Keine Unterstützung durch Arzt

  • Hallo,
    ich bin seit kurzem zu der Ansicht gelangt, dass ich offensichtlich Alkoholkrank bin. Zu meiner "alkohilischen Karriere" in Kurzform: Als Jugendlicher durch die Clique wollte man dazu gehören. Hier begannen die ersten Kontakte zum Alkohol. Nicht übermäßig und nicht regelmäßig, wenn, dann aber heftig. Nach der Lehre bin ich ausgezogen. In die Fremdo sozusagen. da ich niemanden kannt, habe ich meine Abende mit dem Sixpack vor dem Fernseher. Dan lernte ich meine erste Frau kennen, trank eine Zeit überhaupt nicht und begann, durch den Druck der Scheidung. Tagsüber trank ich gar nicht, jedoch abends 6-7 halbe Liter oder 1 Liter Wein. Als ich meine jetzige Frau kennen lernte, habe erneut einen längeren Zeitraum sehr wenig getrunken. Durch Beziehungsprobleme dann wieder deutlich mehr. Ein gesundheitliches Problem zwang mich damals dazu, abzunehmen. Ich trank 2 Jahre lang nichts mehr. Bis dann ein beruflicher schwerer Rückschlag kam und gleichzeitig meine Frau sich von mir trennen wollte. Letzteres hat sie zum Glück rückgängig gemacht. jedoch trank ich seit dem 8-10 halbe Liter Bier jeden Abend, weil ich die Trennung bis heute nicht richtig verarbeitet hatte. Ich konnte nicht vernünftig schlafen nichts. Wegen einem erneuten schweren gesundheitlichen Problems trinke ich seit fast 4 Monaten gar nichts mehr.

    Ich habe bislang niemals geglaubt, dass mein Verhalten Alkoholkrank ist. jedoch hat mich 1 eine Aussage meines Arztes stutzig gemacht und 2. eine Antwort auf meine Votstellung im Forum.

    Seit zwei Wochen verspürte ich jedoch wieder Lust darauf, Bier zu trinken. Ich gehe manchmal im Laden dreimal um die Abteilung rum bis dann die Vernunft sagt: NEIN!!! Ich merke jetzt aber plötzlich, dass ich unruhig werde, wenn ich daran denke und ich habe in der letzten Zeit ein paar Symptome, wie verstärkt Rücken- und Gelenkschmerzen verbunden mit dieser Unruhe, Beklommenheitsgefühlen um den Brustbereich usw. Stutzig machte mich eine Aussage des Arztes: Kein körperlicher Befund aber haben sie ein Alkoholproblem? Ich habe es verneint, da ich bislang immer wieder mit dem trinken aufhören konnte, nie harte Sachen trank und ich mich auch ein wenig schämte, von meinen Biergenüssen zu erzählen. Ich trank ja auch nie tagsüber, sondern immer nur abends. Der Arzt sagt mir, dass die Symptome ähnlich psychischer Spätfolgen nach Alkoholentzug seien... Ich habs trotzdem abgestritten. (Leberwerte sind okay, aber eine vergrößerte Leber hat er trotzdem fest gestellt.

    Aufgrund meiner Erkenntnis, dass ich Alkohiliker bin, habe ich erneut mit dem Arzt gesprochen. Dieses Mal habe ich die überraschende Antwort erhalten, dass ich aus seiner Sicht kein Alkoholiker bin....................??????????? Ansonsten wäre ichnicht in der Lage, einfach so mit dem trinken aufzuhören. Außerdem wüßte er jetzt nicht, was ich von ihm wollte. Eine Entziehung benötige ich nicht und das bisschen Willemskraft werde ich doch wohl noch aufbringen... Das könne er der Krankenkasse nun nicht erklären, warum er mir jetzt therapeutische Maßnahmen verordnen soll.

    Jetzt verstehe ich die Welt nicht mehr. Ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich was unternehmen will und auch bereit bin, dazu zu stehen und dann???? Muss man erst so richtig abstürzen, bevor man Unterstützung erhält oder ist das tatsächlich so, dass man Unterstützung nur bis zu einem gewissen Punkt erhält?

