schon alkoholsüchtig?

  • Hallo Maya,

    ich muss zugeben, es fällt mir schwer, auf Deinen Post zu antworten.
    Du fragst, ob Dein Freund schon abhängig ist.
    Genaugenommen müsste ich jetzt sagen, dass das wohl nur ein Arzt feststellen kann.
    Was aber bei mir die Alarmglocken schrillen lässt ist die Tatsache, dass Dein Freund selbst es als Problem sieht.

    Und das müsste eigentlich schon ausreichen, um Deine Frage zu beantworten.
    Allerdings:
    Fang doch mal bei Dir an! Offensichtlich scheinst doch DU mit dieser Situation ein Problem zu haben, oder?
    Was gedenkst DU zu tun?

  • glück auf maya

    Zitat von Maya88

    Trotzdem danke für deine Antwort!! Leider die einzige :(..

    immerhin wurdest du schon über 80x gelesen

    ich weis genau dass du ihm gar/überhauptnich "helfen" kannst - du kannst was für dich tun - z.b. ihm ganz genau sagen was dich an seinem verhalten (seinem alkverbrauch) stört - ihm ganz genau sagen wieweit + wielange du das noch aushalten willst - kannst grenzen setzen + konzequenzen aufzeigen (nur welche die du wirklich einhalten willst)

    schöne mittwochabend

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Maya!

    Du kannst ihm nicht helfen.
    Nur er selbst kann das.

    Zitat von Maya88

    Ich will nur dass es ihm wieder gut geht.


    Sollte Dir nicht zu allererst daran gelegen sein, dass es DIR gut geht?
    Und das ist es auch, was ich gemeint habe, als ich schrieb, fang doch mal bei dir an.

    Was muss passieren, damit es DIR wieder gut geht?
    Ist sein Glück der Schlüssel zu DEINEM?

  • Hallo Maya,

    es ist immer schwierig, auf eine Frage wie Deine aus der Ferne eine Antwort zu geben. Gerade was Abhägigkeiten angeht gibt es kein Schwarz/Weiß..

    Meine Vorredner sprechen das Phänomen der Co-Abhängigkeit an, sie wollen damit sagen: Partner von Alkoholikern tendieren oft dazu (einen Teil der) Verantwortung für die Abhängigkeit auf sich zu nehmen - indem sie helfen, bzw. wie Du schreibst, sich bemühen der Alkoholabhägigkeit entgegen zu wirken. Da die Übernahme von Verantowrtung aber für den Alkoholkranken essentiell ist, kann gutgemeinte Hilfe sogar schaden. Hier wird immer geraten: jeder fängt bei sich an.

    Aber ich will noch auf andere Aspekte eingehen, die mir in Deinem Post aufgefallen ist: Wenn Dein Freund Schwierigkeiten hat Grenzen und Verabredungen einzuhalten, wenn er feiern (=saufen) geht, ist das ein klares Symptom einer Abhängigkeit. Das war für mich auch immer das Problem. Ich hatte überhaupt kein Problem unter der Woche nichts zu trinken, oder auch mal mehrere Wochen nicht, wenn es die äußeren Umstände erforderten. Aber wenn ich dann losgezogen bin, konnte ich vielzuoft kein Ende finden. Ich dachte früher immer, dass es a) voll normal ist, wenn ich am Wochenende durch die Clubs ziehe und erst mittags am nächsten Tag zurückkommen. Hier in Berlin gibt es unendlich viele, die dieses Leben leben, und ich fand es toll dabei zu sein. Außerdem dachte ich, dass ich b) noch lange kein Problem habe, solange ich unter der Woche und über längere Zeiträume problemlos nüchtern bleiben kann.

    Heute weiß ich: Das Bild vom Alki ist falsch und völlig irreführend. Auch wer keine Zitterattacken hat, kann alkoholabhägig sein. Die Annahme, dass allein die körperliche Abhängigkeit eine echte und schwerwiegende Abhägigkeit ist, ist ebenso eklatant falsch. Im Gegenteil: die psychische Abhägigkeit ist in der Regel das größere Problem. Und insofern sind die schwerwiegendsten "Symptome" nicht Händezittern etc. sondern Kontrollverlust (Grenzen nicht einhalten können) und das Unvermögen sich ein Leben ohne Rausch vorzustellen.

