Meine Gedanken aussprechen

  • Hallo zusammen,

    Bevor ich zu meinem Thema komme, möchte ich mich kurz vorstellen, da ich neu hier im Forum bin.
    Ich bin fast 40 Jahre alt und weiß seit etwas mehr als 3 Jahren, dass ich EKA bin. Seit dem versuche ich, daß es mir besser geht. Mein Vater war in meiner Familie der Alkoholiker (zu ihm habe ich seit ca. 15 Jahren keinen Kontakt mehr, weshalb ich nicht weiß ob er noch abhängig ist oder ob er überhaupt noch lebt) und meine Mutter die Co-Abhängige.

    Zu viel erst mal dazu. Ich denke in Zukunft werden noch genauere Ausführungen folgen. Ich bin jedenfalls gespannt auf einen Erfahrungsaustausch mit euch.

    Jetzt zu meinem aktuellen Thema; ich hoffe ich kann es einigermaßen verständlich beschreiben.
    Mir gelingt es nicht, in einem Gespräch alle meine Gedanken und Ideen auszusprechen, wobei ich das nicht aus Angst mache. Das geht so weit, daß z. B. Meine Partnerin das Gefühl hat, ich hätte kein Interesse an einem Thema (was nicht so ist), weil ich eher wie ein unbeteiligter oder gelangweilter Zuhörer agiere.
    Ein Beispiel dazu, welches ich bewußt gewählt habe weil es sich eher um eine Banalität handelte und ich nicht aus Angst meinen Gedanken wieder mal nicht ausgesprochen habe. Wir führten ein gespräch wegen einer Beerdigung. Im Verlauf dieses Gespräches schoß mir der Gedanke durch den Kopf, daß wir uns um einen Kranz kümmern müssten, den ich aber nichr gesagt habe. Wenige Tage vor dieser Beerdigung kam meiner Frau nun auch dieser Gedanke und sagte es mir mit einer gewissen Besorgnis, da bis zum bevorstehenden Termin nicht mehr viel Zeit war. Ich antwortete nur, dass ich auch schon daran gedacht hätte, worauf sie natürlich fragte warum ich denn nichts gesagt hätte.
    Ich denke, dieses Beispiel zeigt, daß es nicht Angst war, warum ich mit meinen Gedanken zurückgehalten habe sondern etwas anderes. Es ist jedenfalls so, daß mir wie beschrieben Gedanken durch den Kopf schießen, ich aber sie nicht festhalten und aussprechen kann.
    Rührt es daher, daß ich als Kind gelernt habe, daß es eh nutzlos ist etwas zu sagen und daß meine Eltern mich nicht wahrgenommen haben, da sie ja eh mit ihrem Kram (sprich übler Streit und sich gegenseitig heftigst zu Beschimpfen) beschäftigt waren? Ich habe mal gelesen, auch wenn ein Elternteil ( in diesem Fall meine Mutter als Co.) in einer suchtbelasteten zum Kind geht und seine Zuneigung und Hilfe anbietet wie; "du kannst jederzeit zu mir kommen" oder auch "ich liebe dich und bin für dich da" spürt das Kind, daß das Elternteil das gar nicht leisten kann.
    Habe ich deshalb gelernt, meine Gedanken, Wünsche oder Ängste sind es nicht wert ausgesprochen zu werden, da sie eh nur unbeachtet bleiben?
    Kennt ihr das auch und wie habt ihr euch davon befreit, eure Gedanken für euch zu behalten?

    Vielen dank schon mal. Binsehr gespannt auf eure Antworten.

    Bis dann und viele Grüße
    heinmueck

  • Hallo heinmueck,

    sei erst einmal herzlich willkommen hier im Forum :)

    Ich glaube, es ist halbwegs "normal", dass man nicht jeden Gedanken, der einem so spontan durch den Kopf schießt, in einem Gespräch zur Sprache bringt - da hätte man ja ganz schön was tu tun ;)
    Manchmal habe ich auch so einen Gedankenblitz, dann nimmt das Gespräch aber eine andere Wendung und ich vergesse den Gedanken wieder, denke aber hinterher - ach mensch, das hätte ich noch sagen wollen/können.

    Eine andere Sache ist, dass du da ein Muster siehst und es dich belastet, bzw. deine Partnerin dich dadurch anders wahrnimmt als du dich selbst, was wiederum dich an deiner Wahrnehmung zweifeln lässt (was bei mir selbst und vielen anderen, die hier schreiben, ein großer Knackpunkt ist).

    Was ist dagegen zu tun? Wenn du die Gedankenblitze festhalten willst, könntest du in solch einem Moment das Gespräch kurz unterbrechen und dich auf diesen Blitz konzentrieren (was ist das für ein Gedanke, warum kommt er jetzt ... usw.) und dann kannst du entscheiden, ob du ihn mitteilen willst. Es gibt auch Situationen, in denen es gut ist, seine Gedanken für sich zu behalten.