    Okay, momentan bin ich tatsächlich an einem Punkt, wo ich das alles im Griff habe. Ich weiß jedoch, dass mich das nächste Verlangen wieder einholen wird. genau dadurch bin ich auch zu der Erkenntnis gekommen, dass ich Alkohlkrank bin, da es gesunden wohl nicht passiert, dass das Verlangen z.B. wächst, wenn man beim einkaufen in der entsprechenden Abteilung steht. ich weiß auch, dass ich, wenn ich wieder etwas trinke nicht bei einem Bier aufhöre... und wenn ich einmal angefangen habe etwas zu trinken, dann schadet es auch nicht am nächsten Abend... Genau so ging es mir ja jedes mal.

    Ich hoffe, dass mir eure Erfahrungen weiter helfen, weil ich zukünftig tocken leben will und muss. Danke für eure Geduld wegen des langen Textes.

    LG
    Baer

  • Hallo Baer,

    dass du nach 4 Monaten keine Entgiftung brauchst dürfte ja klar sein.

    Zitat

    das bisschen Willemskraft werde ich doch wohl noch aufbringen... Das könne er der Krankenkasse nun nicht erklären, warum er mir jetzt therapeutische Maßnahmen verordnen soll.

    Hast du dir mal überlegt einen anderen Arzt und eine Beratungsstelle aufzusuchen ?

    Die Beratungsstelle kann dir bestimmt auch Adressen von Ärzten nennen die sich mit unserer Krankheit besser auskennen.

    LG Martin

  • Hallo,

    Du schreibst ja selbst, dass Du es im Moment nur durch Aushalten nicht trinkst.

    Bei mir war das so, dass ich zum Arzt gegangen bin, diese hat dann auch behauptet: "Sie Alkoholiker - das glaube ich nicht." Auf mein Drängen habe ich dann trotzdem eine Einweisung ins Krankenhaus bekommen. Auf der Entgiftungsstation konnte ich dann wirklich informieren und habe anschließend eine Langzeittherapie gemacht.
    Es kann niemand für mich entscheiden, ob ich süchtig bin, auch ein Arzt nicht. Der kann mich höchstens auf meinem trockenen Weg unterstützen, wenn ich mir bei ihm Hilfe hole und er helfen will.
    Auf der Entgiftungsstation wurde mir damals nach der Entlassung eine Aufnahme für den Notfall angeboten, auch wenn ich schon eine Weile trocken bin. Das kann ein guter Ausweg in der Krise sein. Ob es das heute noch gibt, kann ich nicht sagen.

    Schönen Tag

    H.

    Ich bin jetzt erwachsen - Trocken seit 18 Jahren (Mai 2005).

  • Hall Bär,

    Zitat von XXLBaer

    8-10 halbe Liter Bier jeden Abend


    das dürfte meiner Meinung nach wohl reichen; 10 Bier Alkoholgehalt hatte ich auch zum Schluss

    Zitat

    Ich habe bislang niemals geglaubt, dass mein Verhalten Alkoholkrank


    kenne ich ich ...

    Zitat

    Ich trank ja auch nie tagsüber, sondern immer nur abends.


    ...auch ...

    Zitat

    (Leberwerte sind okay, aber eine vergrößerte Leber hat er trotzdem fest gestellt.


    allerbestens.

    Zitat


    Dieses Mal habe ich die überraschende Antwort erhalten, dass ich aus seiner Sicht kein Alkoholiker bin....................???????????

    Was für dejavues gerade bei mir.

    Ein dreiviertel Jahr vor meinem Entzug habe ich mich auch "nur" mal so testen lassen bei meinem Hausarzt nach einer Operation wegen der dort festgestellten erhöhten Leberwerte. Fazit: Nicht tragisch - ein bisschen vergrößert - "trinkens halt a bisserl weniger".

    Es ist bitter, und ich will keine Statistiken aufstellen, aber unsere beiden Ärzte sind wohl leider nicht die einzigen, die von Suchtkrankheit keine Ahnung haben. Man muss und kann als Allgemeinmediziner ja nicht alles wissen, aber so selten ist unsere Krankheit ja nun auch wieder nicht.

