Austausch in der Familie

  • Hallo an alle,

    bitte antwortet mir doch auf meine Fragen. Oder sind sie zu intim? Mir wäre es sehr wichtig, mal zu lesen, wie die Familiensituation aus Eurer Sicht ausschaut.

    Wie seid Ihr denn mit Eurer Familie im Austausch? Mich würde sehr interessieren, wie der Co-Partner und die Kinder zum Thema Alkohol und zu Euch
    stehen?

    LG,
    Lavandula

  • Hallo Karsten,

    dank Dir für Deine offene Antwort.
    Da die Krankheit in unserer Familie (wahrscheinlich auf beiden Seiten) schon seit 2 Generationen besteht und alles so sehr verharmlost und unter den Teppich gekehrt wurde, war ich oft verunsichert.
    Sicher ist jedenfalls, dass sich die Eltern für ihren Weg entschieden und sich auch vor 17 Jahren getrennt haben, den ich nicht mit ihnen gehen wollte.
    Manchmal habe ich mir den Mut der beiden gewünscht, zu dem zu stehen, was sie tun in ihrem Leben.
    Scheint eine grundsätzliche schwierige Frage für die beiden zu sein.
    Und das miteinander Reden gab es auch nicht bei uns. Traurig, aber ich konnte sie nicht dazu bewegen. Hatte alles versucht.

    Was sagen denn Eure Kinder zu Euch?

    LG,
    Lavandula

  • hallo Lavandula

    ich versuche, mich möglichst kurz zu halten.

    auch ich stamme aus einer vorbelasteten Familie beiderseits. Alkoholiker, sind die: Penner, die nicht arbeiten wollen...ect.

    aber doch nicht WIR, ich bitte dich, nein. Das Thema wird so gut es geht vergraben, nicht unter den Teppich gekehrt, da wäre es zu leicht erreichbar. :? )

    Meine Eltern sind sozusagen Kriegskinder, die haben viel durch, Sucht lässt sich nicht nach Intellekt einordnen. So kommt halt eins zum Anderen und Kinder werden leider häufig zu dem, was sie vorgelebt kriegen.

    Ich hatte es hier schon erwähnt, aber leider lesen wohl nur Wenige meine Beiträge, ich bin ein gebrantes Kind, nur leider unverschont geblieben.

    Meine Eltern, heut um die 70; ich habe 3 Brüder, einer hat die Kurve nie gekriegt, 2 super intelligent; der eine 10 Jahre trocken der Andere ein gutes Jahr.

    Mit meine Eltern kann ich da nicht wirklich drüber reden, zu dem Ältesten hab ich keinen Kontakt, die Anderen beiden waren natürlich meine Stützpfeiler und sind großer Vorbilder, beide haben sehr viel aus ihrem Leben gemacht und ich kann sie jederzeit anrufen.

    Die Familie meines Mannes: tja , da lass ich es lieber. Die trinken auch gern Einen, aber mit solchen Sachen würde ich, meine eh schon schlechten Stand noch verschlechtern.

    Obwohl............ der Opa meines Mannes auch Alki war, aber das stimmt natürlich nicht, davon will keiner was wissen.

    Ich tausche mich gern mit anderen Menschen aus, sowie Involvierten als auch Nichtbetroffenen, aber familieär.... :?: Mein Mann, mein Sohn, meine beiden Brüder...das wars.

    LG rose

  • Liebe Rose,

    danke für Deinen Beitrag. Die Umfeldsituation Deiner Eltern stimmt in etwa auch mit der meiner Eltern überein, sie sind etwas jünger, Nachkriegskinder. Dann hatten sie ebenfalls selbst teils schlechte Vorbilder. Ich hatte oft den Eindruck, sie haben sich irgendwie von Druck von außen verformen lassen. Hatten zwar gute Vorsätze, sind aber irgendwann völlig frustriert gewesen. Die Ehe war nicht gut, geschweige denn liebevoll. Sie redeten m.E. wenig miteinander. Zuhause war immer dicke Luft, miese Stimmung. Ich habe sie - übrigens bis heute - nicht verstanden. Ich finde, es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Aber gut, sie haben sich so entschieden und ich habe mit gelitten.

    Zitat von rose71

    Ich hatte es hier schon erwähnt, aber leider lesen wohl nur Wenige meine Beiträge, ich bin ein gebrantes Kind, nur leider unverschont geblieben.

    Was meinst Du genau mit dem gebrannten Kind, das unverschont ist? Ich glaube übrigens nicht, dass Wenige Deine Beiträge lesen.

