HeuteEinfachLeben

  • Hallo Manfred, ich freue mich von Herzen über diese tolle Nachricht !

    Marion

    Danke für deinen letzten langen Text !

    :)

    Es arbeitet in mir.

  • Hallo Manfred,

    Zitat

    Glücklicherweise fällt es mir heute (früher) auf, und ich frage mich dann: Muss ich da jetzt die Kontrolle behalten oder kann ich „Es“ oder die „Anderen“ auch einfach mal so lassen?


    die Frage könntest du (wenn du wolltest) ja noch ergänzen um: "Kann ich MICH auch einfach mal so lassen?".

    Gruß Penta

  • Hallo Manfred,

    alle sind wir durch unsere Erinnerungen geprägt. Das betrifft sowohl das Kindheitsgedächtis wie auch das Suchtgedächtnis. Ich denke, da gibt es keine Ausnahme.

    Zitat

    Ob, wann und in welchem Maße sich jemand mit diesen alten Prägungen beschäftigt, das darf selbstverständlich jeder für sich selbst herausfinden.

    Natürlich darf er/sie das. Das ist das persönliche Recht auf eigene Entscheidungen.

    Ich selbst bin sehr lange um das Thema Prägungen, und wie ich ihnen möglicherweise die Tiefe nehmen kann, gekreist (in Therapien / und in immer tieferes Eindringen in mir).

    Heute weiß ich, dass ich sie nicht loswerde. Sie sind ein Teil von mir und werden es immer bleiben. Was sich für mich geändert hat, ist der Umgang mit ihnen. Heute akzeptiere ich sie. In besonderen Situationen werde ich an sie erinnert.

    Zitat

    Ob ich mich so ganz von meinem süchtigen Verhalten abwenden kann, da bin ich mir nicht so sicher.
    Bei mir tauchen da immer wieder süchtige Merkmale auf.

    Da erhält es sich ähnlich. Ich bin ein suchtkranker Mensch - das krieg' ich doch nicht weg. Das käme einer Heilung gleich und die gibt es bekanntlich nicht.

    Heute bin ich sensibler geworden und schaue genauer hin. Dennoch werde ich mich nie ganz von diesem Verhalten abwenden & es ausradieren können, weil dafür ich ich doch suchtkrank. Dem werde ich zeitlebens ein besonderes Augenmerk schenken müssen.

    Liebe Grüße
    Maria

  • Danke Marion, Penta und Maria für Eure Beiträge.

    Zitat

    "Kann ich MICH auch einfach mal so lassen?".

    Danke für die Ergänzung.

    Wieso bin ich da wohl nicht selbst drauf gekommen? :wink:
    Liegt wohl an diesen Optimierungsbotschaften, die immer wieder bei mir aufflackern. :lol:

    LG Manfred

  • lieber manfred,

    mich erinnert das an perfektionismus, was du schreibst. den perfekten optimalen menschen gibt es nicht.

    kannst du dich selbst mit all dem wer du bist und was du mit bringst annehmen und akzeptieren? so wie du bist? muss es denn immer besser und besser sein? ist es nicht jetzt schon gut? du trinkst nicht mehr, hast dafon los gelassen, willst nicht mehr. langt das nicht aus?

    gruß
    melanie

  • Hallo Melanie,
    ich bin so unperfekt, dass ich nicht einfach so perfekt alles loslassen kann.

    Ich empfinde mein Leben als einen Genesungsprozess.

    Mein Ziel ist nicht, dass ich perfekt werde, sondern es geht mir im Wesentlichen um einen Befreiungsprozess, Innen wie Außen.

    Teile dieses Prozesses beschreibe ich hier, so gut wie möglich.
    Vieles geschieht auch im Stillen, das ich nicht immer, oder sofort in Worte fassen kann. Es ist ein sehr langsamer Bewusstwerdungsprozess.

    LG Manfred

  • Ich hatte ja in Bc`s Thread angekündigt, dass ich etwas Ausführlicheres zu folgender Frage schreiben wollte:

    Was brauche ich?

    Essen und Trinken
    Regelmäßige Mahlzeiten sind für mich wichtig.
    Gerade wegen meiner schon länger andauernden Erwerbslosigkeit strukturieren sie auch meinen Tag.
    Ich bin froh, dass es mir gelingt 3 Mahlzeiten am Tag einzuhalten, davon eine warme.
    In letzter Zeit habe ich auch wieder Spaß am ausprobieren neuer Rezepte bekommen.

