Servus Hopeful1975,
in gewohnter Manier will ich dann erst mal Deine Hoffnungen genüsslich zerstören. Aufbauen kannst Du Dir selbst welche.
Die meisten Partnerschaften zwischen Alkoholkranken und Nicht-Alkoholkranken gehen nicht während der Sauf-Phase auseinander, sondern danach.
Es gibt dafür viele Ursachen. Ein paar davon sind einleuchtend und nachvollziehbar:
1.) Viele Partner kennen den Trinker nicht in trockenem Zustand, sondern erst seit der Missbrauchsphase, von der er irgendwann in die Sucht abglitt. Das heisst, den trockenen Partner erleben sie jetzt in den nächsten 12 - 24 Monaten "erstmalig". Da kann sehr viel "nicht passen".
2.) Alkohol ist eine Substanz, die den ganzen Menschen verändert. Das kann zur Folge haben, dass der Partner im trockenen Zustand sich komplett anders entwickelt, als er das jemals zuvor war. Also wieder ein "völlig neuer Mensch".
3.) Viele Alkoholiker haben im nassen Zustand einen großen Teil ihrer Bedürfnisse nicht wahrgenommen, und schon gar nicht befriedigt. Im trockenen Zustand lernen wir, unsere Bedürfnisse zu erkennen, zu artikulieren, und auch einzufordern - manchmal noch recht unbeholfen und ungestüm. Das kann zu unüberwindlichen Differenzen führen.
4.) Als nasser Alkoholiker haben viele von uns die Verantwortung für weite Teile unseres Lebens einfach abgegeben. Unsere Partner haben oft diese Verantwortung für uns übernommen, aus welcher Intention auch immer. Jetzt nehmen wir diese Verantwortung plötzlich wieder selbst wahr, und womöglich ganz anders, als unser Partner das für uns gemacht hätte. Das führt auch oft zu unüberwindlichen Differenzen.
Diese Liste könnte ich jetzt Meterweise weiterschreiben. Es wäre sinnlos.
Denn es gibt auch die Gegenseite: Partner, die sich endlich wieder richtig verstehen, die wieder miteinander reden, miteinander leben. Auf "Augenhöhe" (blödes Modewort).
Es wird also sehr viel an Dir und Deinem Partner liegen, wie ihr in nächster Zeit miteinander umgeht, ob ihr miteinander reden könnt, wieviel Porzellan Eurer Beziehung unrettbar zerschlagen wurde, in wie weit ihr Euch beide vergeben könnt, was ihr Euch angetan habt.
Ich kann nur Karstens Satz für uns Alkoholiker auch hier anbringen: "jeder kann es schaffen". Meine Frau und ich sind jetzt siebzehn Jahre miteinander verheiratet, davon bin ich die letzten acht Jahre trocken. Heute sind wir wieder glücklich miteinander, wobei wir heute ganz anders miteinander umgehen, als vor 17 Jahren.
Wenn ihr wisst, was ihr wollt, und Euer Wunsch ein gemeinsamer Wunsch ist, dann werdet ihr auch Wege zur Umsetzung finden. Wenn nicht, dann habt ihr immer noch die Chance auf ein erwachsenes und faires Auseinandergehen, bei dem jeder sein Gesicht wahren kann und sein Leben leben darf.
Beides hat seine Berechtigung.
LG
Spedi