Umgang zwischen Kind und Alkoholiker

  • Hallo,

    ich bin Leni, 44 Jahre alt und habe viele Jahre mit einem Alkoholiker zusammengelebt, wir waren bis vor 4 Jahren verheiratet und haben einen 10 jährigen Sohn.

    Vor 4 Jahren habe ich mich von meinem Mann getrennt, nachdem es seinerseits über viele Jahre leere Versprechungen gab, sich Hilfe zu holen.
    Ich war (bin?) Co-Abhängig, habe das ganze Programm dieser Krankheit mitgemacht, mir aber dann irgendwann professionelle Hilfe geholt, um diese Situation in den Griff zu bekommen. Ich wurde beschimpft, niedergemacht, mir wurde die Schuld gegeben...Das, was viele hier beschreiben, kenne ich leider zu gut.

    Irgendwann hab ich mich davon befreit und konnte mir seitdem ein schönes Leben aufbauen.

    Nun aber geht es um unser Kind. Es erlebt seinen Vater immer häufiger betrunken. Jedes 2. Wochenende ist er bei ihm und jetzt neulich sagte er von sich aus, dass er nicht mehr bei seinem Vater übernachten will, sich dort nicht wohlfühlt und teilweise auch Angst hat, wenn Papa so komisch drauf ist. Er beschreibt ihn und seinen Blick dabei genauso, wie ich es damals erlebt habe. Ich habe meinem Sohn bisher nichts davon erzählt, es ist also nicht so, dass er meine Worte nachplappert.

    Ich habe mich daraufhin mit einer Fachkraft zum Thema Erziehung besprochen, mit der ich immer wieder mal im Austausch stehe. Sie hat früher auch in einer Suchtklink gearbeitet und kennt sich mit der Thematik sehr gut aus. Sie riet mir, meinem Sohn kindgerecht von der Krankheit Alkoholsucht zu erzählen.
    Das habe ich dann auch gemacht, hab ihm erklärt, was mit Papa los ist und das mein Sohn aber an dieser Situation nicht Schuld ist und Papa ihn zwar liebt aber gerade nichts gegen die Krankheit unternimmt.

    Natürlich musste ich meinem Ex-Mann davon berichten und ihm sagen, dass sein Sohn nicht mehr bei ihm übernachten will. Vielleicht könnt ihr euch vorstellen, was nun bei uns los ist...ich werde beschuldigt, ihn beeinflusst zu haben...ihm das eingetrichtert zu haben, ich bin ein schlechter und böser Mensch, treibe Psychospielchen...
    Und mein Sohn hat natürlich alles falsch verstanden, er habe höchstens 3 Bier getrunken usw.
    Und dass er nicht mehr bei meinem Ex-Mann schlafen will, will er nicht akzeptieren, sondern mit ihm reden und ihn dazu bringen, seine Meinung zu ändern.

    Ich habe unheimliche Angst vor der nächsten Zeit, vor dem Druck, den er auf den Kleinen ausüben wird und das ganze Theater, das damit zusammenhängt.

    Mich selber treffen seine Worte nicht mehr aber ich möchte nicht, dass mein Sohn jetzt in die Schusslinie gerät.

    Vielleicht hat hier ja jemand Erfahrungen mit dieser Situation. Ich würde mich wahnsinnig gerne mit euch austauschen, vielleicht auch mit erwachsenen Kindern von Alkoholikern, um besser zu verstehen, was mein Sohn jetzt braucht und wie ich ihm beistehen kann.

    Wie regelt ihr anderen das, wenn ihr kleine Kinder habt und euer Ex-Partner alkoholkrank ist?


    LG Leni

  • Hallo Leni & Willkommen im Forum! :D

    Wie ist denn der Umgang bisher geregelt?
    Ging bisher alles über das Familiengericht oder habt ihr bisher vieles einvernehmlich regeln können?
    Das wäre für mich die Basis für meine weitere Vorgehensweise.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hallo Dante,

    bisher ist es so, dass wir das gemeinsame Sorgerecht haben und die Regelungen zum Umgang so zwischen uns besprochen haben.

    Mein Sohn ist unter der Woche einen Tag bei seinem Vater und jedes 2. Wochenende.