    Ich weiß von mir selber, wie normal Drogen heute sind und damit meine ich nicht mal ausschließlich Alkohol. In meinem Bekanntenkreis bin ich der totale Exot, und es ist vielen nicht verständlich warum ich mich vom "feiern" zurückgezogen habe. Aber ich kann Dir, Deiner kleine Familie und allen, die noch pille-palle-3-Tager-wach unterwegs sind sagen: es gibt spannendere und vor allem sinnvollere Abenteuer, die es sich zu entdecken lohnt.

    Dein Freund scheint ja schon Ansätze von Einsicht zu haben. Bestärk ihn dabei sich mit dem Thema zu beschäftigen, sich auch professionelle Hilfe zu holen (unverbindlich, anonym und kostenlos in jeder Kreisstadt zu haben). Es ist keine Schande, und oft sind suchtanfällige Menschen solche, die besonders großartig sind, und nur noch ihren Weg noch nicht gefunden habe, die eigene Großartigkeit zu leben. Aber es ist nicht Deine Aufgabe: er muss den Drive haben etwas zu ändern, und lass Dich nicht mit Pseudo-Beweisen ("Wenn ich 3 Monate schaffe, glaubst DU mir dann, dass ich kein Problem habe?!") abspeisen damit verarscht er nur sich sellbst, wenn er in Wirklichkeit noch nichts verstanden hat.


    Lieben Gruß und alles Gute!

    Our greatest fear is not that we are inadequate,
    but that we are powerful beyond measure. It is our light, not our darkness, that frightens us most.

  • Hallo Maya88,

    als ich mich hier angemeldet habe, war ich lebensmüde, kraftlos und sah in nichts mehr einen Sinn. Trotzdem wollte ich ihm (meinem mittlerweile Ex) helfen, wollte, daß es ihm gut geht, daß seine körperlichen Probleme (Zittern, Schwierigkeiten beim Treppensteigen und anderes) und geistigen Probleme (Vergeßlichkeit, teilweise Orientierungslosigkeit, falsches Einschätzungen von Entfernungen, kein Zeitgefühl und anderes) wieder verschwinden. Ich habe mich damals als wertlos empfunden und nur daran gedacht, wie es ihm besser gehen könnte.

    Ich habe geglaubt, wenn es ihm gut geht, geht es auch mir gut. Gelernt habe ich: Ich kann ihm nicht helfen, das kann nur jeder für sich selbst, entweder allein oder mit Hilfe anderer (SHG, Therapeuten).

    Aber: wenn es ihm gut geht, geht es auch mir gut, funktioniert definitiv nicht.

    Fang an, Dir darüber klar zu werden, was Du willst und dann setz Grenzen und zieh die entsprechenden Konsequenzen, wenn die Grenzen nicht eingehalten werden.

    lg inga

  • Hallo Nachwuchsoptimist!

    Ein bißchen off topic, aber ich wage es trotzdem:
    Dein Posting war für mich sehr interessant und lesenswert.

    Hierzu

    Zitat von Nachwuchsoptimist

    Aber ich kann Dir, Deiner kleine Familie und allen, die noch pille-palle-3-Tager-wach unterwegs sind sagen: es gibt spannendere und vor allem sinnvollere Abenteuer, die es sich zu entdecken lohnt.

    habe ich aber eine Frage.
    Ich habe in meiner ehemaligen Beziehung sehr oft versucht, meinem Partner diese "alkoholfreien" Abenteuer aufzuzeigen.
    Natürlich erfolglos. Besser als Saufen konnte gar nichts sein.
    Deswegen mal meine Frage an Dich als Trockener:
    Was sind für Dich diese Abenteuer?