    Vergiss den Arzt, geh zu einer - sich auch so nennenden - Suchberatungsstelle (Stadt, Gemeinde, karitative oder andere anerkannte Träger, die Uni-Kliniken bei uns haben auch wöchentliche Termine nur zur Information) und lasse Dich beraten über Deine Möglichkeiten.
    Oder Selbsthilfegruppe.

    Klar hast Du ein Problem mit Deinem Konsum, sonst würdest Du hier nicht schreiben; und ich bin nicht der Meinung, dass man erst eine ausgeprägte körperliche Abhängigkeit (ist nicht schön) entwickelt haben muss, um sich Hilfe zu holen.

    Gruß Hoffnung

  • Hallo,
    danke für eure Postings.
    Habe vorhin geschrieben, nachdem ich beim einkaufen erneut ein schwer beklemmendes Gefühl verspürt habe. Wieder diese verflixte Versuchung.
    Meistens geht es gut, aber zum Wochenende hin, wenn so ein bisschen der Alltagstrott raus ist und man nicht mehr abgelenkt ist, dann kommt sie.

    Ich bin selber noch ein wenig geschockt, von der Erkenntnis, dass ich wohl Alkohiliker bin. Ich kann öffentlich auch noch nicht darüber reden. Selbst meiner Frau habe ich noch nichts gesagt. daher bin ich froh, dass ich mich hier austauschen kann. ich weiß auch nicht, was zu tun ist und dachte, erste Anlaufstelle sollte ein Arzt sein...

    Danke für euren Ratschlag. Ich werde mir so eine Beratungsstelle suchen und dahin gehen. Es sollte anonym bleiben. Men Arbeitgeber sollte nach Möglichkeiten nichts erfahren - der sucht noch Freiwillige um Personal ab zu bauen (-:

    LG
    Bär

  • Hallo Bär,

    mein Alkoholkonsum war sehr ähnlich dem Deinen. Auch ich habe letztes Jahr eingesehen, dass ich alkoholkrank bin und beschlossen, nichts mehr zu trinken. Habe mich dann allerdings nicht als erstes an den Hausarzt gewand, sondern an eine Suchberatungsstelle der Diakonie und gute Erfahrungen damit gemacht.

    Gemeinsam haben wir nun beschlossen, eine ambulante Langzeittherapie bei der Rentenkasse zu beantragen. Obwohl sie mir schon gesagt haben, dass die Möglichkeit besteht, dass die Rentenkasse das evtl. ablehnen wird, weil es ja anscheinend bisher auch ohne ganz gut läuft.

    Ich will aber trotzdem eine Therapie machen, und die Suchtberatung unterstützt mich dabei. Sie hat quasi das Management über meine Sucht übernommen. Sie hat alle Infos über die nötigen Schritte. Die Arztberichte, Sozialprognose, etc. läuft alles zentral über die Suchtberatung. Dort habe ich einen Ansprechpartner mit dem ich mich regelmäßig zu Einzelgesprächen treffe und alles mit ihm bespreche.

    Über Anonymität brauche ich mir keine Gedanken machen. Die Beratungsstelle würde nie irgendetwas ohne meine Zustimmung tun. Alles ist absolut freiwillig.

    Der Hausarzt kümmert sich bei mir eigentlich nur um das körperliche und hat den Arztbericht geschrieben. Wenn Dein jetziger Arzt dazu nicht bereit oder in der Lage ist, dann lass Dir am besten von der Suchtberatung einen anderen empfehlen.

    Gruß
    cduck

  • Hallo,

    ich habe nun auch Kontakt zu einer Suchtberatung aufgenommen. Ist glaube ich auch Diakonie. Telefnisch fühle ich mich da schon mal ganz gut aufgehoben. Nächste Woche soll ich persönlich vorbei kommen. Allerdings hat sie mir die Kontaktdaten von 2 SHG gegeben, wo ich so mene Zweifel habe. Bem ersten Anruf wurde mir gesagt, dass ich in diese Gruppe nicht passe, da hier eher die "Ex Hardcore" vertreten sei, die weder mir noch ich ihnen weiter helfen könne. Man hätte da schlechte Erfahrungen mit Verharmlosung gemacht.

    LG
    Bär

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