Beziehung auf Eis gelegt – wie soll ich mich jetzt verhalten

  • Hallo!

    Nachdem ich seit langer Zeit immer mehr darunter gelitten habe, dass mein Freund regelmäßig viel Alkohol trinkt und mir nur ganz wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat und auch sonst kein sonderliches Interesse an mir hat, habe ich beschlossen, auf mich zu schauen und ihn vor die Wahl zu stellen – entweder der Alkohol oder ich.
    Ich habe einfach das Empfinden, dass es immer nur um „ihn“ geht.
    Keine gemeinsamen Aktivitäten, keine konkrete gemeinsame Zukunftsplanung.
    Ist das typisch für eine Alkoholkrankheit?
    Macht einen der Alkohol so müde, dass man keine Kraft mehr für etwas anderes hat?
    Er ruft mich zwar, seit ich mich in meine eigene Wohnung zurückgezogen habe an, was ich total lieb finde, aber ich merke selbst, dass ich mich gefühlsmäßig, zu meinem eigenen Schutz, sehr distanziert verhalte. Gut für eine Weiterführung der Beziehung ist das sicher auch nicht.
    Ich bin Co-Abhängig – wenn ich offen für ihn bin, meine Gefühle zulasse, tue ich wieder fast alles für ihn.
    Ich will ihn nicht zurückstoßen, will weiter offen sein; aber so wie bisher geht es halt nicht weiter, weil ich das letzte Quäntchen Kraft für mein eigenes Leben benötige.
    Was soll/kann ich tun?
    Der Alkohol macht alles kaputt - Ihn und die Beziehung.

    Sagara

  • hallo sagara,

    erstmal herzlich willkommen im forum.

    Wenn ich aus meiner erfahrung erzähle, wenn ich mal, was mir früher auch schon passierte, als jugendliche, einen "über den durst" getrunken hatte, dann ging es mir drei tage lang schlecht. ich bin auch körperlich eine ganz zarte. daher spürte ich sehr lange die auswirkungen die alkohol am körper verursachen. ich selbst hatte dann beschlossen, das ich das was ich da erlebte nicht mehr erleben will und habe nur sehr vorsichtig alkohol getrunken, um zu verhindern, das ich in einem solchen zustand komme. mein glück, denn viele haben diese grenze nicht.

    wenn ich dann mein verhalten beobachte,wie es mir damals ging, ich war in der zeit einfach nicht fähig etwas zu erledigen. wenn ich das dann überlege, wie es wohl jemand ergehen muss, der täglich seinen stoff braucht, zwar ein gewisser gewohnheitseffekt sich einschleicht, doch dennoch das gift auswirkungen hat, dann glaube ich das so jemand nicht in der lage sein kann, noch irgendwie leistungsfähig zu sein.

    es ist ja bekannt, das langfristiger alkoholmissbrauch auch schäden am körper verursachen. es sterben gehirnzellen ab, es werden leber und milz angegriffen.zudem kommen die für den alkoholiker typischen seelischen symphtome dazu, dadurch dass sie nichts mehr "auf die reihe" bringen, was ihenen wohl auch bewusst wird, wenn das umfeld reagiert wird das ganze zu einem "sich gehen lassen"" ich packs eh nicht" oder "ich bin nichts wert". darauf wird reagiert. stell dir vor mit so einer einstellung, "ich kanns eh nicht "sollst du leistung bringen, dann wird alles immer schwerer. der alkoholiker missbraucht dieses gefühl wohl um sich dann unter dieser last sich den nächsten stoff zu besorgen und dann erst recht zu saufen. so ähnlich läuft das denk ich mir ab, wenn ich das so beobachte, wie die zwei menschen in meinem umfeld benehmen und gehen lassen.

    für mich ist das so erklährbar. dennoch bin ich nicht bereit das zu tragen, da noch irgendwie einfluss drauf nehmen zu wollen. jeh mehr ich mich da einbringe um so mehr werde ich mit rein gezogen. helfen geht nicht, denn hilfe wird hier beunutzt um weiter zu machen.

    was für gefühle sind das, die du als co abhängige hast?

    lieben gruß melanie

  • Guten Morgen, Melanie,

    vielen Dank für deine Worte.
    Du kannst dir nicht vorstellen, wie mir das hilft!
    Jahrelang war ich "allein" mit meinem "Problem".
    Ich hab' mir das gleiche gedacht, wie du, da ich auch so eine "natürliche Grenze" habe; also hab' ich versucht, logisch überzuleiten. Ein bisserl was hab' ich über Alkoholmissbrauch gelesen - aber eben nie von ihm eine wörtliche Bestätigung darüber erhalten. Das hat mich total verunsichert.

