Ein bisschen von mir... Meni

  • Hallo Ihr, seit ein paar Tagen bin ich erst dabei, seit August lese ich hier mit. Mir hilft seit Sonntag das Lesen im Forum jeden Tag, wenn ich auch nur ein bisschen Lust zum Trinken verspüre, wie eine Hand, die mir beim Laufenlernen hingehalten wird, falls ich sie brauche. Ich möchte anfangen, ein bisschen von mir zu erzählen, so könnt Ihr mich besser kennen lernen und mir tut es gut.

    Einer der Gründe, warum ich mit dem Trinken begonnen hatte, war Unsicherheit. Ich bin ein Alkoholikerkind (beide Eltern) und kämpfe seit jeher mit dem Gefühl der Wertlosigkeit. Ich bin daher relativ leicht zu verunsichern, wenn man mir laut und unangenehm kommt. Ich habe über einen längeren Zeitraum versucht, dass mit Alkohol zu überspielen, das Ende vom Lied war aber, dass zur Unsicherheit noch das schlechte Gewissen hinzu kam und ich mich außerdem noch weniger ernst genommen fühlte (und bestimmt auch immer weniger ernst genommen wurde) - und dadurch noch unsicherer. Und dass ich süchtig nach Alkohol wurde. Dadurch habe ich mir von manchen Menschen viel zu viel gefallen lassen, da sinkt zudem das Selbstwertgefühl manchmal in den Keller...

    Ich bin erst seit wenigen Tagen trocken und kann nicht sagen, dass ich vor Selbstsicherheit strotze, aber ich habe festgestellt, dass ich total dankbar und stolz bin, dass ich in diesen Tagen nicht zur Flasche gegriffen habe, obwohl ich es in einigen Situationen sonst getan hätte, sogar als ich innerlich vor Hilflosigkeit vor Wut gezittert habe. "Du kriegst mich nicht dazu," habe ich bei mir gedacht, "Du wirst schon noch sehen, wohin Dich Deine verlogenen Behauptungen führen werden - jedenfalls bringst Du mich nicht zum Trinken damit." Ich hab's geschafft, auf der Sachebene zu bleiben - und das hat mein Gegenüber mit Sicherheit nicht erwartet. Ich hatte das übrigens selbst nicht von mir erwartet. :D

    Ich möchte in der nächsten Zeit meine Nüchternheit ganz bewusst erleben und beobachten, wie meine Mitmenschen darauf reagieren. Wenn ich beispielsweise dem, der mir immer über den Mund fährt, ganz ruhig sage: "Ich fühle mich immer ganz schlecht, wenn Du mich nicht ausreden lässt." Und wenn der mir dann z.B. sagt, ich erzähle sowieso nur Müll, einfach aufzustehen und freundlich zu sagen:" Dann ist eine Unterhaltung zwischen uns keine gute Idee, nicht wahr?" So oder so ähnlich stelle ich mir das vor, und ich spiele solche Situationen derzeit andauernd in meinem Kopf durch, in verschiedenen Varianten. Ich kann die Menschen um mich herum nicht ändern, aber ich kann mein Verhalten ändern und dadurch an Sicherheit gewinnen.

    Wisst Ihr, ich glaube, herauszufinden, wer man eigentlich wirklich ist, ist ein großes Abenteuer. Man wird Menschen gewinnen und verlieren, man wird an die Wand laufen und in offenen Armen landen. Aber man muss sich nicht mehr verstellen - und das ist ein wirklich gutes Gefühl...

    LG, Meni

  • hallo meni

    du hast jetzt schon eine erkenntniss gewonnen die ich erst bei der therapie erhalten habe. du bist was wert, und wer das nicht akzeptiert ist es nicht wert von dir beachtet zu werden. klasse!!! das mit dem situationen durchspielen halte ich für ne gute idee, das stärkt, lass dir nichts gefallen und arbeite an deiner inneren ruhe das gibt einem die kraft dem gegenüber die stirn zu bieten sowas ist oft richtig beglückend. bin sicher mit der einstellung schaffst du es auch, du solltest aber auch zum arzt gehen und dich mal abchecken lassen, aber ehrlich sein. das ist ganz wichtig

    gruß doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Liebe Doro,

    dass man etwas wert ist, ist nicht immer einfach zu begreifen. Ich merke gerade in diesen Tagen, wieviel Gutes ich mir tu': ausreichend trinken; nach dem Duschen in Ruhe mit duftenden Cremes die Haut pflegen; bewusst essen - und vor allem, keinen Alkohol trinken... Am Samstag geht mein Gefährte mit mir Laufschuhe kaufen, ich will wieder anfangen mit Laufen. All dies bin ich mir selbst wert, und damit fängt es wohl an... Ich kann nicht erwarten, dass mich jeder gut behandelt, aber ich kann mich wehren, und wenn das nicht hilft, kann ich ja auch gehen. Was kann mir schon passieren, außer, dass mich nicht jeder liebt? Das klingt jetzt natürlich alles sehr einfach, aber das ist mein erstes Ziel: Ich möchte gut zu mir sein. Auch, wenn mich das manches Mal Überwindung und heimliche Angst kostet.

    Wie findet man seine innere Ruhe? Das hat ja der Alkohol bisher für mich getan, diese trügerische Wärme und Entspannung erzeugt. Ich denke, Joggen wird mir dann helfen, aber zwischendurch gibt es doch sicher auch Dinge, die man tun kann, wie tiefes Durchatmen oder dergleichen.

