervös,

    Dies um Dir etwas auf die Sprünge zu helfen.

    Wenn ich irgendwo eingeladen war,freute ich mich .......... auf den Wein! Hauptsächlich wenn ich wusste,dass es da einen guten Wein gab!

    Sag,warst Du bei einem Arzt?
    Das ist notwendig zu Beginn Deines Weges in die Trockenheit.
    Der Arzt macht eine Bilanz ,medizinisch, und begleitet Dich wenn nötig.Ihr könnt feststellen,ob Dein Körper schon leidet unter Deinem Alkohol-Konsum.
    Und es hat erst noch den Vorteil,dass Du Dich outen musst!Das will ja auch gelernt sein.

    So jetzt schliesse ich mal,bevor das eine Text-Schwemme wird.

    Ich wünsche Dir Mut und Kraft,das Nötige einzuleiten und einen guten Start in Deinen Weg in die Trockenheit!

    Herzliche Grüsse
    Yvonne,Alkoholikerin.(Trocken,zum Glück)!

    ichbinda123

  • Hallo Starfish,

    herzlich willkommen im Forum. Ich denke, allein das Schreiben hier wird es Dir ermöglichen, Dir über einige Dinge klarzuwerden. Ist immer wieder spannend, wie beim Schreiben eigene Denkprozesse angeschubst werden. Und Du hast es ja auch schon selbst geschrieben – Du fängst an, Dir Deine Frage selbst zu beantworten.

    Allein dass Du so intensiv über Deinen Alkoholkonsum nachdenkst, ist ein Warnzeichen; da stimmt was nicht. Und gleichzeitig ein gutes Zeichen, denn Du läufst nicht länger vor der Erkenntnis weg.

    Übrigens ist Deine Sorge, hier nicht ernstgenommen zu werden, ganz unberechtigt. Ich glaube, hier ist so ziemlich jede Spielart vertreten. Ich wünsch Dir einen guten Austausch in diesem Forum,

    viele Grüße,

    Zeppeline

  • hi there,starfish
    Auch ich bin neu in diesem Forum,wenngleich auch einige Jahre trocken.
    Die Uebergaenge zwischen Gefaehrdung und Abhaengigkeit sind fliessend
    und werden vom Betroffenen meist nicht wahr genommen.
    Fragt mich heute jemand ab wann ich denn nun Alkoholiker gewesen sei,
    so kann ich ihm keine konkrete Zeitangabe nennen,allenfalls Vermutungen
    Es gibt zwar Selbsteinstufungs-methoden,wie zB. die Jelinek-Sucht-Pyram
    ide mit deren Hilfe man sich selbst einordnen kann.Sie ist aber in ihrem
    Verlauf nicht auf jeden Betroffenen abzuleiten,Besser ist ein Hinterfragen
    der eigenen Trinkverhaltens und absolute Ehrlichkeit zu sich selbst.Ich brauche
    bei dem Beschaeftigen mit mir selbst keinem etwas vormachen-oder muss
    ich mich selbst beluegen damit ich ruhigen Gewissens weiter saufen kann?
    Bereits als Zwanzigjaehiger wurde ich von meinen Eltern und Freunden
    oft darauf hingewiesen,dass ich doch zuviel trinke.Damals schoss ich alle
    Bedenken in den Wind.-ich doch nicht und dann im Vergleich die Anderen
    tranken doch viel mehr als ich-und nur weil ich an den Wochenenden mal
    ein bischen mehr trank.
    Es kam wie es kommen musste.Aus den Wochenenden wurden Tage,aus
    den Tagen wurden Stunden.Nach 25 Jahren Saufzeit konnte ich keine
    weitere Stunde ohne Alk ueberstehen.
    Lass es nicht soweit kommen und nimm Dein Gefuehl und Gewissen ernst
    Viel Erfolg und eine hoffentlich trockene Zeit

  • Hallo liebe Starfish,

    willkommen im Forum!
    Ich auch noch recht neu hier. Und mir ging es ählich wie Dir. Auch ein geregeltes Leben und -Gott sei Dank!- noch nicht so weit, dass ich morgens schon Alkohol brauchte um den Tag zu starten. Aber wie bei Dir war es bei mir auch so, dass der Damm sehr schnell gebrochen war, wenn der erste Schluck intus war. Und im letzten halben Jahr habe ich im Schnitt täglich 1/2 bis 1 Flasche Wein oder Sekt getrunken. Selten mal nichts, nur dann, wenn ich mit dem Auto weg war. Wobei ich auch da zeitweilig die GRenzen überschritten habe und in letzter Zeit mehr als einmal mit zu viel Alk gefahren war. Unter anderen das hat mich ans Nachdenken gebracht. Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, mich als Alkoholiker zu bezeichnen, da bei mir der Alkohol schon eine so große Rolle im Leben gespielt hat.
    Für Dich kannst Du diese Entscheidung nur alleine treffen. Aber glaub mir, ich kann Deine Gedankengänge gut nachvollziehen. Grade in den ersten Tagen hab ich auch manchmal gedacht: "Hm, vielleicht kannst Du ja doch irgendwann mal wieder was trinken und es ist OK". Ich kenne mich aber zu gut um zu wissen, dass das nicht möglich ist. Ganz oder gar nicht, so ist in vielen Dingen des Lebens meine -nicht immer freiwillige- Devise.