    Dass Du mit so vielen aus Deiner Familie reden kannst, finde ich klasse. Bei meinen weiteren Verwandten wird das Thema nach wie vor totgeschwiegen oder umgangen, jedoch rede ich ausführlich mit meiner Schwester, zu der ich ein sehr enges und vertrautes Verhältnis habe.

    Wie sieht Dein Mann das Thema?

    LG,
    Lavandula

  • Hallo,

    als Süchtiger ist mir klar, dass ein Nichtbetroffener, ob nun Familie, Freunde oder Bekannte, niemals die gesamte Dimension meiner Krankheit nachvollziehen, geschweige denn verstehen, kann. Es ist schon schwer genug einen anderen Süchtigen zu verstehen, z. B. in der SHG. Dort können wir uns in anderen entdecken, gemeinsame und unterschiedliche Erfahrungen austauschen. Dadurch helfen wir uns selbst und anderen Alkoholikern.
    Der Austausch mit praktizierenden Süchtigen, die ihre Krankheit nicht erkennen wollen, ist sinnlos. Im Gegenteil, es gibt da immer Tendenzen, versteckt und vielleicht auch unterbewusst, uns wieder in die Gemeinde zurück zu holen. Die Gründe dafür sind vielfältig.
    Dies betrifft für mich auch die Familie.

    Schönen Tag noch

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Ich (die Co) und mein Partner gehen offen damit um! Er bot mir an, mich in einer Angehörigen- Gruppe auszutauschen. Daraus sind dann auch Einzelgespräche für mich entstanden. Und es tut uns gut eine Begleitung zu haben.
    Meine Jungs (18 und 21< heute!) sind nach fast 1 Jahr des gemeinsamen wohnens von dem Menschen begeistert und erkennen die Sucht als Krankheit. Wenn fragen aufkommen, oder auch mein Partner einfach mal reden will, dann können wir das in Familie tun. Offenheit ist wichtig, das tut uns allen gut!

    LG Silke

    Hoffnung ist die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht.

  • Hallo ihr Lieben,

    ich selber finde es klasse, wenn es möglich ist innerhalb der Familie und seinem sozialen Umfeld beurteilungsfreie Gespräche führen zu können.

    Ich selbst habe diesbezüglich einen Einblick in die Problematik aus anderer Sicht.
    Ich denke ich bin "sekundär" Alkoholiker, da in meiner Biografie mir verschwiegen wurde, daß ich ein Kuckukskind bin. Ich habe dies zwar unbewusst gespürt, aber gesagt hat es niemand, obwohl es die meissten wussten. Ich habe dies vor ein paar JAhren erkannt.

    Ich sehe hier eine gleiches Wesen der Problematik.
    Ich empfinde eine mangelnde Anteilnahme meines Umfeldes an meiner Situation
    Ich fühle mich immer ein bisschen in der Opfer.- und Täterrolle gleichzeitg.

    Ich denke es ist einfach diese mangelnde Anteilnahme, wenn keiner mit dir darüber reden will hat es etwas von "anders" sein, von nicht ernst genommen, etwas abwertendes, minderwertiges...
    Erst der, welcher in meiner Gefühlswelt und Lage ist, kann sich auch auf mich einstellen und Anteil nehmen...

    Ich will sagen, in meinem "primär" Problem sagt und sagte meine Mutter immer wieder "ich weiss es nicht", sie scheut immens sich selbst einzugestehen, daß sie einen Fehler gemacht hat.

    Nun Sie erkennt aber nicht, daß die Offenlegung und das Gespräch der Lösungsweg ist. Sie quält sich lieber ihr Leben lang rum. Sie will der Tatsache nicht ins Auge sehen und belügt sich selber.

    Genauso denke ich ist es mit uns Alkoholikern, wir haben für uns erkannt, daß Alkohol selbst kein Problem ist, nur im Zusammenhang mit uns entsteht. Nur ich kann handeln und Verhaltensänderungen für mich beschließen und einhalten.
    Die anderen, die es noch nicht kapiert haben und noch immer keinen klaren Blick auf die Dinge haben, werden ihr Verhalten nicht ändern. Ich denke, ich kann nur als gutes Vorbild dienen, mehr nicht.

    Alle anderen, die Menschen in Ihrem Umfeld haben welche offene und ehrliche Anteilnahme zeigen und auch in Gesprächen von sich selbst etwas geben, können sich glücklich schätzen.

