• 3 1/2 Jahre „Trocken“, und kein bisschen Weise.
    Bei meiner Anmeldung hatte ich mir gedacht ein wenig rum zu lesen, ein paar „schlaue“ Kommentare abzugeben und dass war`s dann. Das ist zu wenig und sind nur vorgeschobene Gründe. Ein wahrer Anlass ist wohl mehr, dass es mir sehr schwer fällt, eigene Bedürfnisse zu erkennen, auszudrücken und gewissermaßen auch einzufordern. In der Theorie klingt dies einfach, doch in der Praxis scheitere ich gewohnheitsmäßig daran.
    Eine Therapeutin, welche mir schon vor drei Jahren entscheidend geholfen hat, und die ich vor Wochen mal traf, meinte zu dem Thema: „Da ist ein sehr vernachlässigter Teil in Ihnen, der auch was will.“ Sie sprach davon, dass ich große Angst habe, von Emotionen überrollt zu werden und dementsprechend durch „Schamattacken“ geschützt, erst gar keine zulasse. Immer wenn ein Stück Spontanität die Oberfläche erreicht, wird diese durch abwägen schon im Keim erstickt. Meine Niedergeschlagenheit habe hierin sozusagen ihren Nährboden. Das ist zumindest meine Interpretation gewesen.
    Es ist nicht einfach mich diesen Teil zu nähern. Zum einem ist er wirklich „winzig“ und das Finden ist schon mühsam. Zum anderen ist da eine „mächtige Instanz“ die schnell einen Deckel darauflegt. Folge davon ist meist eine Antriebslosigkeit, die mit reinem phlegmatischem Verhalten nicht erklärt werden kann. Wie nähere ich meinem Wollen an – ohne es zu erschrecken?

  • lieber uwe

    ich kann das gut nachemfinden, denn das ist eine meiner grossbaustellen
    auch ich hab ein kleines, verhungertes mädchen in mir.....es hockt oft am boden in einer ecke
    war als kind oft so, um mich vor misshandlungen zu schützen

    und irgendwann hat sich der schutz verselbständigt

    ein leben mit zu viel verantwortung, zu viel druck,zu viel kälte......nur funktionieren.....immer
    dann irgendwann sich nicht mehr spüren wollen....das leben nicht mehr spüren wollen
    defizite zuschütten.....und das "hilft" erst einmal......bis, ja bis zum 26.6.11

    und nun???? alles ungefiltert wahrnehmen, sich spüren, ....sich nackt fühlen
    laufen lernen
    genau hinschauen
    trinkzeit positiv füllen

    es sind ja die negativen erfahrungen die irgendwann einen schutzmachanismus zum" überleben" auf die verwundete seele stülpen

    so ein manifestiertes verhaltensmuster lässt sich nur schwer aufbrechen denn es fehlt so etwas wie urvertrauen

    wenn mich zum bsp. etwas emotional berührt und tränen kommen hoch....
    werden diese im keim erstickt....ich schlucke und atme solange bis sie weg sind
    ausser als ich mich geoutet hab.....da waren viele tränen, echtes gefühl.....da war ich, ICH

    und nun?????? ich werd sehen, vertrauen lernen müssen......mich einlassen
    was passiert, weiss ich nicht.....es wird ein langer weg
    alte schutzmauern abtragen, stück für stück

    nun, uwe.....wie nähern wir uns unserem "wollen" an, ohne es zu verschrecken?????
    finden wir es raus, wie auch immer

