Gefahr von Rückfällen

  • Ihr Lieben,

    als neue Teilnehmerin möchte ich mir ein wenig von meinem Schmerz und meiner Hilflosigkeit von der Seele schreiben.

    Ich habe mich nach einem 4jährigen Verhältnis zu einem bindungsgestörten und hochintelligenten Mann nach etlichen Kämpfen, einem Meer von Tränen und zerschellten Träumen von der Idee einer gemeinsamen Zukunft gelöst. Die Sexsucht meines Ex-Partners war nicht mehr zu übersehen und gewann immer mehr die Oberhand, sowohl über ihn, als auch über mich. Sie kontrollierte unsere gesamte Beziehung.

    Heute erst ist mir bewusst, dass mein Kampf um die Liebe meines Partners vollkommen aussichtslos war, aber ich stieg in den Ring, ich wollte stark sein für ihn, ich wollte an diesen schönen und romantischen Traum glauben, der schließlich zerschellte wie eine dünnhäutige Muschel an einer Felsklippe.

    Natürlich war es meinem Drang zur "Hilfeleistung" zuzuschreiben, dass ich überhaupt an ihm hängenblieb. Ich dachte, ein Mann, der so viel Potenzial in sich trägt, der kann doch nicht Opfer einer so "niederen" Sucht werden; ein Mann, der anderen ein Mentor, ein Vorbild sein sollte, ein Wissenschaftler, zur Morallosigkeit verkommen. Ich habe es lange Zeit verleugnet. Ich wollte nicht wahrhaben, nicht hinschauen, was da passiert mit ihm, mit mir.
    Ich wollte ihm irgendwann nur noch gefallen, ihn halten, bloss nicht verlieren, und verlor mich selbst um so mehr, zahlte den Preis in Form von Erniedrigung, Demütigung und Hörigkeit.
    Menschen, die mich oberflächlich kennen, würden jetzt kopfschüttelnd vor mir stehen, mir keinen Glauben schenken: eine toughe, im Leben stehende Frau, beruflich selbständig, gewohnt zu leiten, zu coachen, in die Seele anderer zu schauen, deren Probleme zu lösen.

    Aber meine eigenen? An denen scheitere ich selbst. Nach einer Trennung 2008 ging es mit mir körperlich und psychisch bergab, ich nahm 13 kilo ab (bis auf 45 Kilo runter), erlitt einen Bandscheibenvorfall, erholte mich nur langsam. Nach einem Jahr ging ich zu meinem "Suchtmittel" zurück, ließ mich wieder belügen, betrügen, musste mit ansehen, wie die Sucht nach Frauen, nach Sex, die Gier nach Anerkennung, Bestätigung, der Triumph der Eroberung ihn immer gleichgültiger für mich machten.

    Nach einem Chrash vor zwei Monaten kündigte ich ihm die Freundschaft, bzw. die Beziehung, die er im nachhinein sogar relativierte.
    Ich bezeichnete ihn (nachdem ich feststellte, dass er seit Monaten wieder in Seitensprung.de, Affäre.com, Frienscout und wie sie alle heißen, aktiv war) als verlogenes Schwein (was für mich nicht üblich ist.). Dieser Mann hat mich so spürbar an meine Grenzen gebracht, dass ich mir selbst in meinen Reaktionen fremd geworden bin, er mich zu Handlungen provoziert, die eigentlich nicht typisch für mich sind.
    Und ich gebe mir die Schuld. Ich schäme mich für meinen verbalen Ausfall. Manchen Abend sitze ich wie jetzt hier allein vor dem Computer, wünsche ihn mir zurück, so wie es mal war vor langer Zeit, kann alles nicht glauben, bin unendlich traurig, denke an ihn, vermisse ihn - und weiß, dass sein Bett schon längst wieder mit einer anderen besetzt ist.
    Bin ich eine Masochistin? Bin ich krank? Verrückt?

    Was ich weiß ist, dass er mich dort zu Packen bekommen hat, wo ich ohnehin instabil bin: an meinem Selbstwert. Ich hatte ihn mir mühselig aufgebaut in den Jahren zuvor, konnte ihm viel von meiner Stärke, meiner Zuversicht, meinem Mut geben als ich ihn kennenlernte. Viel zu spät erkannte ich, dass er mir nach und nach meine Kraft raubte, während die seine immer mehr zunahm.