    Sicheren, alkoholfreien Ort (Wohnung)
    Mit meiner Wohnung bin ich im Großem und Ganzen zufrieden (47 qm, 2 Zimmer).
    Das Wohnzimmer ist leider etwas dunkel, da durch den Balkon (Loggia) sehr viel Licht draußen bleibt.
    Nun ja, dafür ist der Balkon recht groß (reicht für Tisch u. 2 Stühle, oder Sonnenliege).
    Da ich auch Ruhe brauche, stört mich am meisten, dass sich die „lieben“ Nachbarn nicht so gern an die Ruhe zeiten halten.
    Ein Umzug ist aus finanziellen Gründen nicht möglich, also versuche ich das Beste aus der Situation zu machen.

    Sinnvolle Beschäftigung
    Die Hoffnung auf einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob habe ich aufgegeben (ob mit oder ohne Sinn).
    Ich habe in den letzten Jahren gelernt, auch mit sehr wenig Geld auszukommen.
    Derzeit überlege ich, wie ich etwas hinzuverdienen könnte, um die eine oder andere kleine Neuanschaffung zu realisieren.
    Freude an der Tätigkeit und nettes Team stehen dabei im Vordergrund.

    Darüber hinaus unterstütze ich jetzt mehr und mehr meine Eltern, die zunehmend gebrechlicher werden.
    Ich kümmere mich um Haus und Garten, und ich begleite sie bei ihren vielfältigen Erkrankungen, insbesondere meine Vater (84), der demnächst wg. einer Krebserkrankung bestrahlt werden muss.

    Da sich unser Verhältnis in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, freue ich mich darüber, dass ich jetzt für sie da sein kann.
    Ich hatte es, glaube ich, schon einmal geschrieben: Es ist auch eine Zeit des Abschiednehmens.
    Hin und wieder tauchen auch alte Muster auf, aber sie haben nicht mehr die Bedeutung wie früher.
    Heute bin ich klarer und handlungsfähiger.

    Soziale Kontakte
    Den meisten Kontakt habe ich z.Zt. mit meinen Eltern. Wir telefonieren häufiger als früher, und ich besuche sie alle 1-2 Wochen.
    Den gleichen intensiven Kontakt habe ich zu meinem Bruder (wohnt mit seiner Familie ca. 200 km entfernt),
    der mich auch in der Betreuung meiner Eltern unterstützt, was mich sehr entlastet.
    Wir stimmen uns regelmäßig über alle Fragen ab, und haben jetzt auch beide eine Vorsorgevollmacht.
    Sehr gerne telefoniere ich auch mit meinem Neffen (11), der mich in Sachen Fußball, Schule, etc. auf dem laufenden hält.
    Außerdem habe ich noch einen langjährigen Freund, mit dem ich auch telefoniere und mich treffe.

    Hin und wieder spreche ich auch mit dem einen oder anderen Nachbarn, zu denen ich insgesamt ein gutes Verhältnis habe.

    Auch die MitarbeiterInnen in meinem Supermarkt zähle ich zu meinem sozialen Umfeld. Alle, die dort arbeiten sind sehr freundlich. Gelegentlich tausche ich mich dort auch über meine neuen Rezeptideen aus und lasse mich ein wenig beraten.

    Z.Zt. ist auch noch meine Therapeutin für mich ein wichtiger Kontakt.
    Da die Termine langsam auslaufen, treffen wir uns nur noch alle 4 Wochen.
    In den vergangenen 2,5 Jahren war meine Therapeutin eine sehr wichtige Begleiterin für mich.
    In den Gesprächen mit ihr habe ich erfahren was es bedeutet, wenn ich mich vertrauensvoll einem anderen Menschen mit all meinen Gefühlen öffne, und dieser bereit ist, diese für einen Moment mit mir zu teilen.