    Beim Arzt war ich übrigens (mein Freund ist sogar mitgegangen). Ich war ehrlich, es nützt ja nichts. Sie hat mir erstmal Tabletten verschrieben (Bluthochdruck), etwas für den irritierten Bauch (alkfrei) und will mich regelmäßig sehen. Meine Werte sind super, auch die der Leber :shock: , sie ist sehr zufrieden mit mir.

    LG, Meni

  • hallo meni

    ja wie geht das mit der ruhe, ich habe dazu meditiert, hört sich vielleicht schwer an ist es aber nicht, in kurzform, duftkerze an teemusik, wellness- oder entspannungsmusik an ( gibts z.b. bei rossman für paar euro) grade hinsetzen oder legen, bewußt atmen. dann sich vorstellen wie alle wut und ärger sich im bauch sammelt und zu einem feuerball wird, diesen ball dann wie ein stern der von einem schwarzen loch aufgesaugt wird durch die füße aus dem körper rausschicken, die negative energie ans universum zurückgebe, hört sich sicher etwas albern an funktionier aber prima. ich kann das mittlerweile in jeder situation, beim autofahren, im betrieb oder sonst wo. mir hilft das ruhe zu bewahren und nicht meine zeit und energie mit menschen und situationen zu verschwenden die mir nicht gut tun und mich nur runter ziehen.

    gruß doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Wenn die Worte im geeigneten Moment dann auch so herauskommen, liebe Annika, dann wird es wie ein kleines Wunder sein. Über den eigenen Hut zu springen erscheint mir eine ziemlich hohe Hürde zu sein, doch lieber will ich versuchen, mich zu wehren, ohne andere zu kränken, als zu trinken.

    Seit ich denken kann, habe ich versucht, keine Angriffsfläche zu bieten, anfangs, um meinen agressiven Vater nicht zu reizen (er war nicht nur Alkoholiker, sondern nahm auch alle möglichen Drogen, das galt in der Flower-Power-Zeit ja als schick), später, als meine Mutter auch trank, und zwar massiv, die Vertuschung vor den Nachbarn, um die Würde der Familie irgendwie aufrecht zu erhalten, naja, irgendwann ging das in Fleisch und Blut über. Meine Mutter war nie imstande, Konflikte zu lösen, und auch mir ging das später in Fleisch und Blut über. Alles wurde unter den Teppich gekehrt, meine Mutter schluckte alle Probleme hinunter, wie ich es später dann auch tat.

    Ich habe heute noch geplatzte Adern in den Augen vom letzten Samstag und rote Wangen und Nase, weil ich wieder einmal nicht in der Lage war, mich zur Wehr zu setzen und dies ertränkte, weil ich das Gefühl hatte, ich ertrage das nicht. Der Konflikt an sich war gar nicht so schlimm, aber dieses Gefühl der Hilflosigkeit, und dass mir keiner beistand, das löste so eine Wut in mir aus, ich habe richtig gezittert und mich dann immer weiter reingesteigert, dass ich mich plötzlich volllaufen ließ. Deshalb ist es so sehr wichtig für mich zu lernen, damit umzugehen, wenn ich mich gekränkt fühle, die Ruhe zu bewahren (vor allem die innere) und auf der Sachebene zu bleiben. Mit Alkohol will ich das nie wieder "lösen".

    Ich halte es für besser, wenn ich solchen Situationen vorerst aus dem Weg gehe, bis ich mich etwas gefestigt fühle. Bis dahin die Gedankenübungen, wie Du es so treffend ausgedrückt hast, Annika, und Gelassenheitsübungen. Als Ihr beide mir erzähltet, wie es Euch gelingt, die Ruhe zu bewahren, fielen mir die Atemübungen aus einem Schwangerschaftskurs ein, die werde ich ausprobieren. Da konzentriert man sich nur darauf zu atmen, in den Bauch, so lange einatmen wie möglich und dann langsam wieder ausatmen, bis man entspannt ist.

    Ich bin heute durch den Supermarkt gegangen und hatte kein Bedürfnis nach Alkohol, als ich durch die Gänge lief. Aber als ich nach Hause kam, wieder für einen Moment. Die Tricks (viel Trinken usw.), die ich im Forum fand, helfen aber ganz gut. Ich muss dann trotzdem erstmal hier ein bisschen lesen und schreiben - ich hätte nicht gedacht, dass mir das eine solche Stütze beim Nüchternbleiben ist.

    Meine Kinder und meine Mutter sind übrigens sehr froh, dass ich erkannt habe, dass ich wirklich Alkoholikerin bin und die Nüchternheit die einzige Medizin dagegen ist. Meine Mutter, seit etwa 15 Jahren trocken (sie wäre damals fast gestorben, ist bei den AA), hat schon lange darauf gewartet, sagt sie.

    LG, Meni

  • Beim Schreiben in einem anderen Thread fiel mir etwas ein, was ich hier einfach aufschreiben möchte.

    Ich habe mich gefragt, warum ich mit meinem Gefährten über manche Dinge nicht sprechen kann, vielmehr hat er mich das gefragt, als ich begann, hier im Forum aktiv zu werden. Ich erklärte ihm, dass ich hier niemandem groß erklären muss, wie ich mich fühle.