    Hast du denn das Gefühl, der Gedanke mit dem Kranz war dir so wichtig, dass du ihn unbedingt hättest aussprechen müssen/wollen?

    Und: Wie nimmst du dich selbst sonst wahr? Sagst du (bei Dingen, die dir wichtig sind und die dich selbst betreffen) was du möchtest?

    Viele liebe Grüße und einen guten Austausch wünscht
    Lea

    If you know where you stand
    then you know where to land ...

  • Hallo Lea,

    vielen Dank für deine Antwort.

    Das mit meiner eigenen Wahrnehmung und der Wahrnehmung meines Partners ist wirklich ein großer Punkt. Diese unterschiedliche Wahrnehmung führt dann bei mir zu einer starken Unsicherheit. Außerdem führt das doch dann hinwieder zum Streit, wenn ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, was meine Partnerin von mir will wenn sie nachfragt was ich eigentlich meinte. (Ist das jetzt verständlich :?: )

    An sich wäre ja der Gedanke mit dem Kranz schon wichtig gewesen, da meine Partnerin ja selbst erst kurz vor der Beerdigung daran Gedacht hat und wir einen gekauft haben. Es war dann halt kurz vor knapp. Eigentlich verdeutlicht das ja nur, daß meine Idee eben gut und richtig war und ich uns Stress erspart geblieben wäre, wenn ich es schon früher gesagt hätte. Sowas passiert auch bei wichtigen Dingen und meine Partnerin sich dann allein gelassen fühlt.

    Tendenziell ist es bei mir besser geworden, meine Wünsche mitzuteilen. Aber ich muß da noch viel an mir arbeiten.

    Aber gewisse Ideen oder Gedanken nicht auzusprechen stört mich schon, da es doch häufig so ist. So bringe ich micht nicht wirklich ins Gespräch ein. Meine Partnerin hat dann das Gefühl wie gegen eine Wand zu reden.

    Diese Gedanken festzuhalten fällt mir sehr schwer, als ob es unwichtig wäre was ich sage....

    Viele Grüße
    heinmueck

  • Hallo Heinmueck,

    könnte was dran sein.

    "Sich mitteilen" oder "unsichtbar sein" fällt mir dazu ganz spontan ein.

    Die wirklichen Bedürfnisse wurden von den Eltern nicht wahrgenommen. Das habe ich selbst wahrgenommen und musste zurück stecken. Ich war nicht wichtig, ob ich nun etwas sage oder nicht. Es war egal.
    Sich dann später mitzuteilen, seien es die eigenen Bedürfnisse oder Banalitäten, musste ich neu erlernen.


    LG Weidenkätzchen

  • Hallo Zusammen,

    aber wie kann ich diese Gedankenblitze festhalten oder einfach aussprechen? Es ist wohl wie Weidenkätzchen beschrieben hat; weil ich immer noch denke, dass es eh keinen Sinn hat und weil es unwichtig ist was ich sage.

    Manchmal ist es auch so, dass ich während eines Gespräches "abdrifte", weil ich dann im Kopf schon viel weiter bin und mir Gedanken in verschiedene Richtungen mache. Anstatt diese Gedanken auszusprechen und so am Gespräch teilzunehmen, grüble ich vor mich hin.

    Es ist wie früher als Kind; da habe ich in meinem Zimmer gesessen und mir so meine Gedanken gemacht ohne dies irgenwem mal mitzuteilen.

    Liebe Grüße
    heinmueck

  • Hallo Heinmueck,

    was kann man machen ? Naja, ich denke, da muss jeder so sein eigenens Rezept finden.

    Sich auf das Gespräch konzentrieren, genau zuhören und denjenigen anschauen. Zwischenfragen stellen, wenn Unklarheiten sind......

    Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung......

    Tagebuch schreiben. Gedanken vom Tag sortieren........

    Üben.Zuhören und antworten üben. Vielleicht mit deiner Frau, wenn sie die Hintergründe kennt und Verständnis aufbringt.

    Das fällt mir so auf Anhieb ein.

    LG Weidenkätzchen

  • Guten Abend Zusammen,

    ich denke das wird ein hartes Stück Arbeit - "einfach" zuhören :wink:
    Ich weiß das es geht aber ich merke auch wie schwer es mir fällt :?
    Aber es geht, das weiß ich!

    Vielleicht hilft mir da auch das Tagebuch oder zumindest mal öfter innehalten und in mich reinhorchen.

    Ich glaube das ist ein wichtiger Punkt: mich zu spüren und in mich gehen. Dann wird auch der Kopf ruhiger.

    Bis dann und viele Grüße
    heimueck

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