    Ich stehe wieder kurz vor einem Rückfall - und will nicht, will nicht schon wieder fallen, will nicht schon wieder meiner Selbstachtung beraubt werden. Warum kann ich ihn innerlich nicht zum Teufel jagen? Warum sehnt ich mich nach einem Peiniger, nach einem Menschen, der mich zerstört - nicht, weil er so ein schlechter Mensch ist, sondern weil die Sucht ihn beherrscht, ihn kontrolliert und damit alles weitere in einem Umfeld.

    Traurg.
    Ich hoffe, ich habe euch nicht gelangweilt.

  • Ich war vor meiner jetzigen Beziehung auch mit einem Mann zusammen,wo ich versuchte die Verantwortung für ihn zu übernehmen.Er war herzensgut aber labil.Er bemühte sich nicht mehr um Arbeit oder hatte diese nur kurz,wurde krank und kümmerte sich nicht mehr richtig.Nach 5 1/2 Jahren war schlu´ß.Dann kam mein jetziger der trinkende Mann.Ich verstand die Welt nicht mehr.Ich begab mich zu einer Therapeutin weil ich Angst hatte abzustürzen.Sie schaffte es letzteendlich ,nachdem ich jedesmal jammerte wenn er gesoffen hatte,mich zu Al-Anon zu begeben.Erst allmählich kam ich dahinter ,hinter meine eigene Coabhängigkeit.Ich las viel ,besuchte die Meetings(auch jetzt noch).Jeder muß für sichselbst die Wurzeln und die Ursachen der eignen Coabhängigkeit herausfinden.Den Mut haben dort dann hinzuschauen,sich dann Ziele zu setzen.......Ich will mich trennen bin aber noch nicht soweit,versuche aber etwas für mich zu tun.Verantwortung für mich selbst zu übernehmen.Ich muß etwas tun damit es mir gut geht,nicht der andere.Ich habe die Verantwortung dafür das es mir gut geht.Dafür zu sorgen das ich das habe was mir gut tut. Wenn man da nix ändert dann kommt man immer wieder an Männer die einem nicht gut tun.Das nicht loslassen können steht für mich für eine Angst die in mir ist und die ich mit der Sucht Mann zu übertünchen versuche!!!Deswegen hat man das Gefühl man braucht diesen Mann immer wieder.Aber brauchen wir eigentlich nicht uns Selbst????Haben wir nicht die Beziehung und die Libe zu uns selbst verloren???Sind wir gut zu uns?Lieben wir uns selbst??

  • Hallo Besucherin,

    herzlich Willkommen hier im Forum.
    Also, wenn ich dich richtig verstehe, dann fühlst du dich Co-Abhängig.
    Deine große Liebe ist süchtig nach S**, also nicht unbedingt Alkoholkrank.

    Bei der Co-Abhängigkeit ist das besondere Merkmal, daß man dem anderen helfen will oder glaubt, helfen zu müssen und werden so in eine dramatische Situation hineingezogen, ob wir das wollen oder nicht.

    Wenn jemand zuviel trinkt, dann löst das beim Gegenüber sehr negative Gefühle aus, Angst, Wut, Ärger, Hass etc.
    Und bemühen wir uns auch, immer ein noch besserer Partner zu werden,
    die Sucht bleibt immer stärker als wir.

    Aber was steckt hinter der Co-Abhängigkeit? Die Abhängigkeit zum Partner wird ja erst durch die Sucht aktiviert.
    Der Alkoholiker hat Probleme mit dem Alkohol.
    Welche Probleme haben wir?
    Leiden wir vlt. schon seit Kindheit - an einer z.B. abhängigen Persönlichkeitsstörung, die uns geradezu prädestiniert zum typischen Co-Verhalten.
    Was müssen wir tun, für uns, wie kommt man da raus :?::idea:

    Das sind die Fragen, an denen ich arbeite. Es ist genug Demütigendes passiert, daß es so nicht weitergehen darf.
    Gehe deinen Verstrickungen auf den Grund, die dich in das suchtkranke Desaster hinein manövriert haben.
    Werden wir zu dem, wie wir wirklich sein wollen.