    Aber ich glaube, das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist pure Angst. Ich habe noch niemals einem Menschen so viel anvertraut wie meinem Gefährten, schon gar nicht einem Mann (mein Vater war alkohol- und drogenabhängig und hatte mich seit meinem 9. Geburtstag auf seine ganz spezielle Weise lieb, was immer noch nicht nicht ganz heile werden will). Aber in mir drin ist etwas, was ich trotz aller Gespräche, trotz Vertrauen, trotz Vernunft, verschließe, das ich nicht öffnen kann. Wäre ich poetisch veranlagt, würde ich es möglicherweise "den Schlüssel zur absoluten Verletzbarkeit" nennen, vermutlich trifft es der weitläufigere Begriff "Urvertrauen" besser... Ich habe mal versucht, es ihm zu erklären, weil er nicht versteht, dass ich, wenn es um Gefühle geht, andauernd als Don Quichotte fungiere. Ich versteh das ja selbst noch nicht so richtig.

    Wenn ich merke, dass mir jemand weh tut, den ich ganz doll lieb habe, verkrieche ich mich in mich selbst, und wo das nicht möglich war, habe ich getrunken, um mich dem zu entziehen. Puh, nun ist es raus. Das hilft zwar jetzt im ersten Moment nicht weiter, aber wenn ich es jetzt nicht festgehalten hätte, würde ich es morgen vielleicht nicht mehr wahr haben wollen oder es wieder "zuschütten".

    Meni

  • Noch immer suche ich nach den "richtigen" Worten, in der Hoffnung, dass ich in mir selbst etwas bewegen kann, wenn ich das Kind beim Namen nenne.
    Vermutlich habe ich mit der Vergangenheit doch nicht so gut abgeschlossen, wie ich es gerne glauben möchte - mein Vater hatte seinerzeit, zum ersten Mal, als ich neun Jahre alt war, Hand an mich gelegt und mich seinen sogenannten Freunden empfohlen, ich könne sogar besser küssen als meine Mutter, und sie hatte nichts dagegen unternommen, weil sie ihm hörig gewesen ist, und die Erfahrung, wenn ein fremder Mann nachts ins Kinderzimmer schleicht und seine stinkende Zunge in Deinen Mund steckt, aber "bitte, sag Deiner Mutti nichts davon", wünsche ich keinem... Ich hab's meiner Mutter erzählt, sie meinte, "Oje, wenn das Dein Vater wüsste, würde er dem die Freundschaft kündigen..." Dabei hatte sie zugesehen, wie mein Vater mir mit neun Zungenküsse beibrachte, meinen unschuldigen Schoß wohl positioniert auf seinem. -Jedenfalls denke ich, dass meine Sucht sich darauf letztendlich begründet - wenn man genug trinkt, muss man nicht mehr denken... Jemandem ganz vertrauen zu können ist schwierig, wenn es nicht mal bei den Menschen geklappt hat, bei denen es eigentlich am wichtigsten war.

    Als junges Mädchen habe ich dann eine Schutzzone für mich eingerichtet, indem ich magersüchtig wurde. Das konnte ich allein entscheiden, niemand konnte das kontrollieren oder über mich bestimmen. Ich fühlte mich regelrecht fett, wenn die Waage mehr als 46 kg (heute 66, und ein paar Pfund dürften schon runter :wink::oops: ) anzeigte. Über viele Jahre ging das so, ich genoss sogar im Nachhinein Krankheiten, die mit Diarrhoe einhergingen, weil ich mich dann so angenehm leer fühlte. :?

    Ich habe in all den Jahren meiner langen Ehe und in den wenigen Beziehungen danach übrigens meinen Partnern den Höhepunkt vorgespielt, auch etwas, was nur ich kontrollieren konnte - ich wollte mich nicht "ausliefern".

    Beides änderte sich, als ich vor drei Jahren meinen jetzigen Gefährten kennenlernte. Er war Balsam für mich, in jeder Hinsicht. Ich begann zu essen, anfangs unwillig und mit leichter Übelkeit, aber mit der Zeit normalisierte sich mein Essverhalten, bis ich es genoss. In der Liebe war es genauso, ich lernte durch ihn, wie schön es ist, eine Frau zu sein.

    Ich zog dann zu ihm, etwa 300 km liegen zwischen meiner Heimatstadt und meinem neuen Zuhause. Etwas später zog seine jüngste Tochter zu uns. Eigentlich war ich sehr glücklich, nur ein Umstand machte mir sehr zu schaffen: Ich fühlte mich mit der Zeit immer mehr, als säße ich auf einer Sprungschanze. Wenn etwas nicht richtig lief, hatte ich das Gefühl, dass ich mit dem Rücken an der Wand stand, ich hatte dann mindestens zwei Gegenüber (meinen Gefährten und seine Tochter und manchmal auch seine beiden Eltern dazu). Er hatte mir oft genug versichert, dass ihm seine Töchter über alles gehen und er eher eine Trennung von mir durchziehen würde, als dass sich eines der Mädels unwohl fühlt. Was für ein Unsinn, dachte ich - als wir uns kennenlernten, wollte seine Kleine praktisch nichts von ihm wissen, ich hab mir ganz viel Mühe gegeben, zu vermitteln - und dann zog sie sogar zu uns.

