Liebe Leute
Mein Name ist Florian, ich bin 44 Jahre alt, und ich bin alkoholkrank.
Früher waren da noch andere Substanzen im Spiel, doch das hatte ich dann irgendwann erfolgreich bekämpft. Leider hat dann der Alkohol seinen Siegeszug über mein labiles Wesen eingeläutet.
Nun, ist ja nicht so als hätte ich mich nie gewehrt. Hatte auch schon mal ein dreiviertel Jahr nicht gesoffen. Aber eigentlich... wenn ich ehrlich bin, muss ich mir eingestehen: Ich hab's nicht im Griff. Wollte immer ein "kontrolliertes Trinken" ansteuern. Wollte mich nicht abseits der Gesellschaft sehen, sah das immer als Abstellgleis. Und damit konnte ich mich nie anfreunden.
Es folgten Jahre, während denen ich in Wellenbewegungen immer und immer wieder dieselbe Leier gezupft habe. Angefangen mit einer kurzen Trinkpause, begann ich dann wieder langsam Alkohol zu trinken. Natürlich am Anfang immer wenig, und genauso kontrolliert wie ich mir das vorgenommen hatte. "Yeah", dachte ich... und "yeah" dachte der Alkohol. Denn er hatte stets das letzte Wort. Sprich: es wurde immer mehr, immer öfter, immer krasser und nasser - BLAH BLAH BLAH... ich hasse die Worte, welche ich hier niederschreiben muss, und ich habe es so satt!
Wie kann man sich so dermassen offensichtlich selbst belügen. Jeder Blinde sieht's, spricht mich darauf an. Was tu' ich? Ich mach's einfach im Verborgenen, sauf mir 'nen Pegel an, um nicht so offenkundig als Vollidiot da zu stehen. Krieg sogar noch Komplimente, dass ich mich gebessert habe... das ist ja noch das Beste daran... bis zu diesem Zeitpunkt, da ich mich vergesse, und dermassen vollaufen lasse, dass man's nicht mehr übersieht - Filmriss inklusive. Das war am letzten Samstag - und "es war das letzte Mal", schreibe ich, und bin doch so mutlos, kraftlos, glaube mir selbst nicht... sehr schade...
Aber ich habe wenigstens gestern und heute nichts getrunken, und werde auch morgen nichts trinken.
Ich war heute beim Arzt. Der hat mir zwar gesagt dass ich keinen stationären Entzug bräuchte, mir jedoch empfohlen, eine Therapie zu machen.
Dies habe ich umgehend eingeleitet. Morgen hab ich mein erstes Einzelgespräch beim "Blauen Kreuz" (Alkoholsuchtstelle in der Schweiz), und am nächsten Dienstag gehts dann zum Therapeuten.
Versteht mich nicht falsch... ich klinge vielleicht nicht wirklich so als wäre ich von meinem Vorhaben überzeugt. Das liegt aber mehr daran dass ich mich kenne. Ich habe immer irgendwann die Hintertürchen entdeckt und benutzt, anstatt sie zuzuschmeissen (mit einem riesigen Stein davor und so *g*). Bitte deswegen nicht gleich losschlagen, ich denk' ich brauch Zeit für die Entwicklung von Selbstvertrauen.
Ich habe hier gestern und heute viel von Euch gelesen... einiges hat mich erschüttert, einiges hat mich motiviert. Und ein paar Beiträge machen mir Mut, und geben mir Hoffnung.
Ich erbete Zugang zu Eurer Gemeinschaft, denn ich muss mich jetzt vernetzen. Mit Leuten, die mich verstehen. Mit Menschen, die nicht einfach "werd mal erwachsen" von sich geben, sondern wissen, was es heisst, alkoholkrank zu sein. Denn das bin ich - leider ohne Zweifel.
Ich brauch Hilfe, und die hol' ich mir jetzt.
Mit liebem Gruss
Florian