    Liebe Grüße, Kraft und Vertrauen
    wünscht dir Emma

  • Hallo Besucherin,
    auch von mir ein herzliches Willkommen. deine Geschichte geht mir unter die Haut, da gewisse ähnlichkeiten bei mir sind. Ich denke an dich und wünsche dir viel Kraft, daß du alles schaffst, und nicht umfällst.
    Lieben Gruß
    Nancy

  • Liebe Emma,

    danke für dein Schreiben und deine aufmunternden Worte.
    Es widerstrebt mir zwar, meinen Text mit diesem Hinweis zu beginnnen, aber ich glaube, dir ist durchgerutscht, dass ich mich bereits in der Vorstellungsrunde outete - und zwar als Coabhängige, die das nicht nur so fühlt, sondern es definitiv von sich weiß. Das ist aber auch kein Beinbruch, bitte nicht falsch verstehen.

    Also: Ich bin coabhängig; langjährige Beziehung mit einem alkoholkranken Partner; dependente Persönlichkeit wurde bei mir festgestellt vor 13 Jahren; anschließend Therapie, Selbsterfahrung.

    Mein letzter Partner war kein Alkoholiker (sondern sexsüchtig) wie du bemerktest, aber die Wirkweisen einer Suchterkrankung sind sehr ähnlich, ebenso die Ursachen und Hintergründe, sonst wäre eine Suchtverlagerung auch kaum möglich.

    Zitat

    Bei der Co-Abhängigkeit ist das besondere Merkmal, daß man dem anderen helfen will oder glaubt, helfen zu müssen und werden so in eine dramatische Situation hineingezogen, ob wir das wollen oder nicht.


    Ja, das Helfen Wollen ist eines der der vielfältigen Merkmale von Coabhängigkeit, aber eben nur eine Facette davon.

    Zitat

    Wenn jemand zuviel trinkt, dann löst das beim Gegenüber sehr negative Gefühle aus, Angst, Wut, Ärger, Hass etc.
    Und bemühen wir uns auch, immer ein noch besserer Partner zu werden,
    die Sucht bleibt immer stärker als wir.

    ja, und genauer gesagt, versuchen wir unseren Partner zu kontrollieren, damit unsere negativen Emotionen kontrollierbar bleiben - denken wir! Dummerweise funktioniert es nicht... Ich wollte ein immer besserer Partner werden, nicht um den Emotionen zu entgegen, sondern weil mich das erstens aufgewertet hat und zweitens ich meiner Verlustangst entgehen wollte. Mein suchtkranker Partner sollte mich "brauchen", dabei brauchte ich ihn ebenso, meine Suchtstrukturen greifen in die seinen.

    Zitat

    Aber was steckt hinter der Co-Abhängigkeit? Die Abhängigkeit zum Partner wird ja erst durch die Sucht aktiviert.

    Das stimmt für mich nicht so ganz; ich falle auch bei nicht-süchtigen Partnern in coabhängiges Verhalten; habe unbewusste "Verschmelzungstendenzen" , Kontrollverhalten (auch bei guten Freunden oder meinen Kindern) nur dass eben sehr häufig meine Partner Süchte entwickelt hatten aufgrund ihrer persönlichkeitsbedingten Defizite.

    Zitat

    Der Alkoholiker hat Probleme mit dem Alkohol.
    Welche Probleme haben wir?

    Ich denke, dass wir ähnlich fehlende "Substanz" haben wie unsere suchtkranken Partner- unsere Ich-Anteile sind nicht ausreichend entwickelt, wir haben oftmals in der Kindheit gelernt, nicht zu fühlen, es allen Recht zu machen, "brav" zu sein, eigene Bedürfnisse schon sehr früh zurückzustellen. Wir teilen das gleiche Problem mit unseren Partnern.

    Zitat

    Was müssen wir tun, für uns, wie kommt man da raus :?:

    ja, das ist der Weisheit letzter Schluss. Als ich vor 12 Jahren bei der Alanon war, sagte mir eine alte, sehr weise Dame: "Mädchen, deine Coabhängigkeit behältst du dein Leben lang. Aber du musst lernen, dich an die erste Stelle zu setzen."