    Naja, mein mangelndes Selbstwertgefühl hielt der Situation nicht stand. Ich bekam immer öfter ärgerliche Blicke und Worte für Dinge, die sein Teenie eigentlich zu verantworten hatte, Kleinigkeiten eigentlich: Die Küche war vollgekrümelt, leere Klorollen nicht weggeräumt usw. Ich wusste ja, was ich in der Wohnung getan hatte (und was vor ihrem Einzug haushaltsmäßig nahezu perfekt gewesen war), aber dass die kleine Maus das hier eher für ein Hotel hält, merkte ich schnell und bekam von ihm dazu auch noch die entsprechenden Order: Sie sei als Gymnasiastin plus Musikunterricht entsprechend wenig zu belasten. Nicht, dass ich die perfekte Hausmutter bin, aber das Hinterherräumen ist doppelte Arbeit, und nichts sagen dürfen, hm, naja... Ich fühlte mich also manchmal an die Wand gestellt und richtig einsam.

    Ich hatte einen irrsinnig anstrengenden Job und war abends nur noch mit den Nerven runter (jetzt zum Glück nicht mehr, bin total froh über meinen jetzigen Job und hoffe, dass ich nach der nächsten Befristung, sofern es klappen sollte, fest übernommen werde), naja, jedenfalls wollte ich eigentlich nur noch meine Ruhe haben. Ich hatte für ganz viele Dinge keine Kraft mehr, hatte das Gefühl, nichts richtig machen zu können, und was ich gut konnte (nämlich besser Handwerkern als Putzen) kam in meiner neuen Familie gar nicht gut an.
    Am Wochenende hatte ich mich dann meist bis sonntags soweit erholt, dass ich dann geputzt und gebügelt habe. Ich hatte immer schon ganz gern etwas getrunken, aber allmählich wurde der Alkohol zum Zweck: Ich musste nicht soviel nachdenken, er betäubte meine dauernden Erschöpfungszustände und machte mich gleichgültiger. So konnte ich abends wenigstens einschlafen. Mich mit den Schwierigkeiten, die ich empfand und für die ich keine Lösung sah, musste ich mich so nicht auseinandersetzen. Ich empfand es so, als würden Dinge, die meine Familie und mich betrafen, aufgebauscht, und Dinge, die seine Familie betrafen, heruntergespielt. Ich trank dann immer regelmäßiger, betäubte mich. Das blieb natürlich niemandem verborgen. Schlimm wurde es für mich, als ich merkte, dass seine Kleine mit Halbwahrheiten durchkam, was ich ihr nicht mal übel nehmen konnte. Ich versank im Selbstmitleid und trank noch mehr. Irgendwann kam Wodka ins Spiel, obwohl ich wusste, dass ich harte Sachen nicht vertrage, sie schalten mein Gehirn aus und machen mich agressiv. Aber er wirkte schnell und roch nicht so verräterisch wie Wein oder Bier. Ich kaschierte es dann zuletzt mit "alkoholfreiem" Bier. Mein Freund ist nicht doof, er hat meinen Selbstbetrug noch vor mir erkannt. Jemand, der Alkohol plus Pfefferminzöl quasi zu seinen Getränken ernennt, verrät sich sowieso, abgesehen von meinen Agressivitäten, zu denen ich mich im nüchternen Zustand wohl nicht traute. :oops:

    Das ist also mein Werdegang in den letzten drei Jahren. Ich habe meine Probleme nicht nur zum Teil selbst verursacht, sondern sie sogar gefördert, indem ich getrunken habe. Ich habe den Menschen, die ich lieb habe - und sie vermutlich auch mich, sonst wären sie ja nicht mehr hier - gar nicht die Möglichkeit gegeben, mir zu helfen. Ich hatte nicht den Mut.

    Seit 17 Tagen verbessert sich mein Leben durch Nüchternheit. Ich bin in dieser kurzen Zeit bereits für viele Dinge aufmerksamer geworden. Ich nehme viele Vorkommnisse gar nicht mehr persönlich (das schlechte Säufergewissen entfällt) und habe das Gefühl, dass ich vielen Dingen gar nicht so hilflos gegenüber stehe, wie ich immer dachte.

    Es geschehen plötzlich Dinge, die unwahrscheinlich schön sind. Meine Tohter, die lange Zeit herumeierte, erkennt plötzlich ihren Wert, will ihren Realschulabschluss nachholen und eine Ausbildung machen, die sie seit vielen Jahren im Auge hatte und sich nun auf einmal zutraut, egal, was andere von ihr denken (selbst ihr Vater hatte gesagt, das schaffst Du sowieso nicht). Ich könnte vor Freude heulen! Sie hat immer für sich alleine gekämpft und sich oft entmutigen lassen, außer mir hat irgendwie keiner an sie geglaubt, nun macht sie auf einmal Riesenschritte... Dass sie erkennt, dass sie es selbst in der Hand hat, ihr Leben zu steuern, macht mich glücklich. Wenn ich durch meine Entscheidung, nicht mehr zu trinken und die Verantwortung für mein Leben endlich zu übernehmen, nur ein Fitzelchen dazu beitragen konnte, sie stark zu machen, bestärkt es mich darin, dem Alkohol Ade zu sagen.

    Meine Ziehtochter hat heute zwar wieder keinen Finger gerührt, mir dafür aber ein langes Gespräch voller Vertrauen geschenkt, das mir wie ein kostbarer Schatz ist, als sei ich ihre beste Freundin.

