Werde ich beide Elternteile durch den Alkohol verlieren?

Hallo,
meine Mama geht langsam aber sicher an der Alkoholsucht meines Vaters zugrunde. Was kann ich wenigstens für sie tun? Mein Papa trinkt schon seit sehr langer Zeit. So richtig schlimm ist es aber erst geworden, seit er vor ca. 3 Jahren in Rente gegangen ist. Seitdem trinkt er sich seinem Grab ständig ein Stück näher. Krankenhausaufenthalte, Entziehungskur, ambulante Therapie - alles hat, wenn überhaupt, nur kurzfristig angeschlagen. Eine weitere Behandlung schlägt er derzeit aus, Hilfe von seiner Familie etc. weist er ab. Er steht inzwischen mit der Schnapsflasche in der Tasche vor einem und sagt einem ins Gesicht, er hätte heute nix getrunken, was wir ihm unterstellen würden. Dann wieder sagt er, er trinkt sich tot, dann wären wir ihn wenigstens los. Meiner Mama geht es inzwischen nervlich immer schlechter (welch ein Wunder). Sie kann und/oder will meine Papa aber nicht verlassen, weil sie Angst hat, dass er dann ganz abrutscht. Inzwischen wird mein ganzes Leben von der Sorge um meine Eltern bestimmt. Bei meinem Vater komme ich immer mehr zum dem Punkt, wo ich sage, ich kann ihm nicht mehr helfen. Aber kann ich denn gar nix für meine Mama tun??? Wie habt Ihr Euch in einer solchen Situation verhalten? Wer kann mir einen Rat geben?

Liebe Grüße Sabine

Hallo Caro,
im Prinzip weiß ich natürlich, dass Du völlig recht hast. Es wäre auf jeden Fall einfacher, wenn wir weiter weg wohnen würden. Aber meine Schwester, mein Bruder, meine Eltern und ich wohnen alle in einem kleinen 700-Seelen-Ort, von daher ist es recht schwer, sich rauszuhalten. Zumal meine Mama auch ständig bei meiner Schwester vor der Tür steht und/oder mit mir telefoniert. Ich komme mir schon vor wie ein Tonband oder in einer Gebetsmühle, da ich von vorneherein jeden Satz unseres Gesprächs kenne. Aber wenn ich dann merke, wie schlecht es ihr geht, bringe ich es nicht fertig, abzublocken und ihr zu sagen, dass sie selbst schauen soll, wie sie fertig wird, wenn sie keinen Rat annehmen bzw. umsetzen will. Bei meinem Papa fällt es mir derzeit schon etwas leichter, da hier oft einfach die Wut überwiegt. Besonders übel hab ich es ihm genommen, dass er letzten Monat bereits morgens um 9.30 Uhr stark angetrunken auf die Beerdigung von meiner Oma kam. Zum Glück randaliert er nicht oder wird agressiv - ist aber auch nur ein schwacher Trost. Aber manchmal wünsche ich mich weit weit weg... Vielen Dank für Deine Antwort. Alles Liebe Sabine

Hallo Caro,
ich geb zu: Ich weiß es nicht nur vom Prinzip her sondern ganz genau, kann es nur noch nicht wirklich umsetzen - zumindest was meine Mutter betrifft. Und was das krank werden oder Familienleben (ich habe einen Mann und 3 zoffende Wohnungskatzen) angeht: Es wirkt sich bereits aus. Mein Mann (Schichtarbeit, auch am Wochenende und feiertags) und ich sind beide ganztags berufstätig und haben aufgrund von seinen Schichten schon sehr wenig Zeit für uns. Und diese ist natürlich beladen mit Haushalt, dem Versuch, unsere 3 Zoff-Katzen im Zaum zu halten und natürlich von der Sorge um meine Eltern. Bei meiner Schwester sieht es ähnlich aus. Oft bin ich bereits nach dem Aufstehen so ausgepowert, das ich alles hinter mir lassen möchte. Diesem Forum habe ich mich auch nach langem Zögern erst angeschlossen, weil ich erkannt habe, dass meinen Eltern ihren Weg zwar kennen, aber auch selbst gehen müssen - ich kann das nicht für sie tun. Ich muß jetzt "nur noch": Sorgen, Schuldgefühle, schlechtes Gewissen .... ausblenden und MEINEN Weg gehen. Vielen Dank für Deine Hilfe. Alles Liebe Sabine

