• Liebe Forengemeinde.
    Ich schreibe eigentlich überwiegend im Bereich für EKA aber habe mich nun für die Eröffnung dieses Threads in diesem Bereich entschieden, weil ich Hilfe benötige und nach dem tagelangen Lesen euerer Einträge denke, es wird Zeit jetzt mal seinen ganzen Mut zusammenzunehmen und auch darum zu bitten.
    Mein Vater ist vor knapp 3 Wochen verstorben und während ich mich nun durch diesen lähmenden Trauerprozess heule, wird mir auch immer bewusster, wie Co-Abhängig ich bin.
    Eigentlich weiss ich nicht mal so genau, ob ich noch im richtigen Forum bin, jetzt wo mein Vater nicht mehr lebt.
    Ohne zu viel Familieninternas preisgeben zu wollen, muss ich jedoch sagen, dass ich zwar durch die engere Bindung zu meinem Vater einiges an Co-Abhängigkeit abbekommen habe, langsam jedoch für mich erklären und Stück für Stück auflösen kann, aber ganz und gar nicht wenn es um meine Mutter geht, die ein schleichendes Alkoholproblem hat und seit dem ich denken kann depressiv/hysterisch ist. Als meine Eltern noch nicht getrennt waren, waren insbesondere die Wochenenden ein Graus, weil sie nur herumschrie und alles und jeden um sich herum niedermachte. Das Schreien hat sich inzwischen völlig gelegt, nur rechtmachen kann man, insbesondere ich, nichts. Nie ist etwas gut genug. Wenn ich sie besuchen komme (ich lebe im Ausland), ist sie abgenervt, wenn ich Zeit mit ihr verbringen will und ich fühle mich seit so vielen Jahren so gefangen, gelähmt unfrei und zutiefst traurig.
    Ich würde gerne den Weg zu mir selber finden, herausfinden was ich eigentlich will und vor allem mit jemandem sprechen/schreiben, der weiss wie ich mich fühle.
    Bitte lasst mich wissen, ob ich hier noch richtig bin mit meinem Päckchen.
    Lg

  • Hallo Linda

    ich glaube Du bist einfach deshalb schon mal richtig hier - weil Du an Dir arbeiten möchtest. Und ob Dir nun ein Alkoholiker, ein (ex-)Co oder ein EKA schreibt ist zweitrangig - sofern Du für Dich daraus etwas ziehen kannst.

    Ich will Dir schreiben, weil ich auch ein problematisches Verhältnis zu meiner Mutter hatte und teilweise immer noch habe.

    Der Druck und die Enge in/auf meiner Brust war immer präsent, wenn ich in ihrer Nähe war. (als ich noch zuhause lebte)
    Noch heute bekomme ich eine schrille Stimme und Atem-Probleme, wenn sich eine Meinungsverschiedenheit mit ihr andeutet. Sofort habe ich Angst, sie könnte mich seelisch erpressen. Als Kind hatte ich einen ständig sich wiederholenden Traum: Ich mußte ein Krokodil töten, das mich verfolgte.
    Es schwamm mir im Schwimmbad hinterher und verfolgte mich bis in die Kabine und die Toilette. Ich hatte nur ein kurzes Küchenmesser. Ich wollte es nicht töten, aber ich saß in der Klemme. So habe ich es erstochen. Immer wieder. Ein Psychologe meinte, das Krokodil sei ein Sinnbild für meine Mutter gewesen.

    Wie habe ich mich nun im realen Leben befreit? Ich sehe meine Mutter als einen schwachen Menschen an - aber ich versuche sie zeitgleich zu achten. Als die Frau die mir das Leben schenkte. Ich achte sie - ich achte ihr Schicksal. Ich sehe wir sind verschieden und versuche sie nicht abzulehnen - denn es ist meine direkte Vorfahrin auf der Linie der Frauen in unserer Familie. Ich versuche barmherzig zu sein indem ich ihre Bedürftigkeit erkenne und ihre Unfähigkeit "Freiheit" zu leben respektiere.
    Ich versuche ihren Rat nicht grundsätzlich abzuwerten (wie früher) - so manches Mal ist doch Weisheit dabei. Ich versuche frei zu sein. Von dem Mädchen, das einst unter ihr gelitten hat.

    LG Nys

  • Liebe Linda,

    ich glaube auch, dass du hier richtig bist. Schon das Lesen hilft viel weiter.

    Vielleicht macht es dir die Sache einfacher, wenn du dir immer wieder vor Augen hälst, daß du für das Verhalten deiner Mutter nichts kannst. Sie ist sicherlich nicht abgenervt weil du Zeit mit ihr verbringen willst, sondern weil sie an sich unzufrieden mit sich ist. Es ist dann besser, sie einfach zu lassen. Laß sie wissen, dass du für sie da bist, wenn sie dich braucht und nutze deine Zeit für dich. Ihre Probleme muß sie selber lösen - dabei kannst du ihr nicht helfen.