    Ich denke immer, dass ich es nicht wert bin, mit meinen Macken geliebt zu werden, aber damit habe ich es mir zu leicht gemacht. Alle Menschen, die uns im Leben begegnen, setzen ihre Fußstapfen, auch ich bewirke das bei anderen, das wird mir immer mehr bewusst. Und ich wünsche mir so sehr, dass ich die negativen Stempel, die ich setzte, wieder gut machen kann. Ich war oft kein gutes Vorbild, und werde es niemals ganz sein (wie langweilig wäre das in Perfektion auch, man muss sich am Leben ja schließlich auch abschleifen dürfen mit seinen Ecken und Kanten).

    Aber ich selbst und echt zu sein, ohne Tünche und Verstecken - das möchte ich.

    Es fällt mir schwer, dies ohne Alkohol zu schaffen, er war mir zu lange eine unechte Stütze. Es fällt mir auch schwer, Euch dies zu erzählen. Aber nach zweieinhalb Wochen musste das mal raus, ich habe das Gefühl, sonst ersticke ich.

    Meni

  • Mir geht so vieles im Kopf herum. Dass ich mir das gestern von der Seele geschrieben habe, hat irgendwie einen Knoten in mir gelöst. Irgendwie habe ich immer nach der Möglichkeit gesucht, liebenswert zu sein, also für meinen Vater, eine leise Verzweiflung, dass er mich doch auf ganz normale Weise liebhaben müsse. Er ist schon seit 27 Jahren tot und ich bin innendrin immer noch ein kleines Mädchen.
    Mir ist heute Nacht aber klar geworden, dass ich nicht dazu verpflichtet bin, meinen Vater gern zu haben oder mir etwas zu beweisen. Er hat mich nicht nur angefasst, wenn er getrunken hat, er war halt von Grund auf so ein Schwein. Ich fühle mich wie befreit. Und ich glaube, dass gerade dieser Punkt sehr wichtig für den Stillstand meiner Krankheit ist. Ich lebe, bin, bis auf die Alkoholabhängigkeit, gesund und 18 Tage nüchtern. Der Saufdruck schwindet immer mehr, hier zu Hause wird endlich wieder gelacht, und nun hat sich ein großer alter Klumpen aufgelöst.
    Vielleicht kann ich jetzt schlafen, ich war ein bisschen aufgeregt über meine Erkenntnis.

    Meni

  • Hallo Peter,

    ich musste meinem Partner heute früh von Kristina erzählen, er war ganz erschrocken, weil ich weinen musste. Ich war so traurig, aber es hat mir auch gezeigt, welch ein Geschenk jeder einzelne Tag ist und dass ich meinem Gefährten jeden Tag zeigen möchte, wie wichtig er für mich ist und wie sehr ich ihn liebe. Und es hat mir nochmal gezeigt, dass es für mich nur einen Weg gibt: Nüchtern bleiben.

    Anfangs hat mein Gefährte sich ein wenig gesträubt, er hatte ja lange genug mit angesehen, wie ich mich um vieles nicht mehr gekümmert habe, aber mittlerweile bekommt er mit, wie meine Kraft zurückkommt. Und ich habe gemerkt, wie er sich gestern gefreut hat, als er meine Taille mit seinen Händen fast umspannen konnte. Kein Alkohol und Sport zeigen langsam ihre Wirkung.

    Alles braucht seine Zeit, ich werde mit meinen Kräften ein bisschen haushalten. Meine Schwiegereltern wollen mit mir z.B. nochmal ein Gespräch führen, indem sie mir deutlich machen möchten, wie wichtig meine neue Familie mir sein sollte, dass ich mich auf ihre Enkeltochter und auf ihren Sohn konzentrieren sollte, und um meine eigene Familie, die eben nicht so klasse ist, nicht so sehr kümmern sollte, da gäbe es zuviele Probleme (so sehr kümmere ich mich gar nicht, mal ein Telefonat oder ein Päckchen, das finde ich ganz normal, und wenn es dort mal ein Problem gibt, dann bin ich ja auch da, das ist doch normal innerhalb der Familie). Ich habe meinen Schwiegereltern (die ich wirklich gern habe) gesagt, dass ich für ein solches Gespräch im Moment überhaupt nicht bereit bin. Das zu sagen, fiel mir ein bisschen schwer, keine Ahnung wieso, aber für Vorträge mit erhobenem Zeigefinger habe ich gar nicht die Kraft. Nach solchen Gesprächen habe ich mich noch vor nicht allzu langer Zeit volllaufen lassen, weil ich mir von mindesten zwei Leuten lautstark sagen lassen musste, wie wenig meine Kinder, Schwester und Mutter doch taugen. Selbst, wenn es so wäre: Wer erträgt es schon, so etwas immer wieder zu hören? Ich nicht, ich fange schon bei dem Gedanken daran an zu zittern. Es ist besser, wenn ich lerne, zu manchen Dingen nein zu sagen, wenn sie für mich nicht gut sind.