Hallo,
ich bin gerade wieder zu der Erkenntnis gekommen, dass ich die Tatsache begreifen muß: Mein Papa trinkt sich krank, zum Pflegefall oder tot! Am Montag wollte er plötzlich alleine in eine Gruppe der AA, die meine Mama schon seit geraumer Zeit nur noch ohne ihn besucht (weil ihn der Besuch so unter Druck setzt????) Er kam dann recht früh nach Hause, weil ihn angeblich ein anderer aus der Gruppe mit nach Hause genommen hat. Heute hat sich herausgestellt, dass er erst gar nicht dort war, sondern sich mal wieder Vorrat gekauft hat. Meiner Mama gegenüber tat er zerknirscht und hat den Cognac (angeblich das Einzige, was er gekauft hat) demonstrativ auf dem Tisch stehen lassen, so von wegen: Ihr habt ja recht, ich werden ihn nicht trinken. Nur das meine Mama später festgestellt hat, dass in der Flasche bereits gar kein Cognac mehr drinnen war sondern Tee oder ähnliches in der Farbe. Ich muß mich nun schon den ganzen Abend beherrschen, dass ich nicht wieder meine Mama anrufe, um sie zu trösten - ich bin mir sicher, dass sie jetzt wieder daheim sitzt und sich die Augen ausheult. Und schon meldet sich wieder mein schlechtes Gewissen, ob ich es als Tochter meiner Mutter nicht schuldig bin, sie aufzubauen ... Wie habt ihr es geschafft, Euch von Eurem Gewissen und Schuldgefühlen zu befreien? Mein Papa deutet auch immer wieder an, dass wir ohne ihn besser dran seien etc., trägt z.B. demonstrativ ein Teppichmesser mit sich rum, wenn es mal wieder zu Diskussionen wegen seiner Trinkerei kommt. Was, wenn er sich wirklich das Leben nimmt? Meine Mama mußte bereits einmal den Arzt holen, nachdem mein Papa Pflanzenschutzmittel getrunken hat (zumindest lt. seiner eigenen Aussage). Sabine

Hallo Caro,
ich bin leider nicht vorher dazu gekommen. Vielen Dank für Deine Worte Ab Montag habe ich 14 Tage Urlaub. Ich werde mich dann mal intensiver mit meinen Eltern, mir und dem Thema Alkohol beschäftigen und mir Gedanken über MEINEN weiteren Weg machen. Heute abend habe ich von meinem Hausarzt umgehend für morgen einen Termin beim Facharzt zum Ultraschall bekommen, um eine Venenthrombose auszuschließen. Wäre wohl besser vor Tagen schon zum Arzt gegangen, wenn nicht mein Chef, die Eltern und sonstiges mir wieder viiieeel wichtiger gewesen wären. Ich muß und WERDE es noch lernen, dass meine eigenen Bedürfnisse auch wichtig sind Gute Nacht und liebe Grüße Sabine

Hallo Caro,
hatte beim Doc leider kein Glück. Habe tatsächlich eine Thrombose in der Wade und bekomme Thrombosespritzen, Kompressionsstrumpf und vorerst für 3 Monate xxx Habe schon diverse Arzttermine aufgebrummt bekommen. Na ja, kann man nix machen.
Habe mich seit meiner letzten Mail nicht bei meinen Eltern gemeldet und weiß nicht, wie die momentane Situation ist. Danke für Deine lieben Wünsche und Dir auch ein schönes Wochenende Sabine

edit summerdream: bitte keine medikamente nennen - thx

Hallo Caro,
vielen Dank für Deine guten Wünsche. Ich habe vorhin auch wieder meine eigene Erfahrung mit meiner Mutter machen müssen. Ich hatte sie angerufen, um ihr zu sagen, dass ich heute abend nicht mit in die Kirche gehen kann (2. Sterbeamt für meine Oma), da ich eine Thrombose habe und momentan möglichst viel mein Bein hochlegen möchte. Sie hat zwar was in die Richtung gesagt: Ach, Du Arme, das ist ja gar nicht schön. Gute Besserung. Aber echte Besorgnis um die Tochter hört sich schon ein wenig anders an. Stattdessen hat sie mir völlig euphorisch mitgeteilt, dass Papa jetzt schon 3 Tage nix getrunken hätte (was bis jetzt in der Regel immer nur ihr eigener Eindruck war), dass sie sich zur Zeit super verstehen und 2 Wochen Urlaub gebucht haben (den sie in den letzten 14 Tagen schon 2 x buchen wollten und vor lauter Alkohol und Zoff wieder verworfen haben) und und und ... Sprich, nach 95 % von sich und Papa redend kam noch mal ein kurzes "Gutes Besserung dann" und das wars. Aber ich tröste mich mit der Erkenntnis: Vom 3. bis 17. Oktober habe ich sozusagen nochmals Urlaub: 14 TAGE OHNE MEINE ELTERN !!!! NIX HÖREN UND NIX SEHEN !!! GEIL !!! Hört sich gemein an, aber ich werde es genießen! Alles Liebe für Dich Sabine