    hoffe ich hab nicht zu durcheinander geschrieben.....wenn du fragen hast, frag

    grüsse, petra

    der weg ist das ziel

  • Danke Petra
    Wenn ich irgendwann so schreiben kann – spontan und ohne erst jede Zeile auf kommunikative Korrektheit zu überprüfen – bin ich für mich schon einen Schritt weiter.
    Vertrauen. Mit Anvertrauen versuche ich`s schon mal. Durchaus möglich, dass da ein Stück von den eigenen Missverständnisse herrührt. Aus einem Glauben heraus, alles selbst machen zu müssen, kann es mir meist auch keiner wirklich recht machen. Schon hier ist mehr Vertrauen angebracht. Daran übe ich mich schon (an der Arbeit und im ehrenamtlichen Bereich). Ist für mich verdammt schwer auszuhalten. Selbst wenn mich niemand in diesen Bereichen enttäuscht (oder gerade deshalb?). Die persönliche Wichtigkeit, oder besser vermeintliche Besonderheit, auf das reale Maß zu korrigieren und Gleichzeitig nicht im Gegenzug den eigenen Eitelkeiten zu weh zu tun, ist eine Wanderung auf schmalem Grat. Mir fehlt sozusagen der Wegweiser für die Balance.
    LG Uwe

  • hey uwe

    mit dem spontan....ist sone sache
    manchmal wäre es klüger erst zu überlegen
    ich mein das ganz allgemein.....bin imer zu spontan, zu emotional gewesen
    das macht es nicht einfacher

    aber auch da gilt es ein gesundes mass zu finden

    vertrauen und balance
    damit haben die meisten hier ein problem.....
    ständig auf der SUCHE.....steckt da das wort sucht drin?????

    da gehts um exestentielle erfahrungen
    enttäuschung, verletzung,ablehnung

    aber das weisst du sicher selbst

    mit dem, alles selbst machen zu müssen.....das kenn ich nur zu gut
    kontrolle????? nur sich selbst vertrauen

    das alles ist sehr komplex und hat viel mit los-lassen zu tun, denk ich

    aber das alles ist eine entwicklung.....das braucht zeit und geduld

    immer wieder probieren es mal laufen zu lassen
    im job kann ich das mittlerweile ganz gut.....früher hab ich ständig dinge auf und abgearbeitet die nicht meine baustelle waren
    jetzt seh ich sie nicht mehr, ganz bewusst

    dennoch finde ich solltest du nicht allzusehr ins gericht gehen, denn du erkennst genau deine defizite und möchtest etwas an und in dir ändern
    schon allein das ist futter für den winzigen teil in dir :)

    wäre schön wenn ich ein wenig mehr über dich erfahren könnte.....vergangenheit.....warum hast du getrunken, wie lange, wann war dein tiefpunkt, wie war deine kindheit.....usw

    dann versteh ich evtl. besser wie du tickst

    herzlichst,petra

    der weg ist das ziel

  • Hallo Petra
    Da ich mich innerhalb des öffentlichen Bereichs bewege, und meine Identität kein Geheimnis ist, wäre im Forum eine detaillierte Lebensbeichte eine exhibitionistische Entgleisung, die ich mir nicht verzeihen könnte. Ich kann trotzdem einmal versuchen, in groben Zügen und ohne Dritte mit einzubeziehen, einen Umriss zu skizzieren.
    Aufgewachsen bin ich in dem, was im Allgemeinen ein behütetes Elternhaus genannt wird. Ich war immer der angepasste und unauffällige. In der Schule im besseren Mittelfeld, sodass ich um Aufmerksamkeit zu bekommen, die Jobs gemacht habe, die keiner wirklich haben wollte. Dieses Muster habe ich sehr lange durchgezogen, nicht ohne auch davon zu profitieren. Ich bin mir nicht sicher welche Ereignisse in der Kindheit dafür gesorgt haben, dass ich das Kind-Sein aufgegeben habe, um „Verantwortung“ übernehmen zu „wollen“. Überzogene Erwartungen an mich selbst (mir gefällt das Wort Perfektionismus nicht so gut) und im Wesentlichen eine unangemessener Umgang mit dem Thema Scheitern, sind wohl die Hauptkatalysatoren für die Sucht. Getrunken habe ich regelmäßig seit dem 18ten Lebensjahr – problematischer Konsum ab ca. 2000 – und exzessiv in den Jahren 2006/07. Als ich nicht mehr arbeiten wollte (und mein Chef auch keinen gesteigerten Wert mehr darauf legte), hat meine jetzige Hausärztin die Reißleine gezogen. Ich war dazu nicht mehr in der Lage. Ihre Praxis lag glücklicherweise auf den Weg zu den Gleisen. Soviel zum Tiefpunkt. Ich habe Arbeit und Leben gleichgesetzt – und mit dem vermeintlichen „nicht mehr Wollen“ des einem, wollte ich das andere auch nicht mehr. Mein Chef hatte nicht die Absicht mich loszuwerden. Das war meine Interpretation. Im Gegenteil, hat er mich nach der Therapie angemessen unterstützt.
    Ich habe seitdem einiges verändert: Die Prioritäten verschoben (z.B. ist die Arbeit noch wichtig, aber kein Sinnersatz fürs Dasein), eine realistische Einschätzung meiner Möglichkeiten versucht und das Scheitern als Möglichkeit und Lebenserfahrung schätzen gelernt.
    Doch der „Richter“ in mir ist oft in der Lage, das Experiment mit den Emotionen, in seine Pflicht zu nehmen. So wird die neue Konditionierung umgangen, um wieder eine Maske aufzubauen. So was fällt mir aber auch erst auf, wenn ich es aufschreibe – ein Grund warum ich im Forum bin.
    Schönen Sonntag Uwe.