    Ich habe genau dies immer wieder versucht, mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg, wobei die Phasen des Neben-Sich-Stehens immer kürzer werden.
    Im Moment spüre ich wieder meine Schwäche und das ist auch irgendwo gut so, denn ich bin nicht immer stark (gestatte mir aber diese Schwäche nicht gerne). Immerhin bin ich soweit, dass ich zugebe: "Ja, ich brauche jetzt Hilfe, ich brauche Gespräch, ich brauche jemanden, der sagt: "Traue deiner Wahrnehmung", weil genau die durch meinen Partner verunsichert wurde.

    Ich weiß heute, dass der Weg das Ziel ist und der Weg ist verdammt weit und steinig.

    Alles Liebe von der Besucherin

  • Zitat von Besucherin

    ...bindungsgestörten und hochintelligenten Mann

    Hallo Besucherin,

    noch ein herzliches Willkommen hier im Forum.

    Das Tolle ist doch, dass da immer Zweizu gehören.
    Wo sind da denn Deine Anteile?

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • um an die "kaltblütige" Äußerung von eben anzuschließen:

    Zitat von kaltblut


    Das Tolle ist doch, dass da immer Zweizu gehören.
    Wo sind da denn Deine Anteile?
    LG Kaltblut

    Meine Anteile sind die Coabhängigkeit, eine gleichfalls, doch subtil zutage tretende Bindungsangst in Form passiven Vermeidens (=Verlustangst) und ein durchaus ausbaufähiger IQ ! :lol:

    Nichts für ungut, liebes Kaltblut
    Alles Liebe von
    Besucherin

  • Nein, Provokation liegt mir fern - Ihr dürft mich ruhig angehen!

    Daher danke für eure lieben und auch kontroversen Antworten, ich kann damit umgehen.

    Aber mal ernsthaft: wie Kaltblut fragte: Wo liegen meine Anteile?

    Ich sehe schon einen kausalen Zusammenhang in meiner bestehenden Selbstwertproblematik und der Indentifikation über den Partner (LEIDER).

    Mir ist klar, dass er mich idealisiert hat und ich habe mich ungemein aufgewertet gefühlt (ist aber unbewusst geschehen). Ich habe ihn sehr bewundert um sein Wissen, sein Können; er bildete intellektuell eine gute Ergänzung zu meinen Fähigkeiten, das hat mich fasziniert, wir waren schon in so mancher Hinsicht ein tolles Team - nicht nur in der Horizontalen. Aber das ist eben nur ein Aspekt, eine Seite der Medaille, gewesen. Der andere war die Sucht und die implizierte Abwertung, die von seiner Seite erfolgte und mich destabilisierte. Er manipulierte mich und ich ließ mich zum Opfer seiner Manipulationen machen - zum Teil durchblickte ich sie sogar und war regelrecht hypnotisiert.

    Ich arbeite schon sehr lange an meinem Selbstwert und wie gesagt, er schwankt bis heute, mal mehr, mal weniger.
    Gelernt habe ich, nicht mehr perfekt sein zu müssen, vor allem beruflich, aber auf der persönlichen Ebene war es ähnlich. Ich wollte die beste Geliebte sein, die tolle Freundin, die beste Vertraúte, unersetzbar und unerreicht (und irrwitzigerweise hat er mir genau das Gegenteil demonstriert). Ich habe wirklich ALLES gegeben. Heute schäme ich mich dafür, denn ich war bereit, dafür den Preis der Selbstverleugnung zu bezahlen. Ich dachte, ich liebte, aber ich habe vieles aus Angst zugelassen, aus Angst ihn zu verlieren, zu versagen, "nicht gut genug" zu sein.

    Bringen wir es auf den Punkt: Es sind meine eigenen narzisstischen Anteile gewesen, vermute ich, die mich taub haben werden lassen für diese leise Stimme in mir, die da flüsterte: "Du hast so eine Behandlung nicht verdient, dreh dich um geh, suche dir jemanden, der dich wertschätzt".
    Und irgendwo war und ist da eine gleichfalls schwache Stimme, die sagt: "Aber ich liebe ihn doch" - und dieses Gefühl existiert, auch
    wenn es nur Abhängigkeit sein sollte.

    Ich kenne meine Anteile doch recht gut, glaube ich.

    Liebe Grüße von der Besucherin

  • Hallo Besucherin,

    ein bißchen kann ich Dich verstehen und Drücke Dir die Daumen, dass Du Deinen Glauben nicht verlierst.