    Mir als Co geht es ja im Prinzip genauso. Mein Ex hat Angst, nicht mehr zu trinken, und ich hatte Angst, nicht mehr Co zu sein (womit ich meine: Angst vor der Trennung usw.)
    Ich habe manchmal immer noch Momente, wo mir tatsächlich kein Co-freies Abenteuer einfällt. Dann habe ich zu nichts lust, alles ist grau usw.
    Es wird immer besser, aber die Momente sind schon noch da.

  • Hallo desperateS,

    ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber es geht ja beim trockenwerden darum sich selbst und seine ureigenen Träume Ernst zu nehmen (ohne sich unter zu hohen Erwartungs/Leistungsdruck zu stellen). In der Praxis können das sehr unterschiedliche Dinge sein. Mal ein paar Beispiele:

    - ich habe mir gleich am Anfang, als ich auf einmal die Wochenenden "frei" hatte einen Motorroller gekauft, diesen restauriert und fahre seitdem mit sehr viel Freude wieder Moped, was ich vorher einfach nicht auf die Reihe bekommen hatte. Dieses Jahr habe ich auch meinen Motorradschein angefangen, und hoffe nächsten Sommer dann eine bestimmte Oldtimer-Maschine anzuschaffen.
    - Was für mich auch noch ein wichtiges Thema geworden ist: Karriere. Damit meine ich nicht reinleistungsorienteretes Vorankommen, sondern verantwortungsvolles und bewusst auf bestimmte Ziele ausgerichtetes arbeiten und berufliches handeln.
    - Auch der Aufbau einer wiklichen Paarbeziehung gehört zu den Abenteuern, die ich noch nicht so wirklich kannte. Ich habe meine Partnerinnen früher immer als nettes Beiwerk betrachtet, aber mich letztendlich nicht für Sie als Person interessiert. Als ich dann anfing trocken zu werden, musste ich mich konsequenter Weise auch von meiner damaligen Partnerin trennen, wir hatten zu unterschiedliche Bedürfnisse und Perspektiven.


    Im Grunde kann es doch um jede Art der aktiven Lebensgestaltung gehen:
    - Häusle bauen
    - Familie gründen
    - Weltreise
    - Bücher schreiben
    - ein Instrument lernen
    - ein Unternehmen gründen
    - …

    Ich hoffe meine Antwort bringt Dich ein Stückchen weiter..

    Our greatest fear is not that we are inadequate,
    but that we are powerful beyond measure. It is our light, not our darkness, that frightens us most.

  • Hallo!

    Vielen lieben Dank für Deine Antwort.

    Zitat von Nachwuchsoptimist


    Ich hoffe meine Antwort bringt Dich ein Stückchen weiter..

    Im Grunde sind das genau die Dinge, die ich immer aufgezählt habe. Früher für meinen Ex, heute für mich.
    Es sind eigentlich so alltägliche Dinge, die ja eigentlich jeder will, und trotzdem ist es schwer, einen Süchtigen (und damit meine ich nun auch den Co, denn zumindest ICH war süchtig nach dieser Beziehung) davon zu überzeugen, dass das Leben genau aus diesen Dingen besteht.
    Zwischendurch habe ich teilweise an meinem Verstand gezweifelt und geglaubt, es wäre nicht normal, sowas haben zu wollen. Als wären meine Vorstellungen von Glück utopisch. Manchmal habe ich sogar geglaubt, Glücklich sein ist eine Erfindung der Medien oder sonst wem.

    Mein Ex hat mir oft gesagt, dass das Leben ohne Alk viel zu schwer und anstrengend ist, und dass ihn das beängstigt. Der Alk war immer sein Rettungsanker. "Das einzige, was ich noch habe" hat er sehr oft gesagt.

    Ich kann das natürlich nur ansatzweise nachvollziehen.
    Aber ich glaube mittlerweile, bei mir war es ähnlich.
    Ich wollte all diese Dinge. Häusle bauen, Karriere, Kinder, erfüllte Partnerschaft usw.
    Aber ich wollte sie mit XY. Obwohl ich schon lange erkannt hatte, dass es das mit ihm nie geben wird.
    Aber ich habe wohl innerlich Angst davor gehabt, ihn loszulassen, weil ich ja nie sicher sein kann, dass ich diese Dinge irgendwann tatsächlich habe, aber eben mit jemand anderem.