    Bewegung (körperlich, geistig, seelisch)
    Leider laufe ich nicht so regelmäßig wie es mir gut tun würde. Das war schon mal besser.
    Aktuell habe ich gerade mit einer neuen Behandlung wg. meiner „Beckenverspannungen“ begonnen. Diesen schon sehr lange andauernden hohen Muskeltonus lasse ich jetzt durch Triggerpunktbehandlungen lösen. Es sind schon erste leichte Verbesserungen zu spüren.
    Der sehr freundliche Franzose, der mich behandelt, hat scheinbar die richtigen Punkte gefunden.
    Wichtiger Hinweis von ihm: richtig und regelmäßig dehnen!
    Besonders durch die fortschreitende Gebrechlichkeit meiner Eltern ist mir die Vergänglichkeit des eigenen Körpers nochmal sehr deutlich geworden. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass unser Körper alle unsere Belastungen 80 Jahre und mehr schadlos übersteht. Ein wenig regelmäßige Instandhaltung kann da nicht schaden.

    Meine geistige Beweglichkeit erhalte ich mir i.W. durch das Lesen und das Verfassen von Texten (insbesondere hier im Forum).

    Die seelischen „Bewegungen“ sind nach wie vor ein eher langsamer Prozess, der immer wieder durch „kleine“ Momente angeregt wird.
    Manchmal fließt es etwas schneller, dann wieder eher langsam.
    Viele Ereignisse brauchen immer auch eine gewisse Zeit bis sie sich eingeordnet haben.

    Forum
    Und nicht zuletzt ist da ja auch noch das Forum. Hier bekomme ich täglich Anregungen und Impulse, die mich immer wieder zum Innehalten und reflektieren bringen.

    Fazit:
    Ich spüre nach und nach, dass ich auch mit „wenig“ zufrieden sein kann. Es müssen nicht immer die „großen“ Ereignisse sein.
    Klar, ein wenig mehr soziale und regelmäßige Kontakte würden mir schon gut tun. Vielleicht gelingt es mir, über einen Hinzuverdienst das soziale Umfeld ein wenig zu vergrößern. Und vielleicht kann ich auch einen Teil des Geldes in einen Vereinsbeitrag o.ä. investieren.

    Und wer weiß, vielleicht begegnet mir ja auch noch eine Frau, mit der ich mir (und sie mit mir) eine Partnerschaft vorstellen könnte.

    LG Manfred

  • glück auf manfred

    namaste
    ich spüre bei dir ne große klarheit, vor allem beim "ist" - wer du bist, wo du bist und wie du bist. dafür bewundere ich dich.

    ich spüre auch ne große bescheidenheit, die sich m.e. zunehmend stabilisiert. auch dafür bewundere ich dich.

    und ich meine, dass du immer besser weißt, was du willst und wo dein weg hinführen soll. wobei du klare vorstellungen über die realisierbarkeit deiner ziele hast. und dabei zeigst du eine (für mich fast unfassbare) geduld. und dafür bewundere ich dich am meisten.

    Zitat von Manfred

    vielleicht begegnet mir ja auch noch eine Frau, mit der ich mir (und sie mit mir) eine Partnerschaft vorstellen könnte.

    die chansen werden wieder größer (wittwen, geschiedene ...).

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Matthias,
    vielen Dank für Deine freundlichen Worte :D , aber es gibt an mir nichts zu bewundern.

    Ich suche lediglich nach Wegen mit meiner aktuellen Lebenssituation umzugehen.

    Es ist ja nicht so, dass ich den ganzen Tag tiefenentspannt und gelassen unterwegs bin.
    Ich habe da noch jede Menge Regulierungsbedarf meiner aufflammenden Gefühle.

    Ein Beispiel:
    Wenn ich längere Zeit mit meinen Eltern im Kontakt bin, dann flammen da auch immer wieder alte Gefühle auf. Dieses Eltern-Sohn-Muster ist scheinbar tief verankert.
    Ich achte daher auf die „Kontaktdosis“. Mir hilft es, wenn ich immer wieder Abstand nehme und mich wieder ausbalanciere.

    Zur Frage „Was ich brauche“ möchte ich noch etwas sehr Wichtiges ergänzen:
    Es tut mir gut, wenn ich ein Gegenüber habe, dass sich für meine Gefühle, meine Gedanken, meine Ressourcen und meine Kompetenzen interessiert.
    Ich interessiere mich zwar auch dafür, aber es tut mir auch gut, wenn ich spüre, dass jemand anderes sich dafür interessiert.
    Es geht dabei um diese tiefe Sehnsucht wahrgenommen zu werden, um die Spiegelung meines Daseins.