  • Hallo Uwe,

    ich hatte neben meiner Alkoholsucht auch eine MUß-Sucht. Ich muß dies, ich muß das. Mein Wortschatz kannte nur dieses Wort. Überzogenes Pflichtbewußtsein in Form von "ich muß". Mein Therapeut machte mich mal drauf aufmerksam und als ich mir bewußt darüber wurde, was ich mir mit dieser Suggestion selber antat, wechselte ich meine Sprache. Zu Anfang korrigierte ich dieses Muß noch sehr bewußt in "ich kann", ich darf", ich möchte", "ich will". Danach kam aber auch automatisch:"ich kann nicht", ich möchte nicht" und schließlich "ich will nicht".

    Dies half mir z. B. sehr, an meine Gefühle in Sachen überzogenes Pflichtbewußtsein zu kommen und auch meinen inneren Richter etwas zu entlasten. War eigentlich eine ganz simple Änderung mit großen Folgen. Ich muß mir nichts mehr antun, nur aus falschem Pflichtbewußtsein, heute kann ich abwägen, ob ICH etwas will oder nicht und dies auch artikullieren. Interessanter Weise bin ich aber immer noch sehr genau und erledige meine Arbeit sehr gut - aber ohne meinen Richter, der früher alles genau beobachtete und mich oft zurecht wies.

    Gruß

    BC

  • Hei BlueCould
    Danke für die Antwort.
    Dies scheint mir die eine Seite der Medaille zu sein. Die Worte, die mein Denken bestimmen, kann ich bewusst so gestalten, dass es mir in den Handlungen tatsächlich besser geht (auch einmal „Nein“ sagen zu können, geht in die gleiche Richtung). Sozusagen meine „Pflicht“ Mich nicht bei alledem zu vergessen.
    Das Wollen, welches ich suche, liegt wahrscheinlich eine Etage tiefer. Es sind sehr unbewusste Verhaltensmuster, die ich aufbrechen möchte. Ich werde diese „Vorschriften“ nicht aus meiner Persönlichkeit tilgen können – sie gehören ja dazu -, aber die, welche mir das neue Leben schwer machen zu überschreiben, erachte ich als wertvoll. Ich bin quasi bei einer Inventur aus skeptischer Distanz. Da dieser Abstand naturgemäß trotzdem im selben Kopf stattfindet, bin ich dabei auf die Blickwinkel von Euch mit angewiesen.
    Gruß Uwe

  • Hallo Uwe,

    Zitat

    Das Wollen, welches ich suche, liegt wahrscheinlich eine Etage tiefer. Es sind sehr unbewusste Verhaltensmuster, die ich aufbrechen möchte.

    ja, so mache ich es auch - allerdinge mit Hilfe meines Therapeuten, der mir immer wichtige Hinweise gibt, wie ich meine alten Verhaltensmuster und auch Überlebensstrategien erkennen und auch umsetzen kann.

    Zitat

    Ich werde diese „Vorschriften“ nicht aus meiner Persönlichkeit tilgen können – sie gehören ja dazu -, aber die, welche mir das neue Leben schwer machen zu überschreiben, erachte ich als wertvoll.

