Die Sucht meiner Mutter :(

  • Hallo Jenny,
    Willkommen hier im Forum.
    Ich kann Dir wenig aus meiner eigenen Erfahrung erzaehlen, da ich "nur" Lebensgefaehrtin eines (oder besser zwei) Alkoholikers war. Das ist noch mal anders, wenn es die eigenen Familie betrifft. Schon klar.

    Allerdings straeuben sich mir die Nackenhaare, wenn ich lese, dass "Du Dich am liebsten einfach nur zuschuetten willst", um der Situation zu entkommen!!!!!

    Du weisst schon, dass DAS genau der Weg ist, den Deine Mutter eingeschlagen hat, gelle? Und das es das ist, was Du an ihr erlebst. Sich dem Schicksal ergeben, einfach nur zuschuetten....um was-auch-immer zu entkommen.
    Haelst Du das fuer Dich wirklich fuer eine geniale Loesung?
    Du bist 19, kannst also nun selbst entscheiden.
    Auch wenn Du materiell noch nicht auf eigenen Fuessen stehst.

    Was ist denn mit Deinem leiblichen Vater? Da besteht doch Kontakt und auch Rueckhalt? Kannst Du nicht ubergangsweise zu ihm ziehen?
    Mutter und Stiefvater Alkoholiker .... und er laesst sein Kind da aufwachsen und weiterhin leben.....HALLO??????

    Erst wenn Du emotional etwas Abstand gewonnen hast (und dafuer ist raeumlicher Abstand die Voraussetzung), kannst Du Dich mit den "Folgen" auseinandersetzen, z.B. Deinen Schuldgefuehlen, dem Verantwortungsgefuehl, etc....
    So lange Du noch so hautnah drinsteckst, ist das schwer bis unmoeglich!
    Also Schritt 1 vor Schritt 2.

    Dir einen regen Austausch mit anderen Betroffenen, Du bist ganz sicher nicht allein in dieser Lage!

    Gruesse, Lindi

  • Hallo Jenny,

    schön, dass du nun hier bist.
    Tja, das Schuldgefühl.
    Grundsätzlich tut mir die Distanz gut, ich fühle mich seitdem besser.
    Ich habe kein schlechtes Gefühl mehr, weil ich ausgezogen bin; aber manchmal tut der Gedanke daran sehr weh, dass sie sich so zugrunde richtet, immer mehr verfällt und irgendwann dann auch stirbt. Ich habe Angst vor dem Moment, wenn ich vor ihr in der Leichenhalle stehe.
    Und ich habe auch vor der Zeit danach Angst, weil mein Vater sich nicht selbst versorgen kann. Vernünftige Gespräche sind nicht möglich, da er sehr manipulativ ist und das schlechte Gewissen anderer sehr gut bedient.

    Da sehe ich ihn schon bei mir zur Vollpension einziehen- was ich natürlich nicht will, da er kein einfacher Zeitgenosse ist und ich keine Lust habe, mich ihm nun anzupassen.
    Ich merke nun, dass die Manipulationen Spuren hinterlassen haben. Auch haben sie mich zwischendurch immer wieder verletzt, beleidigt, mein Selbstwertgefühl zerstört. Dann war ich an anderen Tagen doch wieder die tolle. Je nach Bedarf. Das hat geprägt. Und natürlich ist es die perfekte Methode, die Tochter so zu erziehen, dass sie später nach Bedarf springt und sich aufopfert.
    Das merke ich nun erst in einer Zeit, in der ich mich schon distanzieren konnte. Vor 6 Jahren bin ich ausgezogen, aber abgenabelt habe ich mich erst später.
    Ich denke, es schlummern hier und da noch ein paar Traumata, zwischendurch kommen viele unschöne Erinnerungen wieder hoch.

    Ich kann dir da nur eine Therapie empfehlen. Ich bezahle sie nun selbst, da ich Angst habe, dass mir eine Therapie sonst die Karriere vermasselt. Aber selbstverständlich kannst du auch eine bei der Krankenkasse beantragen. Wenn du zum Arzt gehst und von deiner Familie berichtest, wird der es sicher auch so sehen. Für mich war das damals alles so normal, da ich vor lauter familiärer Suchtstrukturen nicht erkannte, was sonst "normal" ist. Als ich ihm dann vom Verhalten der einzelnen Familienmitglieder mir gegebüber berichtet und ihrem eigenen Trinkverhalten, schlug mein Arzt die Hände über dem Kopf zusammen und sprach ohne meine Anfrage von einer Therapie, die ich auch aus Umzugsgründen erst nun antrete.
    Es hätte ohnehin 9-12 Monate gedauert, bis ich einen Platz bekommen hätte.