    Meine Coabhängigkeit, ich bin dankbar dass ich darauf stoßen durfte, auch dass ich sie habe, denn sie begleitet und schützt mich heute, ist nur ein gut klingendes Pseudonym für meine geistige und emotionale Behinderung.

    Wenn Du nach so vielen Lehrjahren wieder in einem geistigen Misthaufen sitzt, könntest Du eventuell da anfangen, wo Du vergessen hast ganz einfach das zu tun, was Du schon lange weißt.

    Das Tolle ist doch, dass viele glauben nur weil die Vögel wieder lustig zwitschern, die Tauben nicht mehr auf den Kopf pupsen und vielleicht noch mit einem liebenswerten Wesen geturtelt wird, dass alles schön ist, der ganze Krempel Schnee von gestern wird, der morgen weg taut.

    Die Frage ist doch nicht wie was definiert wird, ob das als Coabhängigkeit, Helfersyndrom, Liebesbedürfnis oder Hypnoseanwendung bezeichnet wird, das bleiben tolle Symptome, die keine Ursachen sind, sondern warum Du den Punkt kennst und unfähig bist den Besen zu schwingen.

    Das ist jetzt auch nicht provokant gemeint, Du darfst Dich ruhig angehen, hier sogar schriftlich.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Kaltblütiger - soll ich dein Blut mal zum Kochen bringen? :wink:

    Jetzt ist mein ganzer Text weg - dabei habe ich mir solche Mühe gegeben!
    Aber ich schreib dir morgen nochmal.

    Danke für deinen Beitrag.

    Gute Nacht.

  • "Du hast so eine Behandlung nicht verdient, dreh dich um geh, suche dir jemanden, der dich wertschätzt".
    [/quote]

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Liebe Martha,

    in Allem, was du schreibst, was dich bewegt, erinnerst du mich an eine "Seelenschwester".

    Zitat

    Es gibt tausende von Menschen, die wertschätzend miteinander umgehen und ich suche mir einen Menschen aus, der es aus seiner inneren Struktur heraus nicht kann, mir diese Wertschätzung zu geben, die mir wichtig ist. Doch genau von diesem Menschen möchte ich Wertschätzung... es ist wie eine Sucht - nur wenn der sie mir gibt, bin ich zufrieden....

    Auch ich arbeite schon lange an dem zugrunde liegenden Muster in mir, die Überanpassung, die sich im Kindheitsalter manifestierte, als Tochter einer narzisstisch-ambivalenten Mutter und eines unerreichbaren Vaters, um dessen Anerkennung ich mich ein Leben lang mühte, ohne sie jemals zu gewinnen.

    Und so reinszeniere ich mein Kindheitstraumata scheinbar aufs Neue bis zum heutigen Tage, ein perpetuum mobile des Schmerzes, ohne rechtzeitig die Indikatoren zu erkennen, die mir Anlass zum frühzeitigen Rückzug geben müssten.

    Das Einzige, was ich sagen kann ist, dass ich heute schneller heile und schneller wieder aufstehe.
    Die Wurzeln liegen ebenso wie bei dir sehr tief. Therapie und Selbsterfahrung haben Einiges gebracht, aber eben nicht den endgültigen Heilerfolg, obwohl sich in meinem Leben Vieles zum Guten entwickelt hat und ich maßgebliche Mechanismen der Coabhängigkeit aufgegeben und gesündere Verhaltensmodifikationen integriert habe, die mein Lebensumfeld insgesamt recht harmonisch erscheinen lassen.

    Auf der persönlichen Ebene ist Stabilität in mein Leben eingekehrt, aber meine Partnerwahl ... :roll: ... eine unausgesproche Einladung für Missbrauch?

    Verdammt, ich will das nicht mehr.

    Eure Besucherin

  • Hallo Kaltblut, hier ist Vollblut, :wink: (ich gebe ja zu, dass dein Nick bei mir Fragen aufwirft, ist aber nicht böse gemeint...).

    Zunächt bewundere ich dich sehr um deine heutige persönliche Bilanzierung, du seiest dankbar für deine Coabhängigkeit, sie schütze dich heute sogar. Ich gebe zu, diesen Grad der Reife noch lange nicht erreicht zu haben - ich könnte meine Coabhängigkeit eine gewichtige Runde übers Knie legen und anschließend auf nimmer Wiedersehen zum Mond schießen. Wer wäre ich wohl ohne sie?

