Was macht meine Vater nur?

  • Brauche einen Rat,

    meine Eltern waren über 40 Jahr verheiratet.
    Mein Vater bemerkte bereits kurz nach der Hochzeit das da etwas nicht stimmte. Meine Mutter war schon damals Alkoholkrank. Nun die beiden bekamen noch ein 3. Kind und wir drei durften in dieser mal besser mal schlechter funktionierenden Ehe heranwachsen. Mein Vater hat meine Mutter immer geliebt (abhängig). Das sagt er jedenfalls. Er hat meine Mutter bis zum Ende gepflegt und auf Händen getragen. Sie ist Anfang Februar 2012 an Leberkrebs gestorben. Es war ganz schrecklich und alle haben meinen Vater für seine Kraft bewundert. Er war immer der Retter der Familie der alles noch im Griff hatte. Das das nicht immer gut war ist mir erst jetzt klar.

    Jetzt zum aktuellen Problem:
    3 Wochen nach der Beerdigung fing mein Vater an nach einer neuen Frau/Ersatz/Medikament zu suchen :shock:
    Jetzt 4 Monate später hat er auch eine gefunden und tut ganz verliebt. Die Utensilien meiner Mutter wurden schnell weggeräumt und er will jetzt ganz schnell mit dieser neuen Frau zusammenziehen. Will diese natürlich nicht.
    In meinen Augen ist dieses Verhalten krank. Ich gönne meinem Vater wirklich diese neue Liebe. Aber ist das Liebe oder ist das ein Medikament auf 2 Beinen. Warum alles so schnell. Wir Kinder müssen auch ganz schnell vorgestellt werden und mein Vater fragte schon wo wir denn nun Weihnachten feiern würden? Ob er mit seiner "neuen" eingeladen wird usw.
    Ich sagte ihm das er Co-Abhängig wäre und habe versucht ihm zu erklären was das bedeutet. Er hat mir allerdings nicht zugehört und von einer SHG will er auch nichts wissen. An viele Vorfälle mit meiner Mutter kann er sich nicht mehr erinnern und redet sich auch alles schön.
    Hat jemand von EUCH sowas schon mal erlebt?
    Ich finde es richtig gruselig.
    Meine Mutter hat viel Leid über die Familie gebracht aber 1 Trauerjahr hätte ich gesünder für meinen Vater gehalten. Auch wir Kinder werden in unserer Trauer um unsere Mutter gestört und selbst die Enkel können damit noch nicht umgehen.
    Kennt jemand dieses Verhalten?

    Klarheit

  • Hallo Klarheit,

    klingt jetzt vielleicht hart, aber was geht dich das an? Sicher du bist seine Tochter, aber du hast dein eigenes Leben und auch er hat ein Recht auf ein eigenes Leben.

    Wo genau steht, dass man ein Jahr Trauerjahr machen muss? Und dass das gesünder ist?

    Wenn dir das zu viel ist, dann sage es deinem Vater, dass dir das zu schnell geht. Dann lernst du die neue Frau später kennen. Sage ihm ganz ehrlich, dass er dich damit überforderst und du noch trauerst.

    Ob dein Vater nun krank ist oder nicht, und ob er sich behandeln lassen will oder nicht, ist seine Sache. Du musst versuchen, da eine Grenze zuziehen. Sonst trittst du in die Fußstapfen von ihm, und kümmerst dich um ihn wie er sich um deine Mutter gekümmert hat.

    Wenn es um Trauer geht, dann gibt es kein richtig und falsch. Jeder geht anders damit um.

    Mal anders herum gefragt, was wäre, wenn dein Vater die Vorfälle mit deiner Mutter so sehen würde wie du? Wenn er erkennt, wo er Fehler gemacht hat. Was bedeuten dann noch die 40 Jahre mit deiner Mutter? Du stellst doch gerade sein ganzes Leben in Frage.

    Ich kann dich schon verstehen. Mir ging es lange Zeit darum, Recht zu bekommen, dass mir meine Eltern mein Leben nicht gerade leicht gemacht haben. Aber was bringt mir das? Nichts. Ich kann nur versuchen, dass meine Zukunft besser wird, und da bin ich ganz alleine für verantwortlich.

    liebe Grüße und viel Kraft in der nächsten Zeit
    Laura

  • Hey Klarheit,

    ich schließe mich da Laura so ziemlich an!
    Es ist seine Sache, wie er nun sein Leben nach ihrem Tod gestaltet. Die Idee mit dem Trauerjahr kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Wenn ein Partner aus einer gesunden Beziehung verstirbt, ist das noch was anderes, als wenn es sich um jemanden handelt, der vorher mit einem Alkoholiker verheiratet war. Vielleicht war er in den letzten Jahren auch deshalb so stark, weil er auf das Ende vorbereitet war und wusste, was kommt? Und daher eben gefasster und gelöster. Weißt du, wie er deine Mutter angesehen hat?
    Er hat ja anscheinend seit Jahrzehnten kein eigenes Leben mehr gehabt, sondern sich für die Mutter aufgeopfert und alle Höhen und Tiefen miterlebt.
    Die Gefühlslage ist auch eine andere. Von daher kann ich nun nachvollziehen, dass er nun, nach 40 Jahren in einer Suchtbeziehung, den Lebensabend in einer "normalen" Beziehung verbringen möchte- die beste Zeit ist ja nunmal vorbei.