    Du, ganz ehrlich: Wenn deine Mutter später nach deinem Umzug jammert, ist sie selbst Schuld. Du hast es jahrelang versucht, hast gebettelt, geheult und gefleht- dann ist das ihr Pech. Du hast im Vorstellungsthread deinen Stiefvater zitiert- das ist doch grausam, was er dir einreden möchte. Es kann sooo schädlich sein, anderen, jüngeren Menschen das Urteilsvermögen abzusprechen und so einen Käse einzureden.
    Abgesehen davon ist es absolut normal, dass erwachsene Menschen irgendwann ausziehen und ein eigenes Leben führen. Du bist kein Kind mehr und auch keine Pflegefachkraft, die nach Saufgelagen die Scherben wegfegt. Deine Mutter ist alt genug, ihren Mist selbst zu regeln.
    In anderen Familien ist es so, dass nach dem Auszug der Kinder ein herzliches Verhältnis bleibt- aber dass ein solches aufgebaut wird, hängt auch stark vom Verhalten der Eltern ab. Da hat sich deine Mutter nicht mit Ruhm bekleckert- also selbst schuld; sie hat keinen Grund, sich zu beklagen.
    Interessant ist aber zu wissen, dass es diese normalen Vorgänge in Familien mit Suchtstrukturen nicht gibt. Kinder bleiben Kinder, immer in der Nähe des Rockzipfels der Mutter- und Loslösungen werden durch emotionale Erpressung zu verhindern gesucht. Kinder fühlen sich für Eltern verantwortlich- eigentlich soll es ja andersrum sein. Aber diesen Kindern wird mit auf den Weg gegeben, dass sie für das Wohl der Eltern Sorge tragen sollen und sich kümmern müssen. ist Quatsch.

    Meine Mutter hat mir schon eingetrichtert, als ich ein Kleinkind war, dass sie nie in ein Heim möchte, sondern lieber von der Tochter gepflegt werden will. Fremde Leute will sie auch nicht im Haus. Ich wäre ziemlich doof, wenn ich dem nachkomme und, sollte sie aufgrund der jahrzehntelangen Sauferei irgendwann auf Pflege angewiesen sein, mich auch noch damit weiter kaputt zu machen.

    Ich finde die Pläne, mit dem Freund zusammenzuziehen, absolut nachvollziehbar und legitim.
    Die Frau hat auf dich (selbst als deine Mutter) keine Rücksicht genommen. Und du sollst nun deine Interessen, dein Wohl und deine Lebensplanung für sie hintenanstellen, damit sie fein saufen kann?
    Lieber sollte sie über Konsequenzen für sich nachdenken, dass ein normaler Umgang nach deinem Auszug möglich wird.

    Viele Grüße,
    Zimttee

  • Hallo Jenny,

    gut das Du fuer Dich das so erkannt hast mit dem Alkohol ;-). Klar, irgendwie muss Jeder fuer sich einen Umgang damit finden, als Jugendlicher besonders.....aber sei Dir halt bewusst, dass Du evtl. ein hoeheres "Risiko" mit Dir herumschleppst, als die Kumpels an der Uni. Ob Alkoholismus nun teilweise vererbbar ist (bzw. die "fehlerhafte" Verstoffwechselung) oder das Verhalten "abgeschaut" und verinnerlicht wird, ist nach wie vor nicht so ganz wissenschaftlich geklaert.....
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    Nein, natuerlich wird Dein Verantwortungsgefuehl und die gefuehlte Schuld nicht "einfach so" verschwinden, wenn Du ausziehst. Das waere naiv, das anzunehmen. Aber zumindest gibt Dir raeumlicher Abstand die Moeglichkeit dazu, wieder klar zu erkennen, was wohin gehoert. Wenn Du permanent dem Kreuzfeuer und den Salven und den Vorkommnissen ausgesetzt bist, hast Du ja kaum Moeglichkeit dazu. Und dann ist die Mutter mal wieder kurz lieb, und schon denkst Du "ich kann doch nicht, ich muss doch..."
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    Zimttee hat es schon ganz gut zusammengefasst. Es ist absolut normal, dass Jugendliche in Deinem Alter (manche etwas frueher, manche etwas spaeter) sich selbstaendig machen. Das gehoert zum Erwachsen-Werden dazu.
    Die meisten Eltern sehen diesen Schritt ihrer Sproesslinge auch als weitere Entwicklungsstufe. Nicht alle sind froh und gluecklich darueber, da hat Zmttee, vielleicht ein ein bisschen idealisiertes Bild der "Normalo-Familie" .... aber nach einigem Hin-und-Her lassen die meisten ihre Sproesslinge ziehen. Weil es NORMAL ist! So wie der Zahnwechsel oder der beginnende Bartwuchs (bei Jungs, klar!).
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    Was Du beschreibst, das "in sich reinfressen", mit Niemand reden koennen ....das allerdings kenne ich aus eigener Erfahrung. Und fuer mich war es damals eine regelrechte Befreiung, endlich hier im Forum mit Leuten zu sprechen...und all das, was ich so graesslich fand, mich so runtergezogen hat, als das zu erkennen, was es ist. Symptome einer Krankheit.
    Das war ungeheuer erleichternd.

