Meine unendliche Geschichte

  • hallo an alle

    nun ist ein jahr trockenes leben vergangen, viele weitere folgen hoffentlich
    in der LZT sollte ich meinen suchtverlauf nach einem 10 punkte fragensystem, schreiben
    es ist sozusagen eine mischung aus der beantwortung und meiner vita

    petra


    meine unendliche geschichte bis zum 26.6.11

    als kleines mädchen mit ca. fünf, erhielt ich von erwachsenen, alkohol.

    ich kann mich kaum an meine kindheit erinnern,

    daran aber schon.......ich konnte mich kaum orientieren und hielt mich an den wänden fest.....alles war wie in watte gepackt

    die erwachsenen amüsierten sich köstlich

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    meine kindheit, geprägt durch ablehnung,missachtung, missbrauch und schwerer gewalt...

    meine mutter,selbst schwer dpressiv ,projezierte den hass meinem erzeuger gegenüber auf mich. die ersten drei jahre gab sie mich in ein heim.

    dann lernte sie meinen stiefvater kennen und ich wuchs in dieser familie auf

    ich musste viele anfallenden arbeiten im haushalt übernehmen und für meine jüngeren geschwister sorgen....ich war die älteste

    getrunken wurde zu feierlichkeiten, reichlich

    mit 14, zur jugendweihe,gehörte der erste alkoholabsturz dazu....

    im jungen erwachsenenalter mit 18 jahren zog ich von zuhause aus....den kontakt zu meinen eltern und geschwistern brach ich komplett bis heute, ab

    ich hatte meine ausbildung zur kinderkrankenschwester beendet.

    ab dem zetpunkt gingen wir regelmässig feiern, ich trank immer missbräuchlich, hatte oft black outs, verletzungen und wachte in fremden betten mit fremden männern auf.

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    das bewusste problemtrinken begann mit mitte dreissig

    ich war alleinerziehend,voll berufstätig und geschieden...

    meine beziehungen zu männern waren bis dahin immer von gewalt geprägt....

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    wenn ich frei hatte setzte ich alkohol zur entspannung,zur belohnung,zum schlafen und druckentlastung ein.....ich war massiv überfordert, fühlte mich allein und hatte grosse existentielle ängste...

    mein ex-mann klagte ununterbrochen,war ewiger student und zahlte nie unterhalt

    wir waren ca. 18 jahre mehr in gerichtsverhandlungen

    bei gutachtern, jugendämtern, erziehungsberatungsstellen,psychologen und in anwaltskanzleien.., als zuhause

    die kinder litten früh an starken loyalitätskonflikten

    ich hatte immer ein schlechtes gewissen weil ich arbeitete. dieser spagat wurde unerträglich und belastete mich......

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    stress,angst,scham,schuld,verzweiflung,wut,ohnmacht, druck,zu viel verantwortung,einsamkeit.....all dies erschien mir unlösbar und lähmte mich immer mehr

    der konsum wurde exessiver....ich trank wein und oder sekt....ca 2-3 flaschen

    ich wollte nichts mehr spüren müssen....einfach nur schlafen,vergessen,entspannen.....weg sein

    nur für einen moment,keine verantwortung.....nicht denken,keine angst haben

    dann konnte ich wieder funktionieren,ein roboter sein....innerlich tot

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    vor ca. 10 jahren war mir bewusst das ich abhängig bin.

    ich versteckte,verheimlichte,log

    das trinken war gewohnheit geworden....immer noch die selbe menge wein oder und sekt

    dienst , funktionieren, freie tage.......saufen, sich weg machen

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    seit wann ich tatsächlich abhängig bin, lässt sich schwer nachvollziehen

    der prozess war schleichend und durch meine trinkpausen in den dienstzeiten, nicht wirklich festzumachen

    ich denke aber so vor ca. 20 jahren oder noch früher

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    ich wohnte mit meiner ältesten tochter zusammen,

    ständig gab es streit wegen des trinkens,sie konnte und wollte das als teenager nicht mit ansehen müssen

    sie war wütend, hilflos,hatte angst um mich und sie brauchte eine mutter, die nüchtern war...ihre seelische not war grausam

    irgendwann gingen wir aufeinander los, es eskalierte und wir prügelten aufeinander ein

    wir hatten beide bisswunden und hämatome am gesamten körper....

    diese und ähnliche auseinandersetungen wiederholten sich

    wir zerstörten viele gegenstände....die sucht war dabei, alles zu vernichten

    ich stellte mich als opfer hin und suhlte mich in meinem leid....schuld waren immer die anderen...