    Meni

  • Ja, Esgehtauchanders, so ungefähr. Zwei meiner Söhne leben so dahin, jobben wohl hier und da und zeigen keinerlei Bestrebungen, das zu ändern. Sie kiffen. Ich schicke ihnen zu den Festen immer ein kleines Päckchen, das macht mir Freude, ich hab sie nun mal lieb, auch wenn mir ihr Lebenswandel nicht gefällt.
    Meine Tochter ist vor zwei Jahren hierhergezogen und suchte ohne Erfolg einen Ausbildungsplatz und lag uns eine Weile auf der Tasche (sie holt jetzt ihren Schulabschluss nach und liebäugelt anschließend mit der Beamtenlaufbahn). Da der Tochter meines Gefährten prktisch jeder Wunsch erfüllt wird, fand ich nur in Ordnung, meiner Tochter ein wenig unter die Arme zu greifen (sie hat dafür ganz viel bei uns im Haushalt gemacht).
    Meine Mutter ist trockene Alkoholikerin, hat aber nicht die Kraft, sich um ihre Enkel zu kümmern, weil sie nicht damit klar kommt, dass sie kiffen, sie traut sich das nicht zu.
    Meine Schwester macht eine Langzeittherapie, nachdem sie wegen ihrer Alkoholsucht fast gestorben wäre.
    Mit meiner Familie telefoniere ich ab und zu, viel mehr Kontakt ist da nicht, ich arbeite ja auch. Meine Schwiegereltern möchten ihren Sohn und ihre Enkeltochter beschützen, meine Kraft soll ausschließlich den beiden gehören. Auch Unterstützung in irgeneiner Form für meine Kinder "lohnt" sich ihrer Meinung nicht, es bringt ja nichts, die Kinder gehen doch nicht den rechten Weg...
    All diese Dinge weiß ich, aber meine Schwiegereltern möchten mir dies alles nochmal in großer Eindringlichkeit klarmachen.

    LG, Meni

  • Servus Meni, ich bin zwar nicht unbedingt ein Freund der "schwarz-weiss-Malerei", aber in diesem Stadium Deines Entzugs / Trocken-Werdens tendiere ich stark zum Motto: "Wer nicht für Dich ist, ist gegen Dich".
    Bitte versteh' das nicht falsch: das soll keinerlei Ansatz zu Konfrontation sein, sondern Dir lediglich verdeutlichen, dass Du momentan einfach Deine Kraft für etwas Anderes brauchst und Dir solche "Nebenkriegsschauplätze" einfach nicht leisten kannst oder solltest. Kopf hoch, der Weg stimmt, auch wenn er lang ist und sehr steinig sein kann.

  • Danke für Eure Unterstützung. Meine Schwiegereltern meinen es sicher nur gut, vermutlich sorgen sie sich, dass ich mir mehr Probleme auflade, als notwenig. Ich werde sie um Geduld bitten, zwingen können sie mich ja schließlich nicht. Vielleicht sollte ich ihnen das so ähnlich erklären, wie Du es formuliert hast, Spedi. Die innere Ruhe habe ich erstmal noch nicht, und ich möchte meine Nüchternheit nicht aufs Spiel setzen, da hast Du vollkommen Recht, Esgehtauchanders, und besonders solche Situationen umgehen, die mich stark belasten.

    Ob es mutig ist, sich über so persönliche Dinge zu öffnen, weiß ich gar nicht, Esel, für manche Menschen scheint es sogar besser zu sein, die Vergangenheit zu begraben, um sie vergessen zu können. Ich will in meiner Kindheit auch gar nicht so sehr herumwühlen oder sie bejammern, anderen Kindern erging und ergeht es viel, viel, viel schlimmer. Aber ich habe heute Nacht einen für mich ganz wichtigen seelischen Knackpunkt gefunden, und das musste ich einfach aufschreiben, sonst hätte ich nicht mehr schlafen können. :D

    LG, Meni

  • Gestern Abend habe ich nach längerer Zeit mit meiner Schwester telefoniert. Sie ist ebenfalls alkoholkrank und hat schon viel kämpfen müssen, um die Krankheit zum Stillstand zu bringen. Im Laufe des Gesprächs erzählte ich ihr vom Forum (sie geht zu den AA), und wie sehr mir das Schreiben hier hilft, mich zu sortieren, erzählte ihr von meinen Erinnerungen an meinen Vater, die ich lange Zeit verdrängt hatte. Meine Schwester reagierte recht agressiv, woher ich das wissen will, dass er zu dem Zeitpunkt nüchtern war, unsere Eltern haben immer getrunken (Das stimmt so nicht, und da ich fünf Jahre älter bin, kann ich wirklich sagen, dass ich bis ich neun wurde, ein recht glückliches Kind war, ab da wurde es dann schlimmer, mit Alkohol und allem.). Dass mein Vater Hand an mich gelegt hatte, sei auch nicht der Grund zu meinem Trinken, sondern weil meine Eltern mir die Gene vererbt haben.

    Im Laufe des Gesprächs hatte ich das Gefühl, dass sie immer missmutiger wurde. Sie würde mich so einschätzen, dass ich als Kopfmensch mal wieder alles mit dem Kopf lösen wolle, und natürlich alles mal wieder im Alleingang.

    Das beschäftigt mich sehr. Eigentlich habe ich gedacht, ich hab getrunken, weil ich mich in die Sucht geflüchtet habe, ich musste ich mit nichts wirklich auseinandersetzen und hab mein Selbstmitleid gepflegt, ganz sicher ausgelöst durch stark ausgeprägte Minderwertigkeitsgefühle.

    Allein kann ich gar nicht aufhören, ich habe Kontakt zu Euch, das stärkt mir ungemein den Rücken, lese klare Worte und erklären muss ich auch nichts - und ich kann Euch rund um die Uhr erreichen, besonders in den ersten 10 Tagen ein ganz wichtiger Punkt für mich! Dazu kommt meine Ärztin, die mich unterstützt. Mein Partner ist an meiner Seite (sofern ich nüchtern bleibe). Ich fühle mich nicht allein.