    Ich denke die Erziehung zu Mitgefühl und Anteilnahme und somit auch zur Erkenntnis, daß ich selbst nicht unfehlbar bin, geschicht durch das Leben. Ich muß nur genau hinschauen.

    OPA

  • Hallo ihr alle,

    danke für Eure Antworten. Ja, ich glaube auch, Hans, dass ich diese Krankheit nicht komplett verstehen kann. Obwohl mir doch als EKA einiges an Verhaltensweisen sehr bekannt vorkommt, da ich ja in das Familiensystem hinein geboren wurde.
    Manchmal plagt mich tatsächlich das schlechte Gewissen, die alkoholkranke, uneinsichtige Mutter 'verlassen' zu haben... Ja, das gehört zum Ablösungsprozess dazu.

    Ich habe schon oft gadacht, es ist eine bessere Art des Umgangs miteinander, das Gespräch - auch über unangenehme Dinge - zu suchen. Gerade in der Familie. Aber gerade mit den Eltern konnte ich über gar nichts, was mich belastete, reden. Immer war etwas anderes wichtiger uns sie sagten zu mir: ich weiss gar nicht, was Du willst, Dir geht's doch gut, ich hatte es viel schlechter als ich so alt war wie Du. Sicher stimmte das in Teilen, aber ich hatte dann in diesen Momenten das Gefühl, das sie dies als Generalausrede benutzten, um mich einfach abzubügeln.

    Es tut jedenfalls gut, diesen Austausch hier im Forum zu haben - ohne schlechtes Gewissen, was ich denn heute wieder verbrochen habe meinen Eltern gegenüber.

    In einer SHG für Angehörige (ich war das einzige EKA) kamen alle anderen gar nicht vom Fleck wie ich fand. Sie blieben einfach dort wo sie waren. Muss man nicht auch gehen können, wenn einem das Leiden zu viel wird?? Ich finde unbedingt!

    LG,
    Lavandula

  • Hallo Lavandula!
    In meiner Familie gehen wir sehr offen mit meiner Sucht.
    Meine Frau hat mich bedrängt etwas gegen mein Alkoholproblem, zu machen.
    Sie war bei der Therapie eingebunden und hat mich sehr unterstützt. Bei meiner Entwöhnungstherapie, in der Salusklinik, hatten meine Frau ich und unsere Söhne, ein Familiengespräch, mit meinen Therapeuten. Es wurde offen über meine Erkrankung gesprochen.
    Alkohol gibt es zu Hause kaum noch. Meine Frau bespricht mit mir, ob es mir Recht ist wenn sie mal etwas trinken willst. Der Jüngere Sohn trinkt mit 19 Jahren keinen Alkohol und der Ältere trinkt in meiner nähe auch keinen Alkohol. In meiner weiteren Umgebung wissen die meisten Menschen über meine Sucht bescheid. Ich fahre sehr gut damit das ich über meine Krankheit rede.

    Alles Gute und viel Kraft, Wolfgang!

  • glück auf

    Zitat von kossi

    Meine Frau bespricht mit mir, ob es mir Recht ist wenn sie mal etwas trinken will

    :roll: bin nich neugierig :arrow: wills nur genau wissen :wink: wars dir schon mal nich recht :?: (wenn ja warum?)

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Kossi,

    das ist interessant, wie Du das beschreibst. Meiner Meinung nach ist das auch der einzige Weg, wie eine Familie mit der Krankheit umgehen sollte.
    Bei uns wurde es leider, wie gesagt, totgeschwiegen bzw. meine Alk.Mutter hat es bis heute nicht einzusehen vermocht, dass es mit Alk nicht weiter geht. Es ist sehr schmerzhaft, die Mutter an den Alkohol zu verlieren - aber das ist so seit ich denken kann.
    Ein Wunder eigentlich, dass wir ein nach aussen perfektes Einfamilienhausleben zu viert gelebt haben - aber innen eben alles eher verrottet.
    Haufen von Lügen und Tretminen jeden Tag - die Stimmung der Alk.Mutter hat mein Leben in jedem Fall sehr beeinflusst...
    Bin froh, dass diese Zeiten entgültig vorbei sind.
    Leider hat sie sich immer weiter vergiftet und wurde immer nur giftiger, logisch irgendwie.
    Vor mehr als zwei Jahren hab ich ihr entgültig eine Absage erteilt. Falls sie aufhören und bereuen sollte, kann sie sich wieder melden.

    LG,
    Lavandula

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