    Du bist auf dem richtigen Weg, dass Du Dir Gedanken machst. Und ich bin sicher, Du wirst die Entscheidung treffen, die für Dich die beste ist!

    Ich wünsche Dir viel Glück und Durchhaltevermögen!!!!! Einen schönen Abend und eine gute, trockene Zeit wünscht Dir SAbine

  • Hallo Leute,

    erstmal vielen Dank für die zahlreichen und ausführlichen Antworten!

    Zitat von Andi


    Wenn Du hier schon soviel gelesen hast,und weisst wo Du stehst,was möchtest Du denn legitimieren??

    Bei Dir fängt es an,und dort hört es auch auf!!

    Andi, Du hast wirklich recht! Ich weiß, wo ich stehe und hab mich gegen den Alkohol entschieden. Ich hätte mich sonst auch nicht registriert. Das ist nämlich auch wieder ein größerer Schritt und ganz anders als nur Mitlesen (jedenfalls für mich).

    Für mich hat die Registrierung und anschließende Vorstellung schon einiges an Bedeutung. Ich verpflichte mich jetzt trocken zu bleiben und nicht nur eine Trockenpause anzustreben.

    Ich weiß, es gibt, bzw. gab hier einige Mitglieder, die nur sehr vage Absichten hatten und auf eine schnelle "Heilung" hofften, aber der Großteil betreibt ganz ernsthafte und wirksame Trockenarbeit. Das färbt irgendwie schnell ab.

    Trotzdem für mich immer sehr schade, wenn Leute von den ersten Erfahrungen ohne Alkohol schreiben und nach einem Rückfall anscheinend in der Erde versinken und einen so irgendwie hängenlassen. Das ist ein aber ein anderes Thema. Ich brauchte ja auch einen erneuten Anlauf, um mich für 100%ige Trockenheit zu entscheiden und dementsprechende Schritte zu machen.

    Sabine und Erdling, stimme Euch zu, mit dem kontrollierten Trinken das geht gar nicht. Hab ich ja an mir selbst ausprobiert .... Meinem Mann, Nicht-Alkoholiker, macht es gar nichts aus nichts zu trinken. Anfangs hätte er schon mal gerne ein Bier getrunken, aber wir hatten ja nichts im Haus. Das war eben reine Gewohnheit für ihn. Aber eigentlich war seine Einstellung: Na dann eben nicht, kein Tra-ra.

    Kann mich auch noch an einen Abend erinnern, da ist er losgezogen, um sich Bier vom Supermarkt zu holen. Kam mit leeren Händen zurück und beschwerte sich laut, daß keine seiner Lieblinglingsmarken im Sonderangebot waren und mexikanisches Bier ist zwar billiger, aber ist nix für ihn. Hmm ... also ich liebte ja auch Qualität, aber ohne Alkohol wär ich nie nach Hause gekommen!

    Zeppeline: Danke, für Deine netten Worte!

    Mustasch: Willkommen von einem Neuling zum anderen (also neu im Forum für Dich) und danke für Deine Antwort. Hoffe, noch mehr von Dir zu hören!

    Last but not least zu Spanijoggel ... betr. des kalten Entzugs:

    Als ich am 1.2. entschied Mineralwasser zu kaufen und nicht Wein, hab ich noch nicht viel im Forum gelesen. Wie gefährlich ein kalter Entzug sein kann, wusste ich ehrlichgesagt nicht. Ich hab auch keinen richtigen Hausarzt, aber wurde 2008 von Kopf bis Fuß durchgescheckt (annual physical), komplett mit Blutstatus und so. Da war alles tip-top in Ordnung (aber ich sah das nicht als Möglichkeit einfach weiterzumachen). Am 13.3. hab ich einen Termin beim Orthopäden und musste vorab schon ellenlange Formulare ausfüllen (Anamnese, etc.). Da wird auch Drogen und Alkoholkonsum erfragt. Ich weiß, sowas guckt sich der Arzt nie richtig an (ich kenn das, hab selber einige Jahre beim Arzt gearbeitet), aber ich habe da vermerkt, wieviel ich vor dem 1.3. getrunken habe. Ausserdem will ich das ehe ansprechen, denn ich hab einige Verschleisserscheinungen (?) vom Sport und vielleicht haben solche chronischen Probleme auch mit dem Alk zu tun. Knochenerneuerung und Alkohol läuft nämlich nicht.

    LG

    Starfish

  • Hallo Starfish,

    Zitat

    Knochenerneuerung und Alkohol läuft nämlich nicht.

    Knochenerneuerung ohne Alk auch nicht!
    Watt wech iss,iss wech!!!

    Lieben Gruß,Andi

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