    Was in ihm vorgeht, konnte ich nur aufgrund meiner jetzigen Erfahrungen erkennen.

    Schlimm war es für mich, dass ich ihm gesagt hab', dass ihm der Alkohol schlecht tut; dass er ihn körperlich und geistig kaputtmacht; dass er dann nichts tut und sich gehen lässt; - aber jetzt erkenne ich, dass er all das nicht anschauen möchte; jetzt realisiere ich, dass er wirklich eine Alkoholkrankheit hat und ich eine "Co-Abhängige" bin.

    Die Gesundheit ist ihm egal.
    Ich habe auch Mitleid mit ihm.

    "dass sie nichts mehr auf die Reihe bringen, ... "

    Ich erkenne jetzt, dass ich ihm durch die Co-Abhängigkeit auch geschadet habe. Manche Hilfe war erwünscht, manche nicht. Interessante Dinge wollte er selber tun; die für ihn unangenehmen sollte ich weiterhin übernehmen. Da kam es natürlich zu Konflikten.

    Das lernen hört nie auf!
    Momentan ist's für mich noch so, als hab' ich ein wirres Wollknäuel vor mir ...... .
    Ich versteh' halt noch vieles nicht, was da abgelaufen ist ....

    Ich weiß, dass er "seelische" Probleme hat, für die er keine Lösung sieht, die ihn belasten. Und er ist ein Mann, der halt nicht viel darüber spricht...
    Und da er trinkt und sich (auch dadurch) von seiner Umwelt abkapselt .... und seine "alten Freunde" trinken auch .......

    Aber ich sollte mich mit meinem Problem beschäftigen - deshalb bin ich ja auch gegangen, weil es mir zu viel war; weil ich schon keine Kraft mehr hatte und eigene Probleme ....

    Ja, "meine Hilfe wird zum Weitermachen genutzt" &
    ich brauche "die Hilflosigkeit" zum Teil auch als Lebenssinn. (das erschreckt mich)

    Hab' vor ein paar Tagen wunderbare Worte gefunden:
    "Vorher prüfen, wem und aus welchem Grund ich helfe" (das hab' ich mir zu Herzen genommen).

    Was machst Du, wenn du spürst / gespürt hast, dass du wieder in dein altes Verhaltensmuster zurückfällst / zurückgefallen bist?

    Wie hast du dich innerlich "losgelöst" ?


    Lieben Gruß,

    Sagara

  • liebe sagara,

    was mir geholfen hat war ganz einfach doch ist es soooo schwer das umzusetzen. ich hab mich nicht mehr mit dem problem des anderen beschäftigt, ich hab mich nur noch mit meiner eigenen problematik ausseinandergesetzt. ich hab angefangen mich endlich um mich selbst zu kümmern und automatisch geht der blick weg von ihm/ ihnen hin zu mir.

    wenn ich merke, ich bin in gedanken wieder mehr bei meiner mutter, dann erkenne ich das an meinem verhalten das ich habe. dann fühle ich mich nicht mehr wohl und versuche mich mehr auf mich zu konzentrieren.

    zum thema mitleid kann ich dir folgendes schreiben. ich hatte so viel mitLEID das ich mitGELITTEN hatte, körperlich wie seelisch um ihnen ihr LEIDEN erträglicher zu machen. das machte mich kaputt. ich bin heute überzäugt, das ich mir selbst geschadet habe.ich bin heute nicht mehr bereit zu LEIDEN, ich leide nicht mehr mit. das distanciert mich automatisch von ihnen, da kann ich mich gut abgrenzen.ich fand herraus, das das was ich machte viel mit der liebe zu mir selbst zu tun hatte. auch meiner eigenen wertschätzung die ich für mich empfand. ich habe mich damals nicht genug selbst geliebt, mir war wesendlich wichtiger von anderen geliebt zu werden. heute ist das genau anderstrum, ich habe mich selbst lieb und brauche die liebe von aussen nicht mehr um glücklich zu leben.

    zudem der letzte schritt der mich weiter gebracht hatte war, das ich nicht mehr für sie kämpfte, mich für sie informierte um sie zu verstehen. ich habe angefangen zu akzeptieren, das es so ist wie es ist und ich keinen einfluss darauf habe, wie sie leben.