    Insgesamt ist es so, dass ich mich nach wie vor in einem Annäherungsprozess an meine aktuelle Lebenssituation und den sich daraus ergebenen Perspektiven befinde.

    Falls es noch niemand bemerkt hat, „Prozess“ ist eines meiner Lieblingswörter ... :wink:

    LG Manfred

  • glück auf manfred

    Zitat von Manfred

    es gibt an mir nichts zu bewundern.

    darfst du sehn wie du willst - ich machs trotzdem.

    Zitat von Manfred

    „Prozess“ ist eines meiner Lieblingswörter ... :wink:

    und so schön ?unendlich? - wenn einer "abgeschlossen" is fängt n neuer an :wink:

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Lieber Manfred,

    schön zu lesen, wie dur dir deinen Tag struktierierst und was du dir alles aufgebaut hast!

    Zitat

    Ich suche lediglich nach Wegen mit meiner aktuellen Lebenssituation umzugehen.


    Findest du das jetzt irigendwie "wenig" oder "nicht der Rede wert"? Ich bin schon der Meinung, dass das bewunderswetrt ist! Selbstverständlich ist es jedenfalls keinesfalls! :wink:

    Wäre "den ganzen Tag teifenenspaennt durch die Gegend latschen" wohl wirklich so ein tolles Lebensziel?
    Viel spannender emfpfinde ich es für mich, alle Gefühle, auch die unguten, zuzulassen und mich in alles Facetten wahrzunehmen.
    Prozess ist doch ein positives WOrt! :wink:

    Was du da bzgl. Spiegelung und Sehnsucht nach Wahgenommenwerden schreibst, ist ja nur allzu verständlich. Vielleiucht wäre es wirklich langsam an der Zeit, dass du weider eine Beziehung eingehst? So ganz ohne Partner zu sein - muss das sein?
    Nun sind die potentiellen Partnerrinnen sicher nicht auf dem Silbertablett serviert - aber ich denke, das Bewusstsein der eigenen Atttraktivität und die prinzipielle Offenheit sind hier die entscheidende Stellschrauben.

    Schönes Wochenende!
    LG viola

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Hallo Matthias,
    wenn Du mich unbedingt bewundern willst, dann kann ich ja nichts dagegen machen :wink:

    Mir ist der Begriff „bewundern“ einfach viel zu groß.
    Jemanden bewundern schafft ja immer auch Distanz.
    Und ich wünsche mir nicht mehr Distanz zu anderen Menschen sondern mehr Nähe.
    Nähe im Sinne von Teilen ähnlicher Gefühle, und den Anderen so sein lassen können wie er/sie ist.

    Außerdem bin ich, wie ich schon mal schrieb, auch anfällig für Grandiositätsgefühle.
    Da achte ich halt darauf, dass diese nicht „gefüttert“ werden.

    Liebe Viola,

    Zitat

    Selbstverständlich ist es jedenfalls keinesfalls!

    Danke. :D

    Zitat

    Wäre "den ganzen Tag teifenenspaennt durch die Gegend latschen" wohl wirklich so ein tolles Lebensziel?
    Viel spannender emfpfinde ich es für mich, alle Gefühle, auch die unguten, zuzulassen und mich in alles Facetten wahrzunehmen.
    Prozess ist doch ein positives WOrt!

    Nein. Ja. Ja.

    Zitat

    So ganz ohne Partner zu sein - muss das sein?

    Nein.

    Zitat

    Nun sind die potentiellen Partnerrinnen sicher nicht auf dem Silbertablett serviert - aber ich denke, das Bewusstsein der eigenen Atttraktivität und die prinzipielle Offenheit sind hier die entscheidende Stellschrauben.

    Ja.

    Liebe Viola, bitte in Zukunft immer solche Fragen, auf die ich mit „Ja“ und „Nein“ antworten kann. :wink:

    Das ist selbstverständlich ein Scherz. :D

    LG Manfred

  • Lieber Manfred,

    aber nur, wenn du auch weiter auf Fragen antwortest, die von mir gar nicht gestellt und auch nicht verkappt gemeint waren und noch nicht mal ein Fragezeicvhen besitzen. 8):lol:

    LG viola

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Die Ereignisse der letzten Tage in Kurzform:

    Ich habe sehr viel Zeit mit der Betreuung meines Vaters verbracht.
    Krankenhausbesuche; Tumorkonferenz; Gespräche, Telefonate, E-Mails mit diversen Ärzten; viele Telefonate mit meinem Bruder und meiner Schwester.