    Ja, so sehe ich das auch und es geht mir immer besser damit. Ich kann mich nicht umkrempeln, ich habe Charakterzüge und mein ICH - aber ich habe auch Dinge in mir, die längst nicht mehr für mich zutreffen, welche ich aber trotzdem weiter gelebt habe.

    Gruß

    BC

  • Hallo
    „…auch Dinge in mir, die längst nicht mehr für mich zutreffen…“. Das trifft es wohl – find ich gut. Eine „Überlebensstrategie“ aus vergangenen Jahren. Und genauso habe ich dann probiert, dies wieder mit mir selbst auszumachen. Deshalb schrieb ich ganz oben: „…und kein bisschen Weise.“
    Meine Verhaltensweisen bisher haben mir dennoch ein gewisses Maß an Sicherheit und Stabilität gegeben. Ich weiß nicht welche Reaktionen eine Veränderung hervorrufen wird – und sowas macht gelegentlich Angst. Vor allem der vermeintliche Verlust der Harmonie, wie er von außen beobachtet werden soll (bitte keine Gutgemeinden Reaktionen auf diesen Satz – da ist ein Stückweit Ironie dabei). Trotzdem ist es nicht einfach, die erworbenen Einblicke auf die eigene Person anzuwenden.
    Gruß Uwe.

  • Hallo Uwe,

    Zitat

    Ich weiß nicht welche Reaktionen eine Veränderung hervorrufen wird – und sowas macht gelegentlich Angst.

    Kannst Du Dir ausmalen, was im schlimmsten Fall passieren würde bzw. Deine Ängste benennen und warum Du sie hast?

    Gruß

    BC

  • Hallo Uwe!

    Zitat

    Bei meiner Anmeldung hatte ich mir gedacht ein wenig rum zu lesen, ein paar „schlaue“ Kommentare abzugeben und dass war`s dann

    Das kenne ich auch.Nicht in diesem Forum,da war ich ja total unerfahren.
    Aber in anderen zwischenmenschlichen Bereichen.

    Hast Du gemerkt,dass Du hier viel mehr lernen kannst als Du gedacht hast?
    Dann ist das eine echte Chance,die Du packen kannst!

    Nimm es mal mit der Ruhe!
    Schau Dich um,da sind noch so viele Schätze begraben für Dich!
    Was Dir hilft,das nimm an.

    Vielleicht ist das eine neue Phase auf Deinem trockenen Weg?

    Herzliche Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • Hallo
    Ich bin mir sicher, dass mir der Aufenthalt hier weiterhelfen wird. Schreiben hat halt eine andere Qualität, als einfach über etwas nachzudenken. Und bei Fragen, die ich mir selbst stelle, ist meist die Antwort mit formuliert. Das hat dann mehr von einer Katze, die sich in den eigenen Schwanz beißt. Es ist ein Punkt erreicht, wo die Antworten auch wieder „Aua“ machen können.
    So wie bei dem „Schlimmsten was passieren kann“. Rational bleibt festzuhalten: nichts kann geschehen!
    Doch wenn ich schon im „Fremdschämen“ so gut bin, wenn sich andere verirren, wie ertrage ich dann eigene Irrwege? Und das ist auch nur an der Oberfläche gerubbelt. Möglicherweise hat es viel mit den eigenen Eitelkeiten zu tun – dem Gedanken von der persönlichen Extrarolle. Wenn die so gar nicht ihre Aufmerksamkeit bekommt, hat das schon was „katastrophales“.
    Ich probiere es nunmal mit mehr Geduld.
    Gruß und Danke – Uwe.

  • Hallo Uwe,

    Zitat

    So wie bei dem „Schlimmsten was passieren kann“. Rational bleibt festzuhalten: nichts kann geschehen!
    Doch wenn ich schon im „Fremdschämen“ so gut bin, wenn sich andere verirren, wie ertrage ich dann eigene Irrwege?

    Ist es nicht vielmehr so, dass wir lernen, uns so anzunehmen, wie wir sind? Ich denke doch, darum geht es bei der Veränderung. Keine Maskeraden mehr vor sich selber.