    die folge daraus war, das ich mich spürte, mich wahrgenommen habe, das ich für mich angefangen habe ein gutes gesundes leben einzurichten. auch für meine kinder. die gedanken die ich heute habe liegen meisstens bei mir. ich schreibe hier auch generell nur in ich form und erzähle von mir. das ist der springende punkt. ich verhinder dadurch zu viel gedanken über den anderen zu machen.

    ich bin heute der wichtigste mensch in meinem leben. da habe ich wertschätzung, eigenliebe, fürsorge für mich und lebe sie gerne aus. manche bezeichnen dies als egoistisch, doch egoismus ist bis zu nem bestimmten grad etwas notwendiges.ich opfer mich heute nicht mehr auf, leide nicht mehr mit. alles was ich spüre, wo ich merke, das es mir nicht gut tut wird hinterfragt und sofort aus meinem leben verbannt, wenn ich merke es würde mir schaden.so viel wert bin ich es mir heute!!!!

    auch ein punkt der mir wichtig war ist die erhlichkeit. ich bin gnadenlos ehrlich zu mir selbst geworden. das war richtig schwierig am anfang hab ich mich gern rausgeredet. doch als ich so weit war, so tief gesunken und am boden zerstört half mir tatsächlich das ich ehrlich zu mir war und meine eigene lüge die ich lebte erkennen konnte.dadurch habe ich sehr schnell wieder boden unter den füssen gehabt und konnte das was vollkommen kaputt war aufräumen und wieder sicher aufbauen.ehlichkeit kann harte worte bringen, kann ziemlich schockieren, doch nur dadurch ist es möglich gesund zu leben.

    ich habe sehr lange gebrauch, habe meinen tiefpunkt vor zwei jahren gehabt, nun heute geht es mir gut und ich fühl mich frei und unabhängig, stabil, wohl bin glücklich, zufrieden mit dem was ich erreicht habe. klar ist mir dennoch, ich bin co abhängige und werd dies mein leben lang sein. also werde ich das was ich gelernt habe immer als wichtiges gut vor augen haben, denn das leben hört nicht auf, es geht weiter und ich kann nicht erwarten dass alles immer glatt und sauber abläuft.

    lieben gruß melanie

  • hallo erik,

    das systhem ist das gleiche, ob co abhängiger oder alkoholiker. wichtig ist dabei zu erkennen, das problem sitzt immer in einem selbst.

    nur wer an sich selbst arbeitet kann für sich selbst was ändern.da ist es wichtig bei sich selbst auch anzukommen. :wink:

    lieben gruß melanie

  • Liebe Melanie,


    es ist wunderschön, dich näher kennen zu lernen.

    In vielem, was Du von dir geschrieben hast, erkenne ich mich selbst wieder (Gefühle, Handlungen, Gedanken, Lebenswege, wie man sich selbst sieht,..).
    Und ich lernte und lerne.

    War jetzt am Bach, den es in meiner Nähe gibt – Wasser tut mir immer gut. Wasser fliest -stetig; mal langsam, mal schnell; mal muss es um ein Hindernis herum; mal schwappt es über ein „Hindernis“ drüber; mal transportiert es was (ein Blatt .. ) …………. deshalb liebe ich Wasser.

    Ich habe beschlossen, mich auf mich selbst zu konzentrieren, da es keinen Sinn macht, mich mit der Alkoholkrankheit genau auseinander zu setzen. Ich bin eine Co – bin so (wie ich jetzt erkenne) geprägt worden. (Elternhaus)

    Was ich schon vor ein paar Jahren lernte war, „dass es einfacher für mich ist alleine zu leben, als „unglücklich“ zu zweit.
    Dass ich darin nicht sattelfest bin, liest man ja ….. ;)
    S’wird schon – ich bin so froh, dass es euch gibt!

    Was ich immer wieder übergehe, sind meine eigenen Grenzen. (Stw. Mitleid; sich Unwohl fühlen - Danke!) Und ich bin wütend, dass ich mich immer wieder manipulieren lasse….
    wie kann man da immer wieder d’rauf reinfallen …………… aahh, ein Mechanismus ist das, der noch immer zu gut funktioniert ;) .

    Selbstliebe/Eigenliebe – ein Begriff, mit dem ich erst etwas anzufangen lernen muss; dem ich einen Inhalt geben muss. (Gesunder Egoismus, ohne schlechtem Gewissen!!! – oh, wie herrlich, auch dieser Mechanismus funktioniert)

    „gnadenlose Ehrlichkeit“ ….. Du hast soooo recht !!!!


    Melanie, Du hast so sehr hart an Dir gearbeitet – Danke, dass ich von dir lernen darf!

    Einen lieben Gruß & einen sonnigen Tag,

    Sagara

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