• Nun sage ich einfach mal "Hallo"

    Ich geselle mich in eure Reihen. Fast immer, wenn ich meinen Druck nicht mehr ertrage, mich schrecklich hilflos und einsam fühle. Dann lese ich eure Beträge, ich fühle es, ich bin nicht allein. Und dann verliere ich meine Worte. Es klingt so schlicht. Hallo, hier bin ich, ich kenne jemanden, usw.usw. Im realen Leben bleibt mir an dieser Stelle ganz einfach die Luft weg. Dann japse ich noch ein, zweimal, wie ein Karpfen auf dem Trocknen. Und dann dauert es Wochen bis die neue Courage für Worte gewachsen ist.

    Zwischendurch gibt es "normale Zeiten". Manchmal kann ich den ganzen Schmutz vergessen, dann vergesse ich auch euch. Und dann - patsch - geht das Drama wieder los, als würde ich in einer Drehtür wohnen.

    Ich gehe meines Weges und begegne einer Nachbarin, ein Wesen dieses Alt-Weiber-TratschClubs, die sich unter dem Deckmantel des Wohlwollens ihrer pädagogischen Ergüsse berauschen. Es sind doch die Eltern, man kann doch nicht die armen Eltern im Stich lassen. Und die Mutter, die arme Frau. Und der Vater trinkt ja wohl auch etwas. Und sie ist so tapfer, also wie sie das aushält. Man kann doch die arme Mutter nicht im Stich lassen. Sie hat es doch nun wirklich schon schwer genug. Und eines Tages, dann ist sie nicht mehr da. Dann wirst Du an meine Worte denken, wenn Du weinend an ihrem Grab sitzt. Dann kommt Deine Reue zu spät.

    Nun ja, sie war schon immer perfekt im Leiden, hat mich auch jehrelang erfolgreich geblufft. Warum sollten Zaungäste nicht darauf reinfallen. Gar nicht lange her, da rief sogar eine von denen bei uns an, um die Moralglocke zu schwingen. Ich war so wütend, dass ich finstere Gedanken bekam.

    Nun geht der Winter dem Ende zu. Man geht wieder vor die Tür. Der Risikofaktor für Begegnungen steigt um ein Vielfaches. Und meine Panik auch.

    Vor kurzem gab es hier einen Thread, der ging in diese Richtung. Eine der Antworten war: Ich rechtfertige mich doch nicht vor Nachbarn.
    Den Gedanken finde ich toll. Aber wie macht man sowas?

    Es grüßt euch Shiva

  • Hallo Shiva!
    Bin selbst trockener Alkoholiker. Am besten kann ich die Tratschweiber- Mäner, mit der Warheit schocken. Wenn ich ehrlich über meine Krankheit spreche, schockiere ich die meisten Menschen. Mir ist schon passiert, dass mit mir um 5 Ecken geredet wird, dann sag ich immer ich bin Alkoholiker rede nicht um den Brei herum. Wenn ich ehrlich bin nehme ich den Tratschen den Wind aus den Segeln.
    Liebe Grüße, Wolfgang!

  • Hallo Shiva,

    diese Klatschtanten können einem schon das Leben sehr schwer machen. Meist sind das unzufriedene Menschen, die froh sind, jemanden gefunden zu haben, dem es vermeintlich schlechter geht. Ohne Hintergrundwissen Andere versuchen in die Ecke zu drücken. Meine Oma war auch so ein Exemplar. Bei Ihr kam noch dazu, dass sie sich am Unglück anderer hochziehen konnte. Es war unmöglich, sie in ihre Schranken zu weisen.

    Bei solchen oberflächlichen Menschen ist meist auch ein erklärendes Gespräch vergeblich. Letztendlich sind sie an der Wahrheit nicht interessiert und ob es sinnvoll ist familieninternes preiszugeben sollte man sich da schon sehr gut überlegen.

    Ich glaube es gibt immer Menschen mit denen man nicht ‚fertig’ wird, die lauter schreien, nicht zu hören, nicht verstehen wollen, da ist man machtlos und sollte diese Menschen meiden und ihr Gerede als dummes Geschwätz nehmen.

    Ich wünsche dir ein dickes Fell.


    Gruß Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Hallo Shiva

    ich kenne Deine Geschichte leider nicht. Trinken Deine Eltern beide?
    Ich bin nicht hier, weil mein Vater wohl auch ein Alkoholproblem hat, sondern wegen meines Mannes.

    Aber den Druck, dass man ja gefälligst verantwortlich für die Eltern ist, kenne ich sehr gut! Die haben dich ja großgezogen und jetzt musst du für sie da sein. Das höre ich seit Jahren immer wieder, auch von Menschen, die ich mag! Meine Mutter ist auch Meisterin im Leiden! Gut, sie ist auch wirklich nicht gesund, aber ich kann da sowieso nichts machen. Ich muss ja auch arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu bezahlen. Meine Mutter kann z. B. auch gut so hinterhältige Andeutungen machen, wie "also die ......., die würde ja sofort zum Fensterputzen kommen, wenn ich sie darum bitten würde". Ja, soll sie doch!

    Als mein Vater mal für ein paar Tage im Krankenhaus war, meinte eine Bekannte zu mir, bist du nicht zu deiner Mutter in der Zeit hingezogen? Hääh? Zuerst dachte ich, scheisse, das muss man machen? Dann dachte ich, wieso, bin ich der Babysitter für meine Mutter? Die ist ja wohl genauso erwachsen wie ich!