    Zitat

    Wenn Du nach so vielen Lehrjahren wieder in einem geistigen Misthaufen sitzt, könntest Du eventuell da anfangen, wo Du vergessen hast ganz einfach das zu tun, was Du schon lange weißt.

    Das hast du sehr schön formuliert, doch ich befürchte, ich weiß gar nicht genau, wann ich "angefangen habe aufzuhören" :shock: (im Wahrsten Sinne des Wortes).
    Ich rutsche in die Verschmelzung, wenn das Gefühl der Liebe in mir entsteht, ich spüre es nicht, wie meine Identität langsam verschwindet, der Prozess ist ein fließender und zutiefst unbewusster. Ich suche mir Partner, die komplementär verschmelzen - dass diese Kollusion nicht gutgeht, steht außer Frage, aber dann ist es bereits zu spät für mich, ich kann den Mechanismus nicht mehr unterbrechen.

    Ich kann ihn bewusst verzögern, in dem ich höllisch auf meine Empfindungen aufpasse, mir suggeriere, bei mir zu bleiben, aber das Ganze kippt, wenn ich Bedürfnisse anmelde, die mir der andere verweigert und mir anschließend seine Liebe entzieht, um seine eigenen durchzusetzten. Dann beginnt der innere Amoklauf und ich leide und vergesse mich immer mehr.

    Zitat

    Das Tolle ist doch, dass viele glauben nur weil die Vögel wieder lustig zwitschern, die Tauben nicht mehr auf den Kopf pupsen und vielleicht noch mit einem liebenswerten Wesen geturtelt wird, dass alles schön ist, der ganze Krempel Schnee von gestern wird, der morgen weg taut.

    "der ganze Krempel Schnee von gestern wird"
    Ich gehöre nicht zu dem Typus Mensch, den du da beschreibst. Ich weiß, dass dieser "ganze Krempel" niemals Schnee von gestern werden wird und so baut sich unbewusst bei mir die Angst auf, wieder in ein Desaster interpersoneller Schmach zu geraten. Die Furcht ist so groß, dass ich mittlerweile selbst Bindungsangst verspüre, Angst vor der Nähe habe, die die Verschmelzung auslöst.

    Zitat

    Die Frage ist doch nicht wie was definiert wird, ob das als Coabhängigkeit, Helfersyndrom, Liebesbedürfnis oder Hypnoseanwendung bezeichnet wird, das bleiben tolle Symptome, die keine Ursachen sind, sondern warum Du den Punkt kennst und unfähig bist den Besen zu schwingen.

    ...ja, ich bin unfähig, den Besen zu schwingen, immer noch. Vielleicht verstehst du jetzt ein wenig besser, warum mir das "Reinemachen" so schwer fällt.?

    Liebe Grüße von der Besucherin

  • Hallo Besucherin,

    für mich ist es kein Wunder mehr, dass ich eines Tages meine Frau dafür dankbar würde, dass sie gesoffen hatte, meinen Infarkt bekam und was da alles an Tauwasser Überschwemmungen verursachte.

    Jeder Hass, alles Verdrängte, alles was auf dem Mond landete, kam ungebremst zu mir zurück, genauso wie mit jedem Verzicht, jeder Pause, Verlangen größer und unbändiger wurde. Ich hätte mich auf den Mars schießen können, alles wäre mitgekommen.

    Was ist denn für Dich Verschmelzung? Ich bin auch gelegentlich verschmolzen, im Ohr. Die Natur hat Anomalien durch Eingriffe von außen nicht vorgesehen, die machen wir uns selbst.

    Eintagsfliegen sind komplementär, die leben in vollen Zügen in den Tag hinein und bekommen vieles von morgen nicht mit, manche landen kopuliert unter der Klatsche. Die Kerle von Gottesanbeterinnen sind echte Komplementäre und Draufgänger, die haben die glückliche Aufgabe auch nach der Vereinigung still zu halten und zum Fressen gern zu sein. Die Natur ist aber kein Fressgebilde, da gibt es natürliche Gesetze, da steht es mir frei stillzuhalten oder meinen Hintern aus der Schusslinie zu bewegen.