Hallo Caro,
es geht so einigermaßen, danke für die Nachfrage. Urlaub sieht allerdings anders aus. War heute wieder beim Arzt und wir beginnen jetzt mit der Ursachenforschung und werden uns im "Urlaub" wohl häufiger sehen. Was meine Mama angeht: STIMMT!! Ich gehöre auch zu den Zuhörern und den ständig die anderen fragenden, ob es ihnen auch gut geht, den niemals "Nein"-sagen-Könnenden ... Heute bin ich meinen guten Vorsätzen schon wieder untreu geworden und hab meinem Arzt gesagt, dass ich keine Krankmeldung brauche, weil ich ja "Urlaub" habe. Mein Mann hat über soviel arbeitgeberfreundliche, gutmütige Dummheit nur den Kopf geschüttelt. Aber: Mein Schweinehund und ich kämpfen jetzt täglich miteinander. Ist nur eine Frage der Zeit, bis ich gewinne! Also liebe Caro: Vielen Dank für die guten Wünsche und pass gut auf Dich auf. Alles Liebe Sabine

Hallo Dani, darfst ruhig schütteln - vielleicht hilft es ja
Natürlich ist es kein Urlaub, wenn man zwischen Apotheke und Ärzten hin und her brummt. Und danken tut es einem auf der Arbeit auch keiner. Ich hab immer eine Hemmschwelle meinem Kollegen gegenüber. Der ist so eine Art "Springer" und vertritt praktisch jeden, der nicht da ist. Und wenn einer Urlaub hat und ein anderer krank wird, ist das Problem schon da und er muß praktisch 2 Leute zur gleichen Zeit ersetzen. Obwohl, wenn ich es recht überlege: MACH ICH SO SCH... PLANUNGEN?? NEIN!! MACHT DER CHEF!! Am Donnerstag hab ich wieder einen Termin beim Hausarzt - also knapp 3 Tage Zeit, mir selbst in den Hintern zu treten. Sage Dir am Donnerstag Bescheid, ob es geholfen hat
Das Thema "mich" bei meiner Mama anzusprechen, ist ziemlich zwecklos - mit und ohne Brief. Meine Schwester hat schon mehrfach (teilweise wirklich mit Nachdruck) versucht, klarzustellen, dass wir auch noch da sind, unser eigenes Leben und unsere eigenen Probleme etc. haben. Meine Mama sagt dann zwar: "Ihr habt ja recht", dreht sich aber rum und verhält sich so, als hätte nie ein Gespräch stattgefunden. Meine Eltern sind im "Normalfall" eigentlich herzensgut, aber inzwischen gibt es in ihrem Leben das Thema "Alkohol" und sonst GAR NIX!
Ja das Gefühl kenne ich: Mund fusselig oder Fransen an den Bart reden, wie in einer Gebetsmühle oder wie ein Tonband vorkommen...
Zum Glück habe ich eine ganz, ganz liebe Schwester. Wir haben schon gelästert, ob es auf "Eltern-Schütteln" oder "Erwürgen" in unserem Fall mildernde Umstände gibt
So, gehe mich jetzt selbst noch ein wenig schütteln und mir in den Hintern treten - irgendwann muß es ja mal schnackeln, sonst bin ich etzten Endes auch nicht anders als meine Eltern
Ganz liebe Grüße Sabine

Hallo Caro,
hab es immerhin schon geschafft, mich seit Samstag nicht bei meiner Mama zu melden und zu fragen, was los ist, obwohl ich von meiner Schwester weiß, das das "angebliche Glück" keine 2 Tage gehalten hat. (Meine Mama hat ihr mal wieder einen Besuch abgestattet, um ihr Leid zu klagen: Uuppss, Papa hat wieder getrunken - na welch ein Überraschung und sie ist ja ganz enttäuscht und deprimiert, haben doch gerade urlaub gebucht und blablabla...). Manche Menschen lernen es nie ... Und offensichtlich bin ich tatsächlich zumindest auf dem Weg in die richtige Richtung. Ich war nicht einmal überrascht, dass sie bis jetzt kein einziges Mal angerufen hat, um mal nach MIR zu fragen. In der Zeit hatte ich sonst schon 3 x bei ihr nachgefragt, ob ich was für sie tun kann. Mach ich diesmal aber nicht !!!!!!! Nein, und nochmals nein!! Da werde ich doch lieber mit meinem Mann (im Rahmen meiner gesundheitlichen Möglichkeiten) den Tag und das schöne Wetter geniessen. Bloß nit wieder rückfällig werden. Danke für Deine Nachricht und die Bestärkung. Paß auf Dich auf. Alles Liebe Sabine