    Dass ich gerade jetzt viel darüber nachdenke, warum ich da reingeschlittert bin, was ich mir für mein Leben wünsche, was ich ändern kann und was nicht, das gehört für mich dazu, wenn ich nüchtern bleiben will, es hilft mir ja bereits seit fast drei Wochen, und ich fühle mich schon ganz schön wohl in meiner Haut, obwohl ich noch viel an mir arbeiten möchte (aber das hat Zeit, erstmal sortieren).

    Da meine Schwester im Gegensatz zu mir viel mehr kämpfen musste, stationäre Entgiftung, lange in der Therapie usw., verunsichert mich das, was sie gesagt hat. Sie sagte, dass es ohne Therapie nicht geht, alles andere sei Mist und würde nichts bringen. Warum geht es mir denn bloß mit jedem Tag ein bisschen besser? Warum mag ich gar nicht mehr trinken (mich ekelt der Gedanke an Alkohol seit zwei, drei Tagen richtig)?

    Wenn ich meine Schwester so anhöre, verbittert, mit Schwierigkeiten beim Sprechen (ich vermute Medikamente), sie konnte lange Zeit nicht arbeiten, dann bin ich mir gar nicht so sicher, dass eine Therapie in meinem Fall auch das Gelbe vom Ei wäre... In meiner Heimat hat man in solchen Fällen gesagt "Was din ein' sin Ul, is din annern sin Nachtigall". Und so werde ich es wohl auch halten. Wichtig ist mir, dass ich nicht mehr trinke, ob mit oder ohne Therapie.

    Meni

  • morgen meni

    lass dich nicht verunsichern. ich denke das du es genau richtig machst, dir hilft es über deine vergangenheit zu schreiben und sie damit aufzuarbeiten, dann mach das weiter so.

    ich habe den eindruck das deine schwester immer noch so kämpfen muß, weil sie eben nicht bereit ist sich damit offen auseinanderzusetzen und diese gefühle versucht zu vergraben. verdrängen funktioniert aber meist nicht lange und dann steht der ganze mist wieder wie ein riesiges gebirge vor einem über das man immer und immer wieder klettern muß bis man irgendwann resigniert.

    ich kann nicht beurteilen warum deine schwester so reagiert, ist es scham, weil du hier deine, eure vergangenheit offenbarst, ist es angst um dich, weil sie diesen weg nicht als möglichkeit erkennt, oder ist es neid auf dich, weil du anfängst zufrieden trocken zu sein?? das sollte dir jetzt aber egal sein. dir geht es mit dem weg den du gewählt hast gut und nur allein das zählt.

    mal zu deinen eigenartigen schwiegereltern, inwieweit kannst du mit deinem partner reden das er zur not mal tacheles mit denen redet und sie dich mit ihren merkwürdigen ideen in ruhe lassen. du hast an deiner trockenheit zu arbeiten, da brauchst du deren rumgejammer nicht auch noch. was bilden die sich überhaupt ein sich als richter über andere aufzuspielen, überhaupt die forderung deine kinder fallen zu lassen. hallo gehts noch? du bleibst ihre mutter egal was sie für sch... bauen. sicher ist etwas distanz im moment nicht schlecht bis du mit dir im reinen bist, aber doch nicht für immer. ich finde ihr verhalten extrem egoistisch, du mußt dich da klar abgrenzen, was zwischen dir und deinen kindern ist geht die einen sch..dreck an punkt.
    ich hoffe sehr das dein partner da mitzieht und nicht irgendwelche entscheidungen von dir erwartet die du im moment gar nicht treffen kannst.
    wenn es dir dann besser geht mach dir doch mal den spaß an deren toller fassade etwas zu kratzen, meine erfahrung hat mich gelehrt das leute die nur über andere urteilen das meist nur machen um ihren eigenen dreck zu verdecken, so ganz nach dem motto angriff ist die beste verteidigung. meine schwiegermutter kann das nämlich auch ganz vorzüglich, wenns mir zu blöd wird knall ich ihr dann ab und zu mal was aus ihrem nähkästchen hin, dann ist immer ganz schnell ruhe. :lol:

    lass dich nicht verunsichern du machst das richtige, denk an dich und gut ist. im moment ist egoismus angesagt, für andere kannst du wieder da sein wenn du wieder voll da bist, nicht mehr nur voll.

    gruß doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo Meni,

    Doro hat meiner meinung nach zu 100% recht.

    Zitat von dorothea

    ...überhaupt die forderung deine kinder fallen zu lassen. hallo gehts noch?...

    Ich finde das ist der Oberhammer! Lass dir da bloß nichts einreden. Es sind deine Kinder!!

    Ansonsten mach weiter so.

    Liebe Grüße

    pauly

    Es ist nicht leicht, das Glück in sich selbst zu finden,
    doch es ist unmöglich, es anderswo zu finden.

    Agnes Repplier

    Abstinent seit Oktober 2006

  • Ach, so vor den Latz und so, das bringe ich - nüchtern - nicht fertig :oops: . Mein Gefährte will bloß nicht, dass ich mir (und damit uns) unnötige Probleme heranziehe, so wie mit meiner Schwester, weil mich das tatsächlich runterzieht. Und für eine Weile habe ich mich ziemlich um die Kinder gekümmert, aber meine Kinder kommen mittlerweile ganz gut alleine zurecht und wollen eigentlich keine Hilfe oder Rat mehr.

