Ist sie Co-abhängig oder was sonst?

  • Hallo,

    mein Stiefvater hat getrunken, seit meine Mutter mit ihm zusammen kam. Bis sie es merkte, verging einige Zeit. Drüber gesprochen wurde nicht! Irgendwann kamen Andeutungen von ihr mir gegenüber, ich genauso, aber es war sehr verhalten und schüchtern. Sie sagte, sie wolle nicht so werden wie meine Oma - Opa trank und Oma kaufte ihm noch das Bier, schimpfte nur über ihn und ertrug alle paar Monate seine Abstürze.

    Dann wurde mein Stiefvater trocken, aber so ganz anders, als ich es hier gelesen haben. Er hörte "einfach" auf, befolgte aber keinerlei Grundsätze. Ich habe fast das Gefühl, die wissen gar nichts von der Alkoholkrankheit. Sie achten nicht auf Lebensmittel, es ist Alkohol im Haus, es wird getrunken, wenn Besuch da ist, sogar mein Stiefvater hat zwischendurch mal am Wein genippt und so was.
    Neulich lagen schön edit - bitte keine Markennamen, danke - edit in der Schale direkt vor seinem Sessel...

    Auch die Therapie war anders. Wie lange er Einzeltherapie hatte, weiß ich nicht, aber was ich so mitbekam, war das nicht sonderlich viel. Keine Gruppe, niemand, mit dem er sich austauschen kann.
    Meine Mutter ist auch nicht der Typ, mit dem man gut reden kann und so. Ich würde sagen, er steht ganz allein da.

    Und nun trinkt er wieder, wie lange es geht, weiß ich nicht genau. Ich dachte immer, es ging im Herbst letztes Jahr los, glaube aber, ich bin verwirrt und es war doch schon 2008.

    Meine Mutter redet nicht viel drüber, aber wenn, dann höre ich oft, sie will nicht so werden wie meine Oma.

    Aber sie macht auch nichts. Er trinkt halt nicht exzessiv, das heißt, oft kriegt man es gar nicht mit und kann nur vermuten, dass er nicht ganz nüchtern ist und manchmal ist er auch Wochen lang trocken. Und ich glaube, Mutti denkt, er müsse einfach nur wieder aufhören wie damals. Auf der einen Seite will sie, dass was passiert und er wieder aufhört, auf der anderen Seite leben die ihr Leben weiter wie bisher und ändern nichts - sie edit - bitte keine Markennamen, danke - edit aufm Stubentisch! :evil:

    Nach den Merkmalen hier würde ich sie nicht als Co-abhängig bezeichnen. Aber normal find ich ihr Verhalten auch nicht. Sie opfert sich nicht für ihn auf, hat kein Helfersyndrom und so, aber das Thema wird schon untern Teppich gekehrt, nicht direkt verleugnet, aber es wird halt nicht drüber gesprochen.

    Als sie neulich hier war, naja, sie flachst immer rum, dass sie mit ihrer Freundin eine WG aufmachen will und dann immer der Spruch, dass sie das nicht noch mal so lange mit macht (wie vor seiner Trockenheit).
    Aber konkret wird sie auch nie und damit geht es mir nicht gut. Sie darf jederzeit mit mir drüber reden, ich bin für sie da. Aber ich hab keine Lust, mich mit ihr im Kreis zu drehen.

    Seh ich es denn richtig, wenn ich ihr in den Momenten den Spiegel vorhalte und sage, dass sie doch genau das tut, was sie nicht will, nämlich den ganzen Mist mitmachen? Ist es richtig ihr zu sagen, dass sie scheinbar gar keine Ahnung hat von der Krankheit und wie ernst das alles ist und dass die das zu sehr auf die leichte Schulter genommen haben, zu unvorsichtig waren? Hab ich recht damit, dass sie auch mal aktiv werden muss? Dass sie sich überlegen muss, was sie will, entweder so weitermachen oder Konsequenzen ziehen, auch wenn das so weit geht, dass die letzte Konsequenz eine Trennung ist?

    LG
    Riona

  • Zitat von Riona79


    Seh ich es denn richtig, wenn ich ihr in den Momenten den Spiegel vorhalte und sage, dass sie doch genau das tut, was sie nicht will, nämlich den ganzen Mist mitmachen? Ist es richtig ihr zu sagen, dass sie scheinbar gar keine Ahnung hat von der Krankheit und wie ernst das alles ist und dass die das zu sehr auf die leichte Schulter genommen haben, zu unvorsichtig waren? Hab ich recht damit, dass sie auch mal aktiv werden muss? Dass sie sich überlegen muss, was sie will, entweder so weitermachen oder Konsequenzen ziehen, auch wenn das so weit geht, dass die letzte Konsequenz eine Trennung ist?