    Liebe Grüße
    Liesele

  • Hello Ms Linda,
    das für mich wichtigste, was ich ( auch EKA) hier im Forum gelernt habe ist es, dass uns EKAs bewußt sein muß, dass wir die Schuld oder Ursache der Probleme unserer kranken süchtigen Eltern nicht bei uns suchen oder sehen sollen/müssen. Wir sind da quasi hineingeschlittert, ungewollt udn somit zu Opfern der Sucht geworden.
    Ich denke, jede gesunde Mutter würde jede freie Minute auskosten wollen, um mit ihrer Tochter, die im Ausland lebt zeit zu verbringen. Süchtige sind eben immer anders, die Sucht steht an erster Stelle, und- die nerven liegen oftmals blank. Besonders dann , wenn gerade mal kein Suchtmittel vorhanden ist. Vielelicht noch dazu, weil sie jahrelnag schon so viel durchgemacht hat und das geht dann an die Substanz wie man so schön sagt. Mein Vater hatte lange Zeit getrunken, ca 20 Jahre, ist aber ebenso lange jetzt trocken. Dennoch hat das Trinken Spuren hinterlassen. Er ist schnell gereizt, zieht sich auch viel zurück, weil Gesellschaft ihm wohl einfach schnell auch Stress bedeutet. er kann dann das ganze Gewusel der Kinder und Gerede nicht so lange ertragen usw. Man darf nciht vergessen, dass Alkohol ein Nervengift ist. Aber auch jahrelange Coabhängigkeit zerrt an den Nerven. Erwarte einfach nicht viel dann wirst Du auch nicht enttäuscht. Deine Eltern haben ihre Geschcihte an der auch nichts mehr zu ändern ist und daher hilft es nur zu akzeptieren udn das beste aus dem zu machen, was heute noch zu machen ist. Geht Deine Mutter gerne spazieren in der Natur? Vielelicht ist sie da etwas entspannter, wenn das nicht zu lange dauert. Du mußt auch bedenken, dass wenn sie auch trinkt, das sicher gerne vertuschen möchte und sich eventuell zusammenreißt vor Dir. Aber innen drin brodelt es dann vielleicht und sie denkt nur daran , wann sie wieder erlöst ist und sich ihren nächsten Schluck reinkippen kann.
    Wie sieht es denn bei Dir aus? Redest Du mit ihr darüber? Redet sie überhaupt darüber?

  • Liebe Nys.
    Vielen Dank für deine Rückantwort!
    Den Druck, den du beschreibst, kenne ich auch zu genüge. Den Blick, den du inzwischen auf deine Mutter hast, finde ich sehr gut!
    Ich für mich kann meine Mutter so noch nicht sehen. Denn sie ist in ihrem Verhalten mir gegenüber seit jeher anders gewesen, als sie das beispielsweise meiner Schwester oder anderen gegenüber ist. Mich straft sie oft mit einer Härte und sehr, sehr verletzenden Aussagen.
    Prinzipiell ist sie ein feiger Mensch, der sich nie traut seine Meinung zu sagen oder für sich selber einzustehen. Ausser eben, wir beide haben miteinander zu tun. Da ist sie gnadenlos. Ich nahm und nehme das persönlich, alleine schon weil sie zu anderen ganz anders ist. Ich habe sie auch mal gefragt, warum sie zu mir immer so brutal ist. Ihre Antwort: „Ich weiss nicht, warum das mit uns beiden so ist.“
    Meine Therapeutin sagte mir einst, ich hätte es nie geschafft, mich von ihr zu lösen. Würde immer noch darauf warten endlich zu bekommen, was mir zusteht und mache mich selbst mit dieser Erwartungshaltung nur unglücklich. Sie hat natürlich recht.
    Im Augenblick ist es so, dass ich auf Grund des Todes meines Vaters, grosse Sehnsucht danach habe, im Kreise der Familie zu sein. Denn, wie geschrieben, ich bin im Ausland und tue mich sehr, sehr schwer, mit der Trauer umzugehen.
    Nur, ich muss einen Weg finden, der gut für mich ist, einen Weg, der mich aus der Abhängigkeit befreit, so dass ich endlich selbstbestimmt leben kann.

    Liebe Liesele,

    auch dir vielen Dank für deine Rückantwort!
    Du hast recht. Ich muss einfach kapieren, dass es mit mir nichts zu tun hat!
    Nur, wie ich Nys eben schrieb, die Sache ist so verzwickt, weil sie bei mir eben ihre volle Härte anwendet, und ebendiese nur für mich reserviert zu sein scheint.
    Ihr zu helfen habe ich allerdings aufgeben. Denn, wenn jemand 100 Mal die Hand auf die glühende Herdplatte legt und dann darüber heult, dass die Hand wehtut, gehst du beim 101 Mal und schüttelst nur noch den Kopf.

