• Hi Lexi!

    Das mit der Fantasie ist zumindest das, was viele Erwachsene über Kinder sagen.
    "Das hast du dir nur eingebildet."

    Dir ist schon irgendwie klar, dass du wohl auf etwas wartest, was nicht kommen wird?
    Was sehr weh tut, aber nicht für immer.

    Meiner Mutter merkt man die Boshaftigkeit im Alltag gar nicht an.
    Sie wird nur boshaft wenn es hart auf hart kommt. Dann liefert sie mich aus. Wird sich immer hinter mir verstecken, die Frau, egal in welchem Zustand sie sich befindet.
    Da ich ihr, und meinem Bruder, aber nicht vertraue, kann ich dem Rest der Welt vertrauen.
    Ich habe sozusagen getauscht. Herkunftsfamilie gegen mein eigenes Leben.

    Warten auf Liebe ist keine Liebe!

    Dir kann auch nichts passieren, falls deine Mutter so wie du es wünscht, nicht zurückkommt!

    Liebe Grüße!

  • Kennt sie sich selbst denn wirklich?

    Ich verstehe schon was du meinst, ich habe viel beschriebenes Papier, dass sich mit der Geschichte meiner Familie beschäftigt.
    Irgendwann bin ich drauf gekommen, dass ich mich dabei vergessen hatte.
    Jetzt beschäftige ich mich eher mit mir, und wer meine Mutter wirklich ist oder ob sie die ist, die sie vorgibt zu sein, das ist ihr Problem.
    Ich möchte wissen, wo ich herkomme, nicht wo sie herkommt und wie sie die geworden ist, die sie ist.
    Das sind zwei verschiedene Dinge, darauf wollte ich dich hinweisen.

    Liebe Grüße

  • Hallo Lexi,

    so ungefähr ging es mir auch, ich stellte ähnliche Fragen wie du. Wer ist eigentlich meine Mutter?

    Mir hat die Vorstellung von einem Dia geholfen. Es ist völlig egal, ob ich von vorne oder von hinten durchschaue, ob es entwickelt ist oder nicht, ob ich es auf den Kopf stelle oder richtig herum anschaue. Es ist immer dasselbe Bild drauf. Ich bekomme nie "das ganze" Bild. Aber zu wissen, was ich gerade nicht sehe, hilft mir dabei, das Ganze zu erkennen.

    Ich habe im Verlauf meiner EK-Aufarbeitung viele Informationen (rein sachliche, aber auch emotionale) ergänzen können, die ich im Kontakt mit meiner Mutter nicht direkt bekam. Eine Hilfe waren Gespräche mit anderen, v. a. den älteren, Familienangehörigen. Gemeinsames Betrachten von Photoalben bei Kaffee und Kuchen hat viele Puzzleteile zum Vorschein gebracht.

    Dann kommt bei mir noch etwas hinzu. Meine Mutter trinkt seit weit über 40 Jahren ihren Spiegel. Sie wird immer gebrechlicher und hört die Uhr ticken. So ab und zu, und das sind seltene, kostbare Momente, gibt es Begegnungen von großer Nähe und Tiefe. Da ist sie wirklich da und ein Gespräch oder eine Berührung ist dann möglich und fühlt sich einfach richtig an. Die ersten paar Male hat mich die unverhoffte Begegnung mit meiner "richtigen" Mutter unglaublich aufgewühlt und ich war verzweifelt darüber, daß mir das erst so spät widerfährt. Warum konnte sie nicht schon früher meine Mutter sein? fragte ich mich. :cry:

    Es ist wie es ist. Sie konnte früher nicht sie selber sein, immer war sie vom Alkohol umhüllt und unerreichbar für mich. :cry: Die Hintergründe liegen in ihrer Biographie begründet. Ich habe ihre Lebensentscheidungen akzeptiert, sowie die Tatsache, daß sie nicht aufhört zu trinken. Da zu hadern würde mich kaputtmachen. Es ist ihrs.

    Irgendwann habe ich den Fokus auf mich selber legen können. Das war ein Prozeß. Nun geht es mir gut. Ich kann die seltenen Momente genießen und wertschätzten, wenn sie mal wirklich präsent ist. Und ich kann mich umdrehen und gehen, wenn sie betrunken ist. Meine Gefühle fahren mittlerweile auch keine Achterbahn mehr je nach ihrem Pegelstand, sondern sind unabhängig davon.

    Wie gesagt, es ist ein Prozeß, die Erwartungshaltung an die Mutter loszulassen und frei zu werden für das, was da ist. Kann sein, daß gerade nicht das da ist, was man gerne hätte oder braucht oder sich wünscht. War bei mir bis vor wenigen Jahren auch so. Inzwischen ist meine Mutter alt geworden, ich bin älter geworden, und heute gibt es ab und zu geschenkte Glücksmomente. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hi Lexi,

    Ich kann Dich gut verstehen, man setzt so viel Hoffnung in diese Therapie und ist doch bei den ersten Anzeichen wieder enttäuscht, weil die Hoffnung sich nicht, noch nicht erfüllt.
    Aber schau, die Therapie dauert nicht umsonst mindestens 6 Wochen. Also hab Geduld. Ausserdem ist für Deine Mutter die Situation, nicht betrunken zu sein bzw nicht mit Alkohol und dessen Beschaffung und Vertuschung beschäftigt zu sein völlig neu.
    Erwarte nicht, dass Du Deine "alte Mutter" zurückbekommst, das wird nicht passieren, sie hat sich verändert, der Alkohol, ein Nervengift, das auch die Persönlichkeit verändert, hat sie verändert. Das Gift ist, daher der Name Entgiftung, nun aus dem Körper Deiner Mutter heraus. Nun muss sie in der Therapie wieder lernen, was sie mit der Zeit, die ihr nun wieder zur Verfügung steht (und die sie "früher" zum Saufen und besoffen sein gebraucht hat) neu mit Inhalten füllt.
    Wenn Du ihr während der Therapie zeigst, dass Du auch ein Teil diese Inhaltes bist/sein möchtest, ist das ein guter Weg.
    Grosses ABER: Gib ihr ihre Selbständigkeit und ihre Verantwortung für sich selbst zurück. Es hilft nichts, wenn Du sie in Watte packst und alles, was sie wieder zum Pulle greifen lassen könnte, von ihr fernhälst. Hab Vertrauen, und sei offen mit ihr, ohne Vorwürfe.
    Sollte es in der Therapieeinrichtung Tage mit Angehörigen geben, geh hin. Du hast dort die einmalige Möglichkeit, unter therapeutischer "Aufsicht" ihr auch Deine Sicht, Deine Ängste, Deine Wünsche mit auf den Weg zu geben.

    LG und alles Gute,

    Der Insulaner ;)

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