    Davon abgesehen koenntest Du Dich auch umsehen, wo fuer Dich Ansprech-Stellen sein koennten......Suchtberatung der Caritas, z.B. oder psychologischer Dienst an der Uni (wurde hier mal von Jemand Anderem beschrieben, dass es das gibt)..... einfach damit Du mal "eingenordet" wirst .....das ist "Sucht", das ist "emotionale Erpressung", das ist einfach nur "Humbug" ....es hilft ungemein, wenn die Dinge ploetzlich einen Namen haben und nicht mehr als grauslige unbebenennbare Monster unterm Bett lauern!

    Viele Gruesse, Lindi

  • Hallo Jenny,

    genau so ist es hier auch.

    1. meine Mutter funktioniert auch weiterhin, kauft Süßigkeiten, räumt auf, kocht.. Und dann wird wieder gesoffen. Mir kommt es manchmal so vor, dass es so eine Art Entschuldigung für ihr Verhalten ist. Das machts aber nicht besser.
    Und auch ich spüre diesen Hass, die Wut manchmal- und fühle mich dann wieder schlecht eben wegen dieser Gefühle- sie meint es doch gut. Abe sie verhält sich dennoch sche*ße. Nun, daher beginnt meine Therapie bald.

    2. Die Caritas ist eine gute Sache- ruf da an und mach einen Termin. Letztlich steht und fällt es mit deinem Gesprächspartner. Als meine Dame dort mir beim 2. Treffen riet, mit meinen Eltern zu entsprechenden Einrichtungen zu gehen (mit Vater zur Suchtberatung oder dem Sozialpsychiatrischen Dienst und Mutter auch dahingehend zu belabern) bin ich nicht mehr hingegangen, weil mich das wieder zu sehr in meine Co-Rolle gedrückt hätte und ich nicht dafür zuständig bin, dass meine Eltern Hilfe bekommen, wenn sie keine externe wünschen. Mich hat es total getriggert- es tat mir nicht gut.

    3. So Sätze wie "Je älter ihr werdet, desto bescheuerter werdet ihr" oder vergleichbare Beleidigungen sind hier auch schon gefallen- hauptsächlich zielen diese Kommentare auf mangelnde Intelligenz, Kompetenz und auf die Figur. Ich denke, der Sinn und Zweck dieser Sätze ist, dass wir sie mit ihrer Sauferei in Frieden lassen sollen. Aber was sie uns damit antuen- darauf kommen unsere Mütter im besoffenen Kopf nicht, da sich alles nur um den Alkohol dreht.

    4.
    Meine Mutter zeigte auch mal die Spur der Einsicht- ja, sie wäre krank und es müsse professionelle Hilfe her. Das ist vor 4 Jahren geschehen und war auch der letzte Satz in die Richtung. Seitdem wird wieder verdrängt und gesoffen.

    5.
    Ich drücke dir die Daumen, dass du da schnell raus kommst.

    VIele Grüße,
    Zimttee

  • hallo jenny

    ich bin auch eine mama die viele jahre gesoffen hat, und wenn ich meinen kindern gesagt habe das ich sie liebe und nicht mehr saufen will dann war das auch nicht gelogen. ich wollte es, so oft, und doch hatte ich einfach nicht die kraft mir hilfe zu suchen. wenn deine mutter sich so blöde aufführt dann spricht der alk aus ihr. so hart das ist, aber es ist einfach wirklich das beste du gehst. für dich selbst kannst du ihr ja zum abschied eine zettel auf den tisch legen auf den du die nr. der suchtberatung schreibst und das du für sie da bist wenn sie sich entschlossen hat wirklich was zu verändern. manchmal kann so ein konsequentes handelt wunder wirken. und wenn nicht, es ist nicht deine schuld. sie muß sich überwinden und sich hilfe suchen.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

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