    Hallo Riona,

    das siehst du genau richtig, nichts über die Alkoholkrankheit zu wissen finde ich äußerst bedenklich.
    Der Alkoholkranke muß zwar von sich aus was tun heißt aber nicht, dass man seinen Konsum auch noch fördert!
    Würde an deiner Stelle mit der Mutter reden und darauf hinweisen, dass sie das Ebenbild der Oma ist.

    liebe Grüße
    Asketin

  • Hallo Riona,

    ich finde auch, dass du es richtig siehst und deine Mutter so ähnlich lebt wie die Oma.

    Und es ist richtig, sie muss aktiv werden für sich selbst, wenn sie daran etwas ändern will. Anders geht das nicht. Was kannst du denn da machen? Du kannst ihr Informationen geben, ihr Gespräche anbieten. Du kannst ihr Informationsmaterial geben oder Bücher empfehlen über Alkoholismus, Coäbhängigkeit. Auch wenn du meinst, sie ist nicht coabhängig... Alles das machst du ja auch schon für sie oder hast es auch schon gemacht.

    Und dann kannst du nichts weiter für sie machen. Du kannst sie nicht an die Hand nehmen und rauszerren aus ihrer Beziehung! Genauso wenig wie du einen nassen Alkoholiker trocken legen kannst, genauso wenig kannst du Jemanden aus einer Beziehung befreien! Das muss sie schon selbst tun...

    Viele Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Zitat von Aurora

    Hallo Riona,

    ich finde auch, dass du es richtig siehst und deine Mutter so ähnlich lebt wie die Oma.

    Und es ist richtig, sie muss aktiv werden für sich selbst, wenn sie daran etwas ändern will. Anders geht das nicht. Was kannst du denn da machen? Du kannst ihr Informationen geben, ihr Gespräche anbieten. Du kannst ihr Informationsmaterial geben oder Bücher empfehlen über Alkoholismus, Coäbhängigkeit. Auch wenn du meinst, sie ist nicht coabhängig... Alles das machst du ja auch schon für sie oder hast es auch schon gemacht.

    Und dann kannst du nichts weiter für sie machen. Du kannst sie nicht an die Hand nehmen und rauszerren aus ihrer Beziehung! Genauso wenig wie du einen nassen Alkoholiker trocken legen kannst, genauso wenig kannst du Jemanden aus einer Beziehung befreien! Das muss sie schon selbst tun...

    Viele Grüße
    Aurora

    Danke für eure Antworten.

    Nein, ich will ihr auch gar nicht (mehr) raushelfen. Aber genau das ist es, was ich ihr auch sagen will. Ich bin bei ihr nur so unsicher, fast noch unsicherer als bei meinem Stiefvater...Wahrscheinlich habe ich einfach Angst, sie zu verletzen und zu verlieren. Noch dazu weiß ich auch, wie sie sich fühlt. Wenn das nächste mal der Zeitpunkt kommt, an dem wir reden, weiß ich, dass ich sie unter Druck setzen werde, weil meine Meinung ist, dass sie und ihr Mann aktiv werden müssen. Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder einfach so aufhören können.

    Gestern waren wir zum Osterfrühstück dort. Seine Mutter, also meine Stiefoma, war auch da und fragte, obs denn auch einen Osterlikör gäbe. Gab es nicht, aber Mutti und er fragten dann gleich, ob jemand einen Sekt will.
    Klar muss er es aushalten, dass in seiner Gegenwart getrunken wird. Das kann man nicht komplett vermeiden, denk ich. Aber ich finde, wenn wir so unter uns sind ist es doch total überflüssig, ihn dem Geruch von Sekt auszusetzen. Wir alle hätten getrunken und er muss zusehen...na wenn nicht mal wir, seine engste Familie, für ihn NICHT trinken, wer denn dann?
    Aber seine Mutter sieht gar nicht, dass er Alki ist. Das hat sie all die Jahre nicht (einge-)sehen. Nicht sehen WOLLEN.
    Ich käme nie auf die Idee, nach Alk zu fragen, wegen IHM, weil ich denke, so viel Unterstützung hat er auf jeden Fall verdient. Es gäbe auch nie Kuchen mit Alkohol bei mir, wenn er dabei ist. Das ist in meinen Augen einfach rücksichtslos.
    Aber das ist es ja eben, der Alkohol ist im Haus! Meine Mutter würde sicher auch Rücksicht nehmen, es wird auch nur getrunken zu Anlässen wie gestern, also nicht mal einfach nur so ein Wein oder so. Ich glaube nur, sie weiß gar nicht, wie schwer sie es ihm macht - er würde auch nicht zugeben, wie schwer es ihm womöglich fällt aufzuhören, wenn der Alk ihn ständig im Keller anlacht...das meine ich damit, dass ihr viel Wissen fehlt. Ihm sicher auch...