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    2008 bat meine jüngste tochter um meine hilfe....sie war in ein betreutes wohnprojekt gezogen und war auf grund häuslicher gewalt, vom vater weggegangen....bis dahin lebte sie auf eigenen wunsch bei ihm und seiner frau

    sie litt unter anorexie und wir suchten gemeinsam eine klinik....ich durfte sie viele jahre nicht sehen, der vater hatte dies unterbunden

    kurz nach der klinik, brach sie den kontakt zu mir ab, das ist nun fünf jahre her

    ab dem zeitpunkt kippte es total....suizidgedanken waren an der tagesordnung

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    isabella ertrug das alles nicht und wurde immer hilfloser

    mit 17 zog sie aus und machte ihr abitur, ich suchte mir eine kleine wohung in der nähe meiner arbeit

    mein schuldkontingent wuchs ins unermässliche

    sie war weg und ich konnte trinken....hatte endlich meine vermeintliche ruhe

    ich glaub deshalb war ich froh das sie ging

    meine alkoholbedingten depressionen verschlimmerten sich

    ich hatte irrationale ängste und zog mich immer mehr zurück

    meinen freunden erzählte ich von depressionen und sie versuchten zu verstehen und mich so zu akzeptieren

    im job funktionierte ich immer noch perfekt

    ich hatte zwei leben und keiner ahnte in welcher not ich steckte

    meiner tochter und allen anderen sagte ich immer und immer wieder das es mir gut geht

    sie glaubte mir nie und forderte ein das ich kein alkohol zuhause hab, wenn sie zu besuch kommt

    ich trank dann das dreifache wenn sie weg war

    sie rief mich immer seltener an, da sie mein lallen am tel. nicht ertrug

    immer wieder sagte sie "mama, du hast ein grosses problem, ich mach mir sorgen....du bist alkoholikerin"

    ich bestritt das regelmässig, wusste aber das sie recht hatte

    ich wollte und konnte es mir noch nicht eingestehen

    der konsum, die sucht wurden zur qual,

    dieses lügen, verstecken, verheimlichen, be und entsorgen....

    der tag danach....würdelos,handlungsunfähig,voller scham und schuldgefühle....dieser ekel vor mir selbst

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    und dann kam er....der tag

    mein zweiter geburtstag.....der 26.6.11

    ich war krank geschrieben, wegen rückenbeschwerden und soff tagelang alles in mich rein

    schlafen,trinken,kotzen,kopfschmerzen.....

    plötzlich panik

    herzrasen,todesangst,keine luft......angst

    was, wenn ich sooooo den krankenwagen rufen muss

    ungeduscht, aufgedunsen, stinkend,die wohnung unordentlich.....ich, die immer darauf achtet gepflegt auszusehen

    und bella....ihr noch mehr zumuten

    der anruf aus einer klinik...."ihre mutter liegt hier, schwere schäden vom alkohol"

    NEIN NEIN NEIN

    schluss......immer wieder der hämmernde gedanke

    schluss, ende damit, ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr,

    ich schrieb meiner tochter eine sms...."ich stell mich meinem problem"

    lange keine antwort....panik

    was, wenn sie nun dicht macht, was, wenn sie nun nicht mehr will??????

    dann endlich der erlösende anruf

    "mama, ich war unterwegs, was meinst du?????"

    bella, ich geh zum arzt und such mir hilfe, ich kann nicht mehr,.....du hattest immer recht, ich bin alkoholkrank

    wir weinten und redeten die ganze nacht, so ehrlich und offen wie nie zuvor

    damit nahm ich uns tonnen von lasten ab

    meiner ärztin schrieb ich einen brief und ging zu ihr in die praxis....legte ihr diesen hin und sagte " bitte lesen sie das....ich kann es nicht aussprechen"....