    Seine Eltern wollen ihren einzigen Sohn mit ihrer Aktion bestimmt nur unterstützen und haben noch gar nicht mitbekommen, dass sich bereits Vieles geändert hat. Ich werde erstmal weiterhin abblocken (sie haben mir ja ohnehin schon mal alles gesagt, wollen es aber nochmal wiederholen, weil sie glauben, dass ich sie nicht ganz verstanden habe), abund warte in Ruhe ab, bis ich mich stark genug fühle. Ich möchte sie dann auch klipp und klar fragen, was sie von mir konkret erwarten, mal sehen, was dann kommt :wink: . Meine Kinder würde ich niemals im Stich lassen, ich liebe sie, wie sie sind.

    Warum meine Schwester so reagiert, weiß ich auch nicht, Doro. Zum einen habe ich sie sehr verletzt, als ich, als es ihr wegen des Trinkens vor gut zwei Jahren sehr, sehr schlecht ging, nicht zu ihr gefahren bin (sie hatte einen, wie sie immer betonte, ganz, ganz tollen Partner, der sie dann auch in die Entgiftung gebracht hat), aber sie wollte mich eben da haben, schließlich ist sie früher auch immer für mich dagewesen. Ich fühlte mich nicht imstande, zu ihr fahren, sah auch den Sinn kaum noch, sie trank praktisch die ganze Zeit, bis zur Bewusstlosigkeit, rief mich zwischendurch an und hielt mich manchmal bis tief in die Nacht am Telefon fest - entweder, indem sie von Selbstmord sprach (da konnte ich dann auch nur bei ihr zu Hause per Handy Bescheid sagen) oder sie saß sturzbetrunken im Auto. Ich hatte gerade 300 km entfernt eine neue Stelle angenommen (bei 19% Arbeitslosigkeit) und konnte nicht einfach mal eben mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Berlin nach Hamburg fahren. Und irgendwie mochte ich auch nicht. Alles Reden nützte nichts, sie wollte ja trinken. Das hat sie mir nie verziehen. Ich habe mich trotzdem vor kurzem bei ihr entschuldigt, weil sie sich in ihren Gefühlen verletzt fühlte. Das fand sie gut.

    Vielleicht ist meine kleine Schwester einfach bloß ganz fürchterlich unzufrieden. Ich sollte ihr vielleicht nur ganz wenig erzählen, ihr lieber zuhören... Es fällt ihr auch schwer, trocken zu bleiben, vielleicht hätte ich ihr nicht sagen sollen, dass ich mich täglich wohler fühle? :? Ich stelle gerade fest, dass ich das genauso gut im Co-Bereich schreiben könnte :shock:

    Ich lasse die nächsten Gespräche mal auf mich zukommen, wenn sie immer nur schlecht drauf ist, können wir eben nicht so lange telefonieren, ich brauche momentan ganz viel Positives um mich herum :D

    Und den Rat, erstmal gesunden Egoismus zu entwickeln und Kraft zu sammeln, halte ich für besonders wichtig. Erstmal ist Stabilität angesagt, vieles andere kann warten.


    LG, Meni

  • Gestern war ich auf einem Event, vor dem ich mich nicht drücken konnte, da es für meinen Gefährten beruflich sehr wichtig war. Ich habe morgens nochmal sehr intensiv im Forum gelesen, was darüber geschrieben wurde, da ich solche Gelegenheiten im Moment eher meide, um mir den Rücken zu stärken.

    Nach etwa acht Stunden war der Pflichtteil erledigt und der angenehme Teil des Abends eingeläutet: "...die Bar ist eröffnet, Sie können sich nun gern einem erleichternden Glas Bier oder Wein widmen..." lauteten die Worte des Vorstandes. Ich hielt mich an Wasser und Saft. Die Männer tranken Bier, alles kein Problem. Und dann kamen Leute mit meinem ehemaligen Lieblingrotwein an den Tisch. Es wurde probiert, und ah, wie weich, wie wunderbar, und ich dachte, hm, das kannste alles gar nicht mehr mitmachen.

    Dann kamen mir Bilder in den Sinn, wie ich mit blitzenden Augen und roten Wangen am Wald lang laufe, wie ich gute Bücher lese und wie wir hier zu Hause wieder lachen können. Und ich dachte an Peters Kristina.
    Und dann roch ich den Wein , und der mir früher so verlockende Duft kam mir plötzlich faulig vor, und der Atem der mir am nächsten Stehenden ekelte mich.

    Es wurde ein sehr netter Abend mit sehr netten Leuten und anregenden Gesprächen.

    Mein Gefährte meinte heute morgen, ich hätte mich heute nachts im Schlaf von ihm weggedreht. Ich grinste und meinte, das habe sicher daran gelegen, weil er nach Alkohol gerochen hat.

    Ohne Euch hätte ich diesen Abend vielleicht nicht so gut überstanden. Die ganzen Warnungen und Tipps habe ich wie einen Schutzmantel um mich herumgetragen, und Kristina hatte ich in gewisser Weise an meiner Seite. Klingt vielleicht pathetisch, aber so habe ich es nun mal empfunden.

    Einfach schön, dass es Euch gibt.

    Meni

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