Verantwortung für Familie

  • Hallo, Ihr Lieben!

    Bisher war ich immer nur im Co-Bereich unterwegs, da ich mich vor allem mit der Trennung meines Lebensgefährten auseinander gesetzt habe.
    Dort schrieb ich auch schon, dass mein Vater ebenfalls Alkoholiker ist; er ist seit 16 Jahren trocken. Im Rahmen meiner Aufarbeitung der Geschichte mit meinem ehem. Freund bin ich auch hier auf Punkte bzw. Verhaltensmuster gestoßen, die ich gerne ändern möchte.

    Das Verhältnis zu meinen Eltern ist ein sehr gutes, ich konnte mich bisher immer (ohne Ab-striche!!!) auf sie verlassen. Das ist ein gutes und schönes Gefühl.
    Zu meiner Kinder-/Jugendzeit war meine Ma die Person, der ich alles anvertrauen konnte. Mein Vater hat mit seiner Trinkerei den „Familienfrieden“ natürlich arg belastet. Damals war der Begriff „Co-Alkoholiker“ für mich noch nicht existent, damit habe ich mich erst innerhalb der letzten 3-4 Jahre auseinander setzen müssen.
    Es haben sich natürlich Verhaltensmuster bei mir eingeschlichen, die mir erst jetzt langsam bewusst werden. Also nicht, dass ich ein bestimmtes Verhalten an den Tag lege, sondern dass dieses Verhalten evtl. ein Relikt aus meiner Kindheit sein könnte (oder vielmehr „ein Relikt aus meiner Kindheit IST!).
    Harmoniebedürfnis, eigene Wünsche nicht klar aussprechen können, es jedem recht machen wollen, das eigene Wohlergehen von dem der Familie abhängig machen…das sind alles Punkte, die mir so sehr an mir aufgefallen sind und die ich gerade hier im EKA Forum immer öfter lese.
    Und es gibt gerade einen aktuellen Anlass, dass ich mir über mein Verhalten Gedanken ma-che.
    Ich bin beruflich ziemlich zufrieden, kann gut selbständig leben und bin froh, dass ich mir zumindest keine allzu großen Gedanken um das liebe Geld machen muss.
    Mein älterer Bruder hingegen ist das Gegenteil…eine gute Ausbildung, aber er schafft es nicht, auf eigenen Beinen zu stehen (finanziell).
    Er liegt unseren Eltern wie man so schön sagt „auf der Tasche“ und wäre ohne sie komplett aufgeschmissen.
    Mich belastet das. Zum einen tut er mir natürlich leid, zum anderen sage ich mir aber, dass es so nicht gehen kann und er endlich (notfalls mit Hartz4) seine Sachen alleine regeln MUSS. Es kann nicht sein, dass sich unsere Eltern so für ihn verausgaben.
    Wie weit darf ich mich damit belasten…bis zu welchem Punkt bin ich noch „verpflichtet“, mich zu kümmern und wann fängt das „Co-sein“ an.
    Muss ich mich abschotten und mein eigenes Leben leben oder muss ich mich kümmern.
    Es belastet mich, dass meine Eltern durch das Verhalten meines Bruders so leiden...

    Eigentlich will ich doch nur meine Ruhe!!

    Es wäre schön, wenn ihr hier Eure Meinungen schreiben würdet.

    Bis dahin

    Herzlichst

    Billy

  • Hallo Billy,

    was genau belastet dich an seinem Verhalten?

    lG Mikesch

    liebe Grüße,
    Mikesch


    - Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist, als ein Stück Brot! - (R.M. Rilke)

  • liebe billy,

    ich bin kein experte, aber ist es nicht auch "co", dass du das problem
    deiner eltern lösen willst? traust du den beiden nicht zu, das allein
    mit deinem bruder zu klären?

    ich sage das, weil mein "co-vater" mir auch immer sehr leid getan hat,
    und es oft auch tut.

    einige leute hier haben mich aber auch schon zum nachdenken gebracht,
    als sie sagten: er ist für sich verantwortlich ergo auch dafür, dass seine
    unmöglich frau ihn durch ihr verhalten zum leiden bringt. es könnte eine
    "co-typische" verhaltensweise sein, SEIN problem an seiner stelle lösen
    zu wollen!

    für mich ist es schwer zu akzeptieren, dass jeder seines glückes aber
    eben auch seines peches eigener schmied ist. am liebsten würde ich
    meinen vater retten, oder eben meine alki-mutter. beide leiden. es tut
    mir weh, das zu sehen. überhaupt neige ich zu mitleid und kann das leid
    anderer schlechter als mein eigenes ertragen-

    dem versuche ich mich in letzter zeit ein wenig zu widersetzen, denn
    diese gefühle haben mich oft dinge tun lassen, die ich hinterher bereute.
    grob gesagt: mich für andere einsetzen und dabei mich und mein glück
    zu verbauen/zu vernachlässigen!

    das war also schädliches mitleid- im nachhinein betrachtet.

    könnte es bei dir auch so eine für dich typische haltung sein? anderen
    ihre probleme lösen zu wollen?

    klar hast du recht- was dein bruder macht, ist nicht ok. aber ich gebe
    zu bedenken: was bringt es, dich einzumischen? zeitweise würde vielleicht
    alles besser laufen für deine eltern. aber solange sie ihm nicht SELBER
    ihre grenze gezeigt haben, würde es -glaube ich- auf dauer wieder in
    alte bahnen zurücklaufen. und WENN sie selber grenzen setzen würden,
    müssten sie es so sehr wollen, dass sie auch seine gegenwehr aushalten!
    denn als verwöhntes kind räumt man nciht einfach mal so, kampflos, den
    platz- erstmal schreit das kind noch lauter nach dem lolli!