    wir kennen uns schon sehr lange

    sie las, ich weinte und weinte und weinte

    dann schaute sie auf und sagte " schön das sie hier sind, ich werde sie gern begleiten"

    da war er.....der strohalm, nach dem ich griff

    mein neues leben begann und es fühlte sich gut und richtig an

    ich meldete mich bei der suchtberatung und der psychiaterin und legte die karten auf den tisch

    dann outete ich mich meinen freunden

    und erfuhr grenzenlose liebe......sie verziehen mir meine lebenslüge und unterstützen mich bis heute

    es gab bis zum heutigen tag, keinerlei verzichtsgedanken, keinen suchtdruck

    ich lebe konsequent risikominimierend...d.h. kein alkohol zu hause, ich besuche keine orte wo alkohol konsumiert wird...meine freunde trinken nicht wenn ich da bin...sie verzichten gern und selbstverständlich

    viele türen hab ich geschlossen, andere öffnen sich

    ich achte auf mich und meine bedürfnisse, bin gut zu mir und gehe milde mit meinen schwächen um

    meine ängste und depressionen sind weg

    ich übernehme verantwortung für mein handeln....

    mir wurde verziehen und ich hab mir verzeihen können

    meine krankheit ist ein teil von mir,ich nehme sie an als das was sie ist

    meine vergangenheit ist nun abgeschlossen....sie hat mich geprägt, sie gehört zu mir aber ich hadere nicht mehr mit ihr

    ich lebe und liebe im hier und jetzt....ich geniesse die freiheit selbst entscheiden zu dürfen

    ich kann mich auf jeden trockenen tag freuen und hole mir tgl. mein leben zurück

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    das letzte jahr war das glücklichste, spannendste und intensivste meines lebens

    dazu kam nach drei monatiger abstinenz, meine hündin

    sie war und ist mein bester therapeut

    wir gehen gemeinsam in die natur, bei wind und wetter und entdecken die welt....unsere, meine welt

    meine schutzmauern sind eingefallen, ich brauch sie nicht mehr....ich erkenne meine individuellen grenzen und komme mit mir ins reine....ich finde meine balance

    meine shg reflektiert mich und meine gedanken.....jeden tag schreib ich tagebuch und bleibe so an meiner trockenheitsarbeit

    aussenbewertungen interessieren mich immer weniger....ich lebe mein leben und nicht das der anderen

    ich rede nicht, ich mache..... durch handeln wird mein leben positiv beeinflusst

    ich muss mich niemendem mehr beweisen.....

    helfen wird nicht mehr inflationär eingesetzt

    ich warte bis ich gefragt werde und schaue genau hin.....mein gesunder egoismus hilft mir dabei

    ich ernähre mich gut und gesund, mache sport und gönne mir bewusst ruhe.....auch da achte ich auf mich

    ich habe unendlichen hunger auf das leben und bleib neugierig auf alles was da noch kommt

    ich vertraue mir und meinen gefühlen und spüre eine grosse stärke in mir

    meine wiederentdeckten kompetenzen geben mir sicherheit und selbstbewusstsein

    ich bin voller dankbarkeit.....meine tochter ist unendlich stolz auf mich und ich bin es auch

    ich hab sie um verzeihung gebeten, wir haben unseren frieden gefunden.....

    ich habe meinen frieden gefunden!!!!!!!!!!!!!!!

    der weg ist das ziel

  • glück auf petra


    Zitat von perla54

    ein jahr trockenes leben

    zunächst gratulation weil s dazugehört.

    schön, dass es dich gibt und danke für deine offenen und klaren worte.

    Zitat von perla54

    ich habe meinen frieden gefunden!!!!!!!!!!!!!!!


    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Guten Morgen Petra

    Willkommen in der losgelassenen Existenz.
    Frieden und Angekommensein.
    hier mit Dir teilen zu dürfen.
    Das fühlt sich im Augenblick wunderbar an.