    Nach dem letzten Wochenende bei seinem Vater wollte er aber nicht mehr dort übernachten. Er möchte ihn tagsüber schon sehen, fühlt sich aber dann abends dort nicht mehr Wohl.
    Gestern hat mein Ex-Mann ihm dann erklärt, dass ja alles nicht so schlimm sei und er gerne noch eine Chance hätte. Mein Sohn hat dann zugesagt, dass er von Sonntag auf Montag wieder bei ihm übernachtet, fühlt sich aber nicht ganz Wohl mit dieser Entscheidung.

    Ich bin jetzt hin und her gerissen zwischen meinen Erfahrungen mit seinem Vater, den vielen leeren Versprechungen, die ich damals gehört habe und der Liebe zwischen den Beiden.
    Mein Ex liebt sein Kind, das weiß ich. Und er würde ihm auch nie bewusst schaden. Die Frage ist, ob er sich unter Kontrolle halten kann, wenn das Teufelchen Alkohol wieder auf seiner Schulter sitzt...

  • Hallo Leni,

    ich finde es wichtig, dass Dein Sohn entscheidet. Er ist in der Lage, zu erkennen, was ihm gut tut bzw. was nicht. Ich finde es außerdem toll, dass er das Vertrauen zu Dir hat, Dir das zu sagen, was er nicht möchte. Ich finde es wichtig, ihn darin zu unterstützen.

    Ich kann Dir grob zusammen gefasst etwas von mir erzählen bzw von einer ähnlichen Situation, die zwar nicht alkoholbedingt ist, aber dennoch vergleichbar.

    Meine Söhne sind noch sehr klein gewesen, als ich mit meinem Ex-Mann auseinander ging. Sie sind seit dem ohne Ausnahme auch ein Mal wöchentlich und jedes zweite Wochenende bei ihrem Papa gewesen, mit dem ich auch noch sehr gut befreundet bin. Vor 1,5 Jahren, da waren meine Kinder 11 und 12 wollten meine Kinder nicht mehr bei ihrem Vater schlafen. Er trinkt nicht. Aber er kann sehr schnell ziemlich ausflippen. Nicht körperlich gegen die Kinder, aber verbal. Meine Kinder sind sehr reif und weit für ihr Alter gewesen, auch im sachlichen Argumentieren. Je weniger sie sich die Butter vom Brot nehmen lassen haben, umso mehr wurde es seitens ihrem Papa ungerecht und verletztend im Streit. Er ist diesbezüglich wirklich unerträglich, weshalb damals zum größten Teil unsere Ehe auch nicht funktioniert hat.

    Ich habe mich also wegen oben beschriebenen Verhalten getrennt und meine Kinder waren dieser Art trotzdem ausgesetzt. Also wie bei Dir, auch wenn’s andere Gründe sind. Ich finde, das kann man nicht verlangen. Zumindest nicht, wenn es sich beim anderen Elternteil nicht um normale Macken handelt. Alkoholismus und Aggressionen muss sich kein Kind aussetzen. Und als meine Kinder nicht mehr dort schlafen wollten, habe ich sie unterstützt.

    Ich habe aber immer gut zugeredet, sich Tags über mal für eine gewisse Zeit mit ihrem Papa zu treffen. Ich hab ihn auch nie schlecht gemacht. Ich hab ihn auch sehr gern, denn er hat trotz allem ein gutes Herz mir und den Kindern gegenüber und er hat sie auch sehr lieb und umgekehrt.

    So läuft es nun seit 1,5 Jahren sehr gut! Sie treffen sich mit ihm, aber kommen zum Schlafen nach Hause. Ein Mal wollte mein Großer auch mal dort bleiben über Nacht, aber dabei blieb es auch. Da wir in einem Ort leben, läuft das natürlich recht unkompliziert, aber auch wenn wir weiter entfernt wohnen würden, hätte ich Treffen Tags über unterstützt, die eben zeitlich begrenzt sind. Das hat sehr viel Druck rausgenommen.

    Wie genau es bei Euch laufen könnte, weiß ich nicht. Aber ich würde Deinen Sohn in seiner Entscheidung auf jeden Fall weiter unterstützen. Wir wissen Beide ja genau, dass es mit einem Alkoholiker nicht zumutbar ist, zusammen zu sein auf Krampf.

    LG Cadda

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