    Ich glaube, irgendwo in meinem Inneren habe ich wohl gedacht: Lieber eine schlechte Beziehung, als gar keine.
    Ich habe geglaubt, dass die Chancen MIT XY höher stünden als ohne.

    Heute weiß ich, dass es andersrum ist.

    Allerdings muss ich auch zugeben:
    Ich könnte mir ein Leben ohne Partnerschaft auf Dauer nicht vorstellen. Naja, vorstellen schon, aber ich kann mir (noch?) nicht vorstellen, dass ich dauerhaft ohne Partner wirklich glücklich werden kann.
    Und ich denke, daran sieht man, dass ich noch einen langen Weg vor mir habe. :cry:

  • Hallo Maya,

    in deinem Beitrag geht es u.a. um Co-Abhängigkeit sowie die Alkoholabhängigkeit/ die Zwänge eines Dritten.

    Ich war "co-Abhängig" und habe mich darüberhinaus selbstschädigend verhalten. Als ich mich der Gesundheit eines abhängigen Menschen stärker widmete als meiner eigenen Gesundheit, entwickelte ich einen Zwang, ein selbstschädigendes Verhalten.

    Zwischen Zwang und Sucht sehe ich folgende Gemeinsamkeiten
    - Es ist ein selbst-schädigendes Verhalten
    - Man kann aus Willenskraft nicht damit aufhören
    - Entweder es ist einem peinlich und will es vertuschen oder man findet dass es noch normal ist, noch im grünen Bereich, weiter im Programm

    Das Interessante ist: Beim Zwang gibt es KEINEN Stoff der abhängig macht und man kann TROTZDEM nicht aus reiner Willenskraft aufhören...

    Meine Angehörigen konnten mir damals nicht helfen den Zwang zu bekämpfen, egal was sie versucht haben (und das über mehrere Jahre). Selbstschädigendes Verhalten ist oft "Die Spitze des Eisbergs", darunter verbergen sich oft ganz andere Probleme. Es ist eine Art Hilferuf der Seele (zumindest war es bei mir so).
    Nach einer Verhaltenstherapie ging es mir recht schnell besser. Das hat aber nur funktioniert weil ich erkannt habe, was mein eigentliches Problem ist (das Problem hinter dem Symptom) und wie ich es lösen kann.

    Bei Alkoholabhängigen (also mit körperlicher Abhängigkeit) ist das etwas anders. Die müssen den Suchtstoff erst mal entziehen (körperlicher Entzug) bevor man die Seele therapieren kann.
    Wenn man nur den körperlichen Entzug macht, ist da meist noch eine seelische Abhängigkeit. Wenn die nicht behandelt wird, kann der Süchtige einen Rückfall bekommen oder in eine neue Sucht rutschen. Das kommt daher, dass das ursprüngliche Problem (der Eisberg unter der Wasseroberfläche) nicht behandelt wurde.

    Wichtig ist: wenn man nicht mehr mit IRGEDENDETWAS aufhören kann, (egal ob mit oder ohne Suchtstoff) braucht man professionelle Hilfe.
    Nur mit Willenskraft geht das meiner Erfahrung nach nicht.
    Und Angehörige mit ihrer Willenskraft können erst recht nix ausrichten.

    Das bedeutet auch: wenn man jemanden zwingt eine Therapie zu machen und der will diese Therapie nicht und sperrt sich dagegen nutzt die Therapie nix. Er muss es wollen. Seine Seele muss es wollen, es muss seine freie Entscheidung sein.

    Süchtigen kann ich nicht helfen, das habe ich akzeptiert. Auch Menschen die sich sonstwie selbstschädigend verhalten kann ich nicht helfen.
    Zur Zeit arbeite ich daran, das gefühlsmäßig zu verarbeiten.
    In mir kommen immer noch viele Gefühle hoch, deshalb bin ich hier.

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