    Liebe Frozen Tears.
    Danke dir auch für deine Rückantwort!
    Mein Vater war derjenige, der ein offensichtliches Problem mit dem Alk hatte. Bei meiner Mutter schleicht sich das nun kontinuierlich ein; sie trinkt fast jeden Abend eine halbe Flasche Wein.
    Meine Mutter geht nicht gerne spazieren, das gönnt sie sich nicht. Sie fährt schon seit langer Zeit ein hartes Selbstbestrafungsprogramm, wo gute Gefühle, Denkmusterveränderung oder generell positives ausgeschlossen ist.
    Mit ihr über ihren Alkoholkonsum zu reden ist sinnlos. Sie ist sehr gut darin, auf andere zu deuten und konnte bis vor einem Monat meinen Vater immer als den saufenden Versager mit dem Alkoholproblem benutzen, sie selbst hatte also keines. Meine Schwester hatte sie vor Kurzem auf ihren eigenen Alkoholkonsum aufmerksam gemacht und sie gefragt, ob der Tod von Papa für sie kein Alarmzeichen sei. Daraufhin wurde sie wütend (natürlich erst öffentlich als meine Schwester wieder weggefahren war) und regte sich tierisch darüber auf. So nach dem Motto ‘als ob ich ein Alkoholproblem hätte‘!
    In all dem Wust des letzten Monats ist mir gestern noch mehr Angst und Bange geworden während ich mit meiner Mutter telefonierte. Es war 18 Uhr und sie war betrunken.

    Wie also rauskommen, aus der Nummer? Wie habt ihr es geschafft, euch selbst endlich wichtig zu nehmen und einzusehen, dass der Kampf den ihr mit eueren Vätern oder Müttern kämpft, ein sinnloser ist? Ich hatte gehofft, der Groschen würde nun fallen für mich. Scheinbar war das aber ein Trugschluss.
    Es tut mir übrigens leid, dass es mit der Antwort manchmal dauern kann. Wie erwähnt, ich hänge in einem Trauerprozess und mir fehlt oft einfach die Kraft, mich zum Schreiben aufzuraffen.
    Liebe Grüsse
    Linda

  • Liebe Linda

    gar kein Problem, wenn Du nicht gleich zurück schreibst.
    Manchmal geht es einfach nicht. Fühl Dich nicht verpflichtet hier für irgendjemand was zu tun. Du bist wegen Dir hier und wenn Du Kraft allein tanken mußt, dann tu das solange und so oft wie es notwendig ist.

    Du fragst wie ich rausgekommen bin?

    Kann ich Dir garnicht so genau beantworten. Es ist eher so eine Hin- und Her Bewegung gewesen. (Was meine Mutter angeht). ...und die ist ja nicht alkoholkrank. Auch bei meinem XY war es zwar ein stetiger Entfernungsprozeß, aber auch mit gefühlten Rückschritten verbunden. Tatsächlich kam ich aber doch immer ein Stück weiter raus. (lach) fast wie bei einer Geburt. So kann ich nur sagen: Das Ziel nicht aus den Augen verlieren! ....und für mich war wichtig immer den Weg des inneren Friedens zu gehen.
    Wenn ich so bei Dir lese, denke ich daran, daß meine Mutter alle anderen Kinder immer sooooooo toll fand- nur ich war irgendwie nie so wie sie sich das dachte. (Ich hatte keine Geschwister, die mit mir aufwuchsen). Aber es gab Nachbarskinder und der un die usw. die von meiner Mutter in den höchsten Tönen gelobt und mir vorgehalten wurden. Angefangen von der tollen Figur bis zu Anmerkungen, wie toll meine Freundein mit dem Fahrschul-Auto über die Kreuzung gefahren sei :roll:

    Da wußte ich gleich: mir traut sie das so nicht zu!

    Aber was soll's - die Zeiten sind einfach vorbei und bei Dir sind sie eben noch sehr präsent. Als mein Vater vor 6 Jahren starb, hatten meine Mutter und ich sofort einen Riesenkrach. Ich trauere anders als sie. Sie wollte mir vorschreiben, wie das abzulaufen hätte. Wir waren zusammen in ihrer kleinen Wohnung und es war eine innerliche Zerreißprobe.
    Leb Deine Trauer und entdecke dabei Deine eigene Würde. Deine Einzigartigkeit auf dieser Welt. Vllt. braucht Deine Mutter auch die Erfahrung, daß Du Deinen eigenen Weg gehst und es an ihr liegt, ob sie Dich verliert oder ob sie Verantwortung für ihr Handeln an sich selbst und an Dir übernimmt.

    LG Nys

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