    Der schleichende Prozess gibt doch die unbearbeiteten Baustellen wieder, die zugeschneiten Mängel, die sich hinter keiner Sucht, keinem Partner, keiner Liebe verstecken lassen, wenn die Angst es zu lässt. Dabei ist es der Natur ziemlich egal, ob ich mich zu mülle mit Süchten, Fressen, Saufen, Hungern, Arbeit, mit Machtgehabe oder Krankheiten, als Folgeerscheinung jahrelangem Missbrauch an mir selbst. Das hört ja nicht einfach auf. Als fleißiges Kerlchen finde ich vom Alkohol ausgehend immer neue Blindgänger. Partner, Süchte, Krankheiten, Gründe, Gründe, Gründe. Es war meine Unfähigkeit Kindheitsprägungen zu folgen, statt auf die Natur zu hören. Natürlich konnte ich da nichts für, böse Gründe als Symptom vor der Ursache, unbedeutend, wenn ich mich anfange aufzulösen.

    Leben ist nicht heilbar, Leben ist. Das ist ganz einfach, ich muss nicht ununterbrochen an mir rumfummeln um mich zu spüren oder schnippeln oder schneiden oder ab- und rausnehmen lassen. Die Natur hat alles für ein gesundes Leben in mich reingepackt, ich muss das nur raus lassen.

    Wir gehören alle nicht zu dem Typus Mensch, den ich da beschrieb, wir werden dazu. Das ist auch gut so, denn es kommt nicht darauf an, wie verständlich etwas geschrieben oder gelesen wird, das Einzige was zählt ist wie vollständig das Leben gelebt wird und das wird mit jedem Rückfall nur immer was kürzer. Wir haben alle Zeit die wir haben. Das ist ja das Tolle, dass wir, die so ernannten Coabhängigen vor lauter Wald keine Bäume mehr sehen.

    Zitat

    Auf der persönlichen Ebene ist Stabilität in mein Leben eingekehrt, aber meine Partnerwahl ... ... eine unausgesproche Einladung für Missbrauch?

    Besucherin, mal ganz ganz ganz offen: wenn ich einen Bogen um jede Frau mache, die für mich erkennbare Suchtstrukturen in sich trägt, mit denen ich nichts mehr anfangen will, dann braucht es praktisch für Menschen die auf das Gegenteil stehen keiner Einladung, die Einladung ist Dein Verhalten. Ein gefülltes Sparschwein ist nur die halbe Miete für ein ausgeglichenes Konto.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Kaltblut,

    mir läuft es jetzt gerade kalt den Rücken runter, wenn ich deine Wahrheit höre. Ich höre sie nicht gerne, aber ich höre sie.
    Benötige ein wenig Zeit, um darüber zu sinnieren, melde mich wieder.
    ... ein wenig unfähig fühle ich mich jetzt aber schon - es ist nicht so, dass ich meine Anteile nicht erkenne oder gar die Verantwortung für mein Handeln, für den Missbrauch, abstreite.

    Mich haben deine Gedanken aber sehr betroffen gemacht, weil du Recht hast.

    Bis später

    Besucherin

  • Hallo kaltblut,

    Du schreibst Du bist dankbar für Deine Co-Abhängigkeit, denn sie begleitet und schützt Dich?
    Ich verstehe das leider nicht, kannst Du mir das erklären?

    LG, Anesa

  • Moin Kaltblut,

    dann schnauben wir doch mal eine zur Antwort, was meinem feurigen Temperament sehr entgegenkommt ...

    Zunächst möchte ich auf folgende Fragestellung eingehen, und ohne dozieren zu wollen, bitte ich dich, kurz mit meinem Ohr zu verschmelzen:

    Zitat

    Was ist denn für Dich Verschmelzung? Ich bin auch gelegentlich verschmolzen, im Ohr. Die Natur hat Anomalien durch Eingriffe von außen nicht vorgesehen, die machen wir uns selbst.

    Ich möchte diesen Punkt konkretisieren, dennoch erscheint es mir unabdingbar, ihn in Form einer Korrelation zur Bindungsangst aufgreifen zu müssen, da die Letztere aus genau jener resultiert.