    Genauso ist es mit dem Fremdschämen. Zuviel im Außen geschaut, verwirrt m. E. den Blick auf´s eigene Innere.


    Gruß

    BC

  • Hallo BlueCloud
    Nun, natürlich geht es darum. Mein Weg hat sich vom Beginn an darauf konzentriert. Vom „akzeptieren wie ich bin“, über das, „wer bin ich überhaupt“, zum „warum ich so bin“ nun eben zu der Fragestellung „muss dies auch so bleiben“. Veränderungen finden auch ohne bewusstes Zutun statt. Jetzt bin ich der Meinung einen Schritt weiter gehen zu können. Dazu gehört es eben einer gewissen Beziehungslosigkeit entgegenzusteuern – Angst vor Nähe abzubauen -, mich von den Zwängen zu lösen die mich beengt haben. Doch die Umsetzung in den Alltag gestaltet sich bisweilen zäh.
    Übrigens, Fremdschämen hat mehr mit den eigenen moralischen Ansprüchen, der eigenen Ethik zu tun. Damit bin ich nicht alleine.
    Gruß Uwe

  • Hallo Uwe,

    Zitat

    Übrigens, Fremdschämen hat mehr mit den eigenen moralischen Ansprüchen, der eigenen Ethik zu tun. Damit bin ich nicht alleine.

    Sicherlich. Aber nur Du hast Deine eigenen moralischen Ansprüche. Niemand anderer sonst - vielleicht ähnlich - aber nie gleich. Wenn man sich dies bewußt macht und bei sich bleibt, dann muß man sich auch nicht fremdschämen. Ich schäme mich nicht mehr für andere, ich entscheide nur: wieviel macht mir die andere ethische oder moralische Einstellung zu schaffen und will/kann ich damit leben. Jeder Mensch muß für sich selber klar kommen.

    Zitat

    Dazu gehört es eben einer gewissen Beziehungslosigkeit entgegenzusteuern – Angst vor Nähe abzubauen -, mich von den Zwängen zu lösen die mich beengt haben.

    Vielleicht kommt es Dir wie eine Phrase vor, aber je mehr ich angefangen habe mich zu akzeptieren - mit allen meinen Schwächen und Stärken - desto mehr näherte ich mich selber zu mir an. Je näher ich selber zu mir kam, desto mehr baute ich Distanzen zu anderen Menschen ab. Dies ist aber ein längerer Prozeß und dauert immer noch an. Je unabhänger ich von anderen Denkensweisen werde, desto mehr baut sich mein Inneres auf und verwurzelt sich. Dazwischen gibt es auch die Phase der Einsamkeit, alte Einstellungen loszulassen, neue Einstellungen zu etablieren - einfach ich selber zu sein und zu forschen, mir Gefühle erklären zu können.

    Gruß

    BC

  • Hallo Frozen Tears
    Und es ist erstaunlich, was sich da alles angesammelt hat. Wie im „wahrem Leben“ sind die Geschichten die ich erreichen will in den oberen Regalen damit ich mich strecken muss und das was ich suche, ist stets ganz unten versteckt. In Augenhöhe befinden sich die trivialen Sachen, welche zwar eine gemäßigte Zufriedenheit auslösen, mir nunmehr aber nicht mehr alleine genügen.
    Viel Spaß bei der eigenen Bestandsaufnahme.
    Gruß Uwe

  • Hallo Uwe,
    ich finde es schön, dass Du bei der ganzen Sache auch Deinen ganz eigenen sehr angenehmen Humor behälst. Das ist für mich sehr angenehm zu lesen. Keine Verbissenheit wie man es in vielen anderen threads liest, trotz des doch sehr ernsten Themas. Ok, Du bist jetzt doch schon ne Weile trocken und gehst jetzt ans Eingemachte. Das is natürlich anders, als wenn man in der akuten Situation steckt.