    um dafür gewappnet zu sein, müssten deine eltern selbst ein wut im
    bauch haben und dadurch seinem zu erwartenden widerstand stand
    halten - und ihn somit irgendwann brechen.

    und all das willst du ihnen abnehmen? den wunsch verstehe ich- aber
    ich halte es nicht für durchführbar... im übrigen ist es natürlich auch
    frustrierend, falls es nicht klappt- das verhältnis zwischen dir und
    deinem bruder dann aber vermutlich noch schlechter ist (denn ich
    kann mir vorstellen, dass du dann in seinen augen diejenige bist, die
    ihm sein leichtes leben oder sein glück mißgönnt, und versucht hat,
    es ihm zu nehmen).

    mir scheint das eher auf noch mehr frust hinauszulaufen.

    hoffe, ich bin dir nicht zu nahegetreten- letztlich kenn ich euch ja nicht,
    es ist jetzt nur so eine einschätzung aus der ferne!

    lg fatima

  • Hallo, Ihr beiden

    Danke für Eure Statements...dann will ich mal versuchen zu antworten...

    Hallo Mikesch!

    Es belastet mich, dass er sein Leben nicht endlich mal aufräumt und versucht, auf eigenen Beinen zu stehen...der Mann ist Mitte 40 und da muss er doch auch selbst das Bedürfnis haben, unabhängig zu sein!
    Und ich ärgere mich darüber, dass er keinerlei Ratschläge an nimmt und immer alles besser wissen will.
    Immer wieder läuft er auf einen Abgrund zu und kurz vor dem Fallen merkt er dann, dass irgendwas geschehen muss...und fleht um Hilfe!
    Und ich ärgere mich, dass er sehr wohl weiss, dass er seine Eltern mit seiner Art sehr belastet aber ich nicht im Ansatz erkennen kann, dass er mal an sich arbeitet!!!

    Hallo Fatima!

    Nein, Du bist mir bestimmt nicht zu nahe getreten, im Gegenteil!
    Ich mache meine Wohlergehen von dem anderer abhängig...das ist nicht gut, das weiß ich.
    Eigentlich bin ich ja der Meinung, dass man (ich) nicht nur an sich denken kann, sondern auch eine gewisse Verantwortung für seine Familie hat. Aber es ist ja vielleicht auch so, dass ich erkennen muss, wenn etwas nicht zu ändern ist.
    Du schreibst selbst, dass es weh tut...davor fürchte ich mich ein bisschen.
    Mein Ex-Freund ist mir mittlerweile egal, da fühle ich mich aber überhaupt nicht mehr verantwortlich und es ist mir egal, was er macht...!
    Aber die Familie...irgendwie ist es was anderes.
    Ich erkenne, dass sich mein Bruder in einem Teufelskreis befindet, aus dem er alleine nicht herauskommt. Aber auf der anderen Seite nimmt er auch keine Ratschläge an.
    Da bleibt wohl nur noch, ihn laufen zu lassen.
    Und das wird meine Eltern kaputt machen (wenn sie es denn überhaupt über Herz bringen, ihm die Verantwortung für sein Leben komplett selbst zu überlassen).
    Und ich stehe dann daneben und leide, weil meine Eltern leiden.

    Sch...!

    Ich glaube langsam, die Verarbeitung meiner Co-Strukturen fängt jetzt erst richtig an.


    Danke für Eure Meinungen...

    Herzliche Grüße

    Billy

  • hallo billy,

    ich bin ja auch viel bei den cos unterwegs, weil ich co abhängige bin.

    ich weiss es ist für mich lange zeit auch ein unterscheid gewesen, ob ich nun meinem ex mann den rücken zukehre, ihn machen lasse oder ob ich das mit meiner mutter mache. innerhalb der familie herrscht eine ganz anderen verbindung zueinander, dadurch auch eine ganz andere emmozionalität. ich bin darin gross geworden, damit aufgewachsen, diese menschen sind mir einfach am nächsten.

    nichts desto trotz ist hier genau der gleiche handlungsbedarf nötig wie bei dem ex mann. mit dem einzigen unterscheid, das ich den kontakt nicht einfach so abbrechen will, weils die mutter ist. das bedeutet für mich noch mehr arbeit an mir eine innere distance aufzubauen, trotzdem begegnungen zulassen können, diese aber auf ein minimalstes zu beschränken.ja und bei mir zu bleiben. das ist sehr schwer!!!

    lieben gruß melanie

  • Hallo Melanie und alle anderen Leser!

    Da hast Du wirklich recht, eigentlich muss ich mich gegenüber meiner Familie genau so "radikal" verhalten wie ich es meinem Ex gegenüber praktiziert habe.
    Aber es gibt eben diese Emotionalität, die zwischen "Blutsverwandten" herrscht...und das ist anders als die Emotionen, die ich gegenüber meinem Lebenspartner habe. Von ihm konnte ich mich trennen und das Band war nach kurzer Zeit zerschnitten. Aber von der eigenen Familie trennen...??? Das bringe ich nicht übers Herz!

    Aber ich arbeite daran, nicht mehr alle Problem an mich heran zu lassen. Ich kann Hilfe anbieten, aber ich kann eben nicht die Probleme anderer Menschen lösen!!
    Du hast ja so recht Melanie...das ist einfach schwer!!

    Ganz lieben Dank für Dein Feedback!!

    Herzliche Grüße

    Billy

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!