    Ich weiß nur, wenn ich nicht mehr schweige, sondern sage, was mir auf der Seele brennt, dann wird das meine Mutter vor die Wahl stellen - entweder ihr Leben ändern oder mit einem nassen Alkoholiker leben (ohne mir deshalb die Ohren volljammern zu dürfen). Ich glaube, die Vorstellung, dass ich ihr mein Wissen weitergebe (z.B. dass in Marzipan oft Alkohol drin ist, hab ich erst aus diesem Forum erfahren) und das für sie bedeutet, Entscheidungen zu treffen, überfordert mich bzw. ich habe die Befürchtung, meine Kompetenzen zu überschreiten. Aber ein Teil von mir weiß auch, dass das Blödsinn ist. Ist ja nicht mein Problem, wenn sie die Krankheit nicht ernst genug nehmen und sich nicht informieren...oder?

    LG
    Riona

  • Hallo Riona,

    da ist so einiges, was mir auffällt.

    Erstmal, du willst deine Mutter unter Druck setzen, :shock: , auch deinen Stiefvater... Hm, das wird überhaupt nicht klappen!

    Ich habe eine allerliebste Lieblingsfreundin, die hat früher öfter zu mir gesagt, trenn dich bloß, wie lange willst du das mitmachen usw. Da war ich immer regelrecht böse auf sie, wie kann sie das sagen, sie weiß ja garnichts, Exmänne kann ja auch wieder "lieb" sein, wie sollte ich das machen usw... Den Druck, dem ich mich ausgesetzt fühlte durch ihre Bemerkungen wie "du musst dich trennen", den schob ich weg, getrennt und gemacht habe ich erst, als ich das wollte, als ich in der Lage dazu war. Sie hat mich unterstützt, war immer eine Ansprechpartnerin, sehr, sehr wertvoll für mich! Aber machen musste ich selbst. So ist das mit den Angehörigen, Coabhängigen, genauso ist das mit dem nassen Alkoholiker.

    Deine Mutter und dein Stiefvater sind erwachsene Menschen. Sie haben sich entschieden, so zu leben, wie sie es tun. Aus welchen Gründen auch immer, sie wollen es so, bzw. können nichts daran ändern. Du musst es akzeptieren. Du kannst deine Hilfe anbieten, also sagen, wenn du, wenn ihr konkret was braucht, werde ich da sein. Wenn ihr wirklich was ändern wollt, werde ich euch zur Seite stehen, so gut ich kann. Vorausgesetzt natürlich, dass du es auch willst.

    Aber sonst? Du musst dich abgrenzen, sonst bist du doch selbst wieder in der Abhängigkeit mit drinnen. Helfen zu wollen, um allen Preis. Deine Meinung "aufzudrängen", Druck auszuüben, Kontrolle zu haben, meinen, verändern zu müssen... In deinem Leben bist du wichtig. Wenn du mit dem Lebensstil deiner Mutter nicht klar kommst, must du sehen, wie du dich abgrenzen kannst, damit es dir damit gut geht. Das hört sich hart und gemein an, nicht wahr... Aber es ist die Tatsache. Ändern und machen und tun kannst du nur für dich, für dein Leben. Alle anderen Menschen haben auch die Verantwortung für sich selbst. Und jeder hat die freie Entscheidung, so zu leben, wie er lebt, oder es zu verändern.

    Du sagst ja jetzt schon, es überfordert dich teilweise :roll: . Und deshalb, genau das hab ich jetzt versucht, hier zu schreiben:

    Zitat

    Ist ja nicht mein Problem, wenn sie die Krankheit nicht ernst genug nehmen und sich nicht informieren...oder?

    Genau so ist es...

    Viele Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Zitat von Aurora

    Hallo Riona,

    da ist so einiges, was mir auffällt.

    Erstmal, du willst deine Mutter unter Druck setzen, :shock: , auch deinen Stiefvater... Hm, das wird überhaupt nicht klappen!