    Ich habe dabei Einiges erlebt und erfahren:

    Die Strukturen in privatisierten Krankenhäusern.
    Die mangelhafte Kommunikation: zwischen Krankenhäusern untereinander, zwischen Ärzten und Ärzten, zwischen Ärzten und Patienten.
    Das Engagement Einzelner in diesen Strukturen.

    Die Komplexität der Erkrankung meines Vaters.
    Seine Unsicherheit über seinen weiteren Weg.
    Sein Wille weiter zu leben.

    Meine Sorge darum, ob und wie er alle diese „Prozeduren“ übersteht.

    Mir ist in diesen Tagen auch nochmal sehr deutlich die Endlichkeit meines eigenen Lebens bewusst geworden. Nicht zuletzt deshalb, weil es in dem einen oder anderen Punkt der Symptomatik durchaus Parallelen gibt.

    Und mich beschäftigt auch die Frage:
    Wer begleitet mich ggfs. später mal durch den Dschungel der Ärzte- und Krankenhauswelt?

    Für heute bin ich froh, dass ich meinen Vater mit Klarheit begleiten und unterstützen kann.
    Und ich freue mich über die Kostbarkeit mich frei bewegen zu können, in vielerlei Hinsicht.

    Ich wünsche allen ein freies und bewegtes Wochenende!

    LG Manfred

  • Hallo zusammen,
    es ist eine zeitlang her, dass ich hier geschrieben habe.

    Ich befinde mich immer noch in einem intensiven Begleitungs- und Betreuungsprozess meiner Eltern.

    Es ist insgesamt alles sehr dicht im Moment, im Sinne von nah.
    Alte Muster werden nochmal sehr deutlich sichtbar und spürbar, bei mir und bei meinen Eltern.

    Ich bin jeden Tag ca. 2-3 Stunden bei meinem Vater im Krankenhaus.
    Er verändert sich von Tag zu Tag, körperlich und geistig.
    Hinzu kommen die Veränderungen, die die Medikamente verursachen.

    Mein Vater bilanziert sein Leben.
    Er möchte noch einiges regeln und ordnen, überwiegend „Haus“ , „Finanzen“, „Auto“. Das waren und sind für ihn lebensbestimmende Themen.
    Er möchte auch nochmal seinen Enkel beim Fußballspielen zusehen.

    Ich versuche ihm dabei, so gut es geht, zu helfen, und schaue mit ihm zusammen, was möglich ist.
    Das ist nicht immer leicht, weil er manchmal doch sehr drängend und ungeduldig ist.

    Für mich ist dabei sehr wichtig, dass ich immer wieder auch einen Abstand herstelle, dass ich alle diese aufkommenden Bedürfnisse und Gefühle (seine und meine) für mich in Ruhe sortiere.
    Mir hilft dabei auch das Gespräch mit meinen Geschwistern sehr. Wir sind dabei im täglichen Kontakt.

    Ähnlich ist die Situation mit meiner Mutter, die zwischenzeitlich auch für einige Tage im Krankenhaus war.
    Auch hier gibt es viele Gespräche und Abstimmungs- und Klärungsprozesse.

    Für beide ist jetzt eine 3 wöchige Rehaphase geplant, getrennt in zwei verschiedenen Kliniken.
    Ob sie dann nochmal zusammen in ihrem Haus leben können, das ist im Moment nicht absehbar.

    Neben aller emotionaler Arbeit gibt es sehr viel organisatorischen Aufwand.
    Ich möchte für meine Eltern in ihrer letzten Lebenszeit soviel Lebensqualität wie möglich gestalten.

    Mir ist diese ganze Arbeit sehr wichtig, weil ich spüre, dass sie in vielerlei Hinsicht eine Art Reifeprozess für mich ist.

    Ich habe mich auch nochmal mit den Texten von Elisabeth Kübler-Ross beschäftigt, in denen sie u.a. auch über die 5 Sterbephasen schreibt.
    Zwei Worte sind mir dabei haften geblieben: ehrlich und einfühlsam.