    Du hast Dich dem Leben gestellt.
    Klasse.

    Ganz, ganz liebsten Gruss

    OF

  • Hallo Petra!

    Sicherheit und Selbstbewusstsein schreibst du.

    Das freut mich! Ich freue mich, dass du dein Leben leben kannst und dass du geliebt wirst!

    Und ich bin auch neugeierig, auch darauf was das nächste Jahr so bringt.
    :)
    Wir werden es dann lesen!

  • Hallo Petra,

    Danke für Deinen ausführlichen, offenen und ausdrucksstarken Beitrag. Dass Du Deinen Frieden gefunden hast, ist einfach wunderbar und es freut mich für Dich. Herzlichen Glückwunsch zu Deinem ersten, trockenen Jahr. Alles Gute auf Deinem weiteren Weg und liebe Grüße, zerfreila

  • guten morgen lieber karsten, mathias, OF, liebe schnuffig, mary, lou, und lieber zerfreila :D:D:D

    als ich vor einem jahr hier aufschlug und in dieser rubrik las, in der nur trockene alkoholiker schreiben dürfen, die mindestens ein jahr trocken sind.....
    dachte ich "wow, wenn du da mal deine geschichte reinschreiben könntest"
    und nun lass ich euch gern teilhaben an meinem leben
    diese ehrlichkeit und offenheit fühlt sich für mich gut an und berührt mich selbt am meisten
    gerade diesen suchtverlauf zu formulieren, die gedanken zu sortieren....ihn öffentlich zu machen
    hatte und hat etwas von loslassen......
    und wenn es gilt probleme zu lösen, wie z.zt. gerade
    les ich das durch und weiss.......ich bin auf einem guten weg

    ich danke euch für die sehr persönlichen worte
    petra

    der weg ist das ziel

  • glück auf petra

    Zitat von perla54

    diese ehrlichkeit und offenheit fühlt sich für mich gut an
    .......
    ich bin auf einem guten weg

    genau das is es.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Guten Morgen Antigone

    Die gute Petra ist im Moment
    überwältigt von ihren Glück.
    Sie hat Dich nicht vergessen.
    Sie liebt Dich. Das weisst Du.

    Gruss

    OF

  • guten morgen matthias und OF

    es gibt einige menschen hier im forum, die einen bleibenden eindruck hinterlassen haben.......und antigone ist einer davon
    nie weg aus meinem kopf, aus meinem herzen
    eine gewisse sehnsucht nach persönlichen kontakt........

    und nun :?:
    es geht nicht in diesem bereich
    im geschlossenen schreib ich persönliche nachrichten und die persönliche kontaktaufnahme ist hergestellt

    ........"es waren zwei königskinder"..................

    allen einen wunderschönen tag
    petra :D

    der weg ist das ziel

  • lieber matthias

    ich meinte das ganz allgemein......trifft auf männer und FRAUEN, zu......
    einen menschen mögen, lieben, interessant finden
    das geht mit allen menschen, geschlechtsunabhängig :D

    oder hab ich was falsch verstanden :?:
    bin manchmal etwas naiv und unbedarft


    grüsse, petra

    der weg ist das ziel

  • ach ja.......antigone ist karsten
    nicht vergessen,steht an "erster" stelle......

    alles andere meinte ich genau so,wie geschrieben :lol::lol::lol:

    petra

    der weg ist das ziel

  • Zitat von perla54

    ach ja.......antigone ist karsten

    occch - ich steh auch manchmal aufm schlauch (und s gedächtnis lässt nach) - hatte an unsern "admin" gedacht :wink:

    glück auf

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • hallo Petra
    alles gute zu deinem Einjährigen!

    Deine geschichte hat mich sehr beeindruckt und vorallen dein weg in das neue leben!
    Danke nochmals für deine beiträge als ich noch im vorstellungsbereich schrieb. Ich war damals sehr weit am boden und du hast mir mut gemacht. Heute gehe ich in kleinen schritten meinen weg und es wird immer besser.
    Alles liebe für dich....

    Topas

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