    Schön beschrieben aber auch wieder mit den Regalen. Und ich denke das ist auch nicht ohne grund so. Erinnert mich an meine Kindheit, wo meine Mutter immer Süßigkeiten ganz oben im Schrank versteckt hatte in der Hoffnung wir würden sie nicht finden. Ganz vergessen dabei hatte sie, dass es in der Küche auch Stühle gab. Aber recht hatte sie ja das Zeug weit weg zu tun, denn zu viel davon ist ja bekanntermaßen ungesund. Und ich finde, dass man auch mit seinem Unterbewußtsein sehr vorsichitg sein muß. Mir ging es anfangs hier allein durchs Lesen einger Threads schon sehr nahe, da ich nicht damit gerechnet hatte, wie sehr mich doch die Coabhängigkeit der Mutter und die Abhängigkeit des Vaters in meinem Leben beeinflußt hatten und wieviele parallelen es da doch gibt zu anderen Personen hier.
    Wie sehr mein Verhalten, mein ganzes Leben im Grunde schon sehr davon bestimmt wurde und besonders auch meine Gefühlswelt. Manches Mal kam ich an einen Punkt, wo es mir schon zu viel wurde, wo ich meinte, dass ich das garnicht verarbeiten kann und eine pause brauche. Und immer wieder die Phasen, wo ich wieder sehr viel gelesen habe und immer wieder den Spiegel vors Gesicht gehalten bekommen habe. In dieser Zeit bin ich sehr gewachsen und bekomme mehr und mehr das Gefühl, dass ich wieder zu mir selbst finde, zu meinem eigentlichen Ich, zu dem was mich selbst ausmacht. Meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen ist schon ein recht ungewohntes Gefühl. Es gab auch mal ne Phase in meinem Leben , wo ich sehr stark eins mit mir selbst war und nach meinen eigenen Vorstellungen gelebt habe. Aber aus irgendeinem grund habe ich mich dann wieder von mir entfernt. Damals war das glaube ich, mehr intuitiv. Heute möchte ich es erreichen mit dem bewußtsein zu wissen, was ich tue, was ich fühle und warum. Ich möchte mich nicht immer wieder verlieren und das tue ich glaube ich immer wieder zwischendurch. So als ob ich wahllos durch den Urwald renne und immer wieder in irgendwelche Löcher falle und Fallen tappse. Ich denke, dass ich durch meine Kindheit , durch mein Aufwachsen in einer Suchtfamilie neben den üblen Schäden auch einiges nützliches an Überlebensstrategien gelernt habe. Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, Selbständigkeit, Sensibilität und Intuition. Dinge, auf die ich mich verlassen konnte, wenn ich sie dann auch mal einsetzte. Sobald ich mich im Leben davon entfernte war ich schnell aufgeschmissen.
    Jeder hat seine eigene Geschichte und daraus seine Strategie entwickelt. Wenn sich die Geschichte ändert kann man sich aber getrost auch von Dingen verabschieden, die man einfach nicht mehr braucht. Loslassen.

  • Hallo Frozen Tears
    Nun ich habe ernsthaft angenommen gehabt, mich schon von Verhaltensweisen verabschiedet zu haben, die mir nicht gut tun. Der Irrtum war: Verabschieden mit Verschwunden zu verwechseln. Auch wenn ich nicht wieder angefangen habe zu Trinken, hatte sich mein Benehmen in eine Richtung entwickelt, was den „alten Mustern“ nicht unähnlich war. Es war nicht leicht mir einzugestehen, das sich mein „Innen“ eben nur ein anderes Ventil gesucht hat (Grießkram, Schlaflosigkeit, Antriebslosigkeit… – ein wahres Sammelsurium von Unbill, den ich nicht gebrauchen konnte). Ich habe ziemlich lange gezögert darüber zu sprechen – denn eigentlich hat es mir ja gut gehen müssen. Ich bin dann erst einmal drei Monate am Eigentlich gescheitert ehe ich was unternommen habe. Nachdem ich der freudschen Empfehlung gefolgt bin, dass man nicht nur sprechen darf, sondern auch sprechen muss, habe ich noch das schreiben mit ins Boot genommen. Kein unerheblicher Fortschritt für meine Erfahrungswelt.
    Gruß Uwe

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