    Ich glaube, soweit ich das einschätzen kann, dass ich den letzten Monaten sehr ehrlich mit meine Eltern umgegangen bin.
    Ob ich dabei immer einfühlsam war, da habe ich so meine Zweifel.
    Ich mache es halt so gut ich kann.

    Heute besuche ich zusammen mit meiner Schwester und meiner Mutter meinen Vater im Krankenhaus.
    Wir lassen dann meine Eltern allein, damit sie vor ihrer jeweiligen Reha nochmal Gelegenheit haben sich zu sehen, und auch das eine oder andere besprechen können.

    Während der Zeit gehe ich dann mit meiner Schwester in einem schönen Cafe Kaffee trinken.

    Es gibt einige „innere“ Sätze (auch aus dem Forum), die mich in dieser Zeit begleiten, z.B.:
    Sorge gut für Dich, gerade jetzt.
    Es darf mir gut gehen, auch wenn es anderen nicht so gut geht.

    Ich spüre auch, dass ich viel Kraft und Energie brauche, um die nächsten Tage, Wochen, Monate gestalten zu können.

    Einen schönen Sonntag an alle Leser!
    Manfred

  • Ich will noch etwas ergänzen:

    Bei den vielen Gesprächen, die ich mit meinem Vater in letzter Zeit geführt habe, und in denen er wesentlich mehr gesprochen hat als ich (was nicht typisch für ihn ist) lachen wir auch immer wieder zusammen.
    Ich finde das besonders schön.

    Was ich auch schön finde, ist, dass die Begrüßung und Verabschiedung sich sehr warm anfühlt.
    Wir halten uns etwas länger an den Händen als das sonst üblich war.
    Wenn ich aus dem Zimmer gehe, dann winkt er immer noch zum Abschied. Auch das ist anders als früher.

    Ich habe ohnehin den Eindruck, dass ihm der körperliche Kontakt sehr wichtig ist. Er hat schon häufiger gesagt, dass seine Ärztin ihm während des Gespräches die ganze Zeit die Hand hielt. Es war ihm offensichtlich wichtiger als der Gesprächsinhalt.
    Auch von den Schwester fühlt er sich gut betreut.

    Ich stelle fest, dass sich einige Bilder (z.B. sein Winken zum Abschied, sein Lachen) von meinem Vater besonders eingeprägt haben.
    Ich bemerke auch, dass sich das Bild von meinem Vater, das ich über viele Jahre hatte nochmal deutlich verändert.
    Manchmal glaube ich auch, dass ich den kleinen Jungen, der er einmal war, jetzt sehen kann.
    Ich sehe ihn jetzt umfassender, quasi mit seiner ganzen Lebensgeschichte.
    Mich berührt das sehr.

    LG Manfred

  • Und noch etwas (so langsam klärt es sich so, dass ich es aufschreiben kann; diese inneren Prozesse brauchen immer ihre Zeit bei mir):

    Die größte Herausforderung besteht für mich z.Zt. darin, dass ich nicht ausschließlich die Bedürfnisse meiner Eltern erfülle.
    Im Moment ist ihre Bedürftigkeit für mich so stark zu spüren wie lange nicht.
    Es erinnert mich doch sehr stark an die Situation in meiner Kindheit.

    Dort war es so, dass meine Eltern ständig damit überfordert waren ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und sie auch sich selbst zu erfüllen.
    Ich habe es so erlebt, dass ich sehr häufig dafür verantwortlich gemacht wurde, wenn es ihnen nicht gut ging. Sie haben (unbewusst) ihren Ärger, ihre Angst, etc. immer bei mir abgeladen.
    So etwas wie „Lebensfreude“ wurde quasi immer im Keim erstickt. Die konnte sich bei mir nie stabil entwickeln. Ich hatte immer so etwas wie ein schlechtes Gewissen, wenn es mir einmal gut ging.

    Ich schaue deshalb da jetzt sehr genau hin, in welchem Maß ich sie jetzt unterstütze, und wann ich auch mal sage: „Nein, das kann und schaffe ich jetzt nicht.“

    Es gab aber auch schon Situationen, in denen ich genau in dieses alte Muster geraten bin.
    Es ist schwierig für mich herauszufinden, was das „richtige“ Maß von Unterstützung ist.
    Alleine lassen möchte ich sie in dieser, ihrer letzten Lebensphase nicht.

    Ich bin schon gespannt, wie es sich gleich entwickelt.

    LG Manfred

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