    Deswegen war ich einige Zeit in Therapie. Genau wegen dieser Schuldgefühle! Die sind zwar nicht ganz weg, aber ich habe nach und nach eingesehen, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist, es sei denn, es handelt sich um Minderjährige! Wo soll das sonst hinführen, darf ich nicht mein eigenes Leben führen, wenn die Eltern noch leben?!

    Und mal ganz ehrlich, dass Leute über andere tratschen, wird es immer geben! Da kannst Du Dir ein Bein ausreissen und sonstwas, irgendetwas finden die immer! Meistens stellt sich raus, dass die, die am meisten "tratschen" selbst Leichen im Keller haben. Da ist auch nicht alles so toll, meistens wollen sie von sich selbst ablenken!

    Denk Dir einfach, wenn Dir diese Nachbarn begegnen, das muss einen Grund haben, auf anderen rumzuhacken! Ich weiss, leichter gesagt, als getan!

    LG, Anesa

  • Hallo - ich danke, daß ihr euch die Zeit genommen habt. Es sind schöne Gedanken.

    Ja, die Wahrheit ist praktikabel, bei dem einen oder anderen Fall. Das sollte ich wirklich mal bewußt ins Auge fassen. Schwer bleibt es, ich rede über die Familie meines Mannes. Jedes Wort kann auch ihn verletzen. Trotz allem Zorn herrscht bei uns beiden eben eine tiefe Traurigkeit vor.

    Die zweite Variante, Weißbärs Oma (das hast Du wirklich süß gesagt) die gibt es hier auch, und ich habe das dicke Fell nicht. Aber ich danke für den frohen Wunsch. Und sollte sich eine Fügung ergeben, ich werde es posten. Weil eins ist sicher, ich finde meine Lösung, ich will mein Leben wiederhaben.

    Anesa, Dein Beitrag kratz auf meinen Nerven lang.
    Fast jeder Satz reißt bei mir Geschichten auf.
    Und dieser ist mein tiefer Alptraum ...
    "Als mein Vater für ein paar Tage im Krankenhaus war .... "
    Ich weiß nicht, wie oft ich das schon verdrängt habe. >>Er liegt im Korsakov, und ich spiel bei ihr Trösterchen, damit sie hingebungsvoll um den geliebten Mann leiden kann<<.

    Und dieser Part "... auch Menschen die ich mag ..." Den Schmerz kenne ich.
    Wie kann jemand mir ins Gesicht blicken und mir sagen, er würde mich mögen
    und gleichzeitig von mir erwarten, daß ich meine Gesundheit opfere.

    Gruß Shiva

  • Ich bin der Traschtante Nr. 1 begegnet.
    Sie hat mich nicht erkannt.

    Die Ärmste, ihre Augen lassen nach :D8):D
    Ich habe tunlichst den Mund gehalten und zog meines Weges.

    Nennt mich ruhig hartherzig,
    aber ich kann nicht mehr.

    Dieser kleine Lichtblick ist auch nur ein flüchtiger Moment.
    Meine Geschichte geht in die nächste Runde.
    Ich mache einen neuen Thread auf.

    Gruß Shiva

  • Hallo Ihr Lieben,
    grundsätzlich mag ich weder Tratschtanten noch Gaffer und gehe solchen und ähnlichen Kategorien aus dem Weg.

    Nur: wo Rauch ist, ist auch Feuer.

    Das worüber diese Homosapiens sich tratschend unterhalten, das dürfte auch Otto-Normalverbraucher auffallen, der eben nicht darüber tratscht und sich nur seinen Teil denkt. Jeder möge vor der eigenen Haustüre kehren ob Gaffer oder Tratscher....

    Ich werde jedoch nie vergessen wie eine Nachbarin, die ich nicht in diese Kategorie einstelle, zu mir nach dem Ende der Alk-Beziehung sagte "wir (die Familie, vielleicht auch das Dorf?) haben nie verstanden, wie Du es so lange bei ihm aushältst.

    Diese Frage war sehr, sehr, berechtigt - diesen Menschen war nur aufgefallen wovor ich die Augen verschloss.

    Genau hier greifen Kossis Worte: Ehrlichkeit! Die Meinung der anderen akzeptieren, im Raum stehen lassen und keine Rechtfertigung für notwendig erachten.

    "Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann" ich für meinen Teil auch nicht will! Ich muss in meinen Spiegel sehen können und bin nicht mehr willens die Meinung anderer als Gradmesser für meine eigene Verfassung machen zu lassen.

    Nein, ich habe kein dickes Fell - ganz sicher nicht. Aber gelernt, dass nur die Dinge, die ich von mir aus entscheide "gut gehen". Alles, was von anderen angestoßen wird oder mir als Meinung präsentiert wird kann ich nicht annehmen ohne dass es zu Komplikationen kommt.

    (Dummes Beispiel: meine Freundin überredete mich aus finanziellen Gründen die Autoversicherung zu wechseln, grundsätzlich hatte sie recht, ich fühlte mich zu dem Zeitpunkt überfordert und hätte es lassen sollen! Nichts ging glatt, die Versicherung vergaße die Meldung beim LRA, mir drohte die Stillegung und meine % stimmen noch immer nicht. Ich hätte mich auf meinen Bauch verlassen sollen und darauf dass mir dieser Ärger derzeit zu viel ist...

    Lieben Gruß von Dagmar

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