    Das hast du falsch verstanden. Ich habe nicht geschrieben, dass ich sie unter Druck setzen will, sondern dass ich sie unter Druck setzen werde, einfach damit, dass ich anders reagiere. Das wird sie unter Druck setzen, mehr oder anders über das ganze Thema nachzudenken.
    Wir sehen uns ja nur selten und noch seltener allein und nicht jedes mal, wenn wir uns allein sehen, reden wir auch über das Thema Alkohol. Es kommt also nur sehr selten zur Sprache. Aber wenn, dann reagier ich immer gleich...eigentlich hör ich ihr nur zu und wenn ich was sage, dann eher so oberflächliche Dinge wie "Er bräuchte unbedingt ein Hobby".

    Wenn sie mir z.B. halbernst erzählt, sie wolle mit ihrer besten Freundin (ihr Mann hat nun schon Jahre Terror mit seiner Ex) eine WG aufmachen, damit beide aus dem Schlamassel rauskommen. Ich habe das immer belächelt. Aber die Frage, die mir da auf der Zunge liegt, habe ich immer runtergeschluckt: "Liebst du U. noch?"
    In Zukunft will ich aber nichts mehr runterschlucken und das meine ich damit, dass es sie unter Druck setzen wird.

    Zitat

    Deine Meinung "aufzudrängen", Druck auszuüben, Kontrolle zu haben, meinen, verändern zu müssen...

    Nein, ich will meine Meinung nicht aufdrängen, ich will sie bloß nicht mehr runterschlucken, weil das Thema gefälligst nicht angesprochen wird (vor ihm, vor der Familie) und ich will meine Meinung sagen dürfen, wenn Mutti und ich mal drüber reden. Zum Beispiel dass meine Meinung ist, dass Mutti meiner Oma sehr wohl jetzt schon sehr ähnlich ist. Aufdrängen will ich ihr nichts.
    Wie ich das mit dem Druck meine, sagte ich ja schon.
    Kontrolle will ich gar nicht. Und verändern will ich nur mich bzw. meinen Umgang mit dem Thema und der Familie. Ich will einfach das Team "Wir kehren alles untern Teppich" verlassen.


    Zitat

    Du sagst ja jetzt schon, es überfordert dich teilweise :roll: .

    Ja, weil ich unsicher bin, ob ich mit meiner Meinung nicht manchmal zu weit gehe, ob ich mich ungewollt in Sachen einmische, die mich nichts angehen. Ich habe einfach die Befürchtung, Grenzen zu überschreiten.
    Nur die Grenzen, die gezogen wurden, z.B. dass man nicht drüber spricht, die engen mich ein, an diese Grenzen will ich mich nicht mehr halten, weil sie mir nicht gut tun. Aber wie soll ich diese Grenzen von denen unterscheiden, die ihre Berechtigung haben? Das verunsichert mich einfach...

    LG
    Riona

  • Hallo Riona,

    oh weia, wenn ich dir auf die Füße getreten bin entschuldige ich mich dafür. Da habe ich wohl tatsächlich was falsch verstanden. Tut mir leid!

    Es ist gut, wenn du dich veränderst und ihnen das auch zeigst. Wenn du nicht mehr alles unter den Teppich kehrst, sondern es aussprichst. Na gut, dabei werden dir bestimmt auch Fehler unterlaufen, das ist doch normal! Du übst ja sozusagen auch noch deine neue Lebensart!

    Wichtig ist es doch, an diesen Fehlern auch zu lernen. Auch mal dafür gerade zu stehen, zu sagen, gut, ich habe da was falsch gemacht.

    Ich glaube, Grenzen überschreitest du genau dann, wenn du diese Dinge machst, die ich dir "unterstellt" habe. Also Druck, Kontrolle und so. Wenn du dich einmischst und dich selbst dabei verlierst. Wenn du einfach deine Hilfe anbietest, Gespräch, Zuhören, dann ist es doch ok, wenn es dir dabei auch gut geht! Denn das ist ja das wichtigste dabei, es muss dir auch gut gehen. Wenn du vor lauter Dingen nur noch an ihre Probleme denkst, dich hinten anstellst, dann ist es eine Grenze, nämlich deine, die dann überschritten ist.

    Hm, garnicht so einfach zu schreiben, was ich meine :roll: . Ich will dir auch nix Böses, ich schreib es ja so, wie es auch bei mir hier ankommt.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Neee, bist mir nicht auf die Füße getreten.
    Aber ich wollte doch richtig stellen, was ich meinte. Ist ja auch nicht so einfach, die Gedanken und Gefühle von anderen zu verstehen. Also da brauchst du dir echt keinen Kopf machen.

    Ja, du hast Recht, ich bin ja noch Anfängerin, wenn es darum geht, an mich zu denken, also darf ich auch mal Fehler machen. Gar nicht so einfach, sich das zu erlauben...

    LG
    Riona

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