    Wenn du mehr Zeit brauchst oder deine Kinder.. Dann solltet ihr euch die Zeit nehmen und erstmal etwas Abstand wahren. Auf der anderen Seite kann ich nachvollziehen, dass er nun das erste Mal seit Jahrzehnten wieder unbeschwert glücklich ist und euch daran teilhaben lassen will.
    Ich würde mich echt freuen, wenn mein Vater nach Mutters Tod sein Leben so gut hinbekommt.

    Viele Grüße und Kopf hoch!
    Natalie

  • Hallo Klarheit,

    Dein Vater macht in meinen Augen genau das Richtige, er lebt und genießt sein neues Leben und seine frische Liebe (im Alter).

    Und vielleicht hat Dein Vater ja auch schon eine ganze (lange?) Zeit vor dem Tod Deiner Mutter losgelassen.


    Wenn ich mir vorstelle, dass ich jetzt gerade frisch verliebt wäre und eines meiner Kinder würde sich einmischen und meine neue Partnerin als meine Partnerin ablehnen... Mir käme ein solches Verhalten nicht gerade gesund vor.

    Gruß, zerfreila

  • Hallo Klarheit,

    ich hätte meinem Opa eine neue Liebe sehr gegönnt, auch er hat meine Oma ein bis zwei Jahre gepflegt (Leberkrebs ohne Alk Konsum).

    Ich denke der Wunsch war schon da, aber irgendwie hat er es sich nicht getraut, meine Oma war immer sehr dominant in der Beziehung ( auch noch nach ihrem Tod ? ) und so blieb er bis zu seinem Tod alleine ( bis auf die Familie natürlich) und irgendwie auch einsam.

    Gönne es deinem Papa und freue dich mit ihm, es ist doch rührend, wenn er jetzt schon an Weihnachten denkt und dass ihm es wichtig ist das Fest mit euch zu verbringen, zeigt doch auch wie sehr er euch liebt.

    Oder ?

    Ich finde das so süß ! :)

    Marion

  • Gerade solche Feste sind doch immer unangenehm, wenn du mit einem Alkoholiker hingehst.. Du weißt nie, wie es ausgeht. Es gab bei uns Feste, da hat Mutter mit glasigen Augen teilnahmslos dabei gesessen, einmal hat sie eindeutig getrunken und fast über den Tisch geko**t. Im Grunde freue auch ich mich nicht mehr auf Weihnachten. Das soll die schönste Zeit des Jahres sein. Aber bei uns ist es immer beklemmend und bedrückend. Nur mein Vater versucht, irgendwie die Stimmung zu halten, weil er meint, dass wir uns an Weihnachten freuen sollten.
    Ich hab echt Tränen in den Augen, wenn ich daran denke, dass er an Weihnachten mal wieder glücklich sein könnte. Das muss für deinen Vater das unbeschwerteste Weihnachten seit langem sein. Und darauf freut er sich einfach.

    Kann es vielleicht sein, dass es dir schwer fällt, die neue Frau zu akzeptieren, weil du den Tod deiner Mutter noch nicht richtig verarbeitet hast?

  • Hallo Zimttee,

    ich akzeptieren diese Frau. Ich finde diese sogar sehr nett aber ich finde es geht alles zu schnell. So eine schwere Zeit kann doch nicht einfach so weggeliebt werden.

    Hallo MaryLou.

    das mit deinem Opa finde ich auch sehr traurig. Schade das er nicht mehr glücklich werden konnte.
    Ja, mein Vater liebt uns und wir lieben ihn auch.
    Habe gerade heute geholfen sein Schlafzimmer zu renovieren. Er will alles neu und hübsch haben für seine "neue" Flamme.


    Hallo Zerfreila,

    wir mischen uns ja nicht ein. Wir machen uns nur so unsere Gedanken.
    Ihr habt diese rastlose Suche ja nicht miterlebt. Er war so gehetzt in seinem Suchen - wie ein ertrinkender der nach dem Strohalm greift.

    Hallo Zimttee,

    mein Vater hatte nie ein eigenen Leben. Er hat sich um uns und um unsere Mutter gekümmert. Und er hat sein Leben so akzeptiert und keine Ausweg gesucht. Uns als Co-Abhängige wird doch immer geraten an unserer Vergangenheit zu arbeiten - gilt das für einen älteren Menschen etwa nicht?
    Ob diese Beziehung normal ist - ich habe da so meine Zweifel. Ich möchte jedenfalls nie ein Aspirin auf zwei Beinen sein.


    Hallo Immergrün,

    deine Worte sind echt hart aber du hast auch recht. Mich geht das Liebesleben meines Vaters nichts an. Aber ich bin hier ja auch nur auf der Suche nach Antworten. Mache mir einfach Sorgen. Verstehst du das?
    Allerdings hast du mir schon eine Antwort geben können. Warum will mein Vater nichts von Co-Abhängigkeit usw. hören? Warum redet er sich die Vergangenheit nur schön und hat viele Dinge schon vergessen? Ich stelle wahrscheinlich wirklich sein ganzes Leben in Frage. Das will er natürlich nicht hören. 40 Jahre und drei Kinder erzogen und dann soll alles falsch gewesen sein. Nein das kann und will ein Mann mit über 70 Jahren nicht hören.

    Danke für die vielen Antworten.

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