    Bindungsangst hat viele Facetten und nicht jede davon ist als pathologisch zu werten. Wir sind so schnell darin, das Verhalten Anderer in "richtig" und "falsch" zu klassifizieren. Ernsthaften Bindungsproblemen geht ein fehlendes bzw. nicht erworbenes Urvertrauen in der Kindheit voraus.
    Da die Mutter-Kind-Bindung nicht erfolgreich verlaufen ist, entbehrt es in Konsequenz auch den späteren erwachsenen Bindungen an Konstanz. Bei narzisstischen Störungen wird es dann völlig komplex durch fehlerhafte Verschmelzungsprozesse von Ich-Anteilen.

    Wenn ich in der Idealisierung des Anderen mein Selbst verliere, dann handelt es sich selbstredend um eine krankhafte Abhängigkeit, die sich selbst gebiert. Fakt ist, dass Verschmelzung nur möglich ist, wenn eine adequate Entwicklung des Ichs überhaupt in der Vergangenheit erfolgte. Wurde dieser Prozess gestört oder unterbrochen, ist keine entwicklungsgemäße Konsistenz meiner Ich-Anteile überhaupt möglich, dann lebe ICH nicht, sondern werde gelebt, von anderen, von dem, den ich idealisiere.

    Weil die Verschmelzung Angst macht - denn infolgedessen existiere ICH ja nicht mehr - entwickelt sich auf diesem morastigem Fundament eines "geliehenen" Selbst die Bindungsangst.

    Und deshalb hat der Verstand, genauer gesagt, mein Verstand, jetzt erst eimmal die Aufgabe, die Gefühle zu hinterfragen, die sich ja immer noch gerne wieder abhängig machen wollen, die es gewöhnt waren, auf eine Verschmelzung zu hoffen, um der Sinnlosigkeit der eigenen Existenz zu entgehen. Ich denke, es ist kein Egoismus, sondern Notwendigkeit, wenn ich die Gefühle jetzt auf mich selbst richte, was mir viel zu sehr gefehlt hat im Leben.

    Dennoch im Umkehrschluss - du sagst, die Natur hat Anomalien durch Eingriffe von außen nicht vorgesehen, die machen wir uns selbst. In diesem Fall muss ich widersprechen: Wenn meine Individuation, meine früheste Kindheit von Außen (durch inadequates Mutterverhalten oder gar einer Trennung von der Mutter) behindert wurde, dann entspricht dies einer Einwirkung von AUSSEN. Und immerhin sind wir so etwas wie selbst ernannte Elitär-Säugetiere, keine Reptilien oder Insekten. Obwohl es durchaus Spezies unter uns gibt, deren sinnentleerte Entscheidungen den Verdacht nahelegen, das Hirn sei bei der Verteilung der Ressourcen ein wenig kurz gekommen... 8)
    Oder so Schmeißfliegen wie mich, die mal überprüfen, ob das Eisen denn auf den Huf passt. :D

    Ich habe noch einen Termin, daher müssen wir uns auf später vertagen mit unserem Gespräch so unter Fluchttieren (aber übrigens, ich bin schneller :D

    Dein Vollblut

  • glück auf schnelles vollblut

    Zitat von Besucherin

    Fakt ist, dass Verschmelzung nur möglich ist, wenn eine adequate Entwicklung des Ichs überhaupt in der Vergangenheit erfolgte.

    ich versuche zu folgen - ? wie kann man die adequate entwicklung des ichs - bzw. deren fehlen nachweisen und/oder von anderen entwicklungen differenzieren?

    :D
    matthias
    kognitiv etwas langsamer

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • hallo Besucherin,
    ich möchte in diesem fall nicht in die höhen des psychologischen nahkampfes mit-auf-steigen,
    doch ich habe eine ganz triviale erfahrung im leben gemacht:
    männer sind nicht an frauen interessiert, die alles preisgeben, die sich selber aufgeben.
    egal wie schön, sexy, clever du auch bist, das reicht nicht, du mußt immer ein kleines geheimnis bleiben, auch wenn du selber weißt, dass du gar keines hast oder bist.
    es ist ein spiel.
    es verletzt niemanden!
    so leichter es mir jemand macht, um so weniger werschätze ich ihn! ( in einer liebesbeziehung!)
    verrückt? mag sein. aber alt+bewährt!

    liebe grüße
    isbeau

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